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SMmfferÄWblatt Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig 28614 Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannfchaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrnts zu Wilsdruff, des Forstrenkamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 186 Donnerstag den 11. August 1921. 80. Jahrairup. Amtlicher Teil Bekanntmachung Hingabe von Steuermarken zur Anrechnung auf die Reichs einkommensteuer betreffend. Der Herr Reichsminister der Finanzen hat mit Erlaß vom 20. Juni 1921 — III 17101 — nachgelassen, daß den Arbeitgebern auf ihren Antrag von dem Finanzamt gestattet wird, daß sie die Blätter IN t den vorschriftsmäßig entwerteten Steuerwarten nus den Steuerkaiten ihrer Arbeitnehmer herauslösen und den Arbeitnehmern die einzelnen Blätter zwecks Begleichung ihrer Steuerschuld aushändigen. Die Bestimmung des ß 8 Absatz I Satz 2 und Satz 3, Halbsatz 1 der Bestimmungen über die vorläufige Erhebung i der Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn für das Rechnungsjahr 1920 oom I 21. Mai 1920 tZemralblatr für das Deutsche Reich 1920 Seite 832 ff), wonach zwecks ! Hingabe der Steu rmarken an Zihlungsstatt der Arbeitnehmer die Steuerkarte der Steuer hebestelle vorzulegen har und dis hinzugebenden Steuerwarken mit dem entsprechenden Blatte der Steuerkarte nur von der Steuerhebestelle arn der Steuerkarte entfernt werden dürfen, kommt in diesem Falle nicht mehr zur Anwendung. Die erforderlichen Anträge sind bei dem für den Arbeitgeber zuständigen Fmanz- amre zu stellen. Der vorstehende Erlaß hindert nicht, daß die Arbeitgeber die Sieuerblättcr zum Zwecke der Abrechnung für das Rechnungsjahr 1920 nach der Bekanntmachung vom 5. August 1921 zur Vermeidung von Zeitversäumms seitens der Arbeitnehmer gesammelt bei der Steuerhebrstelle einreichcn dürfen. »iW Nossen, am 8. August 1921. Nr. 1264 Z. 1. Das Finanzamt. Meine Zeitung für eilige Leser. * In Oberschlesien sind neue polnische Banden über die Grenze gekommen. * In Münster kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen Reichswehrsoldaten und Zivilisten. * In Parts bemüht man sich, eine mittlere Linie zwischen dem englischen und dem französischen Standpunkt zu finden, bisher jedoch ohne Erfolg. Oer erste Tag. Eingelcitet mit viel schönen Reden, ist der erste Tag der Pariser Zusammenkunft des Obersten Rates ausge gangen, ohne daß schon ein bestimmtes Ergebnis oder auch nur die Richtung, in der ein solches zu jucken sein möchte, zu konstatieren wäre. Man ließ sich die Berichte der Sachverständigen Vorträgen, die den Auftrag batten, die Entscheidung des Obersten Nates vorzubereiten, die aber ebenso klug auseinander gingen, wie sie gekommen waren. Danach wurde die Sitzung aufgehoben, um am Dienstag zunächst die alliierten Oberkommissare in Oppeln Uber die augenblickliche Lage in Oberschlesien und insbe sondere über die Sicherheit im Abstimmungsgebiet zu Worte kommen zu lassen. Zwischendurch können die pri vaten Besprechungen unermüdlich fortgesetzt werden, von denen man sich wohl mehr Erfolg für die Lösung der Schwierigkeiten versprechen wird, als von dem Fortgang der mehr oder weniger öffentlichen Diskussionen. Der Wille zur Verständigung ist zweifelsohne auf beiden Seiten vorhanden — was man heutzutage so Verständi gung zu nennen beliebt. Die Sachverständigen sollen unter sich über drei grundsätzliche Fragen eine Einigung erzielt haben. Ein mal darüber, daß der Friedensvertrag von Versailles die Teilung des Abstimmungsgebietes zwischen Deutschland und Polen zulasse, daß also die Stimmenmehrheit einer Partei dieser keinen Anspruch auf ungeteilte Zuweisung Obcrschlesiens einräume. Zweitens darüber, daß nach Vorschrift des Friedensvertrages die Wünsche der Be völkerung, wie sie in der Volksabstimmung zum Ausdruck gekommen sind, nebst der geographischen und wirtschaft lichen Lage der einzelnen Örtlichkeiten zu berücksichtigen seien, endlich auch darüber, daß man bei der Grenzziehung sich von der gemeindeweisen Abstimmung leiten lassen müsse. Auf dieser Grundlage wurden verschiedene Vor schläge für die Austeilung gevrüft, übrig bleiben schließlich nur zwei Lösungen, eine französische und eine britisch-italienische, auf die sich jedoch die Sachverständigen nicht einigen konnten. Beide Pläne verlangten Unteilbar keit des „Jndustriebezirkes", den die Franzosen den Polen, die Engländer wenigstens zum größten Teil Deutschland zusprechen wollten. In dem Vortrag des britischen Sachverständigen wurde mit dürren Worten zugegeben, daß 844 Gemeinden sich für Deutschland, aber 678 für Polen ausgesprochen, daß 707 000 Oberschlesier für Deutschland und 479 000 für Polen gestimmt haben. Würde man nach dem französi schen Vorschlag verfahren, so hieße das die Verhältnisse der Abstimmung bei der Zusprechung der strittigen Gebiete umstoßen, denn dann würde man sieben Elftel der deut schen Stimmen den Polen und nur vier Elftel der polni schen Stimmen Deutschland zusprechen, während diese Stimmen sich im ganzen zu 60 Prozent für Deutschland, zu 49 Prozent für Polen verteilen. Was demgegenüber der französische Sachverständige vortrug, um die Zuteilung des Industriegebietes an Polen zu begründen, klang so rabulistisck, daß es, wie man wohl hoffen darf, auf die nichtfranzösischen Teilnehmer der Konferenz nur einen ab stoßenden Eindruck gemacht haben wird. Der italienische Delegierte stellte fest, daß die englische Linie sich ungleich mehr dem Ergebnis der Volksabstimmung nähere als die französische, die nicht ein einziges Bergwerk Deutsch land zuweise. Doch vermied er es, nach französischer Dar stellung, sich direkt für die eine oder die andere Linie aus- zusprechen, und französische Blätter schließen aus dieser Haltung, daß er die Absicht habe, zwischen den beiden ent gegenstehenden Anschauungen zu vermitteln. Es zeigte sich ja schon nach diesem ersten Anlauf, daß Raum sei für eine gerechte und vernünftige Lösung der Frage, und weitere Pariser Nachrichten wollen denn auch bereits wissen, daß Briand selber bemüht sei, einen neuen Grenzvorschlag aus- -uarbeiten, der ungefähr die Mitte ziehe zwischen den beiden Vorschlägen, die dem Obersten Rat zunächst nur vorgelegt werden konnten. Danach soll ein beträchtlicher Teil des Gebietes südlich von Rosenberg an Polen und als Ersatz dafür die Hälfte des Kreises Groß-Strehlitz und Trost an Deutschland gegeben werden. Deutschland solle auch die Hälfte vom Stadt- und Landkreis Gleiwitz mit bedeutenden Eisenbahnstationen und wichtigen wirt schaftlichen Konzessionen in anderen Teilen des Industrie gebietes zugestanden erhalten. Das Ganze stelle ein Kompromiß dar, das für Deutschland günstiger sei als die sogenannte Sforza-Linie, von der allerdings in dieser ersten Sitzung des Obersten Rates kein Mensch ge sprochen hat. Leute, die das Gras wachsen hören, wollen überdies wissen, daß Lloyd George für seine Person einem derartigen Kompromiß und damit der Teilung des Industriegebietes geneigt sei, daß aber sein Minister des Äußern, Lord Cur zon, von seiner ablehnenden Haltung nicht zurücktreten wolle. Möglich, daß das nur Stimmungsmache ist, darauf berechnet, in die Geschlossenheit der britischen Delegation eine Bresche zu schlagen, eine Kunst, in der die Franzosen ja Meister sind. Sie werden es auch an anderen Ver suchen, so oder so zum Ziele zu kommen, nicht fehlen lassen. Wir Deutschen können nur sagen, daß uns dieses Gebühren der höchsten Schiedsrichter über deutsches Land und deutsches Volk im höchsten Grade schmerzlich berührt. Sie sind dabei, wie mit einem Schlachtmesser an dem lebendigen Fleische des oberschlesischen Volkes herumzu schneiden, als Wäre nicht das ganze Land ein fühlender Organismus, den jede willkürliche Trennung und Zer reißung zugrunde richten muß. Wenn der Friedensver trag die Teilung zwischen Deutschland und Polen zu läßt, so ist damit noch lange nicht gesagt, daß er sie vorschreibt, und bei so überwiegender Mehrheits bekundung nach Gemeindezahlen und Abstimmungsberech tigten darf es dem Geiste des Vertrages nach gar keine andere Entscheidung geben, als die ungeteilte Belassung Oberschlesiens beim Reich. Scheingründe sind es, nichts als Scheingründe, wenn statt dessen das Messer künstlich scheiden soll, was nach Natur und Geschichte zusammen- gehört. Die verschiedenen Vorschläge zur Austeilung Oberschlestens zwischen Deutschland und Polen werden durch die Kartenskizze veranschaulicht. Man erkennt daraus, daß die Kernfrage sich um das engere Industriegebiet dreht. Die hier verzeichneten Linien stammen bereits aus der ersten Zeit der Teilungs- debatten. Es hat sich aber inzwischen nichts wesentliches an ihnen geändert, und eine Einigung darüber, wie nun die Grenze gezogen werden soll, dürste voraussichtlich auf keinen dieser Vorschläge hinauslaufen, sondern eine neue Linie er ¬ geben, deren Verlauf vielleicht weniger von den wirtschaftlichen und geographischen Erörterungen abhängig sein wird, die eigentlich allem maßgebend sein dürften, und die zweifellos eine Trennung überhaupt als unmöglich erweisen würden, sondern die wohl von internationalen politischen Interessen bestimmt werden wird, als deren Opfer die oberschlesische Be völkerung anzusehen ist. In England erklärt man, es würde den Franzosen schwer fallen, gegen die englische Auffassung anznkämpfen, um so mehr, als auch Amerika, wenn nicht direkt, doch indirekt den italienisch-britischen Standpunkt unter stütze. Schließlich wird bei der Entscheidung in weitergehen dem Maße die Politik mitsprechen, die daraus Hinzielen wird, wie man sich in Zukunft Deutschland gegenüber zu stellen ge denke, und gerade hierin stehe die englische Auffassung im Gegensatz zu der französischen. Auf alle Fälle jedoch müsse mau zusehen, daß die Entente erhalten bleibt, und darum müsse jetzt unter allen Umständen eine Entscheidung getroffen werden. Vergebliche polnische Streikhehe. Neue Banden in Oberschlesien. Die Nachrichten über die Generalstreikhctze, die in den letzten Tagen von polnischer Seite neu betrieben worden war, bestätigen durchweg, daß die Agitation erfolg los geblieben ist. Mit einer polnischen Erhebung in den nächsten Tagen wird infolgedessen nicht mehr gerechnet. Dennoch häufen sich die Fälle, in denen ganze Banden junger Burschen von Polen her die Grenze über schreiten. Sie treten in Stärke von 30 bis 50 Mann auf und lassen sich geschlossen in den Landorlen nieder. Sie sind gut ausgerüstet und tragen ein unerhört heraus forderndes Benehmen zur Schau. Die polnische Regierung stellt sich jetzt so, als wolle sie mit allen Kräften der Gerechtigkeit dienen, läßt aber gleichzeitig durchblicken, daß sie unter dieser Gerechtigkeit nur eine Lösung im polnischen Sinne versteht. In einer Note, die die Polen dem Obersten Rat in Paris über reichen ließen, wird erklärt, die polnische Negierung habe die Beilegung des letzten oberschlesischen Aufstandes durch sie Alliierten durch ihre moralische Unterstützung ge fördert. Sie könne den Alliierten aber nur dann eine gleiche moralische Unterstützung bei der Durchführung der Entscheidung leihen, wenn diese Entscheidung definitiv und den gerechten Ansprüchen Polens entsprechend sei. Andernfalls werde das oberschlesische Volk nicht zur Ruhe verhalten werden können. — Allerdings, wenn polnische Insurgenten Unruhe stiften, ist schwer Ruhe zu schaffen. In Paris ist man sich dieser Gefahren wohl bewußt und Reuter erklärt, daß die größte Vorsicht geübt werde, um irgendwelche Zwischenfälle in Oberschlesien während der Konferenz des Obersten Rates zu vermeiden. Die britischen und die französischen Kommissare handelten bei den zunächst getroffenen Vorkehrungen in vollkom mener Übereinstimmung. Die Zerstörung des Heeresmaterials. Die Erfüllung der Ultimatumsforderungen. Nachdem bereits der Versailler Friedensvertrag die Zerstörung des deutschen Besitzes an Waffen und sonstigem Kriegsmaterial angeordnet hatte, wurde die gleiche For derung der Alliierten bekanntlich durch die Entwaffnungs noten im Mai und durch das Ultimatum von Anfang Juli in verschärfter Forni wiederholt. Jetzt wird von amtlicher Seite folgende Übersicht über den Stand der Entwaffnung nach dem Datum des 6. August veröffentlicht, woraus hervorgeht, daß wiederum ganz erhebliche Bestände von allerlei Kriegsmaterial vernichtet worden sind. Danach wurden neuerdings zerstört: 453 Geschütze, 395 Geschützrohre, 84b Lafetten, 2368 263 Stück Artilleriemunition und Minen, 1695953 Stück Zün der für Artilleriemunition, 3141 977 Kilogramm Pulver, 1198 Minen und Granatwerfer, darunter 80 Signal- Werfer. 9266 Maschinengewehre, 370 712 Gewehre, Karabiner, Tankgewehre, 19 312 Revolver und Pistolen, 227 566 blanke Wassen, 2 078 489 Gewehr-, Wurf- und Handgranaten, 2W1 241 Zünder für Handgranaten, 37 499117 Stück Handwassen munition, 370 290 Kartuschen aller Art, 349 530 Sprengladun gen. Sprengpatronen, 14 826 Wagen aller Art, darunter 118 Protzen, 60 Maschinengewehrwagen, 751 Feldküchen, außerdem große Mengen an sonstigem Kriegsgerät, wie Waffenzubeiwr- und Ersatzteilen, optischem Gerät, Nachrichtengerät, Brücken- gerät, Gasschutzgerät, Werkzeugen aller Art, Feld- und Fördcr- bahngerät, Geschirr, und Stallsachen, Wagenzubehörteilen, Tertilien, Feldküchcngerüt, Schiffszubchörteilen, ferner 70 Feldbacköfen, 2 Motorräder, 140 Kraftwagen, 18 Kraftwagen- anhänger, 220 Fahrräder, 5000 Armcesättel, 1000 Bockjättel, 800 Sielengejchirre und 5Ü00Ü00 Platzpatronen.