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Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für Wilsdruff UNd LlMgegLNd Postscheckkonto Leipzig 28614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 182 Sonnabend den 6. August 1921.8V. Jahrgang. Amtlicher Teil. Mei WM, -ncha Sir 10 Ihr nmilttp MsMöw. 100b/2l Amtsgericht Wilsdruff, am 26. Juli l921. 1 iiiilllllIIII!IIIIIfIIIIIIIIIIIIIPI!IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII!IIIIIIIIIIIIII!ü»»IIIIIIÜIIIIIII!I»IIIIIIIII!IINIIIII>I Klerne Leitung für eilige Leser. * Die erste Sitzung des Obersten Rates wird am nächsten Montag um 11 Uhr vormittags stattfinden. Die Einladung Belgiens bleibt Vorbehalten für den Fall, daß die Fragen der Aburteilung der Kriegsbeschuldigten und der Sanktionen durch den Obersten Rat besprochen werden. * Die Ententevertreter in Berlin überreichten die Note we gen des gemeinsamen Truppentransportes nach Oberschlesicn für den Fall, daß dieser nötig werden sollte. * Der Vertrag zwischen Frankreich und Deutschland über die Wiederherstellung der verwüsteten Gebiete soll in Kürze ratifiziert werden, so daß er in der nächsten Sitzung des Obersten Rates zur Billigung vorgelegt werden kann. * Die Interalliierte Kommission in Oberschlesien hat eine Bekanntmachung erlassen, laut welcher weitere Gewalttätig keiten der Polen mit schweren Gefängnisstrafen geahndet werden sollen. * Im Frankfurter Kommunistenprozeß wurden sämtliche Angeklagte freigesprochen. * Gerüchte, daß die englische Regierung gegen die Besetzung Konstantinopels durch die Griechen nichts einzuwenden Habe, und dies der griechischen Regierung mitgeteilt wurde, sind falsch, wie in London amtlich erklärt wird. Ein erledigter ZMiWensall. Seit mehreren Tagen war davon die Rede, daß die Botschafter von Frankreich, England und Italien einen gemeinsamen Schritt bei der deutschen Regierung in der Frage der Beförderung französischer Trup pen durch Deutschland nach Oberschlesien unternehmen würden. Man wartete mit steigender Spannung am dieses diplomatische Ereignis, aber die Sache verzögerte sich soweit, daß man inzwischen bereits alles Wesentliche erfuhr, und daß nun, nachdem dieser gemeinsame Schritt erfolgt ist, eigentlich nur noch ein Rückblick auf den Ver lauf dieser Geschichte übrigbleibt, der allerdings für die gesamte Politik, die die Entente im ganzen und Frankreich im besonderen uns gegenüber betreiben, lehrreich genug ist. Man erinnert sich noch, LÄß am 16. Juli die letzte große Drohnote Briands übergeben wurde, in der ein empörender Versuch zu erblicken war, der deutschen Regie rung die Schuld und die Verantwortung für die Lage in Oberschlesien zuzuschieben. Gleichzeitig forderte der fran zösische Botschafter von der deutschen Negierung, daß sie eine Division französischer Truppen nach Oberschlesien be fördere. Die ungeheuerliche Note Briands sollte ganz offensichtlich nur eine Art Begründung für dieses Ver langen abgeben, denn nach dem Friedensvertrag sind be kanntlich nur die alliierten Mächte gemeinsam, nicht aber Frankreich allein berechtigt, solche Truppentransporte von unL zu fordern. Die Herren in Paris glaubten jedoch offenbar, durch eine Überrumpelung rasch zum Ziele zu kommen. Die deutsche Regierung war sich demgegenüber vollkommen bewußt, daß das Recht durchaus auf ihrer Seite stand, wenn sie das Verlangen des französischen Botschafters ablehnte. Gleichzeitig kam es aber daraus an, diese Ablehnung in einer Form auszusprcchcn, welche neue, für uns unerwünschte Verwicklungen von vorn herein ausschaltete. Noch ehe jedoch die deutsche Regierung ihre Antwort aus die Vriandsche Rote und auf den vom Botschafter hinzugefügten Wunsch fertig hatte, kam der französische Botschafter am 23. Juli nochmals zum deutschen Außen minister und verlangte kurzerhand, die deutsche Regierung solle noch am gleichen Tage erklären, ob sie der Forde rung bezüglich des Truppentransportes nachkommen wolle. Die bekannte deutsche Antwort, die im wesent lichen auf die Gegenfrage hinauslief, ob dieses Verlangen von allen drei Ententemächten gestellt sei, genügte den Franzosen nicht, und schon am nächsten Tage verlangte der Botschafter von neuem eine Erklärung, ob wir auf Ersuchen der französischen Regierung französische Truppen befördern würden. Als Antwort dhrauf erhielt der Bot schafter am 29. Juli einen Brief des deutschen Außen ministers, der leider der deutschen Öffentlichkeit verheim licht und infolgedessen erst auf dem Umwege über die aus ländische Presse bekanntgeworden ist. Es wurde darin betont, daß unsere Haltung durchaus dem Friedensver- trage entspricht und gleichzeitig daraus hingewiesen, daß die seinerzeit entsandten englischen Truppen auf Grund eines gemeisamen Schrittes der Alliierten bei Deutschland nach Oberschlesien gebracht worden waren. Jedenfalls ging die Regierung auch in diesem Schreiben nicht von ihrem Standpunkt ab, daß der neue Truppen transport ebenfalls nur auf Verlangen der gesamten Entente bewilligt werden könne. Kurz darauf wurde dem Botschafter sogar noch ein dritter Bries überreicht, in welchem die deutsche Regierung nochmals erklärte, daß sie die Entscheidung des Obersten Rates über einen Trup pentransport selbstverständlich anerkennen würde Wenn somit von deutscher Seite völlige Klarheit ge schaffen war, so war die Verwirrung der zwischen Paris und London hin- und hergehenden Ausein andersetzungen um so größer. Daß die Forderung der französischen Regierung, Verstärkungen nach Oberschlesien i zu schicken, von den Verbündeten Frankreichs nicht ohne weiteres gutgeheißen werden könnte, wenn man nicht sich eines offenen Verstoßes gegen den Versailler Vertrag schuldig machen wollte, war von vornherein klar. Ander seits war ebenso sicher vorauszusehen, daß Rom und Lon don ihren Pariser Bundesgenossen nicht vollständig fallen lassen konnten. Das Ergebnis liegt nunmehr in der Weise vor, daß die Franzosen in der Form nachgegeben, in der Sache aber ihren Willen wenigstens zum Teil durchgesetzl haben. Die drei Botschafter haben jetzt die deutsche Re, gierung in einer gemeinsam überreichten Note ersucht, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um den Transport alliierter Truppen durch Deutschland zu erleichtern, den die Lage in Oberschlesien jeden Augenblick erforderlich machen könne. Allerdings wurde ausdrücklich hinzugefügt daß von uns zunächst nur die grundsätzliche Erklärung der Bereitwilligkeit gefordert wird, einen solchen Transport durchzuführen, während die Entscheidung darüber, ob er wirklich stattfinden soll, offenbar dem Obersten Rat vor- behalten bleibt. Der deutsche Außenminister hat daraus sofort erwidert, daß dieses Verlangen durchaus im Ein klang mit der Haltung Deutschlands steht, und daß er mir dem Reichsverkehrsminister die nötigen Vorbereitungen besprechen werde. Damit ist der Zwischenfall erledigt. Sein Ergebnis ist die ^Abwehr eines französischen Vorstoßes gegen uns und gegen den Friedensvertrag. Von einem praktischen Erfolg könnte jedoch erst gesprochen werden, wenn der in Aussicht genommene Truppentransport entweder über haupt nicht stattsindet oder wenigstens nicht nur aus Franzosen besteht. Eine gewisse Klärung im Hinblick aus die Absichten und Methoden der an Oberschlesien inter essierten Ententemächte hat die Erledigung dieses Zwischen falles zweifellos gebracht, es wäre jedoch verfehlt, dadurch den Blick von dem großen Problem der bevorstehenden Entscheidung über Oberschlesien ablenken zu lassen, die binnen kurzem erfolgen wird. In Paris erst wird sich zeigen, ob die Achtung vor dem Recht beim Obersten Nat so tief gewurzelt ist, daß nicht nur solche Zwischenfälle, sondern auch die großen einschneidenden Fragen der euro päischen Politik nach gerechterem Maßstabe entschieden werden, als es seinerzeit in PersMes geschehen ist. Oie Verteilung öer deutschen Zahlungen. England, Frankreich, Belgien, Italien. Paris, im August. Nach Veröffentlichungen in den Zeitungen sind durch die Reparationskommission Bestimmungen über die Ver teilung der deutschen Zahlungen getroffen worden. Eng land erhält 124 Millionen Goldmarks die am 1. Mai in der Kasse der Reparationskommission vorhanden waren, als Ersatz für seine Okkupationskosten. Auf den Betrag von 350 Millionen Goldmark, die Deutschland als Ab schlagszahlungen für die erste Milliarde bereits geleistet hat, hat Belgien ein Vorzugsrecht zugunsten seiner Kriegs schuld, die aus zwei Milliarden Goldmark angesetzt wird. Belgien soll von allen Zahlungen Deutschlands die Sum men erhalten, die in belgischen Franks. Dollars, Gulden oder Peseten geleistet werden. Die in französischen Franken erstatteten Summen erhält Frankreich, die Zah. lungen in Lire Italien. Die Restzahlung von etwa 650 Millionen Goldmark, die Deutschland am 31. August zu leisten hat, soll Belgien erhalten; außerdem schweben Ver handlungen, wonach Belgien des ferneren alle Zahlungen erhalten soll, die in Pfund Sterling erfolgen. Ern Machiwori? Strafandrohung gegen die polnischen Terroristen. Nachdem die Interalliierte Kommission in Ober schlesien monatelang tatenlos zugesehen hat, wie die Deutschen von den polnischen Insurgenten aus ihren Häusern und von ihren Arbeitsstätten vertrieben wurden, hält man es kaum Noch für möglich, daß von dieser ihrer Pflicht so wenig bewußten Behörde doch noch einmal ein energisches Wort gegen die Übeltäter gesprochen werden könnte. Jetzt hat sich die Interalliierte Kommission aus Grund des zunehmenden T-rors der Polen, besonders der Gewalttätigkeiten gegenüber Arbeitern jedoch endlich ver anlaßt gesehen, lm Interesse des Arbeiterlebens folgendes anzuordnen: Auf den Gruben und Werken im oberschlesischen Berg werk- und Hüttenbezirk ist es in letzter Zett wiederholt zu Drohungen und Ausschreitungen gegen einzelne Beamte und Andersdenkende gekommen. Dieser Zustand hat häu- Ug vevauerkkche Differenzen, welche die Arbcitsmögkichkcit auf das empfindlichste stören, ergeben. Für zukünftige Beleidigungen und Körperverletzungen müssen schwere Gefängnisstrafen verhängt werden, sobald einzelne Fälle zur Anzeige gelangen. Man wird es be greiflich finden, daß im Interesse des oberschlcfischen wirt schaftlichen Lebens alle Differenzen und Zwistigkeiten aus alle Fälle verhindert werden müssen. Daß in dieser Verordnung die polnischen Störenfriede nicht beim richtigen Namen genannt sind, wird man bei der Parteilichkeit des französischen Chefs der Kommission nicht verwunderlich finden. Am Ende wird es auch hier wieder so gehen, wie schon in verschiedenen anderen Fällen, z. B. bei der Entwaffnung, daß nämlich ver schärfte Strafmaßnahmen, die wegen polnischer Untaten nötig werden, dann nur gegen Deutsche angewandt werden, Immerhin ist es bezeichnend für den Grad der Unerträg lichkeit, den der polnische Terror erreicht hat, daß die Interalliierte Kommission sich überhaupt genötigt sieht, ein solches Machtwort zu sprechen. Die Folgen einer Lostrennung. Die Reichsregierung hat unter dem Titel „Die wich tigsten wirtschaftlichen Folgen einer Abtrennung Ober schlesiens von Deutschland" eine Druckschrift herausge geben, in der übersichtlich und eingehend dargelcgt wird, daß Denischland bei einer Zerreißung Oberschlesiens einen großen Teil seiner Kohlenbasis und den überwiegenden Teil seiner Zinkproduktton verlieren würde; es würde da mit für seine wichtigsten industriellen Rohstoffe ans einem Ausfuhrland zu einem Einfuhrland. Ohne eine ihren Bedarf deckende eigene Kohlen- und Eisenbasis kann Deutschland als Industrieland nicht weiter bestehen. Ver liert Deutschland die oberschlcsische Montanindustrie, so kaun es weder die Reparationsleistungen aus dem Frie- densvertrage, noch die Ernährung seiner jetzigen Bevölke rung vollbringen. Auch die Rückwirkung ans die Welt wirtschaft wäre katastrophal. Als Käufer aus dem Welt märkte würde Deutschland ausscheiden. Trotz dieser seil langer Zeit klar sestgestellten Folgen jeder Abtrennung oder> Teilung Oberschlesiens tauchen immer wieder neue Pläne für eine Grenzziehung innerhalb des Abstim mungsgebietes auf. Ein englischer Berichterstatter for muliert den Gegensatz zwischen dem englischen und dem französischen Oberschlesienvorschlag folgendermaßen: Der englische Vorschlag wolle Pleß und Rybnik an Volcn, die nördlichen und westlichen Kreise an Deutschland oeben, während das Industriegebiet noch für unbestimmte Frist unter alliierter Kontrolle bleiben soll. Der franzö sische Vorschlag wolle Oberschlesien ungefähr in der Art des Saarreviers neutralisieren. Die Entschädigung der Flüchtlinge In einer Sondernummer der Schlesischen Volkszeittmg schreibt der preußische Minister des Innern Dominicus u. a.: Die aus den Abstimmungsgebieten geflüchteten Geschädigten, die sich in Ober- und Niederschlcsien auf hatten, werden von dem OberpräsideMcn in Oppeln, Ver waltungsstelle Breslau, vorläufig Entschädigungen erhalten. Die im übrigen Deutschland sich befindenden Geschädig ten können sich unmittelbar an das Fürsorgeamt für Beamte in den Grenzgebieten in Berlin (In den Zetten 21) wenden. Ferner wäre zu berücksichtigen, daß für Beamte, die während des Aufstandes außer Sach- und Körperverletzungen nicht zu letzt auch seelische Aufregungen und Nachteile erlitten haben, sich eine besondere Zuwendung zumAusgleich notwendig macht. politische Rundschau. Oeunckeg Reich. Die Verwerflichkeit des Versailler Vertrages. Aus Newyork wird berichtet, daß eine Rede Lord Bryces im Politischen Institut, in der er den Fri dens- vertrag von Versailles angriff, in der amerikanischen Presse große Beachtung finde. Besonders hervorgehoben wird die Erklärung, daß der Friedensvertrag von Ver sailles nur den Keim für künftige Kriegs gelegt habe. Der Zwischenfall in der Kolabucht. Das Blatt „Tromsö Stifttidende" in Christiania ver öffentlicht eine Mitteilung des Chefs der deutschen Minen suchslottille, die von russischer Seite in der Kolabucht be- schoflen wurde. Es heißt in der Erklärung, daß alle rus sischen Angaben über den Zwischenfall unrichtig find. Denn die deutsche Flottille ist in die Kolabucht ei.»gelaufen, um in Übereinstimmung mit dein Friedensverirag Minen aufzusuchen. Trotzdem eine Mitteilung über diese fried lichen Absichten dem russischen Wachtschiff geworden war, wurde die Flottille von einem russischen Fort beschossen. Das Feuer wurde erwidert und das Fort zum Schweigen gebracht. Darauf wurde das Minensuchen unterbrochen. Die Flottille kehrte nach Vardö befehlsgemäß zurück.