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MdmfferÄiMa« Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig 28614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des (Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 181. Freitag den 5. August 1921. Amtlicher Teil. 80. Jahrgang. Freitag den 5 d. M. 8 bis 1 Uhr im Verwaltungs gsdäude, das Pfund 1,20 Mk. Wilsdruff, am 3 Auaust 1921. b>»8 Der Stadtrat. IIIlIIIIIIIII!IIIIIIIIIIöI!IIIIII!IIIIII»IIIIIIIIIIlIIIIIIIII»IIIIIIIIIIlIIII»IlIII»IIIII»IIIIIIIiI!»IIIIIIIIIIIIIII»NI»IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII!III!IIIIIIIIIII!I,!IIttI,l Nir Mei WM, MznW öü 10 Ihr mmHG MzugM. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Reichskanzler Dr. Wirth trat in Bremen für däS Der» »eiben Oberschlesiens bei Deutschland entschieden ein. * An den nächsten belgischen Parlamentswahlen dürsen nur diejenigen Einwohner von Eupen und Malmedy teilnehmen, die vor dem 1. August 1914 in Belgien ansässig waren. * Im englischen Unterhaus- teilte Fisher mit, bisher sei von einer Absicht Deutschlands, seinen Eintritt in den Völkerbund ,u beantragen, nichts bekannt geworden. * Der italienische General de Marini erklärte im Auswärti gen Ausschuß: Eine Teilung des oberschlesischen Jndustrie- bezirks sei eine Unmöglichkeit. * Enrico Caruso, der weltbekannte Sänger, starb zu Neapel tm Alter von 48 Jahren. * In Spanien herrscht lebhafte Gärung insolge der Unzu- sriedenheit mit dem marokkanischen Abenteuer. Oas letzte Wort. Nicht weit von der Stelle, wo Roland der Riese am Rathaus zu Bremen seine stumme, aber beredte Sprache spricht, hat der deutsche Reichskanzler in zwölfter Stunde, bevor der Oberste Rat in Paris zur Ent scheidung über Oberschlesten zusammentritt, noch einmal das Wort ergriffen, um das deutsche Volk, wie auch die großen Völker der Erde auf die historische Bedeutung der kommenden Stunde hinzuweisen. Seine ernsten Mah nungen waren gewiß von einzelnen Gedankengängen durchzogen, an denen parteipolitische Gegnerschaft mit leichter Mühe ihre kritischen Künste üben könnte. Und andere Leute mögen wohl die Frage aufwerfen, ob der Ton bittender Beschwörung, den Herr Dr. Wirth im An gesicht der Welt wieder einmal anschlug, mit der Wah rung der gerade ihm besonders anvertrauten deutschen Würde durchaus zu vereinbaren sei. Das alles aber sind untergeordnete Gesichtspunkte gegenüber dem einen Sinn und Zweck der Rede, um dessentwillen sie gehalten wurde: den Männern, die nunmehr endlich das erlösende Wort über Oberschlesien sprechen sollen, noch einmal das Gewissen zu schärfen, sie noch einmal auf die Forde rungen von Recht und Gerechtigkeit festzulegen, zu denen der Friedensvertrag von Versailles sie verpflichtet, noch einmal die Voraussetzungen zu unterstreichen, unter denen allein Glück und Wohlfahrt der Völker in Europa wieder aufblühen können. Wem die Zukunft Oberschlesiens wahr haft am Herzen liegt, für den darf nur diese eine Ziel richtung der Wirthschen Rede existieren. Nebendinge, Zweideutigkeiten, Befangenheiten, die er in der Rede finden mag, muß er beiseite schieben, weil ungleich höheres auf dem Spiele steht. Der Reichskanzler begann damit, daß er nicht nach Bremen gekommen sei, um eine Rede der Entmutigung zu halten, sondern, daß ihm Trost und Aufmunterung am Herzen lägen. Durch Arbeit, durch freiwillige Arbeit müßten wir wieder zur Freiheit gelangen. Die Zeit der Illusionen sei vorüber, jetzt müßten wir in treuer Pflicht erfüllung den für richtig erkannten Weg innehalten. Das sei der Weg des Rechtes, der Barmherzigkeit und der Liebe. Nur er führe zum Glück und zur Wohlfahrt. Ge wiß könne man an den alten Fahnen und Idealen fest halten. Aber die Illusionen der Macht müssen wir auf geben, in der Erkenntnis, daß der Kern aller Geschichte im Grunde ein moralischer ist. Macht besitzen heute unsere Gegner, und wer sehen wolle, wie diese mißbraucht wer den könne, der brauche nur nach Warschau zu blicken. Wohl hören wir Stimmen des Friedens und des Rechtes aus England und Amerika, aber was hat uns die Politik der letzten drei Jahre, der letzten Monate in Wirklichkeit ge bracht? Nur neuer Haß ist mit ihr gesät worden. Dem Ultimatum von London hat die deutsche Regierung sich unterworfen, und sie würde es heute ebenso wieder tun wie im Mai dieses Jahres. Sei es richtig, als Antwort darauf den großen Gedanken der sozialen Demokratie, die Politik der deutschen Regierung, die großen Ideale der Welt zu sabotieren? Nichts anderes als dies wäre es, wenn trotz der Abstimmung in Oberschlesien Korfanty und nicht das Recht in Europa zur Geltung käme. Es darf nicht geschehen, daß der große Gedanke der Selbst bestimmung verletzt wird in einem Augenblick, wo alle Mächte moralischer Natur mit eherner Stimme in die Welt Hinausrufen: Jetzt achtet den Gedanken der Demo kratie in der Welt, den Gedanken der Freiheit, jeden Ge danken des Selbstbestimmungsrechtes für das oberschle sische Volk, wenn ihr nicht Europa dem Ruin, dem Elend, dem endgültigen Untergang weihen wollt. Der Kanzler bekannte sich zu dem Ideal der demokratischen, freien deutschen Volksrepublik und fragte, ob man es verant worten könne, ein Volk, das durch opfervolle Arbeit für die Gesamtinteressen Europas zur Freiheit strebe, durch rechts widrige Behandlung zu mißachten. Sieben Iabre nack oem uulmaium an «seroren vevroye man Demicytano abermals mit einem Ultimatum, und doch könne die Welt nicht mit Ultimatums, mit Bedrohungen, mit Brüskierung gebessert, sondern nur durch Verhandlungswilligkeit ge rettet werden. Sei es nicht klüger, kaufmännisch zu denken, als heute über das zu reden, was man morgen noch ausgraben könne; zumal doch Verbrechen in allen Nationen begangen worden seien. Durch deutsches Blut zum Leben erwacht, habe Polen gerade Deutschland schmählicher behandelt als je ein anderes Volk. Werde jetzt in unserem Osten ein zweites schlimmeres Elsatz- Lothringen aufgerichtet, so gebe es einen ewigen Brard Herd zwischen großen Völkern, der nur neues Unglück, neue Zerstörung zur Folge haben könne. Der grenzen lose Hochmut in Warschau wolle die Welt nicht zur Ruhe kommen lassen. Wir aber können immer nur über das ganze Erdenrund hinaus bitten und mahnen: Löst die oberschlesische Frage gerecht, nachdem das Volk gewrochen hat. Sieben Jahrhunderte ist dieses Land in deutschem Besitz gewesen und nun soll es polnischen Herrs^asts- gelüsten hingeworfen werden. Müsse man da nicht auf die Einsicht der großen führenden Nationen der Welt ver trauen daß unsere Stimme im Rate der Völker nicht unge hört verhallen werde. Bei der Entscheidung, die zu fällen ist, werden wir nicht dabei sein, die Verantwortung für sie liegt bei denen, die uns weder nach London berufen, noch zur Abrüstungskonferenz nach Washington geladen haben. Er sehe nicht ohne Hoffnung in die Zukunft, frei lich in dem Bewußtsein, daß sich Enttäuschungen mit de' Macht von Todesgedanken auf die großen Scharen unseres Werktätigen Volkes legen würden. Auch der stärkste Im puls zur Arbeit müsse erlahmen, wenn die großen Ideen, in deren Dienst sie geleistet werden sollen, sich als macht los erweisen. Für uns kann es kein Schwanken auf der Bahn des Rechts geben, die Einheit des Reiches, die Ein heit unserer Wirtschaft, ist das einzige, was wir aus dein Zusammenbruch gerettet haben. Nur unter allseitigen Opfern werden wir uns aufrechterhalten können, durch das, was wir verloren, dürfen wir uns nicht nieder drücke «lasten. Auch über Gräber müssen wir vorwärts schreiten zu neuem Glück, zu neuer Gerechtigkeit für unser deutsches Volk. Die unmittelbare Wirkung dieser Rede auf die Tau sende von Zuhörern, die sich um den Reichskanzler in Bremen zusammengeschart hatten, scheint sehr bedeutend gewesen zu sein. Ob auch ihr weiterer Nachhall in Lon don und Paris, in Rom und in Washington stark genug sein wird, um das Unheil verhüten zu helfen, das Dr. Wirth am europäischen Horizont Heraufziehen sieht? Oie unterirdische Grenze. General Marini gegen die Teilung des Industriegebietes. Ein außerordentlich einleuchtender und treffender Ge sichtspunkt für die Beurteilung der Pläne zu einer Teilung Oberschleficns ist jetzt gerade im richtigen Augenblick kurz vor dem Zusammentritt des Obersten Rates von dem Vertreter Italiens in der Oppelner Interalliierten Kom mission, dem General de Marini, in die Debatte geworfen worden. Bei der Besprechung des oberschlesischen Pro blems, die jetzt im Kreise der italienischen Regierung statt fand, betonte der zu dieser Beratung nach Rom gefahrene General, daß die unterirdischen Schächte in Oberschlesien durch das ganze Gebiet liefen und einen technischen Zu sammenhang des Industriegebietes Herstellen, der eine Teilung unmöglich mache. 90 Prozent aller Bergwerke und Fabriken seien außerdem im Besitz von Deutschen. Ferner wurde es bei dieser Besprechung begrüßt, daß Deutschland angeboten habe, italienische Arbeiter in den oberschlesischen Bezirken zu verwenden. Das einzige Zugeständnis, das Italien anscheinend zu machen gewillt ist, besteht in der Zuerkennung des Grenzgebietes bei Myslowitz an Polen. Auch der Standpunkt des italieni schen Außenministers della Torretta scheint dahin zu gehen, daß Italien, durch die antieuropäische Politik Frankreichs gezwungen, sich dem Standpunkt Englands anschließen müsse. Die Sitzung des Obersten Rates, die für den 8. August in Paris bevorsteht, wird vermut lich aus zwei Perioden bestehen. Während der ersten soll allein die Frage der Truppenverstärkungen und der Ver teilung Oberschlesiens behandelt werden. Lloyd George und Curzon sollen an diesen Besprechungen teilnehmen. Die zweite Periode soll stattfinden, nachdem die Haltung der Deutschen und Polen zu der Verteilung Oberschlesiens bekannt ist. Die mit der Prüfung der Oberschlesischen Frage beschäftigte Sachverständigenkommission soll spätestens bis zum 7. August ihre Arbeiten abgeschlossen haben. Dann werden Lloyd George und Curzon am Montag nach Paris fahren. Auch die Finanzkonferenz, die verschiedene Probleme der Reparationen, Kosten der Besatzungsarmee, Reparation in natura usw. besprechen soll, wird wahrscheinlich am 8. August in Paris zu- sammentreten. Daß der deutsche Wiederaufbauminister Rathenau den Wunsch nach einer Zusammenkunft mit Loucheur noch vor dem 8. August geäußert haben soll, ist unzutreffend. Oie Politik -es Knüppels. Neue volnische Gewalttaten in Oberschlesien. Je näher der Augenblick der Entscheidung über Obec- schlesicn rückt, um so eifriger bemühen sich die Polen, dem Entschluß des Obersten Nates mit den „politischen* Mitteln vorzuarbeiten, die ihnen besonders gut liege«. Diese Politik erschöpft sich bekanntlich in der Anwendung von Gewehrschüssen, Handgranaten und Knüppeln gegen die Deutschen im Abstimmungsgebiet. Alle Anzeichen im oberschlesischen Industriegebiet deuten weiter darauf hin, daß wir am Vorabend eines neuen Putsches stehen. In Nicolai finden seit mehreren Tagen fortgesetzt größere Ansammlungen ehemaliger Insurgenten und pol nisch gesinnter junger Leute statt. Man spricht offen von einem neuen Aufstand, zu dem nur das Zeichen zum Los schlagen gegeben zu werden brauche. Aus Nikischacht hat ein Teil der deutschen Beamten, durch den unerhörten polnischen Terror gezwungen, wieder fliehen müssen. Mit Knüppeln bewaffnete polnische Bauden durchzogen fortgesetzt den Ort. Vereinzelt wurden auch Schüsse abgegeben, die selbstverständlich eine begreifliche Erregung in die Reihen der Bevölkerung trugen. Aus Laurahütte werden ebenfalls Zusammenrottungen gemeldet, die schwere Gefahren für den deutschgesinnten Teil der Be völkerung befürchten lassen. Die zuständigen Kreis kontrolleure sind wiederholt und eindringlich von den deutschen Stellen auf die Sturmzeichen im oberschlesischen Industriegebiet aufmerksam gemacht worden. Von neuem hebt der polnische Terror in den Betrieben der oberschlesi schen Berg- und Hüttenindustrie an. Die Arbeitszisfern haben wesentlich nachgelassen. Junge arbeitsscheue Bur schen glauben die Zeit für gekommen, um müheloser ihr Geld zu verdienen. Trotz aller Ausschreitungen harrt der größte Teil der Beamten und Angestellten in den Betrieben weiter aus, und es kann nicht genug wundernehmen, daß auch die deutsche Arbeiterschaft dem provozierenden Trei ben ihrer polnischen Kollegen immer noch in musterhafter Geduld zuschaut. Zahlreiche Polenansammlungen fanden besonders im Nybniker Revier statt. Gegen die Stadt Ratibor wird ein förmlicher Boykott durchge führt. Die Bauern der umliegenden Dörser dürfen keine Lebensmittel, besonders keine Kartoffeln und kein Ge müse auf den Ratiborer Markt bringen. Eine sehr zweifel hafte Meldung wird auf dem Umwege über Rotterdam verbreitet. Danach soll der Mörder des Majors Montalegre, des Offiziers, der seinerzeit in Beuthen erschossen wurde, verhaftet worden sein. Es handelt sich um einen 21jähri- gen Oberschlesier, Sohn deutscher Eltern mit Namen Joske, der die Tat eingesteht und behauptet, dafür eine größere Summe Geldes bekommen zu haben. Von welcher Seite er angestiftet wurde, hat er dagegen noch nicht einge- standeu. Die deutsche Regierung hat sofort eine Nach prüfung des angeblichen Sachverhalts angeordnet, der dem Ergebnis der bisherigen Untersuchung dieses Falles voll ständig widerspricht. Man glaubt eher, daß dieses angeb liche Geständnis vielleicht durch Geld erkauft ist, um die Schuld den Deutschen in die Schuhe zu schieben. Ein kleiner Irrtum. Tschechische Wünsche nach einer Grenzberichtigung. Aus dem Prager Parlament wird berichtet: Außen minister Dr. Benesch erklärte in der Kammer die Grenzen der Tschechoslowakei mit Oberschlesien für unbefriedigend. Sowohl strategische wie zolltechnische Rücksichten forderten dringend ihre Berichtigung. Hierüber werde im Zusam menhang mit dem Schicksal Oberschlefiens entschieden werden. Besonders wichtig sei für die Tschechoslowakei die Erwerbung von 16 Gemeinden nächst Troppau. An Trvppau grenzt der rein deutsche Kreis Leobschütz. Die tschechoslowakische Regierung ermangele nicht, bei jeder günstigen Gelegenheit auf ihre Ansprüche hinzuweisen. Bei diesen Äußerungen ist jedoch dem tschechischen Minister ein kleiner Irrtum unterlaufen. Wenn die Tschechoslowakei irgendwelche Wünsche nach deutschem Lande hat, so muß sie sich darüber auf dem Wege gegen seitiger Vereinbarungen mit der deutschen Regierung ver ständigen. In der Tat sind auch von tschechischer Seite Anregungen gegeben worden, die auf einen Austausch gewisser Landstrecken an der Grenze Böhmens gegen