Volltext Seite (XML)
AWdrufferTageblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt fÜk WWdmsf UNd Umgegend Postscheckkonto Leipzig LS 644 Erscheint lägNch mit Ausnahme der Sonn» und Festtage nachmittags 5 llhr für den folgenden Tag. Bezugspreis bei Selbstabholung monatlich 4.50 Ml., durch unsere Austräger zugetragen in der Stadt monatlich r Ml-, auf dem Lande scir Ml., durch die Post bezogen vierteljährlich 1Z.rä Ml. mit Zustestungsgebühr. Aste Postanstalten und Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. 2m Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Erscheint seit dem Zahre 1841 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Inseistionspms 1 Mk. für die sgespaltene Korpuszelle oder deren Raum, Reklamen, die rspaltlge Korpuszeile 2.M Mk. Bei Wiederholung und Zahresauftrag entsprechender Preisnachlaß. Bekanntmachungen im amtlichen Teil snur von Behörden) die racspaltene Korpuszeile 3 Mk. Rachwelsungs-Gebühr 50 pfg. Anzeigenannahme bis vormittags 10 llhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabatt« anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingczogcn werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Nr. 172. Dienstag den 26. Juli 1S21. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. Auf Anordnung des Landeßfinanzamtes Dresden werden die Dieustftunden des Finanzamtes vom 25. Juli ab wie folgt geändert: Montag bis Freitag: von 7 bis */, 1 Uhr mittags und von 2 bis ^5 Uhr nachmittags, Sonnabend: von 7 bis Vs* Uhr mittags. Für den Verkehr mit dem Publikum ist das Finanzamt wie auch die Finanzkaffe nach wie vor geöffnet an allen Wochentage« von 7 bis 12 Uhr mittags. Nossen, am 23. Juli 1921. soor Das Finanzamt. Der von der Friedhofstraße durch die Ratsmühle nach dem Neumarkt führende Fußweg wird hiermit für den öffentlichen Verkehr gesperrt und eingezogen. Wilsdruff, am 23. Juli 1921. sooo Der Stadtrat. Der hiesigen freiwilligen Feuerwehr haben Hm MMUm Paul Hille Mr 34 Jahre und Herr Gastwirt Paul Mold An A Jahre ununterbrochen angehört. Für die während dieser Zeit im Interesse der Feuersicherheit unserer Stadt geleisteten treuen Dienste spricht der Sladtrat hiermit den Herren Hille und Pätzold seine dankbare Anerkennung aus. Wilsdruff, am 23. Juli 1921. bm» Der Stadtrat. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Deutschland hat der Reparationskommission die Einlösung sechs weiterer Wechsel von je 10 Millionen Dollar oder 240 Millionen Goldmark angeboten. * Amtliche Mitteilungen besagen, daß zurzeit keine weite ren Erhöhungen der Eisenbahntarise erwogen werden. * Reichsdeutsche Journalisten sind von der tschechoslowaki schen Regierung zu einer Studienreise in der Republik einge laden worden. * In Newvork hat ein Syndikat von Banken einen Kredit von neun Millionen Dollar bewilligt, um die Getreideliefe rungen für Deutschland zu finanzieren. Der Kredit soll auf Drcimonatswechsel gegeben werden. * Haftbefehle gegen den Gouverneur von Illinois, den Vizegouverneur und den Bankier Curtis sollen nach englischen Zeitungen wegen Unterschlagungen von Staatsgeldern im Be trage von 3,2 Millionen Dollar ausgestellt Worden sein. Auch Helgoland? In der trostlosen Hitze dieses Sommers feiert die Entcnbrüterei so ziemlich in allen Landen wahre Orgien. Wenn aber jetzt von London aus mitgeteilt wird, daß die britische Admiralität ihrer Negierung eine Denkschrift ein gereicht habe, in der der Wiedergewinnung Helgolands als Stützpunkt für die englische Flotte das Wort geredet werde, so möchte man doch gegen einen so verwegenen Unsinn von vornherein den nachdrücklichsten Widerspruch ein legen. Die Denkschrift soll, so wird weiter gesagt, den Plan einer großzügigen maritimen Einkreisung Deutsch lands umfassen, und der Chefingenieur der britischen Ad miralität soll bereits im Zusammenhang mit diesen Plä nen die rote Insel einer dreitägigen Besichtigung unter zogen haben. Ja, um dem Hohn noch die Krone auszu setzen, wird bereits für die Septembersitzung des Völker bundsrates ein Antrag des englischen Delegierten ange kündigt, der darauf abziele, Helgoland der deutschen Reichshoheit zu entziehen. Die Sache klingt, wenn man von allem anderen ab sehen will, so, als wollten die Franzosen den deutschen Groll in Oberschlesien nach einer anderen Richtung hin ablenken, als wollten sie Wasser in den Wein der England- begcisterung schütten, die sich hier und da in deutschen Landen schon wieder zu regen beginnt, weil die britische Regierung der französisch-polnischen Niedertracht einiger maßen in den Weg zu treten gewillt scheint. Denn daß die Engländer von sich aus jetzt auf die Idee verfallen sollten, die Insel Helgoland für Flottenzwecke gegen Deutschland in Anspruch zu nehmen, nachdem Deutsch land jede Seegeltung so gut wie völlig verloren hat, ließe sich nur annehmen, wenn die tropische Sommerhitze es ganz und gar um den gesunden Verstand gebracht haben sollte. England ist es gerade, das mit unerbittlicher Ent schlossenheit auf der völligen Zerstörung aller Marine- und Hasenanlagen auf der roten Insel besteht. Jeden Augenblick können die vielen Urlaubsreisenden, die der Secmannerdienst der Hamburg-Amerika-Linie in diesem Jahre wieder die Deutsche Bucht hinauf- und hinabführt, sich davon überzeugen, wie bald ein Molestück, bald irgend ein Teil der Befestigungsanlagen in die Luft gesprengt wird. Und nicht einmal der Nothafen für kleine Fischer fahrzeuge, dem doch gewiß keinerlei Kriegsbedeutung zu gesprochen werden kann, soll von der auf britisches Ge heiß durchgeführten Zerstörungsarbeit ausgenommen werden. Kann man glauben, daß die Engländer alles, was deutscher Fleiß und deutsche Baukunst hier in langen Jahren mit großen Opfern geschaffen haben, bis auf den Grund vernichten werden, wenn sie selber auch nur im ent ferntesten daran denken würden, diese Insel wieder ein mal zu einem Stützpunkt für eine „großzügige maritime Einkreisung Deutschlands" zu verwenden? Und über haupt, kann eine solche Einkreisung in Zukunft noch irgend einen Sinn haben? Die Lebensarbeit Eduard VII. rich tete sich gegen uns, weil wir groß und mächtig waren und in anscheinend unaufhaltsamer Vorwärtsentwicklung auf allen Gebieten menschlicher Betätigung weltumspannend vordrangen. Was aber sollte jetzt noch in Deutschland einzukreisen sein? Man hat es glücklich so weit gebracht, daß wir kaum noch den kleinen Finger rühren können, wenn England oder Frankreich nicht damit einverstanden sind, so daß diejenigen Mächte, die das Meer beherrschen, sich unseretwegen gewiß nicht mehr in besondere Unkosten zu stürzen brauchen. Will England uns die Zufuhren nach Hamburg oder Bremen sperren, so bedarf eS dazu wahr- hastig keiner neuen Flottenbasis in der Nordsee. Es würde, wie die Dinge liegen, jederzeit von heut auf morgen sein Ziel erreichen können. Vor zwei oder drei Jahrzehnten hatte Helgoland noch den Wert eines Tausch objektes. Jetzt könnte es England höchstens noch be gehrenswert erscheinen, wenn es der Meinung sein sollte, das deutsche Volk mit dem Frieden van Versailles und der Art seiner Ausführung noch immer nicht genug gedemütigt zu haben. Eine solche Meinung ist im britischen Jnselreich schwerlich irgendwo anzutreffen, und wir möchten be- zweifeln, ob es den Franzosen gelingen wird, sie den Engländern mit Mitteln, wie dieser Helgoland-Ente, sozusagen .hintenherum" beizubringen. Die Aniwort an Briand überreicht. Berlin, 23. Juli. Der französische Botschafter Laurent sprach heute mittag im Auswärtigen Amte vor, da er eingeladen worden war, die Note, in welcher die deutsche Reichsregie rung die Briandsche Note über Oberschlesien beantwortet, in Empfang zu nehmen. Der Reichsminister des Äußern Tr. Nofen überreichte dem Botschafter die deutsche Ant wortnote. Die Veröffentlichung der Antwortnote an Briand er folgt nach diplomatischem Gebrauch erst in einigem Zeit abstand nach der Überreichung, wenn man annehmen kann, daß die Note in die Hände des Empfängers in Paris ge langt ist. Zur Entstehungsgeschichte dieser Note verlautet übrigens, daß zwischen englischen und deutschen Diploma ten vertrauliche und vorläufig unverbindliche Besprechun gen geführt wurden, da die englische Regierung das deut sche Beweismaterial kennenlernen wollte, das sie zur Ent lastung der von französischer Seite geführten Anklagen besitzt. Auch heißt es, daß die deutsche Regierung den eng lischen Standpunkt in dieser Frage kennenlernen wollte, da dieser für die Formulierung der deutschen Antwort wichtig war. Der englischen Negierung sei es auch sehr erwünscht gewesen, wenn sie von deutscher Seite alle Un terlagen zur Hand hätte, mit denen sie die erwarteten fran zösischen Gegeneinwünde widerlegen könnte. Amtlich ist über diese angeblich vertrauliche Aussprache allerdings nichts inUgeteilt worden. GLbi England nach? Das diplomatische Ringen um Oberschlesien. In der großen Streitfrage, ob die Entscheidung über Oberschlesien noch weiter aufgeschoben werden soll, ist noch keine klare Lösung gefunden worden. Die einander os: widersprechenden Nachrichten lasten aber erkennen, daß möglicherweise ein Mittelweg eingeschlagen wird, indem England sich mit der Festsetzung einer Konferenz im August abfinden würde. Doch steht das, wie gesagt, noch keineswegs fest. Die sranzösische Regierung allerdings hält ihre Ansicht aufrecht. Sie verlangt nach wie vor die sofortige Entsendung von Verstärkungen nach Oppeln, Zu sammenkunft von technischen Sachverständigen und erst später Tagung des Ohersten Nates. Aus einer Unterhal tung, die zwischen Lord Curzon und dem französischen Bot schafter stattfand, geht (allerdings nach französischen Nach richten) hervor, daß die englische Regierung zwar Wert darauf legte, daß der Oberste Rat in allernächster Zeit eine Sitzung abhält, aber doch eine Vertaguirg bis zum 15. Angus! annehmen würde. Die Bedenken, die im englischen Kabi nett gegen die französischen Wünsche bestehen, kamen in einer Sitzung der Regierung erneut zur Sprache. Dabei herrschte unter den Mitgliedern Einigkeit darüber, daß die Entsendung neuer alliierter Truppen, namentlich französi scher, nach Oberschlesien die deutsche Bevölkerung zur Verzweiflung bringen könnte, deren Natio- nalgefühl ohnehin durch die bisherige Politik der Alli ierten schwer gekränkt sei. überdies habe Groß britannien keine Truppen für diesen Zweck zur Verfügung. Die Zeit zur Lösung der oberschlesischen Frage sei günstig. Eine Sachverständigen-Kommission könne kein wesentli ches Material mehr beibringen. Die Angelegenheit sei durchaus spruchreif und müßte schon deswegen unverzüg lich erledigt werden, weil die britische Regierung sich in nächster Zeit mit anderen Angelegenheiten zu beschäftigen habe. Natürlich sucht man auf beiden Seiten um des guten Eindrucks willen die bestehenden Gegensätze möglichst zu vertuschen. Das englische auswärtige Amt ließ deshalb ausdrücklich erkläre», man sei vollkommen überzeugt, daß in dieser Angelegenheit wie in der Vergangenheit die französische Regierung mit den Alliierten zusammenarbeiten wird, um eine Sache zu ordnen, bei der die einzige Mei nungsverschiedenheit in dem einzuschlagenden Verfahren besteht. Im französischen Ministerrat wurden die Darlegungen Briands über seine Haltung in dieser Frage von seinen Ministerkollegen vollkommen ge billigt. Briand berichtete dem Kabinett über eine Unter redung, die zwischen dem französischen Botschafter in London und Lord Curzon stattfand. Lord Curzon habe dabei die Möglichkeit erwogen, die Konferenz im Laufe des August abzuhalten und versprochen, daß England sich ernstlich bemühen werde, eine Regelung der oberschlesischen Frage zu beschleunigen. Der „Temps" glaubt, die Hoffnung aussprechen zu können, daß Frankreich und England sich bald über das Vorgehen zur Lösung des Problems eini gen werden. Man muß dabei immer im Auge behalten, daß es sich um Darstellungen aus französischer Quelle han delt. In England werden zum Teil ganz andere Ansich ten geäußert. Einige englische Blätter behaupten, die eng lische Regierung habe sich keineswegs zu Briands Ansicht bekehrt, sondern vertrete nach wie vor ihren bisherigen Standpunkt. Die Entsendung französischer Verstärkungen nach Oberschlesien wird von Frankreich inzwischen keinen Moment aus dem Auge verloren. Allerdings scheint es Loch, als ob die Abreise der Truppen nicht gerade gegen den Willen der Engländer stattfinden soll. Man betreibt daher um so eifriger die Vorbereitungen dazu. Der fran zösische Botschafter in Berlin, Laurent, wurde beauftragt, bei der deutschen Reichsregierung die notwendigen Schritte zu unternehmen, damit diese alle erforderlichen Maßnahmen treffe zur unbehinderten Durchreise der Truppenverstärkungen, die, sobald England dazu seine Zustimmung erteilt haben wird, nach Oberschlesien ent sandt werden sollen. Der Truppentransport wird zunächst über Antwerpen geleitet. In Antwerpen wird die Division auf französische Dampfer verladen und auf See durch den z Kaiser-Wilhelm-Kanal nach Danzig beför- r dert werden. Von dort soll sie dann durch den polnischen z Korridor über Hohensalza—Posen nach Oppeln transpor tiert werden. Es soll versucht werden, Deutschland zur Stellung von Eisenbahnmaterial in dem Korridor zu ver anlassen. Die französische Division wird in Oberschlesien von den Deutschen nicht gerade freudig begrüßt werden, denn man hat mit den Franzosen zu schlechte Erfahrungen ge macht. Dagegen gibt die Haltung derEngländer nicht zu Klagen Anlaß. Die neuerlassenen Verordnungen wer den von den Engländern mit großer Strenge unparteiisch durchgeführt. Dank diesem Vorgehen wird die Sicherheit der einzelnen Landgemeinden jetzt etwas bester, so daß eine Anzahl von Flüchtlingen in den letzten Tagen in ihre Heimatgemeinden zurückkehren konnten. Auch auf dem Bahnhof in Kattowitz haben jetzt englische Truppen die Bahnhofswache übernommen. Die an den Bahnhofsaus gängen stehenden englischen Posten üben eine scharfe Kon- Golle des Gepäcks und der Ausweise der Reisenden aus. Man muß befürchten, daß es sich dabei nur um eine ganz örtlich begrenzte und vielleicht nur vorübergehende Besse rung der Lage handelt, denn die Entsendung der franzö sischen Division soll ja gerade dem Zweck dienen, die Eng-- länder an solchen wichtigen Stellen wieder durch Franzo sen zu ersetzen. Aus den von den Franzosen besetzten Teilen des Landes aber kommen auch jetzt noch Tag für Tag neue Schreckensnachrichten von polnischen Übergriffen, denen die Franzosen keinen Riegel vorschieben.