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K-rnspr-cher Wü-Sruff Nr. 6 Wochmbsaii für Wilsdruff und Llmgegend pofischeckk-at-Leipzig r»624 Viese- Dla« eachält die «mNichen Delanntmachvngev -er AmtShauptmannschast Meißen, -es Amtsgerichts Wilsdruff, -es Sia-trats zu Wilsdruff, -es Iorstrentamts Tharaa-t Walese-«» DrmUer: Arthur Ssch««»e t« WU«dr«ff. Verantwortlicher Schriftleiter: Herman« Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur ZsÄnnkr. Heide 1« Wilsdruff. Nr. 93. Freitag den 22. April 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. LerenMiNelvllteilWimKmMMl^ In der Woche vom 24. bis 30. April werden verteilt: u) auf sämtliche Nährmittelkarten, Abschnitt 12 350 Gramm amerik. Weizenmehl Pfundpreis 3.85 Mk. lOO Gramm Weizengrieß. Pfundprns 1,90 Mk. b) auf gelbe und weiße N'ährmittelkarten, Abschnitt 12 1 Paket Zwieback, Preis für ein Paket 1,95 Mk. 1 Dose Malzextrakt, Preis für I Dose 5,50 Mk. «) auf sämtliche Lebensmittelkarten, Abschnitt 12 1 Dose kondens. Milch mit oder ohne Zucker zu 9 Mk. bez. 7,50 M. 1 Kilo-Dose Leberwurst, Preis für die Dole 5 Mk. Meißen, am 20. April 1921. Nr. 33 x 11 k?. Die Amtshauptmannschaft. Kesselsdorf. Die Reinigung der Schornsteine findet in der hiesigen Gemeinde am 22. und 23. d. M. statt Sonnabend den 23. April von 10—12 Uhr oorm. Ausgabe der neue» Kohlen karten im Gemeindeamt. Kesselsdorf, am 21. April 1921. SN, Der Gemeindevorfiand. LtiLme Zeitung für eilige Leser. * Die neue RheinzoLgrenze ist in Kraft getreten. Die Rhein- landtonnmsswu verbietet den deutschen Zollbeamten, ihren Amtssitz ohne Erlaubnis zu verlassen. * Der deutsche Rcichsetat für 1921 sieht eine Verringerung des Geamtenkörpers uni ein Viertel vor. * Ter frühere langjährige Zentrumsabgeordnete Stanke ist gestorben. * Briand und Lloyd George treffen sich am 23. April zu einer Besprechung in Hpthe. * In Frankreich wird mit der Lianidation deutschen Eigen tums fortgefabren. Es werden angeblich 18 Milliarden Fraw- ken davon erhofft. * Die griechische Flotte hat mit der Blockade der Dardanellen begonnen. * Der frühere französische Ministerpräsident Viviani ist zum Ehrenbürger von Newyork ernannt worden. Am Golöe häng; ... Die Neichsbankmilliarde Gold, die Exzellenz Haven stein durch Krieg und Revolution mit zähester Energie verteidigt und fcftgehalten hat, und die seitdem das Rück grat unseres Auslandskredites bildet, hat den Franzosen schon lange in die Augen gestochen. Mit der naiven Dreistigkeit, die sie auszeichnet und die sie, wo sie gar nicht vorhanden sein kann, mit unnachahmlicher Grazie vorzu- täuschen verstehen, nm die unkundige Welt selbst für ihre ausschweifendsten Forderungen einzunehmen, begann sie zunächst Vergleiche zu ziehen zwischen dem „armen" Frankreich und dem „reichen" Deutschland, das auf das Mitleid der Völker spekuliere und doch in seinem Zentral- noteninstitut einen Goldschatz berge, der sich sehen lassen könne. Bald ging man dann, je mehr die unerfüllbaren Reparationsforderungen aufs Tapet kamen, zu offenem Liebäugeln mit unserer Goldreserve über, und als es ernst wurde mit den Pariser und Londoner Diktaten, galt es schon so ziemlich als ausgemacht, daß der Zugriff aus sie eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sei; das grundsätz liche, die Frage, ob überhaupt irgendein Anspruch aus diesen Betrag erhoben werden könne, und welche wirt- schastlichen Folgen eintreten müßten, wenn der deutsche Kredit in dieser Weise an seiner Wurzel getroffen würde, war für die Pariser Herren bereits erledigt, darum küm merten sie sich nicht weiter. Und heute sind wir in der Tat so weit, daß die Reparationskommission die Reichsbank milliarde aus Berlin fortgeschafft haben will; zunächst „nur" nach Köln oder Koblenz, wo ja Deutschland nichts mehr zu sagen hat. Der Neichsbank soll gnädigst gestattet werden, die Summe nach wie vor in ihrer Bilanz aufzu führen, aber die deutsche Regierung soll fortan über keinen Teil dieses Melallbestandes ohne vorherige Ermächtigung der Wiederherstellungskommission verfügen dürfen, der vielmehr als Garantie und Sicherheit für die Ausführung unserer Verpflichtungen zu dienen habe. Weigert sich aber die deutsche Negierung, diesem Verlangen nachzukommen, dann werde die Kommission sich gezwungen sehen, die so fortige Übergabe des Geldes an sie selber zu verlangen. Antwort bis zum 22. April! Auch an diesen! Beispiel läßt sich erkennen, wie alle Maßnahmen der Gegenseite ganz bewußt aus die große Katastrophe zum 1. Mai hinarbeiten. Die Reichsregicrung sieht sich im Augenblick geradezu von einem Trommel feuer schwerster und zumeist ganz unerhörter, unmöglicher Forderungen getroffen, so daß man sich nicht wundern dürfte, wenn sie schließlich die Flinte ins Korn würfe. Um bei der Reichsbank zu bleiben, so ist diese, trotz ihres Namens, vom ersten Tage ihrer Gründung an, ein mit staatlichen Vorrechten ausgestattetes- Privatinstitut gewesen, so daß auf sie diejenigen Vchutzvorschriften An wendung finden müssen, die in den bekannten internatio nalen Verträgen für das Privateigentum vorgesehen sind. Im Kriege haben die Franzosen, wo sich ihnen, wie z. B. Mülhausen, Gelegenheit bot, an Neichsbankgelder heranzukommen, die Heiligkeit dieses Privateigentums re spektiert; und jetzt, imFrieden.soll ihnen der gesamte Metallbestand der Neichsbank ausgeliefert werden? Keine Regierung, sie mag aussehen wie sie will, sie mag kapita listisch oder sozialistisch orientiert sein, kann hier zu einem andern Ergebnis als zu entschiedenster Ablehnung kom men. Sie mutzte ibrerleits ja erst Gewalt anwenden, um das Gold, das ihr nicht gehört, in Reichsbesitz, und da nach außer Landes zu bringen; davon kann natürlich im Ernst gar keine Rede sein. Wenn Frankreich diese Mil liarde haben will, dann wird es schon seinen berühmten „Gendarmen" mit dem Marschallstab schicken müssen, um sie zu holen — eine Rolle, die Herrn Foch zweifellos vor züglich kleiden und der Welt den tiefsten Sinn der Welt kriegfortsetzung durch die Pariser Gewaltmenschen blitz artig erleuchten würde. Was schiert es Frankreich, was diese Milliarde sür das Wirtschaftsleben des deutschen Volkes nicht nur, sondern auch aller derjenigen fremden Nattonen, mit denen es immer noch in lebendigem Aus tauschverkehr, in für alle Teile lebensnotwendigen Wirt schaftsbeziehungen steht, bedeutet. Was macht es ihnen aus, daß Deutschland über andere Deckungsmöglichkcitcn für seine zu Riesenbergen angeschwollenen Noten fast gar nicht mehr verfügt, daß rund zwanzig Milliarden von diesen Papiervorräten im Auslande umlaufen, insbeson dere in Belgien und Nordamreika, daß also auch diese Gläubiger des Reiches durch die geplante neue Entwer tung der deutschen Mark aus das schwerste geschädigt würden. Was kümmert es sie schließlich, ob unser Ein- und Ausfuhrhandel, mit dem natürlich gleichsalls weit reichende — ausländische — Interessen verknüpft sind, durch Vernichtung unseres Kreditsystems völlig zum Still stand gebracht würde? Die Herren folgen hier, wie immer, nur ihren blinden Racheinstinkten, die sich diesmal um so zügelloser gebärden, als es sich um blinkendes, glänzendes Gold handelt, das sozusagen greifbar vor ihnen liegt. „Am Golde hängt, nach Golde drängt doch alles!" Die Wahrheit dieses deutschen Dichterwortes wollen die Fran zosen wieder einmal vor aller Welt beweisen. Deutsch land kann sie nicht hindern, zu wn, wozu sie die Macht haben. Warten wir also aus den Gendarmen Foch' -rr Widerspruch englischer Bankkreise. Maßgebende Londoner Bankleute verurteilen auf das schärfste das französische Begehren auf Auslieferung des jetzt noch der den.scheu Reichsbank gebliebenen Gold schatzes von 1,1 Millionen Mark, und zwar aus rechtlichen wie wirtschaftlichen Gründen. Auch die politischen Folgen würden unübersehbar sein. Viele besürchten von einer solchen Maßnahme den allgemeinen Zusammenbruch, nicht nur etwa den Deutschlands. An der Börse hält man die Maßnahme für ausgeschlossen. L)re Kragen Oer M-Lin-IMgrenZe. ErheblicheBeeinträchtigung desVerkehrs. Die von der Interalliierten Rheinlandkommission mft Wirkung vom 20. April an eingerichtete Zollgrenze am Rhein verhindert die Reichspo st Verwaltung, Pa kete zur Beförderung zwischen dem besetzten und unbesetz ten Deutschland anzunehmen, wenn sie nicht von einer Zollinhaltserklärung begleitet sind. Ferner wird aus drücklich darauf aufmerksam gemacht, daß die alliierte Zoll verwaltung die Postanstalten im besetzten Gebiet zwingt, im Verkehr mit dem unbesetzten Deutschland die ankom menden und abgehenden Pakete den von ihr errichteten Zollstellen zuzuführen. Man wird daher in der nächsten Zeit mit einer erheblichen Beeinträchtigung dieses Ver kehrs rechnen müssen. — Alle Personenzüge halten an den Zollgrenzen mindestens zehn Minuten zum Zwecke der Zolluntersuchung. Gewissensnöte der deutschen Beamten. Nach dem „Echo du Rhin" ist das Bureau für Aus- und Einfuhrbewilligung für das besetzte Gebiet von Köln nach Ems verlegt worden. Anträge von Firmen des be setzten Gebietes würden ab 20. April angenommen. An Gebühren seien zu zahlen: Ein pro Mille des Wertes für Einfuhr- und fünf pro Mille des Wertes sür Ausfuhr genehmigungsanträge, mindestens aber zwei Mark. An anderer Stelle behauptet das Blatt, daß in letzter Zeit mehrfach von Berlin Anweisungen für Versetzungen von Beamten aus dem Rheinlande ergangen seien, die von den Alliierten mit der Regelung der neuen Zollinie beauftragt worden seien. Die Rheinlandkommission habe daher eine außergewöhnliche Vorsichtsmaßregel ergrif^n. In Zukunft werde kein Mitglied der deutschen Zollverwal tung seinen jetzigen Amtssitz ohne die besondere Genehmi gung der oberen alliierten Kontrollbebörde verlassen dür fen, ohne sich strengen Strafen und Verweisung vor das Kriegsgericht auszusetzen. Hierzu bemerkt die Neichsregiernng halbamtlich: Die deutsche Regierung hat bereits in ihrer Note in schärsster Form gegen die zwangsweise Heranziehung deutscher Be amten protestiert. Die neue Anordnung enthält einen der artigen Eingriff in die persönliche Freiheit deutscher Be amten, daß man, ohne einen zu starken Ausdruck zu ge brauchen, von Versklavung sprechen kann. Bor der Besetzung. Dortmund. Hier fand unter dem Vorsitz des NeglenmgZ- präsidenten König eine Konferenz der Landrüte und Bürger meister des Regierungsbezirks Arnsberg statt, um über die sich aus einer Besetzung des Ruhrgebietes ergebende Lage zu be raten. Die Verhandlungen waren vertraulich. Deuffchlemüs neue Vorschläge. Amerika als Vermittler an gerufen. Minister Simons hat sich nach seiner Rückkehr aus der Schweiz zu der Ansicht bekannt, daß es notwendig sei. durch schleunige und konkrete Vorschläge den drohenden Zwangsmaßregeln der Entente womöglich zu begegnen. Diese Überzeugung scheint er im Zusammenhang mit Unterredungen gewonnen zu haben, die er in Bern mit maßgebenden schweizerischen Persönlichkeiten hatte. Der neue deutsche Vorschlag ist nun in der Tat bereits vor einigen Tagen abgegangen, um durch Vermittlung des Papstes zur Kenntnis der amerikanischen Negierung ge bracht zu werden, deren gute Dienste man in Anspruch nehmen will. In der Hauptsache enthalten die deutschen Vorschläge folgende Punkte: 1. Das Angebot einer an die Alliierten zu zahlenden Gesamtsumme, 3. das Angebot Deutschlands, die Schulden der alliier ten Staaten an Amerika zu übernehmen und zu verzinsen, 3. die Anregung, ein internationales Schiedsgericht über die Frage entscheiden zu kaffen, in welcher Höhe die bisherigen deutschen Vorleistungen auf die bis zum 1. Mai geschuldeten 20 Milliarden Gold mark anzurechnen sind. Man hofft, daß die Vereinigten Staaten die Sache in die Hand nehmen und Dr. Simons in die Lage setzen werden, schon in den nächsten Tagen dem Auswärtigen Ausschuß des Reichstages nähere Mitteilungen zu machen. Mit Bestimmtheit ist aber auf eine Einmischung der Ver einigten Staaten nicht zu rechnen. Briand wird jedenfalls nichts unversucht lassen, ein Eingreifen Amerikas zu ver hindern. Lloyd George und Briand. Briand und Lloyd George treffen sich in den nächsten Tagen in dem bekannten Konferenzort Hythe in Eng land, um über neue Maßregeln gegen Demschland zu be raten. Die Ansichten darüber sind verschieden. Über dieStellungnahme Englands zu den Besetzungsplänen teilt „Daily Chronicle" mit: In offi ziellen Kreisen Londons wird die Stimmung gegenüber Deutschland immer härter. Man fühlt, daß die britische Negierung bis zum Übermaß Geduld bewiesen hat, und daß ihre Geduld in Berlin mit Vergnügen als eine mög liche Quelle der Uneinigkeit mit Frankreich bemerkt wor den ist. Eine hochgestellte Persönlichkeit sagte kürzlich: ,.Es ist dasselbe alte Deutschland, mft dem wir zu tun haben. Eine kurze Zeit nach dem Waffenstillstand schien eine Hoff nung auf Besserung vorhanden zu sein. Aber dieser Hoff nungsschimmer ist entschwunden. Wir stehen einer Regie rung und einem Volke gegenüber, das im großen und ganzen von dem Deutschland non 1914 sehr wenig ver schieden ist. Obwohl Großbritannien an der geplanten Okkupation des Nuhrgebietes durch die Franzosen nickst teilnehmen will, darf als feststehend angenommen werden, daß zwischen Paris und uns volle Harmonie besteht. Der hauptsächlichste Grund, warum keine britischen Truppen teilnehmcn, ist der, daß wir keine zur Verfügung haben." Der Parlamentsberichterstuüer der „Daily News" meldet dagegen: Es wird amtlich in Abrede gestellt, daß die Alliierten beschlossen haben, sich des Ruhrgebietes zu bemächtigen, weil Deutschland seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Pariser Berichte darüber werden in maß gebenden britischen Kreisen als reine Spekulation bezeichnet.