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MMusserTWblatt Amts-! Königliche Amtsgerichi und den Gia-trat zu Wilsdruff für die Königliche Amtshauptmannschast Meißen, für das sowie für das Königliche Forstrentamt zu Tharandt Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6. Postscheck.Konto: Leipzig Nr. 2SS14. Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend. Erscheint seit dem Jahre Insesüonsvre!« pfa. füs oie s-gespaltenr Korpuözelle oder deren Raum, Lolalprcis pfg., Reklamen Pfg., alles Mik 0°/„ Teuerungszuschlag. Zeiiraub und tabellarischer Satz mit Sk^ Aufschlag. Bei Wiederholung und Zahresumsützen entsprechender NaMias. Bekanntmachungen im amtlichen Teil inur von Lehordens die Spaltzeile so Pfg. bez. 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Vas »Wilsdruffer Tageblast, erscheint täglich, mit Ausnahme der Sonn« und Festtage, abends S Uhr für den folgenden Tag. / Bezugspreis bei Gelbstabholung von der Druckerei wöchentlich 20 Pfg., monatlich ro pfg., vierteljährlich 2,1V Mk.; durch unsere Austräger zugetragen monatlich SV pfg., vierteljährlich 2,40 Mk.; bei den deutschen Postanstalten vierteljährlich 2,40 Mk. ohne Zustellungsgebühr. Alle Postanstalten, Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. / Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Störungen der Betriebe der Zeitungen, der Lieferanten oder der Beförderungselnrichtungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. 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Für Familien, die völlig ohne Beleuchtungsmittel sind, werden Mittwochden23.d.M vorm.v.9—12Uhr Petroleum- und Kaleium- Karbidmarken im städt. Verwaltungsgebäude — Zimmer Nr. 2 — (Markenausgabestele) ausgegeben. Wilsdruff, am 22. Oktober 1918, 2« Der Stadtrat. «UMe HW KW ms dm AiM-Wm. Englanä in Not. In der „Kieler Zeitung* stellt I Voß, der 3 l/z Jahr« in englischer Gefangenschaft »ar, folgende anschauliche und lehrreiche Betrachtungen an: Drei und ein halbes Johr war ich in englischer Ge fangenschaft. Auf einer kleinen Insel in der Irischen See habe ich die Gastfreundschaft der Engländer mit etwa 20000 Deutschen, Ö sterreichern und Tü-ken genossen. Dann bin ich den Engländern durchgegangen. Wie ich das ge macht habe, will ich hier nicht erzählen. Wir liegt viel mehr daran, meinen Landsleuten einmal griindbch die Wahrheit zu sagen. Die Unzufriedenheit, die mir eutgegsntritt, ist mir vollständig unverständlich. Ich will nattrlich nicht behaupten, daß das Leben in Deutschland glänzen- ist; aber an Hand meiner Erlebnisse kann ich beweisen, daß das Leben in England ganz beträchtlich schlechter ist. Bei meiner Ankunft in einem -er -lößten englischen Handelshafen, im Januar fys», sah ich em ganz unge- «ohntes Bild, das mich zwang, mehr zu glauben, als ich erst wolle. Wo »ar die enorme Handelsflotte? Draußen vor dem Hafen lagen acht bunt bemalte groß« V«ssagier- »nd Frachtdampfer der Tunarö- und White Star-Lui«, die,, wie mir ein Engländer sagte, der mich für seinen Lands mann hielt, Nicht fahren durften wegen der deutschen Unterseeboote und, um vor einem Unteiseeboot-Angr ff m dem Hafen sicher zu sein, ihre bunte Bemalung erhallen hatten. Im Hafen selbst und an den Kais lagen nur einige kleinere Dampfer und eine Reihe Segelschiffe, die nicht im entferntesten an die sonst gewohnte Geschäftigkeit erinnerten. Das erste bei meiner Ankunft war, daß ich mich nach Lebensmitteln umsah,, denn während der Gefangenschaft in den letzten sechs Monaten hatten wir nur von Kar toffeln, 6 oder 7 Stück täglich, etwas Melasse — braunem Rohrabfallzucker —, zweimal täglich Tee und, wenn wir Glück hatten, ein- oder zweimal in der Woche »on 3 — sage und schreibe: drei — Hundekuchen gelebt. Broikanen nach deutschem Muster waren leicht und in genügender Menze zu haben, aber Brot war in den Bäckereien nicht vorhanden. Da die englischen Brotmarken nicht verfallen, hatte ich in Holland noch eine ganze Menge von diesen schönen Karten. Eine englische Albetterzeitung nannte die Brotkarten — „Brotersatz", -er genügend »orhanden sei, wobei sich aber erbärmlich leben ließe. Ich bekam in Liverpool doch endlich noch etwas Broi, mußte aber für 200 Gramm Brot 22 bis 2H Schilling bezahlen. Für ebensoviel Stockfisch verlangte man 7 oder 8 Sch-Umg Man konnte aber diese Nahrungsmittel nicht öffentlich im Geschäft kaufen, sondern nur durch Schleichhandel Die meisten großen englischen Geschäftsleute haben einen Landsitz und kommen fast nie nach London. Ihre Geschälte be- sorgen Direktoren. Um einen solchen Posten zu bekommen, braucht man nichts zu können; man muß nur den Mut haben, in London zu leben. Daß die Leute, denen die Mittel es erlauben, London verlaffen, kann ich v»I un- ganz begreifen, habe ich doch selber vier Luftangnffe auf London erlebt. Neber diese Angriffe schreiben ja di« eng lischen Zeitungen, daß kein Schaden ungerichtet ist, außer daß einige alte Frauen und Kinder von den Hunnen er mordet seien. Ich kann dagegen bezeugen, daß der ange richtete Schaden verheerend ist, gar nicht von dem moralischen Eindruck auf di« Bevölkerung Londons und ganz Englands zu reden. Eines Abeuds zu Anfang Januar stand ich am White-Hal, als das Alarmsignal „Nehmt Schutz!" gegeben wurde. Ungefähr l0 Minuten späier erschienen bereits s2 bis sH deutsche Flugzeuge über London. Die englischen Zeitungen schrieben, einem Flugzeug wäre es gelungen, das Zentrum von Lon-sn zu erreichen, obgleich ich selber sämtliche Flugzeuge über der Tit? gesehen habe. Di« Flugzeuge wurden stark von Abwehrgeschützen und englischen Fliegern beschossen, blieben aber trotzdem volle Stunden über London und bombardierten Bahnhöfe, Blöcken und Lagerhäuser. Wie die Wirkung war, will ich an einem Beispiel beweisen. Am Morgen nach dem ersten Angriff ging ich am Strand spazieren von Westminster bis Waterloo-Brücke. Von der großen Brück« standen nur noch kleine Ueberrest«; einige Bomben waren neben der Blück: aufs Straßenpflaster gefallen und haben dort Löcher verursach!, wie ich sie nie gesehen habe. Etwas weiter war gerade die Feuerwehr dabei, die 35- bis HOjährigen ASeebäume »on dem Hinterhaus einer zweistöckigen Restauration herunter zu holen. Vorderhaus und neben- liegende privathäuser waren nur noch Trümmerhaufen. D-e Eisenbahn- und Straßenbahnschiensn lagen zusammen- gekrümmt, so -aß man sich annähernd ein Bild von der Kraft dieser Sp- engstoffe machen kann. Welches Entsetzen bei der Meldung deutscher Flieger entsteht, ist nicht zu be schreiben. Es mutet daher eigenartig an, wenn die eng lischen Zntunzen frisch drauf los lügen. Ende Februar dieses Jahres »ar ich in einem der besten Musikhäuser — V ktoria Mufikhvus« —, wo zum giößten Teil nur die besten Kreise verkehren. Hier wurden außer Musikstücken und Tanz auch Lichtbilder vorgeführt. Unter anderem auch ganz gemeine Bilder über unseren Kaiser und über unsere Staatsmänner; jedoch wurde im besonderen die Hungersnot in Deutschland im Bilde veran schaulicht, und zwar in Berlin, Hamburg UN- Frankfurt. Das Bild zeigte Tausende deutscher Frauen und Kinder, die auf Grund der englischen Blockade verhungert seien. Sodann kamen betrunkene deutsche Landsturmleute und sp-«ßien die Leichen auf die Bajonette, worauf die unge zählten Toten in Massengräbern verscharrt wurden. Gegen d-e Niederschiift -er bei Vorführimo dieses Fllms gezeigten schriftlichen Bemerkungen und Erklärungen sträubt sich die Feder. (Obgleich ich als Deutscher wußte, daß dies alles gemeine Lüge und Zeichen der ohnmächtigen Wut war, mußte ich -och vor Ekel das Lokal verlassen, als die „Damen" und „Herren" m Hurra- und Bravorufe ausbrachen. Ich habe auch keinen Engländer gesehen, dem man -en Ekel vor solcher Roheit und Gemeinheit hätte vom Gesicht ab lesen können. Ich brauche nicht zu fragen, ob so etwas in Deutschland überhaupt denkbar, geschweige ausführbar ist! Ich frage nur: ist eine solche G-sinnung Volkscharaktcr »der ist das Volk verhetzt durch die Regierung? Ich möchte fast annehmen, daß es Volkscharakter ist. Nach alledem haben wir hier in Deutschland keine Ursache zum Murren. Wilson an Österreich. Die Autonomie genügt nicht mehr. Wieder ist die Welt, oder sagen wir lieber: ist Oster reich-Ungarn um eine Illusion ärmer geworden. Man batte in Wien und mehr und mehr auch schon in Budapest nachgerade angefangen, für Wilson zu schwärmen, halte sich eingebildet, man brauchte ihm nur den kleinen Finger zu reichen, und der Friede wäre gesichert. Man wurde deshalb nickt müde, auf Deutschland in dem Sinne einzu wirken, dasi es gleich' lls nach Washington gehe, dann würde alle Qual und ^ot mit einem Schlage zu Ende sein, und um dieses Zit les willen häufte man Verlegen heit auf Verlegenheit, -"nnächte den Widerstandsge st an der Front und in der L^mat und brachte schließlich wgar daS Bundesverhältnis m Gefahr und scheute auch vor einer Art Wettlauf mit abtrünnigen Volksstämmen um die Gunst des Präsidenten Wilson nicht zurück. Und um sich dieser Gunst nur ja einigermaßen würdig zu -eigen, wurde die Föderalisierung der Donaumonarchie eingeleitet, womit man ganz im Sinne des Allmächtigen jenseits des GroßenWassers zu handelnglaubte:dieTschechen,dieSlawen, die Italiener, die Rumänen, die Kroaten und die Serben und ' wem es sonstnochdanach gelüftete, steallefoMennachnationaler Selbständigkeit greifen, sich von der Wiener Zentral gewalt unabhängig machen dürfen, und nur der lose Rahmen der Habsburger Krone sollte alle Einzelglieder liebevoll umschlossen halten — was konnte der gute Wilscn sich und seinen slawischen Schützlingen mehr und besseres wünschen? Also stellte man sich „voll und ganz" auf den Boden seiner vierzehn Punkte, veröffentlichte ein kaiser liches Manifest „an meine lieben Völker', das ihnen einen Freibrief ausstellte, nach eigener Fasson selig zu werden, und jubelte in die Welt hinaus, daß der Friede nun aber wirklich unmittelbar vor der Tür stehe. Statt dessen: eine Ablehnung, rund und nett und ganz unmißverständlich. Am 4. Oktober ist die Friedens» note auS Wien abgegangen; bis zum 18. Oktober hat Herr Wilson sich Zeit gelassen, sie zu beantworten. Und was hat er zu sagen? Seit dem 8. Januar, dem Tage, den er durch Aufstellung seiner vierzehn Punkte zu einem ewig denkwürdigen Markstein in der Weltgeschichte erhoben hat, seien gewisse Ereignisse von größter Bedeutung cin- getreten, die die Haltung und die Verantwortlichkeit der amerikanischen Regierung notwendigerweise geändert hätten. Einmal die Anerkennung deS Kriegszustandes zwischen den Tschecho-Slowaken — diesem „Gesindel", wie Graf Hertling es zutreffend bezeichnete — und den beiden Mittelmächten und die Anerkennung deS tschechisch-slowakischen Nationalrates als einer krieg führenden Regierung. Und zweitens die ebenso wcit- gehende Anerkennung der nationalen Ansprüche der Süd slawen nach staatlicher Freiheit. Infolge dieser beiden Entschließungen verfüge er, der Präsident, nicht mehr üb-r die Berechtigung, die bloße Autonomie dieser Völker, w e sie jetzt von der Wiener Regierung zugestanden würde, al» eine Grundlage für den Frieden anzuerkennen, sondern diese Völker selbst müßten nun Richter darüber sein, weiche Aktion auf feiten der österreichisch-ungarischen Regierung ihre Aspirationen erfüllen und ihre Bestimmung als Mitglieder der Familie der Nationen befried gen werde. Mit anderen Worten also: wollt ihr Frieden mit euren Völkern, so verhandelt mit ihnen, nicht mit nur, — wobei kein Wort darüber verloren wird, wie es denn auch mit Italien, mit Frankreich und England gehalten werden soll, die doch wohl ihrerseits die Fortführung oder Ein stellung des Krieges gegen die Donaumonarchie noch von anderen als tschechisch-slowakischen und von südslawischen Jnteressefragen abhängig machen. So sieht in Wahrheit die aufrichtige Friedensliebe des Herrn Wilson aus, von der die Wiener Staatsmänner so felsenfest überzeugt zu sein schienen. Es wird eine grausame Enttäuschung geben an der Donau — nicht die erste und nicht die letzte. Diesmal wird mau aber die Schuld nicht auf andere Faktoren schieben können, auch nicht auf Deutschland. Wir haben genau auf der gleichen Linie gehandelt wie Oster reich-Ungarn, wir haben ebenfalls das Wilsonsche Friedens- Programm vorbehaltlos angenommen, und was drüben die Föderalisierung deS Reiches bezwecken und bewirken sollte, daS wird hüben von der Demokratisierung und Parlamentarisierung unserer Verfassungszustände erhofft. Ob der Erfolg der gleiche sein wird? Wenn man die neueste Wilsonnote unbefangen prüft, so muß man schon sagen, daß sie nichts anderes im Auge hat als die endgültige Zertrümmerung des Habs burgischen Kaiserreiches. Es soll von einem selbständigen West- und einem ebenso selbständigen Südslawenstaat umstellt, im Norden von dem unab hängigen Polenreich drangsaliert und schließlich im Osten von Serbien, Rumänien und den anderen Lieblingen Ler Entente in Schach gehalten werden. Was übrig bleibt, ist wirklich nicht mehr wert, darauf ein« Kaiserkrone zu gründen. Seine letzten Absichten gegenüber Deutschland hat Herr Wilson nach Ansicht weiter Kreis« auch bereits deutlich genug erkennen lassen; wer über st« noch immer im Zweifel ist, der wird wohl sehr bald, wenn die dritte deutsche Note in Washington eingetroffen ist und beantwortet werden wird, restlos aufgeklärt werden Dann wird die große Frage aufzuwerfen sein: Was nun? Und die deutsche Volksregierung wird zu beweisen haben, Laß st« diesen Höchsten Ehrennamen sich mit Recht bei- «legt bat. -/