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MOrufferTageblatt Amts Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff rentamt zu Tharandt Postscheck-Konto: Leipzig Nr. 28614. Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend. Erscheint seit dem Jahre L84L. Insenion-P^is Pfg. für <>>c b-gespalten« Korpuszeile oder deren Raum, Lo'alprcis Pfg., Reklamen Pfg., aNe« mii 0"/„ Teuerungszuschlag. Zeitraub und tabellarischer Sag mit 5v"c Aufschlag. Bei Wiederholung und ZahreSumsützen entsprechender Nachlaß. Bekanntmachungen im amtlichen Teil snur von Behörde»! die Spaltzeile SV Pfg. bez. Pfg. / Nachweisungs. und Offertengcbühr 20 bez. zg Pfg. / Telephonische Zcheraten-Aufgabc schließt jedes Reklamationsrecht aus. / Anzeigenannabme bis 11 Uhr vormittags. / Beilagengebühr das Tausend S Mk. ir die Postauflage Zuschlag. / Für das Erscheinen der Anzeigen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Gewähr geleistet. / Strikte Platzvorschrist 25"/. Aufschlag ohne Rabatt. / Die Rabattsätzc und Nettopreise haben nur bei Bar. 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Viele Ohren hörten willig und hören fröhlich, wenn von Berlin her eine neue Botschaft kommt von lärmenden Demon strationen, wilden Reden oder gar Zusammenstößen aus der Straße. Viele hören das gerne, weil sie sich nicht befreunden können mit der Umwälzung in Deutschland. Jedem das Recht seiner Meinung, aber Abneigung und Vorurteil sind keine guten Ratgeber, wenn es gilt, Er eignisse abzuschätzen, die Wahrheit über sie zu ver nehmen. Die Wahrheit aber ist, daß der Lärm nicht das Leben ist. Das erste Parlament der ASR hat Lärm genug und übergenug erlebt, vor dem Abgeordnetenhause und auch drinnen im Saal. Der wilde Ledebour hat den Volks beauftragten Ebert ein „Schandmal" genannt, das sofort ausgetilgt werden müsse. Gemach! Ebert sitzt fester im Sattel, als daß man ihn mit wilden Reden herauswerfen könnte. Bier Fünftel oder mindestens drei Viertel dieser ersten geordneten, gewählten Versammlung stehen hinter ihm, die Soldaten vor allem. Ist es nicht sonnenklar, daß gegen diese lebendigen Tatsachen Reden noch so donnernden Ungestüms ohnmächtig sind, daß sie nur die Luft erschüttern, aber sonst nichts? Schlimmer als diese Reden selbst ist der Widerhall, den sie finden. In manchen Berichten liest sich das, als ginge alles drunter und drüber. Auf die Art läßt sich vielleicht der Umwälzung ein Bein stellen. Verbreitet man die Meinung, daß wir in einem heillosen Chaos leben, dann säet man die Saat des Überdrusses. Die Speku lation ist falsch. Erstens ist der neue Rechtszustand nickt so leicht zu verwirren, — er hat Kräfte hinter sich, gegen die nicht nur der Lärm einer kleinen Minderheit ohnmächtig ist, sondern auch das Mißvergnügen derer, die auf den Lärm und mit dem Lärm spekulieren. Zweitens: wenn es diesem oder jenem Bündnis mit den Lärm- machern der äußersten Linken wirklich gelänge, die Ord nung der Umwälzung zu erschüttern, dann würde noch lange nicht der Weizen des Landes Deutschland und seiner Einwohner blühen, sondern es gäbe dann wirklich ein wildes Durcheinander und einen Zusammenbruch, der alles begrübe. Indessen: es hat gute Weile, es wird nicht dahin kommen, wenigstens nicht durch den Lärm und die über triebene Wichtigkeit, die man ihm beimißt. Gefährlicher ist das selbstmörderische Streikfieber, das unsere Arbeiter ergriffen hat. Es ist wirklich selbstmörderisch, denn es wird unsere Wirtschaft lahmlegen, wenn es nickt bald ausgerobt haben wird. Die Rüstungsindustrie im Kriege hat den Arbeitsmarkt heillos verwirrt und die Köpfe auch. Die Phantasiepreise der Lebensmittel des Schleichhandels, der Kleider und Schuhe haben den Maß stab des Lebensunterhalts und seiner Kosten so gestreckt, daß auch die Arbeiter von dein Verlangen beherrscht sind, nur so viel zu ergattern wie irgend zu greifen und zu holen ist. Sie vergessen, daß wir auch auf diesem Wege — also ohne eine bolschewistische Regierung — zu russischen Zu ständen Hommen müssen. Au diesen Zuständen ist das schlimmste, daß Gewerbe und Handel zugrunde gerichtet werden durch Preise und Löhne, die wohl einen kurz lebigen Zustand de: Fieberhitze Hervorrufen können, nicht aber das geregelte Leben der Wirtschaft, die auf dem Grundsatz ruht: leben und leben lassen. Das Streik fieber muß also bald ausheilen, sonst geraten wir in den Sumpf einer Unordnung, der zuerst die Arbeiter ver schlingen muß, die nicht wie andere vom Kapital zehren können. Die Arbeiter müssen also darüber belehrt werden, daß Streik und unmögliche Löhne, bei denen kein Schorn stein rauchen kann, buchstäblich Selbstmord für sie sind. Aber: man darf sich ein wenig darauf verlassen, daß Lie Vernunft bald die Oberhand gewinnen wird. Sie hat einen Verbündeten, der allerdings beinahe so schlimm ist, wie das Unheil, dem gesteuert werden muß, — die Arbeits not, die hereinbricht. Wir rverden bald in einer schlimmen Zeit die Arbeitslosigkeit haben. Wir haben weder Baumwolle, noch Wolle, noch Leder, noch Steine, noch Holz, noch Eisen, um weben, Schuhe fabrizieren, Häuser bauen zu können, und es wird eine Weile dauern, bis wir das können werden. Die heimgekehrten Soldaten und die Arbeiter aus der Kriegsindustrie können also nicht unter gebracht werden. Arbeitslosigkeit und Not werden die Wintermonate über unser Leben bedrücken, und wir haben wahrhaltig alle miteinander allen Giund uns mit Ver nunft in die böse Zeit zu schicken, damit wir sie mildern und überstehen können. Was unserem Staate jetzt gefährlich wird, das ist nicht der Lärm, sondern die Not, die an des Lebens Tore pocht. Sie ist ein Erzeugnis des Krieges. Wir müssen einig werden in dem ernsten Willen, diese Not gemeinsam zu bändigen, ihr männlich und mit der Einsicht zu be gegnen, daß wir ihr gegenüber wirklich und wahrhaftig „solidarisch" sind. Sie zwingt uns zur Solidarität, zu der alten Arbeiterlosung, und die Arbeiter müssen — bei Strafe des allgemeinen Elends, das sie zuerst uyd am schlimmsten treffen wird — einsehen, daß der allgemeine Mangel unserer Wirtschaft auch sie dazu zwingt, sich der allgemeinen Solidarhaft anzubequemen. t—. Aufhebung der Blockade in Aussicht. Wilson gegen den Gewaltfrieden. Bern, 20. Dezember. Der amerikanische Lebensmittrltontrollcur Hoover er klärt, Deutschland könne für sich selbst sorgen, falls man ihm dazu die Möglichkeit lasse. Die luftdichte Blockade Müsse aufgehoben werden, damit Deutschland ans Schweden «nd Norwegen Fische und aus Argentinien Getreide be kommen könne. Aber die Aufhebung der Blockade sei die Bedingung dafür. Wilson läßt ausdrücklich erklären, daß er den von der Liga zur Erzwingung des Friedens aufgestellten Plan nicht billige. Der Präsident betont ferner nochmals, er sei nicht nur Anhänger des Planes eines Völkerbundes, sondern er halte seine Gründung für unentbehrlich zur Aufrechterhaltung des Friedens. Er habe dem Plane der genannten Liga niemals weder direkt noch indirekt zu gestimmt. Schlußsitzung -es Raiekongreffes. Berlin, 20. Dezember. Das Programm des Kongresses ist gestern in sehr.spater Abendstunde geändert worden. Gegen 10 Uhr mußte die Ab sicht, den Kongreß zu schließen, aufgegeben und die Schluß sitzung auf beute verlegt werden. Die Sitzung wird mit der Mitteilung des Vorsitzenden eröffnet, daß die Feststellung des Volksbeauftragten Haase über die Abgrenzung derZuständig- keit des Rates der Volksbeauftragten und des Zentralrates in namentlicher Abstimmung vom Kongreß mit 2v0 gegen 150 Stimmen gutgeheißen worden ist. Ein Antrag der Unabhängigen fordert zum Zweck der Bekämpfung aller separatistischen Bestrebungen und zur Förderung des großdeutschen Gedankens die Hinausschiebung aller Landtagswahlen und die Aufhebuna der bereits fest gesetzten Wahltermine. Die Regelung der kleinstaatlichen Ver hältnisse durch die Nationalversammlung werde sicher so er folgen, daß die Einzelstaaten fortfallen. Nach kurzer Aussprache wird der Antrag mit großer Mehrheit ab gelehnt, und es beginnt die Beratung des wichtigsten Punktes der heutigen Tagesordnung: Oie Sozialisierung des Wirtschaftslebens. Referent Dr. Hilferding-Berlin führt aus,_ daß bei der Sozialisierung der Anfang gemacht werden müsse mit dem Kohlenbergbau und der Schwerindustrie, denn im Bergbau verkörpere sich am deutlichsten Wesen und Stärke des deutschen Kapitalismus. Gewinnen wir das Verfügungs recht über Koble und Eisen, so treffen wir den Kapitalismus in seiner wirtschaftlichen Machtstellung an der empfindlichsten Stelle. Wir gewinnen dadurch gleichzeitig das Verfügung^ recht über einen großen Teil der Industrie und erhalten durch die Übernahme des Bergbaus und der Schwerindustrie auch Einfluß aus das Bankkapital. Nun entsteht aber die Frage, wie das geschehen soll, ob durch Konfiskation oder durch Lntschädigung-st'ahlung. Die Konfiskatwn wird nicht de« richtige Weg sein, da dabei ungeheure Schwierigkeiten ent stehen. Es empfiehlt sich deshalb, den Weg der Entschädigung rinzmchlagen, wobei zu bedenken ist, daß der Unterschied zwischen Konfiskation oder Entschädigung für uns bloß eine taktische «Frage ist. Auch braucht nicht olles durch Entschädigung abgelöst werden, ?. B. Bergbaureüale können ohne weiteres ohne Entschädigung annulliert werden. Bei der Landwirtschaft werden wir in die mittleren und kleineren Betriebe nickt direkt eingreifen dürfen, dagegen können wir den Großgrund besitz wohl sozialisieren, ohne ihn aber vollständig aufzulösen, da er sür gewisse P> oduktionszweige die günstigste Betriebsart ist. Wir müssen mit Überlegung und langsam vorgehen, da mit nicht das ganze Werk verpfuscht wird. Auch in diesem Zusammenhang muß der Satz gelten: Die Revolution darf sich Nicht auflösen in eine Lohnbewegung. (Lebh. Zustimmung.) Die Betriebe gehören jetzt der neuen sozialen Gemeinschaft und sie muß dafür sorgen, daß diese Betriebe in bestmöglichem Zustand in die soziale Gesellschaft übergeführt werden. (Lebh. Zustimmung.) Zn der Aussprache ergreifen zunächst Vertreter aus dem Ruhrremer das Wort, um die Frage auf Grund praktischer Erfahrungen zu be sprechen. Gerade weil die Sozialisierung des Bergbaus bald kommen solle, müßten die Arbeiter auf übertriebene Lohn sorderungen verzichten, die ganze. Betriebe stillzulegen drohen. Wenn in dieser Weise fortgesahren werde, würde bald nichts mehr zu sozialisieren do sein. Volksbeauftrogter Barth forderte, daß in der Frage der Sozialisierung schnellstens etwas geschieht, damit die Arbeiter endlich Taten sehen. Nickt in den nächsten Monaten, sondern schon in ganz wenigen Tagen muh eine Verfügung ergehen, nach der die für die Sozialisierung reifen Betriebe auch sozialisiert werden. Bergbau, Elektrizitätsindustrie, Stahlwerks- oerband, Kaliwerke und viele andere Betriebe lasten sich ohne weiteres sozialisieren. Wird das beschlossen, so verpflichte ich mich, für die Zukunft jeden Streik zu vermeiden. Schreck- Bielefeld: Wenn es mit ein paar Faunschlägen auf den Tisch zu machen wäre, dann wäre der Vorredner der tüchtigste Mann. Aber wenn es darauf ankommt, die Frage praktisch und wissenschaftlich oorzubereiten, so ist er der letzte, der für die Sozialisierung etwas leistet. Nach längerer Aussprache und dem Schlußwort des Refe renten Hilferding wurde ein Antrag Lüdemann angenommen, der die Regierung beauftragt, mit Sozialisierung aller hierzu reisen Industrien, insbesondere des Bergbaues, zu beginnen. Anträge auf Schaffung eines Heimstättengesetzes werden der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen. Ein Antrag, wonach die militärische Kommändogewalt in den Garnisonen in ständigem Einvernehmen mit der obersten Kommando gewalt von den örtlichen Räten ausgeübt werden soll, wird angenommen. Die Einigung der beide« sozialdemokratischenGruppe« forderte ein Antrag. Seeger-Leipzig lehnt für die Unab hängigen ab. Ein Soldatenvertreter bittet um Annahme des Antrages. Die Verhandlungen werden stürmisch. Die Linksradikalen suchen die Gegner zu überschreien und weisen auf den Re gierungstisch, insbesondere Scheidemann, der erst aus der Regierung heraus müsse, ehe von Einigung die Rede sein könne. Nach Ledebour, der sich einigen will, wenn die grobe Maste des Volkes sich zu seinem Programm bekannt hat, tritt Scheidemann an das Rednerpult. Minutenlang macht es ihm Las Toben der Linksradikalen im Hause und der Lärm von den Tribünen unmöglich, zum Worte zu kommen. Scheidemann kann sich nur schwer Gehör verschaffen, immer wieder werden seine Worte von der Unruhe und den tobenden Zurufen verschlungen. Der Völksbeauftragte weist schließlich auf den 19. Januar hin, bei dem das Vo.lk den Lärmmachern die Antwort geben werde. Dann spricht u. a. noch eine Frau für den Ausbau deu revolutionären Er rungenschaften und nun wird der Rätekongreß mit einem Hoch «uf die deutsche Republik geschlössen. » Der neue Zeutralrak. Der an Stelle des bisherigen Berliner VollzugSrates neu gewählte Zentralrat der ASR aus dem ganzen Reich, der mb der parlamentarischen Kontrolle der Regierung beauftragt ist, umfaßt folgende 27 Mitglieder: Leinert-Hannover, Maier-Ost front, Waeger-Ostfront, Struve-Westfront, Pürschmanr-West- front, Cohen-Reuß, Heimat, Pfaff-Marine, Hermann Müller- Berlin, Zwesta-Nürnberg, Schaefer-Köln, Kahmann-Dresden, Herbert-Stettin, Lampel-Hamburg, Stuber-Eßlingen, Hörter«