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Amts, l Sonnabend den II. Januar 1919 Nr. 8. 78. Jahrg. Amtlicher Teil Oa« ,MSdruft-r Tageblatt' erschein! täglich, mit Ausnahme der 6-mn- und Festtage, abend« s Uhr für den folgenden Tag. / Bezugspreis b->SrlbstabhoIimg von der Druckerei wöchentlich rv pfg., monatlich o pfg., diertelWM ^0 Ml., durch unsere Austräger zuaetragen monatlich 80 pfg., viertehLhrlich r,40 Ml., dei den deutschen Postanstaiten vierteljährlich r,«0 Mt. °h"° LusteNungSgebühr. Alle postanstaiten, Postboten sowie unsere Austräger und GeWästSsteNe nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. / Im Falle höherer Gewalt — Kneg oder sonstiger Irgendwelcher Störungen der Betriebe der Zeitungen, der Lieferanten oder der BesörderungSeinrichtungen — hat der Bezieber leinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeiiunq oder auf Rückzahlung de« Bezugspreises. Ferner bat der Inserent in den obengenannten Fällen leine Ansprüche, lall« die Zettunu verspätet, in beschränktem Umfange oder nicht erscheint. / Sinzes Verkaufspreis der Nummer 10 pfa. / Zuschriften sind nicht persönlich zu «dressieren, sondern an den Verlag, die Echnstlettung oder die Geschüsi^elle. / «nonpme Zuschriften bleiben unberücksichftgt / Berliner Vertretung: Berlin 8W.4S. für die Amlshauptmannschaft Meißen, für das Fernsprecheri Amt Wiisdruss Nr. v. sowie für das Forsst Wochenblatt für Wilsdruff «rtch-in-s» LZENSBM Blatt ö z M L/ffIrLa"rW - , Empfänger innerh. s Tagen, vom Rechnungstage an, Mderspruch^erheb^ Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff rentamt zu Tharandt. N-. 2»»«. Die Anmeldung der Kinder, die Ostern schulpflichtig werden, hat Donnerstag de« 16. und Freitag de« 17. Januar vormittags 10—12 und nachmittags 2—4 Uhr zu erfolgen Folgendes ist zu beachten: l. Schnlpflichtig sind alle Kinder, die bis zum 28. April dfs. Is. das 6. Lebensjahr vollenden. 2. Angemeldet werden könne« auch die Kinder, die bis zum 30. Juni dss. Is. das 6. Lebensjahr vollenden. 3. Für die in Wilsdruff geborenen Kinder ist «ur der Impfschein, für alle auswärts geborenen Kinder sind Geburtsurkunde mit Taufbeo scheiniguug und Impfschein vorzulegen 4. Die Kinder sind möglichst mitzubringen. Wilsdruff, am 9. Januar 19l9 IN« Die Schuldirektion. Sonnabend den 11. Januar d. I. vormittags von 11—1 Ah» werden in der Markenausgabestelle, städtisches Verwaltungsgebäude (Zimmer 2) Petroleummarken für Familien, die völlig ohne Beleuchtungsmittel sind, ausgegeben. Wilsdruff, am 10. Januar 1919. Der Stadtrat. Kesselsdorf. sich w.°-n .Kesselsdorf, am 9. Januar 1919, " ° Der Gemeindevorftand. Der Bürgerkrieg in Arbeiten . . . arbeiten! Ms wir noch auf dem Höhepunkt unserer militärischen Erfolge standen, hatten die zuständigen Behörden einen «roßzügigen Plan entworfen, um der mit dem Frieden zu erwartenden Arbeitslosigkeit zu steuern. Unser Zusammen- bruch und die daraus folgende überstürzte Demobilisation hat aber diese Pläne zunichte gemacht und über das deutsche Volk die schwerste Erschütterung seines wirtschaft lichen Lebens gebracht. Millionen von Arbeitslosen häufen sich in den Städten, da die Industrie infolge des Versagens oder des Mangels an Maschinen und infolge des völligen Mangels an Rohstoffen nicht in der Lage ist, die notwendige Umstellung auf die Friedenswirtschaft vor zunehmen. Es muß damit gerechnet werden, daß in Deutschland in kurzer Zeit etwa 6 Millionen Menschen arbeitslos sein werden, d. h. also der größere Teil der in der Industrie tätigen Arbeiter. Dazu kommt noch, daß der immer fühlbarer werdende Kohlenmangel die industrielle Krise verschärft und daß leider mit seiner Steigerung gerechnet werden muß, da nicht alle deutschen Kohlengebiete sich an der Kohlen förderung beteiligen und da ein Teil von ihnen (in Lothringen) wahrscheinlich für immer verloren ist. Endlich erhöht sich die Schwierigkeit der Arbeitslosenfrage noch durch die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit, die, eine Begleiterscheinung der Revolution des 9. No vember, sich einerseits in den das Wirtschaftsleben aufs äußerste gefährdenden Lohnbewegungen und anderseits in den kommunistischen und -spartakistischen Treibereien in Berlin und anderen Industriezentren bemerkbar macht. Die historische Entwicklung des Verhältnisi s zwischen Kapital und Arbeit ist durch diese Folgeerscheinungen der Revolution gewaltsam unterbrochen worden und der — auch von bürgerlicher Seite durchaus gebilligten — Sozialisierung droht durch sie die schwerste Gefahr; denn ganz wie in Rußland unter dem bolschewistischen Regin.e wird auch bei uns der Produktionsprozeß nicht für die Allgemeinheit nutzbar gemacht, sondern er wird durch diese Störungen und Eingriffe gelähmt, wenn nicht gänzlich still gelegt. Letzten Endes ist auch die Lohnsteigerung und der gewaltsam durchgeführte Kommunismus in seiner Vor stufe des Massenterrors eine der Ursachen der steigenden Arbeitslosigkeit. Ohne Zweifel st in allen kriegführenden Landern die industrielle und agrarische Produktion in die größte Kalamität geraten, die sich naturgemäß in den von der Blockade hartgetroffenen besiegten Ländern zur schwersten "^>e neuern mußte. Die Unruhen der Revolution, die aut das Höchstmaß angespannte Frauenarbeit, der Mangel Kome und Rohmaterialien, der finanzielle Ruin, die Durchführung der Waffenstillstandsbedingungen, all das mußte auf das Wirtschaftsleben drücken und die überhastete Demobilisation mußte zu der Krise der Arbeitslosigkeit führen, die wir,etzt erleben. Allerdings, die Sache hat eine Kehrseite. Überall aus dem flachen Lande fehlt es an Arbeitskräften, währcnd die Jndustriegegeuden die vielen, nllzuvielen Hände gegen wärtig und wahrscheinlich auch für die nächste Zukunft nicht, beschäftigen können. Daraus ergibt sich die selbst- verständliche Schlußfolgerung, daß man mit einer Erwerbs losenunterstützung allein das Problem nickt lösen kann. Sie war ein augenblicklich-r Notbehelf. Soll sie aber ein wirksames Abwebrmittel sein, sp muß ihr zur Seite der Arbeits zwang treten. Hat nach den sozialistischen Grundsätzen der Republik der die Pflicht, st'„ «eine Trw-ro^Ivlen Bürger zu sorgen, so bot er unbedingt auch das Recht, von leinen gründen Erwerbsl-ostn jede ArbeäZ- leistung zu oerl-r- -«n. die ihren Kräften entspricht und Mitteln die Erwerbslosenunterstützung aufgebracht wird, hat das Recht zu fordern, daß nicht Ärbeitsunwillige auf Staatskosten ernährt werden. Nur wenn die Regierung das Erwerbslosenproblein unter diesem Gesichtswinkel betrachtet und mit alter Energie diesen Grundsätzen Geltung verschafft, wird sie der Arbeitslosigkeit steuern und der drohenden Katastrophe Herr werden können. A.-O. Berliner RevoluLisnstage. 0. Januar. Die Regierung fordert öffentlich auf, noch kurze Zeit Ge duld zu haben und zuversichtlich zu sein, wie sie es auch ut. Die Verhandlungen zwischen den beiden P^r-eieu am gestrigen Abend sind gescheitert. Das W.T.B., der Vorwärts und die großen bürgerlichen Zeitungen sind noch immer «n Spartakus besetzt und können nicht arbeiten. Die Sicherheitswekr <3600 Mann), die bisher hinter dem Polizeipräsidenten Eichhorn stand, ist zur Negierung Lber- gegangen. Die Matrosen der Volksmarine-Divinon, die bisher als Liebknechtschutztruppe galten, haben erklärt, daß sie sich der Kommandantur unterstellen. Verschiedene Vororte sind ohne Wasser und Lickt und zwar infolge Streiks der betreffenden Werke. Neben dem Straßenbahnoerkehr ist deute auch der Stadt bahnverkehr eingestellt. Die Briefträger in den gefährdeten Gegenden der Stadt weigern sich Dienst zu tun, so daß die Briefbestellung bockt. Das Proviantamt und die Neichsdruckerei sind von den Regierungstrnpven wiedergenommen worden- Es wurde mit Artillerie geschossen. ^Von unserem uövd'v-n "arbe'.'er.l <7L. Berlin, 9. Im. wchm. Wir wollen uns nichts länger vormachen: e» droht nist,» mehr, nur steh " mitten in ihm, in dem Straßeu- und Bürgerkrieg in Ser Hauptstadt des Deutschen Reiches. Im Westen oer Stadt freNck ist es ziemlich ruhig, nur ab und zu hört man von fern her das Knattern von Maschinengewehren. Auch die Straßen der Innenstadt sind durchaus nicht etwa von kämpfenden Mafien erfüllt. Im Gegenteil: ein Rundgang durch Leipziger-, Wilhelm- straße, über die Linden in den frühen Vormllla n-stunkeu unternommen, zeigt sehr bald eine" st -«rsst ed gegenüber den vorangegangenen Dugen. Nirgends, nicht einmal st. der Siegesallee, dem täg lichen Treffpunkt der „revolutionären Arbeitermassen", ein Treiben, wie man es erwartet hatte. Regierungssoldaten, zu zweien oder meren an den St^aßeuzügen aufgestellt, kontrollieren den vorüberflutenden Ver kehr. Im übrigen aber machen diese Teile der Stadt eher den Eindruck eines Kriegsschauplatzes nach der Schlackt. Die Wilhelmstraße liegt wie ansgestorben da. Indes, en merkt man bald, daß hinter den Fronten der Regierungs- Häuser eifrige Vorbereitungen für etwaige neue Kämpfe getroffen werden. Nur in der Friedrichstraße herrscht das wohlbekannte lebhafte Gedränge. Junges V^k kovm- mit den ebenfalls recht jugendlich ausseh.Rosten wieder holt in scharfen Wortwechsel. Die Soldate., «assen sich aber nicht einschüchscrn. sondern setze», auf «ine' Schelm anderHÄfie. Ganz hoch oben in den L kten kreier stug- zcrrüe, die die allgemeine Aufmerksam! t vorübe ge end auf sich ziehen. Was sie wollen, was sie sollen, kamt man nur vermuten. Jedenfalls: dieses wichtige Regierungs- bierRl ist offensichtlich zurzeit in der Hand de-- - cht- mäßigen Gewalt. Spartakus hat dieses Feld g>näum wie lange, ist allerdings eine andere Frage. Berlin. Aber weiter nach dem Zentrum hinein zwischen Leipziger Straße und dem Halleschen Tor reißt den ganzen Vormittag über das Gewehrfeuer nicht ab. Merkwürdig, die Straßenpassanlen, zumeist wie es scheint Spezer- gänzer männlichen und weiblichen Geschlechts, d'e wie auf einem kleinen Revolutionsbummel begriffen sind, heben kaum noch die Köpfe, wenn ncue Gewehrschüsse ertimen. Als wir vor einem Jahr aus Petersburg, aus M: s au hörten, wie unglaublich rasch sich das Publikum dorr m» die täglichen Erscheinungen der Revolution gewöhnt habe, hielten wir diese Schilderungen für reporterhaste Wicktig- tuerei. Jetzt erleben wir das gleiche Schauspiel bei uns in Berlin. Nur bei Maschinengewehrfeuer, oder wenn gar von fern her Geschütze ihre laute Stimme er -ben, geht nock eine Bewegung des Schreckens durch die R chen. Hier im Zentrum tobt der Kampf augensmemuch um das Zeitungsviertel. In erster Reihe soll das Geschäfts haus von Rudolf Mosse aus der Gewalt der Svarta- kusräuber befreit werden. An der Ecke der Jerusalemer- und Schützenstraße gelegen, beherrscht es, man kann bei nahe sagen,, festungsartig, die benachbarten Straßevzüge bis hinüber zum Dönhoffsplatz, wo Regierungstruppen mit Maschinengewehren Ausstellung genommen haben. Hier ist als erstes Opfer des heutigen Tages ein Gaul zusammengeschossen worden, aus dessen kaum erkalte! em Körper einige Verwegene sich sofort die besten Fleisckstücke herausschneiden. Die Besatzung des Hauses ihrerseits bestreicht von den beiden Frontseiten des Gebäudes aus mit ihren Waffen die Jerusalemerstraße und man darf ihr keine sonderliche Unterscheidung zutrauen, ob sie es mit bewaffneten Gegnern vöer barmloien Straßenvafianten zu tun hoffen. Daneben llu der Zimmerstrabe, vor dem Ge- schuiishaus von I^gust Scherl ist es vergleichsweise ruhiger, weil dieses Gebäude mit demjenigen Teil', der die Fabrikanlagen und Maschm-nraume . mfaßt, der Haupt passage vom Dönhoffs"^,, zum Halleschen Tor w. wer ausgesetzt ist. Auch -.m di- Ecke Charlottenstraße, oc dem Wolffschen Telegll^ppenbureau will die Schieberei kein Ende nehmen. Bald trägt sie nur den Charakter mehr spielerischen GevkR'keis, bald sieht es aus, als sollte wieder einmal ein ernsthr 'ter Sturmverfuch gemacht werden. Jedenfalls: Gewalt wird jetzt gegen Gewalt gesetzt. Mit dem Verhandeln wird keine kostbare Zerr mehr verirödeft So ist über Berlin der Bürgerkrieg herausgezohLN. Die Bürger haben ihn nicht gewollt r d die Regierung hat sich gegen ihn auf das äußerste gesträubt, länger als sie es nach der allgemeinen Überzeugung Hötte tun hürfen. Jetzt aber ist auch ihre Geduld erschöpft Grus offne Nutzen t^-inen die Erfahrungen der letzter: Tage c-n ihr auch nicht. vorü^tA.'äAwen st! sstn. Der Aufruf, mit dem sie heute früh ihren Entschluß, gründliche Arbeit zu tun, der Öffentlichkeit verkündet, ist nicht mehr an Lie „Arbeiter, Soldaten "nd Bürger" gerichtet, sondern er weist st sich an die ,Mitbürger" «chkech^hin — wir sind also alle wieder gleichen Rechtes vor den Augen der Regierung. Und -in anderer Aufruf, der an den Mauerecken klebt und von gsm Stadtkommandanten No^k- mftuntersckrftst ; ist, ruft gleichfalls alle wehrhaften Männer „d-r " -» Zu den Waffen und namentlich die S'uderncnstho ohne danach zu fragen..nb st», öww. oder ftnsr poetischen Richtung an- yebSren, ^.o sie sich in ihrem Her,ea sür uLcr gegen die Regierung Ebert-Scheidenwm- füßken. N;:? da-^ gonze Bürgertum kann das deutsche Reich noch retten rmr völligem Untergang. Nur die werktätige Mitarbei' des ganzen Vstkes kann die Schr.cken des Bürgerkrieges n enn auch nicht mehr aüwenden, so buch wenigsten." so sebr abkürzen, wie die traurige Lage unseres Landes es überhaupt gestattet.