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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.10.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101020027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910102002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910102002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-20
-
Monat
1910-10
-
Jahr
1910
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Bezug--Prei- Da, U«Uch. Ldoaa«uie»«»nad»ik. Ua,»«»«platz 8, bck »ntara» lrtgrr». kstltolen, Spaditrur« »»» Rm>»M»«Nrlle». lam« PaftLourr» a»d «rlaftrttzr»» I«»tz»l»,rra«r«»k,«tz »r, »araan» ««gab, 1V d«, Lb-ia„»«tzad« S N«b«ktt»» «»d welchafltllkllo g»I,aun>««LNk «- ««,»«««I l«««r 14«tv. l««4. lmorhall! Daulichland« an» dar damUcho, tkalaaiaa Menelsährl. 8.0 mo»atl. M «»»Ichl. Pastdesle0gcll> Faraar t» vcltzle«. DLnewarr. da» Doaaullaata», " ' »rriatzura, «tedarla»»«, 7t»r» laslerrrutz - Ungar», >it»il-»d, Schwai« ». Spantm. Jo alle» am dirrü »urch »la 4 Otatlr« ertzLltlich. «rlchrmi 7 »M kdri-ra Abend-Ausgabe ripMerTagMalt Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Änzeigen-Preis Mr I^lera«, au« lrivo, and Umgetza«, dl« S^vaitrne SO mw dratt» Priwall, L dl« 74 m« dr«U« »eklame»e<l, l M tz«i «4>»tN4 80 «al»»»» t-L> Ml I»lm»n ,,» v«d»>S»» n» «MNch« DM M» 74 wM dar«» Vr-tMO» 40 »Mtz4lr«an«eiqe!> <n« ««^»NltNNr» «M t» da» Io«adau4aad» >>u tzrril« rrhützt. litabati »ach Laritz «rilaaegabübr b M ». Daalrud «xtl. Poüzedüdr. gMrrrrU» 7l»lrr4aa wnnrn inchi znrtzck- »«zogan wrrdrn. Alk da« 4rlch«t»«» « »«luamwa tagrn und Plitz« anr» lal»a GaraMt, Ldarnaaua»». Unpelgrn. Unnadi»«> Uaquft»i»l«tz 8^ Ml limlludan Killalen u. alle» Lnnan«»- »tp«oUl»»«n de« Z» and «.mi.atzM, H»uor Slll»I« vrrUa: T«rl »a.ckrl Herrogl. VaM- Hlftach» daadl»»» LlttzoaMiatz« IL (Lkieodov VI. llr. 4oUit). H»»pl.Kilt»I« vrrldem Swvr-tze 4,1 <1«levt>,ll «ülD4 Nr. 290. vonnerslsg, üen 20. vllwder ISIS. l04. Zahrgsng. Nuslchreitungen gegen Deutsche in SrsMie«. Zu den Meldungen von blutigen Vorgängen in der deutschen Kolonie Blume nau (Brasilien) wird uns geschrieben: Die südbrasilianischen L.aaten Parana, Rio Grande do Sul und Santa Katharina enthalten zahlreiche deutsche Siedelungen mit ein zelnen aufstrebenden rein deutschen Zndustrieorten. Die Kolonie Blumenau liegt im Staate Santa Katharina, sie ist vor sechs Jahrzehnten von deutschen Einwanderern gegründet worden, und ihr Gebiet umfaßt etwa 7000 Quadratkilometer, m»t einer auf zirka 50 000 Seelen angewachsenen Bevölke rung, davon drei Viertel deutscher Abstammung. Klima, Bodenbeschaffenheit und alle sonstigen Lebensbedingungen sind dort sehr günstig, alles ge deiht in guter Qualität und reicher Fülle, und we> n auch die erste Zeit der Urbarmachung des Looens hart und mühsam ist, so winkt dem Kolonisten dach später Wohlhabenheit und ein sorgenfreies, unab hängiges Dasein. Wie ja auch von den maßgebenden brasilianischen Kreisen anerkannt wird, Hai das Deutschtum an der kulturellen und wirtschaftlichen Hebung des Landes her vorragenden Anteil gehabt, in den höheren Staatsstellen und unter den namhaften Politikern befinden sich manche oeutscher Abstammung. Be merkenswert ist es, daß unsere Landsleute dort trotz ihrer brasilianischen Staatsangehörigkeit ihr Deutsch, tum bewahren, daß sie ohne Preisgabe ihrer deutschen Arr gute Bürger Brasiliens sind — und ihr neues Vaterland steht sich vortrefflich dabei. So allgemein nun auch die Verdienste der deutschen Ansiedler und Kolonisten von der Regierung in Rio de Janeiro gewürdigt werden, die lokalen Be- Hörden erlauben sich doch hin und wieder Ueber- griff e gegen unsere Landsleute. Auch im Staate Santa Catharina kamen schon früher solche Aus schreitungen vor. Wir erinnern an einen Vorfall tm Jahre 1907. Eine Bahn sollte nach dem Hochlande gebaut werden, die durch die Grundstücke vieler deut scher Landbesitzer führte. Diese erhielten entweder gar keine oder nach vielen Scherereien geradezu lächerliche Vergütungen. Einer der Geschädigten, der sich der Schmälerung seines Eigentums widersetzte, wurde festgenommcn und erlitt unter der sich lange hinziehenden Haft dauernden Schaden an seiner Ge sundheit, konnte auch erst nach großen Weitläufig keiten zu seinem Rechte kommen. Mehrere andere Deutsche wurden bei der gleichen Gelegenheit miß handelt, wobei sich namentlich die schwarzen Poli zisten hervortaten. Ueber den jüngsten Zwischenfall liegen noch keine Einzelheiten vor, doch dürfte es sich um Herausforderungen der Bevölkerung durch Angehörige der Garnison handeln, unter der sich manche zweifelhafte Elemente befinden mögen. Das kann daraus geschlossen werden, daß die Bevölkerung von Blumenau die Zurückziehung der Garnison wünscht. Soweit deutsche Reichsangehörige-bei dem Vorgänge geschädigt worden sind, wird jedenfalls die eingeleitete diplomatische Aktion unseren Landsleuten zu ihrem Rechte verhelfen. Hoffentlich sorgt die Regierung in Rio de Janeiro dafür, daß die blühen den deutschen Kolonien Brasiliens sich ungehindert weiter entfalten können. — Das eigene Interesse des Landes wird dadurch nur gefördert. . . Wellmans Seimkehr. Der Dampfer „Trent" mit Wellman und seinen Begleitern an Bord ist am Mittwochabend in New Pork eingetroffen. Wellman äußerte sich bei der Lan dung einem Berichterstatter gegenüber, er hoffe, nach einiger Zeit in Ruhe nochmalsdenFlug über den Ozean zu versuchen: einen Equilibrator werde er aber nicht wieder benutzen. — Ueber die Rettung Wellmans und seiner Begleitung wurden dem „Berl. Tagebl." noch folgende Einzelheiten berichtet: Eine direkte drahtlose Meldung vom Dampfer „Trent" sagt, daß Wellman mit seinen Ge fährten und der Katze das Rettungsboot bestieg. Durch das Schleppseil, das aus Gasolingefäßen und Holzblöcken bestand, wurde das Rettungsboot beinahe umgeworfen und leicht beschädigt. Schließlich gelang aber die Losmachung des Schleppseils, worauf der er leichterte Ballon in große Höhen aufstieg. Das Boot und die Mannschaft konnten dann bald an Bord der „Trent" gebracht werden. Die Verbindung mit dem Dampfer „Trent" wurde zuerst mit Morselampe signalen hergestellt, dann wurde die Rettungsart zwischen dem Marconitelegraphisten Jack Irwin und den Offizieren der „Trent" vor der Ausführung drahtlos besprochen. Wellman sagte, daß der Ballon zu weit außer Kurs durch den Wind getrieben worden war, so daß die Fortsetzung der Europafahrt nicht rat sam erschien. Die Rettung ist ein Triumph der draht losen Telegraphie. Präsident Taft wollte einen Zollkutter aussenden, um Wellman aufsuchen zu lasten, als er bei einem Besuch auf der Einwandererinsel E ll isIslanddie Rettung erfuhr. Wellman tele graphierte ferner von Bord der „Trent", daß nach der letzten Meldung aus Nantucket der Ballon 140 Meilen ostnordöstlich ohne Motorverwendung flog. Er wurde dabei sehr durch das Schleppseil behindert und herumgeschleudert. Am Sonntag. S Uhr abends, 42 Grad nördlich und 37 Grad westlich, drehte sich plötzlich der Wind und wurde 30 Meilen stark, so daß die Fortsetzung der Europareise unmöglich wurde. Das Schleppseil riß furchtbar an dem Ballon, die Mannschaft war vollkommen erschöpft und schlief ab wechselnd, trotz oer großen Gefahr. Am Montag morgen gegen 3 Uhr wurde bei hohem Seegang be schlossen, den Ballon noch zu halten, um die Azoren zu erreichen. Um den immer höheren Wellen zu ent gehen, mußte viel Gasolin ausgeworfen werden. Der Wind wandte sich dann abermals und rckehte heftig aus Nordost: der Motor hatte kurz gearbeitet, wurde aber abgestellt, um das wenige noch vorhandene Gaso lin zu sparen. Man versuchte, mit dem Wind Der müd a zu erreichen. Trotz der gefahrvollen Lage Les Luftschiffes war man sich darin einig, nur im äußer sten Fall das Boot zu nehmen. Montag nacht ver minderte große Kälte die Hebekraft des Gases. Von neuem mußte Gasolin ausgeworfen werden. Da noch eine Nacht hindurch der Ballon nicht hochzuhalten ge wesen wäre, wurde der Beschluß gefaßt, während des Tages das Doot zu benutzen. Das Schleppseil zer störte inzwischen den Motor und die Gondel teilweise, als 7 Minuten nach 5 Uhr die „Trent" gesichtet wurde. Die Versuche, mit der Leine eine direkte Verbindung herzustellen, mißlangen mehrmals: dann wurde das Boot genommen und die Rettung vollendet. — Well man bedauerte den Verlust des Ballons nicht: er schreibt den Mißerfolg dem Schleppseil und zu schwacher Konstruktion des Ballons zu. Es ist die erste Rettung einer Luftschiffmannschaft Lurch einen Dampfer auf hoher See. Ein Telegramm des Steuer manns Simon von der „Amerika" meldet noch, daß einmal, bei großer Hitze, der Ballon 3500 Fuß stieg und nur schwer wieder niedergebracht werden konnte. Wellmans Rettung durch den Dampfer „Trent" ist dem Umstande zu verdanken, daß dieser ausnahms weise Kuba anlief: er war ursprünglich am Montag in New Pork fällig gewesen. plllitilche Nachrichten. König Friedrich August in Neu-Strelitz. Neu-Strelitz, 20. Oktober. (Tel.) Gestern abend fand zu Ehren des Königs von Sachsen im Speisesaal des grobherzoglichen Schlosses Gala tafel von 50 Gedecken statt. Gegen M Uhr öffneten sich die Flügeltüren des Roten Saales, und hinein bewegte sich unter den Klängen des großherzoglichen Hoboistenkorps der festliche Zug. Der König, der die Uniform der sächsischen Eardereiter und das Band des Ordens der wendischen Krone angelegt hatte, führte die Großherzogin. Es folgten der Eroßherzog und der Erbgrotzherzog und sodann die Gäste. Wäh rend der Tafel wurden Trinksprüche gewechselt. Der Eroßherzog sprach seine Freude über den Besuch des Königs aus und hob die freundliche Ge sinnung hervor, die König Friedrich August ihm und seinem Hause stets gezeigt hätte. Schon die Vor gängel' des Königs, König Johann, König Albert und König Georg von Sachsen, des Königs hochseliger Vater, hätten seinem Hause eine freundschaftliche Ge sinnung entgegengebracht. Der Großherzog brachte ferner das lebhafte Bedauern seiner Mutter, die dem sächsischen Königshause stets so nahegestanden habe, zum Ausdruck: sie bedauere, am heutigen Empfange nicht teilnehmen zu können. Sodann ver sicherte der Großherzog den König seiner und seines Hauses treuen Anhänglichkeit und brachte ein dreimaliges Hurra auf den König und das könig- lich-fächsische Haus aus. Der König von Sachsen sagte in seiner Er widerung dem Eroßherzoge wärmsten Dank für den freundlichen Empfang, den ihm di« Residenz und der aroßberzogliche Hof gewährt hätten. Der heutige Tag sei em Freudentag für ihn. Habe er doch schon lange tue Gelegenheit gesucht, dem Eroßherzog und dem großherzoglichen Hause seinen Besuch machen zu können. Der König betonte dann ebenfalls die engen Beziehungen, die seit geraumer Zeit ihn und dos großherzogliche Haus auf das engste ver knüpften. Er gedachte hierbei besonders der Groß herzogin-Witwe, der lieben Großherzogin, mit der Erinnerungen an seine Kinderjahre verbunden seien. Auch der Eroßherzog habe zu ihm stets in freundschafllichen Beziehungen gestanden, und diese Beziehungen hätten sich auch auf die jüngste Generation übertragen. Der Erbgroß- berzog sei ihm vor Jahren, als er in seinem Staate an den Manövern teilgenommen habe, näher getreten, und Herzog Karl Borwin habe mit seinem Sohne, dem Kronprinzen, aufrich tige Freundschafr geschlossen. Er hoffe, daß auch in Zukunft diese Freundschaft zwischen beiden Häusern erhalten bleibe. Müßten doch in unserer Zeit die deutschen Bundesfürsten treu zu sammen st e h e n. Die Rede klang in ein Hoch auf den Eroßherzog und das grobherzogliche Haus aus. N Die Kau im Spiegel. Von E. W. A p p l e t o n. (Autorisierte Uebersetzung.) „Aha", sagte sie, „Sie haben also den Kunstgriff entdeckt. Er ist sehr einfach." „Ja", stimmte ich bei, „wenn man ihn kennt." „Und nun, was die andere ungelöste Hälfte des Geheimnisses anlangt?" „Die können Sie allein lösen." „Bringen Sie die Frage in eine bestimmte Form!" erwiderte sie. „Ich werde dann entscheiden, ob ich sie Ihnen beantworte." „Gut", versetzte ich. „Um es deutlich zu sagen: wer sind Si«?^' Der Schatten eines Lächelns huschte über ihre Lippen. „Sie fragen in Ihrer Ehrlichkeit sehr un geschminkt", antwortete sie. „Nun, es ist ein Ge ständnis, das mir nicht leicht über die Lippen geht, aber ich will es Ihnen sagen: durch ein schlimmes Verhängnis bin ich dazu gekommen, das Weib des größten Schurken in ganz Europa zu sein." „Und der ist?" „Der Mann, den ich vor wenigen Minuten mit Ihnen reden hörte." „Heiliger Himmel!" rief ich au». „Sind Sie die Frau Eoliby?" Sie blickte mich einen Moment sehr eigentümlich an, dann erwiderte sie mit einem Zuge des Un willens um ihre Lippen: „Sie sind wirklich sehr einfältigen Herzens, Herr Lart, und es hat nicht den geringsten Wert, Sie zu warnen. Ja, wenn Sie so fragen: ich bin die Frau des Herrn Eoliby. Aus reiner Barmherzigkeit will ich Ihnen einen letzten Wink geben. Verlassen Sie dieses Haus durch das Hauptportal, so schnell Ihre Bein« Sie tragen, denn sollten Sie es nagen, mir zu folgen" — hierbei drückte sie auf eine unter der Tapete verborgene Feder, die den Spiegel wieder langsam herausschwingen ließ — „wenn Sie toll genug wären, dies zu tun, dann sei Ihnen der Him mel gnädig! Ihr Leben wird keinen Pfifferling mehr wert sein. Adieu!" Wie ein Blitz verschwand sie durch die Oeffnung. Ich sprang hinzu, um den Spiegel am Zuschnappen zu verhindern. Vielleicht ist es Wahnsinn, ihr zu folgen, sagte ich bei mir, aber man kann nur einmal sterben! Es lag nicht in meiner Natur, die Sache vor der letzten Enthüllung aufzugeben, insbesondere in der erregten Stimmung, in der ich mich jetzt befand, selbst wenn mein Schritt mich, wie sie behauptet hatte, in die gefährlichste Lage bringen sollte. Und so drehte ich den Spiegel wieder auf und schlüpfte in die Oeffnung hinein. In diesem Augenblick hörte ich den Spiegel hinter mir wieder in die Feder einschnappen. Das er nüchterte mich ein wenig. Ich kehrte mich um und verachte, ihn zurückzudrehen, aber es ging nicht. Dann zündete ich ein Streichholz an und suchte an der rohbeworfenen Mauer nach einer Feder. Es war umsonst. Und als das Zündholz ausging, befand ich mich in äußerster Finsternis, mit dem Bewußtsein, ein Gefangener zu sein. Neunundzwanzig st es Kapitel. Das war ein schlechter Anfang meiner Entdeckungs reise. Meine Abenteuerlust war auf den Nullpunkt gesunken. War es ein Zufall, der mir den Rückweg abgeschnitten hatte? Vermutungen darüber anzu stellen, war nutzlos. Es blieb mir nichts übrig, als den Gang zu verfolgen und vielleicht einen anderen Ausweg zu entdecken. Der Gang führte geradeswegs zu einer Trepp«. Als ich unten angelangt war, bemerkte ich, daß ein zweiter Gang von dem ersten abzweigte. Aber ich hatte keine Zeit, über diesen Umstand nachzugrübeln, denn zu meinem Schrecken unterschied ich deutlich in emiger Entfernung von mir ein Stimmengewirr, das mich zum Stehenbleiben veranlaßte. Großer Gott, dachte ich, jetzt laufe ich ja geraden wegs dem Löwen in den Rachen! Zurückzugehen nützte mir nichts, vielleicht würde der zweite Gang, der offenbar von dem Raume, von dem die Stimmen berkamen, wegfükrte, ins Freie gehen. Schnell entschlossen betrat ich ihn. Aber ich kam nicht weit, denn plötzlich öffnet« sich an seinem Ende eine Türe, eine elektrische Taschen laterne warf ihren Schein durch den Gang hinunter auf mich, und rn der Gestalt, die drohend auf mich zukam, erkannte ich den Baron Romer. Als er vor mir stand, war er so überrascht, daß er ein« Minute lang keine Worte finden konnte. Endlich sagte er mit heiserer, aber gedämpfter Stimme: „Wie zum Teufel kommen Sie hierher. Sie Un glücksmensch?" Ich hatte mit einem Schlage meine Geistesgegen wart wiedererlangt und erwiderte unbefangen: ,Zch habe entdeckt, daß sich hinter dem Spiegel in meinem Schlafzimmer ein Gang befindet, und die Neugier trieb mich, nachzusehen, wo er wohl hin führe. Ich wäre froh, wenn ich wieder draußen wäre!" „Sind Sie schon dorthin vorgedrungen?" fragte er argwöhnisch und deutete nach der Richtung, von der, an diesem Punkte kaum noch hörbar, die Stimmen herkamen. „Nein", beteuerte ich, „ich komm« eben die Treppe herunter." Der Baron überlegte einen Augenblick. „Sie müssen mir doch überall in die Quere kom men", brummte er ärgerlich. „Ich werde Sie auf diesem Wege hinaussühren. Geben Sie mir Ihre Hand!" Er hatte seine Laterne in die Tasche gesteckt und mich bei der Hand gefaßt. Nun zog er mich in der Dunkelheit denselben Weg zurück, den er gekommen war. Nach wenigen Schritten hörte ich, dag er eine Tür aufschloß, dieselbe, aus der er herausgekommen war. Ich hatte keine Zeit zur Ueberlegung und dachte auch gar nicht daran Widerstand zu leisten. In diesem Augenblick erhob sich, am anderen Ende des Ganges scheinbar, ein wildes Geschrei. Der Baron blieb unwillkürlich stehen. Dann sonderte sich von dem Lärm ein« alles übertönende Stimme ab, die die Worte hinausbrüllte: „Sie hat uns verraten! Die Polizei hat die Villa umzingelt — sie sind schon Halbwegs durch den Tunnel hindurch — ich habe die Riegel vorgeschoben! Aber sie schlagen schon die Türe ein. In einer Minute sind sie da. Ich wußte, daß es dazu kommen mußte! Sie hat zuviel gewußt und sie allein hat es getan!" Ich fühlte, daß der Baron, wie von einem Blitz strahl getroffen, zusammenzuckte, als er diese Worte vernahm. Er stieß einen gräßlichen Fluch aus und schleuderte mich in den Raum hinein, dessen Tür er geöffnet hatte. Und ehe ich mich von meiner Ueber- roschung erholt hatte, war die Türe zugeschmettert, und ich befand mich hinter Schloß und Riegel, in ttct'ter Finsternis. Meine Lage war nicht beneidenswert. Offenbar -alte mich der Baron ins Gemach geworfen, um mich unschädlich zu machen. Glücklicherweise hatte ich meine Zündhölzer bet mir. Ich strich eines an und besah Nach den berden Trinksprüchen stimmte die Musik die Nationalhymne an. — Heute morgen Uhr fuhren der König und der Eroßherzog im Automobil zur Pirsch nach der Oberförstern WilLpark, die einen reichen Hochwildbeftand hat. Das Befinden der Zarin, t. Darmstadt, 20. Oktober. (Priv.-Tel.) Die „Darmst. Ztg." bezeichnet die neuerliche Meldung über schlechtes Befinden der Zarin von Rußland als den Tatsachen völlig wider- sprechend. Die Nauheimer Kur habe sich als ganz richtig herausgestellt und sei von gutem Erfolg. Alle Angaben von einer seelischen Depression oder anderen Ursachen des Leidens der Kaiserin seien voll ständig aus der Luft gegriffen. Das Befinden des serbischen Kronprinzen. Belgrad, 20 Oktober. (Tel.) Nach dem gestern nachmittag ausgegebeiren Krankheitsberichi hat sich das Allgemeinbefinden des Kron prinzen etwas gebessert. Dem Patienten wurde zweimal auf künstlichem Wege Nahrung in hinreichender Menge zugejührt. Belgrad, 20. Oktober. (Tel.) Professor Dr. Chcostek ist heute abend hier eingetrvffen und begab sich sofort ins Palais, wo eine Beratung der Aerzte stattfand, die bis 121/2 Uhr nachts dauerte. Nach einem nachts ausgegebenen Krankheltsdelicht ist das Befinden des Kronprinzen unver ändert; das Bewußtsein ist mehr ge trübt. Kritisch« Zeiten für Serbien. König Peter von Serbien sieht nun endlich i?lnen Wunsch erfüllt, von den europäischen Höfen empprngen zu werden. Doch zwei Umstände hindern ihn daran, die langersehnten Besuchstouren anzutreren. Ein mal die schwere Erkrankung des Kronprinzen Alexander und dann, was der Hauptgrund ist, die Gefahr, durch seine Abwesenheit dem Ausbruch innerer Unruhen ln seinem Lande Vorschub zu leisten. Dre „Dtsch. Tagesztg." läßt sich darüber folgendes aus Pest melden: König Peter ist es endlich gelungen, Lei den Höfen von Europa, die sich bis dahin weigerten, ihn zu empfangen, zu erreichen, daß sie sich dazu bereit erklärten, seine angekündigten Besuche anzunehmen, er wird aber nur mit schwerem Herzen den Weg dahin antreten, weil er befürchten muß, daß die mächtige Partei des Prinzen Georg in seiner Abwesenheit einen Staats st reich unter nehmen wird. Einen solchen muß er um so mehr befürchten, als seine Reise, was in Be.grnd allgemein bekannt ist, mit einer Verheiratung des Kronprinzen Alexander im Zu sammenhangs steht. Wenn Kronprinz Alexander der präsumtive Schwiegersohn des Hofes eines euro päischen Staates ist, so wird Prinz Georg alle seine Aussichten verlieren. Auch über verschiedene Mordanschläge, die in letzter Zeit gegen den Kronprinzen unter nommen worden sind, weiß das genannte Blatt zu berichten. Mehrmals schon sei auf ibn geschossen worden, und im Militärkasino in Nisch sei er beinahe einem Eiftattentat zu Opfer gefallen. Wieweit sich diese Meldungen bewahrheiten, bleibt abzuwarten. Hinreichend bekannt ist ja die Tatsache, daß sich Prinz Georg in serbischen Offizierskreisen merkwürdig großer Beliebtheit erfreut. mir meinen Aufenthaltsort. Zu meiner großen Ver wunderung entdeckte ich, daß ich in dem „Blaubart zimmer" wie Marie es genannt hatte, in Eolibys Arbeitszimmer eingeschlossen war, in Las ich am Tage zuvor einen Blick durch das Schlüsselloch geworfen hatte. Auf der Stelle erkannte ich es wieder. In einer Ecke stond ein Feldbett, in der gegenüberliegen den ein Kleiderschrank, dessen eine Tür offen stand. Auf dem Tische lag, vor dem Spiegel, den ich schon das letzte Mal gesehen hatte, ein Kästchen, das auffallend an den Schminkkasten eines Schauspielers erinnerte. Daneben erblickte ich eine goldene Brille und eine weiße Perücke. Beim Anblick dieser Gegenstände ging mir mit einem Male ein Licht auf. Eoliby war in Wirklichkeit offenbar gar kein alter Herr, und jetzt sah ich zum ersten Male ein, was ich für ein Einfalts pinsel gewesen war. Aber rasch machte ich auch eine zweite Entdeckung, die mich in meiner gegenwärtigen Lage noch weit mehr interessierte. Die zur Hall führende Tür war einzig und allein durch eine Feder verschlossen. Ich brauchte sie nur zurückzuziehen und konnte dann ungehindert als freier Mann in die Hall hinausschlüpfen. Das hatte offenbar der Baron in seiner Aufregung ver gessen oder auch gar nicht gewußt. Anstatt auf Beales Signal zu warten, konnte ich einfach die Riegel am Hauptportal zurückschieben und durch dasselbe mich ins Freie flüchten. Ich war Lurch die Ereignisse so abgestumpft, daß ich gar nicht befürchtete Goliby tn die Hände zu laufen. Seine Verkleidung lag ja kn dem kleinen Zimmer, und so würde er sich hüten, sich in seiner wahren Gestalt vor mir zu zeigen. Als ich die Tür eben leise öffnete, drang au» der Richtung, von der ich zuvor die Stimme gehört hatte, ein mächtiger Aufruhr an mein Ohr. Schreie und Flüche, vermischt mit Schüssen, erfüllten die Luft. Ich eilte durch die Hall und war beinahe schon am Portal anqelangt, als mich plötzlich ein durchdringender Schrei, der zweifellos von einem Weibe herrührte, zum Stehen bracht«. Offenbar kam er aus meinem Zimmer droben her. Ich vergaß meinen ersten Enschluß und eilte die Treppe hinauf. Während besten hörte ich eine vor Wut überschnappend« Stimme die Worte brüllen: „Du lügst, du Hexe, du lügst! Du hast uns ver raten!" Abermals erhob sich ein Geschrei, das aber prompt durch Len Knall ein«« Revolverschustes abgeschnitten
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