Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Wbmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne 1 Nummem 10 Pf. Tharandt, Men, Menleha mb die UmMnden. 2 ImtsbM Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, No. 102. sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Freitag, Den 22. Dezember 1893. Des Christfestes halber fällt die nächste Dienstagsnummer unseres Blattes aus" dafür erscheint vor dem Feste noch eine Nummer und zwar Sonntag früh. Inserate für diese Sonntagsnnmmer erbitten wir uns spätestens bis Sonnabend Abend 3 Uhr. Vik ^xpeMon Ü68 ^oebkndlatl68 für Wü8ürufs kte. Sparkasse zu Wilsdruff. Im Monat Januar 1894 ist die hiesige Sparkassen-Expedition jede« Wochentag außer Mittwoch und Hohem Neujahr geöffnet. Wilsdruff, am 18. Dezember 1893. Der Stadt rath. Ficker, Brgmstr. Gegen die Besteuerung der Frachtbriefe hat die Handels- Ueber die weitere geschäftliche Verhandlung der Steuervorlagen im Reichstage steht so viel fest, daß zunächst am 11. Januar, die erste Lesung der Tabaksteuer stattfindet, daran wird sich die erste Berathung der Weinsteuer anschließen und zuletzt der allgemeine Finanzreformplan folgen. Alle diese Vorlagen werden natürlich einer Kommissionsberathung unter zogen werden und zwar werden sie wahrscheinlich in dieselbe Kommission verwiesen, die bereits für die Stempelsteuer einge setzt ist. Die Fraktionen würden sich dabei aber Vorbehalten, je nach dem Gegenstand der Berathung Wechsel in ihre Ver tretung vorzunehmen. Die Einsetzung einer einzigen Kommission droht allerdings die Berathungen noch stärker in die Länge zu ziehen, als die Verweisungen an mehrere Kommissionen, indessen wird für jene Maßnahme der innere Zusammenhang geltend gemacht. Auf alle Fälle wird man gefaßt sein müssen, daß noch Wochen und Monate bis zur vollen Erledigung der An gelegenheit vorübergehen. Die Verurtheilung der französischen Spione erfüllt das deutsche Volk mit Genugthuung. Vielfach aber empfindet man es unangenehm, daß der Gerichtshof nicht das härteste Strafmaß in Anwendung gebracht hat. Man will nicht ver stehen, daß den französischen Spionen, deren Ermittelungen, wenn sie geglückt wären, in einem Kriege mit Frankreich mög licherweise für Tausende unserer braven Soldaten verhängniß voll werden können, mildernde Umstande zugebilligt wurden, und meint, daß solche mäßige und nicht entehrende Strafen doch nur als Ansporn für weitere Spionage zu dienen geeignet seien. Die letztere Annahme geht zu weit, denn eine 6-, resp. 4jährige Freiheitsentziehung ist für einen lebensfrohen, jungen Kavalier immer mehr eine Abschreckung als ein Ansporn. Po litisch wichtiger wäre es jedenfalls gewesen, auf Zuchthausstrafe zu erkennen und die Umwandlung dieser in Festungshaft einem Gnadenakt vorzubehalten. Das Gericht hat jedoch mit poli tischen Zweckmäßigkeitsgründen nichts zu schaffen und muß mil dernde Umstände anerkennen, wenn solche Vorlagen. Ein solcher ist aber zweifellos die Thatsache, daß die Angeklagten aus un eigennützigen Motiven gehandelt hatten. Wir glauben daher, daß sich das deutsche Volksgewissen bei dem Urtheile des Reichs gerichts recht wohl beruhigen kann. Zu dem vertraulichen Erlaß des Ministers des Innern über das Wachsthum der Sozialdemokratie macht das Organ des Jnnungsverbandes deutscher Baugewerksmcister und der Baugewerks-Berufsgenossenschaften, die „Baugewerkszeitung", folgende beachtenswerthen Bemerkungen: „Wir stimmen dem Minister in seinen Ausführungen vollkommen zu, möchten den selben aber doch darauf aufmerksam machen, daß die Gesetz gebung leider allzuviel gesündigt und dem Anwachsen der So zialdemokratie starken Vorschub geleistet hat. Nicht zum wenigsten ist unsere Gewerbeordnung von 1869 an dem Aufblühen der Sozialdemokratie mit schuld. Als sie den Meisterstand beseitigte, da zerstörte sie zugleich diejenigen Autoritäten im Lande, welche in ihren engen Kreisen von jeher als die beste Stütze für den Staat und Thron sich erwiesen hatten. Der Handwerksmeister war nie Sozialdemokrat und die von demselben abhängigen Gesellen, Lehrlinge und Arbeiter wären es auch niemals ge worden. Der Meisterstand hätte gestützt werden müssen, dann hätten wir keine Sozialdemokratie. Und jetzt, wie schon vor 24 Jahren, ist der einstimmige Wunsch des korporativen Hand werks: Schafft dem Handwerk den Meisterstand wieder! Und wieder verhält sich die Regierung ablehnend und erfüllt nicht den Wunsch des gesammten Handwerkerstandes, dem sie doch auch wohl ein gewisses Verständniß für die Verhältnisse am eigenen Herd zutrauen könnte!" Tagesgerichte. Nachdem der Reichstag die drei Handelsverträge mit Spanien, Rumänien sund Serbien angenommen hat, dürften dieselben wohl demnächst in Kraft treten. Die Zustimmung aller dabei betheiligten Faktoren bleibt allerdings abzuwarten. Setzen wir jedoch die Ertheilung derselben voraus, so würde Deutschland nunmehr acht Handelsverträge abgeschlossen haben, durch welche der deutsche Zolltarif gegen entsprechende Tarifzuge ständnisse des anderen vertragschließenden Theiles in einer An zahl von Positionen gebunden oder ermäßigt wird. Vor 1892 hatten wir solcher Verrräge vier und zwar mit Italien, Spanien, Griechenland und der Schweiz. Außerdem waren Deutschland in den Verträgen mit Rumänien und Serbien einseitige zoll tarifarische Konzessionen des anderen vertragschließenden Theiles gesichert. Indessen bezogen sich diese Konventionaltarife nur auf eine geringe Anzahl von Positionen. Die acht Staaten, mit denen Deutschland nunmehr Konventionaltarife hat, sind Oesterreich-Ungarn, Italien, Belgien, Schweiz, Spanien, Ru mänien und Griechenland. Was den deutsch-griechischen Ver trag betrifft, so sind die Ratifikationsurkunden für denselben erst am 20. Februar 1885 ausgetauscht worden. Zehn Tage nachher ist er in Kraft getreten und da er auf 10 Jahre ab geschlossen ist, so läuft er zunächst nur bis Anfang Mörz 1895. Auch dann aber wird er nicht gelöst, wenn keine Kündigung von einer oder der anderen Seite erfolgt. Außerdem ober hat Deutschland noch mit einer ganzen Reihe von Staaten Meist begünstigungsverträge. Es sind dies die argentinische Kon föderation, Chile, Columbien, Costarika, Dänemark, Domini kanische Republik, Ecuador, Aegypten, Frankreich, Großbritannien, Guatemala, Hawaische Inseln, Honduras, Korea, Liberia, Ma dagaskar, Marokko, Mexiko, Niederlande, Paraguay, Persien, Salvador, Schweden-Norwegen, Südafrikanische Republik, (Transvaal), Türkei (auch Bulgarien und Ostrumelien), Ver einigte Staaten von Nordamerika, Zanzibar. Dazu kommen die deutschen Zollausschüsse, deutschen Kolonien und deutschen Schutzgebiete. Rei den Handelsverträgen dürfte es zum erstenmal vorgekommen sein, daß die Sozialdemokratie die Ent scheidung für eine hochwichtige, von der Regierung vorgeschlagene Maßregel gegeben haben. Der Aufruf des Herrn Richter zu einer großen Ordnungspartei gegen die Agrarier war eine gro teske Lächerlichkeit, immerhin zeugt die damit bewährte That- sache wieder einmal von der seltsamen und unersprießlichen Verschiebung und Verwirrung unserer politischen Verhältnisse, namentlich soweit sie im Parlament zum Ausdruck kommen. Man kann es dem Reichskanzler Grafen Caprivi als einem Realpolitiker nicht verdenken, wenn er sagt: „Ich nehme die Mehrheiten, wo ich sie finde und Ihr auf der Rechten ver mögt mir ja keine zu bieten". Fürst Bismarck hätte unter zwingenden Umständen ohne Zweifel auch den „Acheron" in Bewegung gesetzt, um das durchzubringen, was er für noth wendig und nützlich hielt. Aber daß svlche Erscheinungen auf gesunde Verhältnisse Hinweisen und über einen augenblicklichen Erfolg hinaus Geltung und Bestand haben können, wird doch niemand behaupten wollen. Vollständig zutreffend bemerkt die „Nat.-lib. Korr.": Man denke sich doch einmal, die Verträge wären, wie es bis zuletzt ernstlich befürchtet werden mußte, mit einer kleinen Mehrheit abzelehnt worden, und die Regierung hätte, was doch konsequent gewesen wäre, wenn sie nicht zu- rücktrcten wollte, und was auch in den Reichstagsverhandlungen mehrfach als ernstliche Möglichkeit berührt wurde, die Ent scheidung über die Fortführung ihrer Handelspolitik aufs neue vor das Volk gebracht. Da hätte sie ja wünschen und mög lichst dazu beitragen müssen, daß recht viele Sozialdemokraten, „ , , , , „ Freisinnige aller Art, Polen und Centrumsleute vom demo- kammer in Lüdenscheid (Westfalen) an den Reichstag eine Ein- kratischen Flügel in den Reichstag kommen. Man braucht das gäbe gerichtet, in der um Ablehnung der vorgeschlagenen Fracht- »ur anzudeuten, um den ganzen Widersinn eines solchen Vor- briessteucr gebeten wird. Nach dem Entwurf sind sämmtliche gebens und die ganze Krankhaftigkeit der gegenwärtigen po-' Frachtbriefe, aus denen sich ergiebt, daß der Betrag der Fracht sitischen Situation zu erkennen, die Summe von einer Mark übersteigt, mit zehn Pfennige, Frachtbriefe über Wagenladungen mit zwanzig Pfennig zu be steuern. Dazu wird bemerkt: „Diese Maßregel hat unver kennbar eine enorme Belastung der Kleinindustrie, die ihre Fabrikate fast ausnahmslos als Stückgut verfrachtet, gegenüber derjenigen der Großindustrie, die hauptsächlich Wagenladungen versendet, zur Folge. Die Großindustrie ist meist an den Haupt verkehrslinien ansässig und genießt damit schon eine Reihe von Frachtvortheilen, die der Kleinindustrie, die sich auch in den abgelegeneren Distrikten noch erhalten hat, abgehen. Die Reichs- regierüng hat sich wiederholt gegen eine weitere Zentralistrung des Verkehrs ausgesprochen, und kann einer solchen im all gemein volkswirthschaftlichem Interesse nicht energisch genug entgegengearbeitet werden. Man sollte darum jede einseitige Belastung der Kleinindustrie vermeiden. Die in Frage kommende Besteuerung, so unbedeutend sie mit einem Satze von 10Pfg. bei einer oberflächlichen Prüfung auch erscheinen mag, bedeutet für zahlreiche Betriebe eine ganz empfindliche Belastung. Nach uns vorliegenden Berichten macht sie für einzelne Fabrikanten unseres Bezirkes 900—1200 Mk. pro Jahr aus. Wir sind überzeugt, daß die gejammte deutsche Industrie, die ihre Waaren als Stückgut verfrachtet, gegen die Besteuerung der Frachtbriefe Protest erhebt, und bitten den hohen Reichstag um Ablehnung dieser Position des Gesetzentwurfes." Es kann nunmehr als ausgemacht gelten, daß der spa nischerseits angeregte Plan einer Bekämpfung des Anarchis mus auf internationalem Wege ins Wasser gefallen ist. Sämmt liche Regierungen, bei denen deshalb angeklopft wurde, haben es abgelehnt, auf die Sache näher einzugehen, es wird demnach auch fernerhin jeder Staat auf eigne Faust mit seinen Anar chisten fertig werden müssen, so recht und schlecht dies eben gehen will. Auch die freie Schweiz hat sich jetzt unter dem Drucke des jüngsten Dynamitattentates zum Erlasse eines Aus nahmegesetzes gegen die Anarchisten veranlaßt gesehen, welches die Aufmunterung zu Verbrechen wider Personen, wie gegen die staatliche und gesellschaftliche Ordnung, den Mißbrauch von Sprengstoffen u. s. w. mit schweren Strafen bedroht; der be treffende Entwurf liegt der Bundesversammlung bereits vor. Zwischen Oesterreich und Frankreich droht ein Zollkrieg. Die österreichische Regierung soll fest entschlossen sein, die von Frankreich beanspruchte Begünstigung französischer Weine bei der Einfuhr in die österreichisch-ungarische Monarchie zurückzu weisen, selbst, wenn alsdann Frankreich mit der Kündigung des österreichischen Handelsvertrages drohen sollte. Eine solche Maßnahme der französischen Regierung ist allerdings sehr wahr scheinlich geworden, da Ministerpräsident Castmir-Perier in der Depntirtenkammer bei einer Erörterung der Weinzollfrage zwischen «Frankreich und Oesterreich eine sehr energische Sprache gegen Oesterreich führte. Paris, 20. Dezember. Durch Schneestürme wurden gestem in ganz Frankreich die Telcgraphenlinien beschädigt, so daß eine erhebliche Verzögerung des Dienstes hierdurch eintrat. Petersburg, 20. Dezember. Nachdem hier die Cholera epidemie in bedenklicher Zunahme begriffen ist, sind von den Behörden energische Maßregeln verfügt worden. Die Aerzte behaupten, die Krankheit sei durch Stockfisch, welcher aus ver seuchten Gegenden eingeführt war und bei Gelegenheit des St. Georgsfestes genossen wurde, hervorgerufen. Eisenbahnunglück. Aus Buffalo wird gemeldet, daß ein Personenzug der Western-New-Iork und Pennsylvaniabahn bei Dunkirk durch die Bockbrücke stürzte; acht Personen wurden getödtet, mehrere verletzt. — Bei dem Unglück bei Louisvillc ist bisher constatwt worden, daß 12 Personen getödtet wurden; viele Personen werden vermißt. Vaterländisches. Wilsdruff. Wie wir von maßgebender Seite erfahren, soll das hiesige Elektricitätswerk des Herrn G. Fischer sowie die damit in Verbindung stehenden Außenarbciten soweit -vorgeschritten sein, daß die an dasselbe angeschlossenen Privat-