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WtMM für Mckuff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne I Nummem 10 Pf. TharM Men, Menlehn md die Umge-enden. Amtsblatt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, No. 48. sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Freitag, dem 16. Juni 1893. Bekanntmachung, den Eingang der Gesetzblätter betr. Nach § 3 Abs. 2 und § 5 des Gesetzes vom 1. Mai 1884 (Ges.-und Verordn. Bl. Seite 134 flg.) haben die Gemeindebehörden den jedesmaligen Eingang des Gesetz« und Verordnungs-Blattes sowie des Reichsgesetzblattes in ortsüblicher Weise bekannt zu macken. Um nun den Ortsvorständen die — theilweise nicht in genügender Weise ausgeführte —Ver öffentlichung dieser Bekanntmachungen zu erleichtern, läßt die Buchdruckerei und Verlagsanstalt von A. Peitz und Sohn in Flöha solche in Form eines Zettels in Zeiträumen von 4—5 Wochen (bei dringlichen Bekanntmachungen auch früher) im Drucke erscheinen und den Ortsbehörden regelmäßig zusenden, so daß nur noch das Unterschreiben und Aushängen dieser Zettel an den für gemeindeamtliche Bekanntmachungen bestimmten Stellen übrig bleibt. Da der Bezugspreis auf das Jahr und Exemplar sammt Porto nur 1 M. 50 Pf. berrägt, so werden die Gemeindebehörden auf diese Einrichtung, durch deren vielseitige Benutzung der Bezugspreis sich noch ermäßigen würde, besonders aufmerksam gemacht. Meißen, den 8. Juni 1893. Königliche AmtslMtptmannschasL. v. Airchbach. Bekanntmachung, Die in Gemäßheit von Art. 2, § 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetzblatt S. 245 flgd. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Meißen im Monate April dies. Js. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeind e, resp. Ouartierwirthen innerhalb der Amts hauptmannschaft im Monate Mai dies. Js. an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangte Marschfourage beträgt 7 M. 96,g Pf. für 50 Kilo Hafer, 4 M. 55,7 „ ,, 50 „ Heu, 2 M. 16,, „ „ 50 „ Stroh. Meißen, am 13. Juni 1893. Königliche Amtshauptmannschaft. v. AirHbach. Bekanntmachung. Zum Zwecke der Ausführung des Schleußen- und Pferdebahneinbaues in die Dresden-Chemnitzer Straße innerhalb der Flur Naußlitz wird der davon betroffene Theil dieser Straße von Mittwoch, den 14. ds. M. bis Sonnabend, den 1. Juli ds. Js. für allen Fährverkehr gesperrt. Königl. Amtshanptwannfchaft Dresden-Altstirdt, am 12. Juni 1893. Idr Tagesgeschichte. Die Frage nach der Deckung der Kosten der Militär vorlage hat noch in den letzten Tagen der Wahlbewegung eine hervorragende Rolle gespielt. Es sind nun in dieser Hin sicht eine ganze Anzahl von Meldungen verbreitet worden, die sich aber hinterher fast sämmtlich als bloße Muthmaßungen herausstellen. Dies gilt namentlich von der im „Berliner Tagebl." enthaltenen Mittheilung, wonach sich der Reichskanzler zum Verzicht auf alle vom Reichöschatzamte bisher gemachten Steuervorschläge behufs Deckung der Kosten derMilitäroorlage entschlossen habe, und wonach anderseits Erhebungen eingeleitet worden sein sollten, betr. den Wegfall des Vierzig-Millionen- Geschenkes an die Brenner, die Einfübrung einer Erbschafts- und einer Reichseinkommensteuer, und schließlich einer Börsen emissionssteuer. Von unterrichteter Seite werden indessen diese Meldungen als unbegründet bezeichnet, lediglich das Eine soll sich bestätigen, daß Erwägungen über das Projekt einer Börsen- emissionssteucr an maßgebender Stelle stattgefunden haben, mit welchem Erfolg, ist jedoch noch nicht bekannt. Auch was das Gerücht, die Reichsregierung plane die Einführung eines Roh spiritus-Monopols, anbelangt, so wird jetzt versichert, Graf Caprivi selber habe in Unterredungen privater Natur bestimmt erklärt, daß man sich in den Kreisen der verbündeten Negierungen mit einem solchen Projekt nicht trage. - Zeit wäre es aber wohl, wenn über die mit der Militärfrage zusammenhängen den anderweitigen Steuerpläne der Regierung endlich vollste Klarheit würde! In der „Nvrod. Allg. Ztg." lesen wir: „Bereits am Anfänge der Wahlbewegung ist bekannt geworden, der Minister deö Innern habe angeordnet, daß die Stichwahlen allgemein auf den fünften Tag nach Ermittelung des Wahlergebnisses des ersten Wahlganges anberaumt werden sollen. Da für die auf den 15. Juni angesetzten Hauptwahlen dos Wahlergebniß am 19. Juni festgestellt werden muß, so werden, wenigstens für Preußen, sämmlliche Stichwahlen am 24. Juni stattfinden, das Wahlergebmß für diese also am 28. Juni ermittelt werden." Die in Frankfurt a. M. erscheinende sozialdemokratische „Franks. Volköstimme" enthält nachstehenden sebr bemerkens- werthen Bericht über eine sozialdemokratische Wahlreise in Nassau: Am ersten Pfingstfeiertage unternahmen sechs hiesige Genossen einer Agitationstour in das Amt Unsingen, die drei Tage dauerte. Unsere Aufnahme war gerade keine gute zu nennen, was in Anbetracht des Umstandes, daß in fast sämmtlichen Orten, die wir besucht haben, noch niemals eine sozialdemokratische Stimme abgegeben wurde, ganz erklärlich war. Gleich im zweiten Ort, den wir bearbeiteten, wurde uns ein Willkommen, wie: „Stromer, Vagabunden, Landstreicher, Faulenzer!" u. dergl. m. zugerufen. Rufe wie: „Geht Ham un lest die Bibel, deß iß gescheiter", „Schütt en e Dippe (Topf) voll Wasser über'« Kopp" wurden vielfach laut. An manchen Orten mußten wir uns schleunigst aus dem Staube machen, um nicht eine Tracht Prügel zu bekommen. In Espa, dem letzten Ort, den wir besuchten, wurde uns bei Ausführung der Lasten, welche die Annahme der Militärvorlage dem deutschen Volke auferlegen würde, die Antwort zu Theil: „Unsere Söhne dienen mit, Stolz unserm Kaiser, und wenn wir noch einmal so viel Steuern bezahlen müßten, so würden wir das mit Freuden thun. Steuern bezahlen ist für uns eine Ehrensache." Kaum glaublich in einer so armen Gegend. Auch wurde uns gesagt, als wir die Einwohner auf ihre schlechte Lage aufmerksam machten, welche sie auch zugaben: „Mit unserer Lage sind wir vollkommen zufrieden, weil sie uns der liebe Gott so bescheert hat." Diese Leute wollen nur für einen Candidaten stimmen, der für die Militärvorlage eintritt. Trotz dieser im Ganzen nicht günstigen Lage sind wir doch der Ueberzeugung, daß bei der demnächst stattfindenden Wahl auch in diesen Orten wenigstens einige Stimmen für unseren Candidaten abgegeben werden und damit der Anfang zum weiteren Vorwärtsdringen der Sozialdemokratie in diesem dunklen Gebiete gemacht ist. Wir hatten nämlich neben den geschilderten Unannehmlichkeiten wieder Erfolge, die dieses erwarten lassen. In Pirmasens haben sich bekanntlich die Inhaber von 61 Schuhfabriken zu einer Aktiengesellschaft vereinigt. Das Aktienkapital 175 000 Aktien zu 1000 M., wird von den bisherigen Einzelbesitzern übernommen. Die bisher beschäftigten 8723 Arbeiter sollen, wie schon berichtet, weiter beschäftigt, jedoch ein Theil des kaufmännischen Hülfspersonals, über 300 Reisende und über 250 Aufseher und Meister entlassen werden. — „Ob sie — so bemerkt dazu der „Vorwärts" am Zaun verderben und sterben oder nicht, was kümmerts die herrschende Gesellschaft?" Das sozialdemokratische Centralorgan ist mit dieser Bemerkung recht unvorsichtig. Nicht die „herrschende Gesellschaft" kommt hier in Frage, sondern dieAktiengesellschaft. Und diese versucht doch nur nach sozialistischen Grundsätzen zu wirthschaften, sie sucht eine „Vergeseüschaftlichung" herbefiuführen. Diese neue Gründung aber beweist auf das schlagendste, daß die konservativen Bestrebungen, dem Handwerker einen kräftigen Schutz angedeihen zu lassen, nicht etwa bloß den „Zünftlern" zu gute kommen, sondern daß im wesentlichen auch die Ange stellten ein großes Interesse daran haben, daß die Einzelexistenzen vor dem weiteren Fortschreiten der Vergesellschaftlichung ge schützt werden. Die Schuhfabriken in Pirmasens werden nicht bloß jede örtliche Konkurrenz vernichten, sondern sie bedrohen das Schuhmachergewerbe im ganzen Reiche. Man sieht also aus dieser neuesten Erscheinung, daß ein kräftiger Schutz des gewerblichen Mittelstandes im Interesse der Allgemeinheit liegt und daß er nicht mehr länger hinausgeschoben werden darf. Prof. Kahl aus Bonn, der den Fürsten Bismarck jüngst besuchte, hat sich in einer Kandidatenrede, die er in Erlangen gehalten, über die Stellung des Fürsten Bismarck zur Militär vorlage folgendermaßen ausgesprochen: „Bismarck glaubt an den Frieden. Bismarck hält eine Heeresverstärkung für noth wendig. Diese aber hält er, anders als in der Militärvorlage geschehen, vor allem in der Richtung einer erheblichen Verstärkung der Artillerie für geboten, weil er der Ueberzeugung ist, daß die Artillerie in einem künftigen Kriege die Hauptrolle spielen werde. Daß die für die Heeresverstärkung erforderlichen Lasten getragen werden müssen und können, erscheint ihm selbstver ständlich. Pismarck unterscheidet sich also von uns darin, daß er in seinen Wünschen für die Heeresverstärkung im Rahmen der alten Verdyschen Vorschläge nach Art und Maß bedeutend weitergeht. Er unterscheidet sich vom Freisinn und Centrum dadurch, daß er nicht wie diese über die unerschwinglichen Lasten des armen Volkes jammert, sondern fürs Vaterland kein Opfer zu hoch hält? Ihn gegen uns ausspielen zu wollen, ist hiernach ein mißglücktes Unternehmen." Die Hitze des Wahlkampfes hat dieser Tage mehrfach recht bedauerliche Ausschreitungen veranlaßt. Zu solchen ist es z. B. anläßlich von Wahlversammlungen in Kolonie Pangritz bei Elbmg, in Clausthal und in Berlin gekommen. Bei dem Wahltumulte in Clausthal mußte sogar Militär zur Wiederher stellung der Ordnung einschreiten, da die Ruhestörer einen An griff auf das Rathhaus versuchten. Die Rede des bayrischen Thronfolgers, Prinzen Ludwig, bei Eröffnung der Landwirthschafts-Ausstellung in München enthält folgende bemerkenswerthe Auslassungen: Es wird viel fach auf die Hilfe des Reiches und des Staates für die Land- wirthschaft hingewiesen und es ist kein Zweifel, daß die ge setzgeberischen Maßregeln derselben fördernd oder hemmend auf die Landwirthschaft einwirken können, und es ist zu wünschen, daß die Finanzen Deutschlands und der Einzelstaaten es möglich machen, daß für die Landwirthschaft nach Kräften und noch mehr als bis jetzt — und man kann sagen theilweise mit Erfolg ge schehen ist — geschehen möge. Alle gesetzgeberischen Maßregeln aber helfen nichts, wenn nicht der Mann selber sich seiner Wirthschaft onnimmt. Nur der Landwirth, der die Erfindungen und wissenschaftlichen Entdeckungen der Neuzeit sich zu Nutzen macht, nur derjenige, der ebenso, wie er es mit seinem Boden thun muß, auch mit seinem Vermögen wirthschaftet, d. h. der jenige, der seinem Boden mehr zukommen läßt, als er nimmt, und ebenso derjenige, der in seiner Wirthschaft mehr einnimmt als ausgiebt, wird auf die Dauer auf einen grünen Zweig kommen. Es gilt das für den großen Besitzer ebensowohl wie für den kleinen. Die größten Vermögen sind schon zu Grundt gegangen und die Kleinsten haben, wenn sie tüchtig waren, sich in die Höbe hinauf gearbeitet. Auf Eines möchte ich noch be sonders aufmerksam machen: Der Landwirth muß nicht nur ein ausgezeichneter Forst- und Landwirth sein, er muß insbe sondere auch ein guter Kaufmann sein. Denn was hilft es ihm, wenn er die besten Produkte hervorbringt, beim Verkauf aber nicht das zurückbekommt, was er auf dieselben verwendet hat? Er muß insbesondere auch in der Beziehung ein Kaufmann sein, daß er die Verbesserungen und die Meliorationen, die er auf seinem Gute vormmmt, das Geld, welches er in seine Bauten und insbesondere in seine Maschinen steckt, amortistrt, d. h., daß er wie ein guter Kaufmann und Industrieller es thut, abschreibt, sonst stürzt er sich in Schulden, und Schulden sind leicht ge macht, aber schwer bezahlt.