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Erstes Blatt. WMMt für Wilsdruff ThmM, DD. Siebmlehn Md die UulMnden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abvnnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk 25 Pf. — Einzelne t Nummem 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. Freitag, de« S. Mai 18SL.tz No. 36 Meißen, am 29. April 1893. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Art. 2 § 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetzblatt S. 245^flgd. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Meißen im Monate März dies. Js. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöbt- Vergütung für die von den Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amts hauptmannschaft im Monate April dies. Js. an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangte Marschfourage beträgt 7 M. 77 Pf. für 50 Kilo Hafer, 4 „ 46,2 „ „ 50 „ Heu, 2 „ 31 „ „ 50 „ Stroh. Königliche Amtshauptmannfchaft V. liirvlik»««!!. Bekanntmachung. Dienstag, den y. und Mittwoch, den lv. Mai dieses Jahres bleiben die Aanzleilskalitäten -er Asniglichen Anitshauptmannschaft wegen deren Reinigung'geschlsffen, und werden an beiden Tagen nur dringliche Geschäfte erledigt. Meißen, am 3. Mai 1893. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Airchbach. ' Nachdem Herrn Gutsbesitzer Reinhel- Zschoche in Herzogswalde das durch Ableben des bisherigen Inhabers erledigte Amt eines Friedensrichters für den Bezirk HerzogS- walde mit Landberg Seiten des Königlichen Justizministeriums übertragen und derselbe am 29. April d. I. als Friedensrichter verpflichtet worden ist, so wird dieses auf Grund H 8 der Verordnung, die Bestellung von Friedensrichtern betr., hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Königliches Amtsgericht Wilsdruff, den 29. April 1893. vr Gangloff. Bekanntmachung. Das 8. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes sür das Königreich Sachsen vom Jahre 1893 enthält: No. 32. Prüfungsordnung für das bei der Vortragscanzlei und den übrigen Dependenzen des Finanzministeriums angestellte Bureaupersonal, vom 10. Dezember 1892; No. 33. Verordnung, die Prüfungen des bei der Land-, Landeskultur- und Alterörentenbank beschäftigten Bureaupersonals betr., vom 6. März 1893; No. 34. Verordnung, die Prüfungen der Expedienten und Bureauassistenten bei der Landeslotterie und Lotterie-Darlehnskasse betr., vom 6. März 1893; No. 35. Verordnung, die Prüfung des bei der fiscalischen Bau- und Forstverwaltung beschäftigten Bureaupersonals betr., vom 13. April 1893; No. 36. Verordnung, die Anstellung, Beförderung und Prüfung des Kanzlei- und Expeditionspersonals im Geschäftsbereiche des Justizministeriums betr., vom 21. April 1893. No. 37. Bekanntmachung, die Prüfungsordnung für das Bureaupersonal im Geschäftsbereiche des Gesammtministeriums betr., vom 18 April 1893; No. 38. Verordnung, die Anmeldung und Versteuerung verendeter schlachtsteuerpflichtiger Viehstücke betr., vom 11. April 1893 und No. 39. 'Kirchengesetz, die Feier der Bußtage in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche betr., vom 12. April 1893. Obenbezeichnetes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt zur Einsichtnahme auf hiesiger Rathsexpedition aus. Wilsdruff, am 3. Mai 1893. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Es wird jetzt Ernst, die Entscheidung über die wichtige Frage, die seit langen Monaten gleich einem Schatten über unserem öffentlichen Leben ruht, steht nahe bevor. Wer immer über die nächste Ackerfurche Hinwegzuschauen vermag, der muß überzeugt sein, daß von dem nächsten Votum des Parlaments nicht nur die Lösung einer einzelnen Frage, sondern die Ge staltung der ganzen Zukunft abhängen kann. Denn mit einer strikten Ablehnung der Militärvorlage 7,st die Nothwendigkeit ber Reichstagsauflösung gegeben. Kämpfe von nie gekannter Leidenschaft und Erbitterung werden sich anschließen und wenn dann neue Vertreter in das Parlament einziehen, die noch weniger den Pfaden des Grafen Caprivi zu folgen geneigt sind, dann kann gar leicht sich Conflikt an Konflikt reihen und keiner der kämpfenden Faktoren wird daraus ohne schwere Wunden her- vorgehen. Dem Seniorenkonvent des Reichstages ist seitens der Reichsregierung mitgetheilt worden, daß im Falle der Ab lehnung der Militärvorlage der Reichstag sofort aufgelöst und auf die Erledigung der noch ausstehenden Gesetzentwürfe ver zichtet werde. Die Wahlagitation der sozialdemokratischen Partei ist beute schon bis auf die kleinste Einzelheit geregelt. Berlin ist natürlich der Mittelpunkt; von hier wird nicht nur die Parole ausgegeben, sondern hier werden auch für die kleinsten Wahl- komitces in der Provinz alle taktischen Details festqestellt. Be kanntlich hat die sozialdemokratische Parteileitung darauf hin gewirkt, daß sich behufs Belebung der Landagitation neben den Fachvereinigungen aus Landsmannschaften bilden, in denen Agitatoren für das glatte Land gelrillt werden sollen. Gegen wärtig ist man in sozialdemokratischen Kreisen eifrig damit be schäftigt, dieses Netz landsmannschaftlicher Vereinigungen, die meist in den Großstädten wohnenden Angehörigen je eines Wahlkreises umfassen, zu vervollkommnen. So liegt in der letzten Nummer des „Vorwärts" ein Aufruf an die zu Berlin wohnenden Arnswalde-Friedeberger „Genossen" zur Vereinigung vor Es muß — s° heißt es darin — unsere heiligste Pflicht sein, dafür zu sorgen, daß Licht und Aufklärung m unsere beimathlichen Bezirke komme, daß auch dort das Evangelium (.) d-s Sozialismus Eingang finde!" Die Bewohner des Arns- ^alder Wahlkreises können sich zu der Agitation dieser neuen Apostel schon im voraus gratuliren. Die proletarische Maifeier ist, wie man voraussah, diesmal noch seichter verlaufen wie früher. Nach Depeschen, welche aus England, Frankreich, Holland, Belgien, Spanien, Italien und der Schweiz eingelaufen sind, hat die Maifeier überall einen ruhigen Verlauf genommen. Nur hier und dort ein kleiner Krawall, mehr nicht. Am stärksten scheint noch in den ro manischen Ländern, namentlich in Frankreich und Belgien, wo sie sich mit anderer politischer Gährung vermischt, die Bewegung pulsirt zu haben. Bei uns in Deutschland hat die Feier gänzlich eines demonstrativen Charakters entbehrt, den man ihr namentlich vor vier Jahren, als zum ersten Male das internationale Pro letariat seine Macht vor der Bourgeoisie entfalten wollte, aus geprägt hatte. Zu den Eigenthümlichkeiten der Sozialdemokratie gehört es, daß sie ihre Anhänger unbefriedigt lassen muß. Kann, wie die sozialrevolutionären Propheten jetzt sagen, die „vollkommen" menschliche Gesellschaft nach kommunistischen Ideal erst nach Generationen ins Werk gesetzt werden, so muß nothwendiger Weise bei dem lebenden Geschlecht, daß sich diesen Idealen ge widmet hat, eine unbefriedigte Stimmung resultiren. Es geht ihnen wie den Kindern Israel nach der Flucht aus Aegypten, sie glauben zwar das gelobte Land zu schauen, wissen aber, daß sie selbst es nie betreten werden. Eine kluge Parteileitung muß unter solchen Umständen ihrer Gesellschaft wenigstens etwas bieten. Dem dient die Maifeier; sie soll ein großes Partei-Amüsement sein. Welcher Proletarier hätte nicht sein Vergnügen daran, der verhaßten Bourgeoisie ein wenig Furcht einzuflößen, derselben zu manifestiren, wie „groß" diese' prole tarische Macht angewachsen sei. Das „Chemn. Tgbl." schreibt: Auftritte, wie sie in jüngster Zeit im Reichstag vorgekommen sind, liefern ein erschreckendes Bild der zunehmenden Verrohung und Ent artung unserer parlamentarischen Einrichtungen. Der Reichstag sollte der Ehrenrath der deutschen Nation sein, von ihm sollte Schulung, Leitung und Anregung des Volks in der politischen Thätigkeit ausgehen; er sollte eine hochangesehene Autorität im öffentlichen Leben darstellen. Und in dieser einst so hochge achteten Versammlung geht es jetzt mitunter her, wie man es höchstens in den Parlamenten heißblütiger, südländischer Völker, erlebt hatte. In Reden und Zwischenrufen fliegen Ausdrücke umher, wie man sie kaum auf dem Berliner Fischmarkt zu hören bekommt. Schuft, Lump, Lügner, Verleumder, unverschämter Patron, Feigling u. s. w. schwirren durch die Lust und sind nachgerade parlamentsfähige Ausdrücke ge worden. Ein Abgeordneter lädt den andern in öffentlicher Debatte vor die Pistole! Die Präsidenten stehen diesen wilden Ausbrüchen der Leidenschaft und des Hasses so gut wie wehr los gegenüber; gelegentlich wird ein Ordnungsruf oder eine Rüge ertheilt, was gleichgültig hingenommen wird; das Gröbste und Gehässigste geht meistens ungeahndet hin. Und da wundert man sich noch über die Verrohung der Wahlkämpfe. Die fein fühlenden und anständigen Mitglieder stehen diesem wüsten Treiben erschrocken und besorgt gegenüber, aber sie haben auch kein Mittel der Abwehr. Man spricht von einer Verstärkung der Disziplinar- und Strafgewalt des Präsidenten; sie wird sich wohl als nothwcndig erweisen, aber mit äußerlichen Zwangs mitteln wird auch nicht viel auszurichten sein, wo der Sitz des Uebels so tief liegt, nämlich, es muß offen ausgesprochen werden, 'm dem geistigen und sozialen Nieder gang eines bedeutenden Theils des gegenwärtigen Reichs tags. Dieser verbreitet allmählich ein Odeur, das hoffentlich allen anständigen Wählern endlich in die Nase steigen wird. Das Ansehen des Reichstags, die Achtung vor und das Ver trauen zu ihm sind in stets wachsendem Maße in Niedergang begriffen. Dieses bei richtiger Anwendung und Wirksamkeit kostbare nationale Gut, die Grundlage eines gesunden konstitu tionellen Lebens, wird mehr und mehr verzettelt und vergeudet. Das wirksame Mittel der Abwehr hat allein das Volk selbst in der Hand, wenn es sich seine Vertreter mehr darauf ansteht, ob sie anständige, gebildete, wohlmeinende, ihrer hohen Ver trauensstellung würdige Männer sind. Aber freilich, nach s» vielen unerfreulichen Erscheinungen, die gegenwärtig aus dem Schoße unseres Volkslebens aufsteigen, wer könnte sich da einer trüben Resignation erwehren! Von den zahlreichen internationalen Gewerkschaftskongressen, die uns dieses Jahr bringen wird, verdient der der Buchdrucker ganz besonderes Interesse. Das der sozialdemokratische Verband der deutschen Buchdrucker eine starke Vertretung haben wird, ist selbstverständlich. Ferner werden vertreten sein: Der nieder ländische Typographenverband, der bulgarische Typographenver band, der spanische Buchdruckerverband, der luxemburgische Buchdruckerverein, der Typographenvercin zu Kopenhagen, der romanisch und der deutsch - schweizerische Typographcnbund. Die Elsaß-Lothringer, die ihren eigenen UnterstützungSverein haben, werden ebenfalls nicht fehlen, und aus Oesterreich dürf-