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Zweites Blatt. PochmM für MMff Tharandt, Men, Menlthn md die Umgegenden. Imlsölutt für die Rgl. Amtshauptmannschast Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich zweimal u. zwar Dienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne i Nummern 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. No. 36. Freitag, den 5. Mai 18S3. sichtbar wurde. „Ich bringe Ihnen die Tante unversehrt zurück, gnädiges Fräulein!" rief er hinüber und Blanka neigte lächelnd das Haupt. Fräulein von Erminger hatte wohlbehalten den Pavillon und ihr Bersteck hinter den breitblättrigen Gewächsen erreicht, wo sie mit klopfendem Herzen und einer ihr selber ganz unerklär lichen Aufregung des Doppelgängers harrte. Nach wenigen Augenblicken hörte sie die Herren kommen, eine Stimme schlug an ihr Ohr, bei welcher ihr das Blut mit seiner unnachahmlich stolzen Kopfhaltung, seinen wunderbar schönen Händen und blitzenden Augen, die unergründlich schienen, und dieser englische Krämersohn, — es ist einfach lächerlich." Graf Braunitz lächelte amüsirt bei ihrer Lobhymne und fragte dann beiläufig, ob Magnus denn eigentlich noch besondere Kennzeichen besessen habe. „Nein, davon ist mir Nichts bekannt, es müßte denn die Narbe jener Wunde sein, welche er nach der furchtbaren Ge witterkatastrophe, als er vom Pferde geschleudert wurde, davon trug. Links am Kopfe empfing er die Wunde, wollte Gott, sie wäre damals tödtlich verlaufen, er hätte mindestens einen, wenn auch beklagenswerthen, doch ehrlichen Tod gefunden." Der Graf schwieg und erhob sich dann, um zu gehen. „Ich hole Sie also morgen ab, wenn Fräulein Blanka Nichts dawider hat," sagte er, ihr die Hand reichend. „Kommen Sie nur, lieber Graf, wenn ich mich wie heute befinde, werde ich den Gang schon wagen können. Und was Blanka anbetrifft, so darf sie eben so wenig Zwang auf meinen Willen ausüben, wie ich auf den ihrigen. So du mir, so ich dir! — Uebrigens kann sie sich den Engländer ja auch mit an sehen; es wird sie jedenfalls interessiren, da sie als Kind meinen Magnus gekannt hat." „Dazu möchte ich nicht rathen, liebe Freundin," wehrte Braunitz etwas erschreckt ab, „es ist entschieden besser, wenn Sie allein mit mir gehen." „Sie haben recht, Blanka würde auch um keinen Preis mitgehen. Schon um der Leute willen, bester Graf!" „Natürlich würde man gleich hüben und drüben eine Heirath daraus zurecht zimmern. Mir wärs schon recht, meine Gnädige, aber besser ist besser!" Er ging. Als er soeben seinen Park betreten, kehrte das junge Fräulein mit der Magd von ihren Einkäufen zurück. Dreiundzwanzigstes Kapitel. Sie täuscht sich nicht. Am nächsten Morgen war Fräulein Luffa früh erwacht und sehr ungeduldig. Sie verlangte sofort aufzustehen und angckleidet zu werden. „Aber Tantchen, was ist denn los?" fragte Blanka ver wundert. „Ich soll Dich am Ende schön schmücken." „Du sollst mich hübsch anziehen, mein Kind", erwiderte Tante Luisa erregt. „Graf Braunitz wird kommen, und mich zu einem Spaziergang in den Park ab holen. Na, schau mich nur nicht so erschreckt an, ich habe kein Fieber, aber auch keinen besonderen Plan dabei. Der Graf läßt Dir sagen, daß er den Korb verschmerzt habe und dies für seine letzte Thorheit halte." „Aber dann könntest Du ja auch mit mir gehen, Tante!" meinte Blanka kopfschüttelnd. „Konnte ich die Einladung ausschlagen, oder hast Du Lust, sie ebenfalls anzunehmen?" „Nein, gewiß nicht, Tantchen, rege Dich nicht auf, ich fürchte ja nur, daß Deine Kräfte noch nicht ausreichen werden. Wenn Huber Dich fahren konnte „Das fehlte mir," schalt Tante Luisa lachend, nein Kind, Du sollst sehen, wie stark ich schon bin." Blanka gab sich jetzt keine Mühe mehr, die alte Dame zurückzuhalten, sie kleidete sie selber an und führte sie dann behutsam die Treppe hinab, um sich draußen im Garten erst an die Luft zu gewöhnen. Hier saß Tante Luisa und harrte des Grafen, während sich Blanka ins Haus zurückzog. Sie brachte nicht lange zu warten, Braunitz erschien schon nach einer halben Stunde, um ihr mitzutheilen, daß Mr. Drummond schon angekommen sei, weil er Wien zu verlassen gedenke. Er habe im Gartenpavillon das Frühstück befohlen, und den Engländer einstweilen nach dem Stalle geführt, um die Pferde in Augenschein zu nehmen. Mittlerweile wolle er sie in den Pavillon bringen und hinter die dort befindlichen Gewächse placiren, wo sie die beste Ge legenheit habe, sich seinen Gast genau zu betrachten. Graf Braunitz reichte der alten Dame den Arm und grüßte ehrerbietig zum offenen Fenster hin, wo Blanka „Ja, ja, weiß wohl, einfach splenig," unterbrach das ,^...^ u» Fräulein ihn lächelnd. „Die Aehnlichkeit mit meinem guten, stockte. So konnte kein Fremder sprechen, diese Stimme hätte schönen Magnus wird sich auch wohl sehr oberflächlich erweisen, sie unter Tausenden erkannt. denn im Vertrauen gesagt, lieber Graf, ich halte nicht viel von Und nun trat ein junger Mann über die Schwelle, dessen den sagenannten Doppelgängergeschichten. Magnus Odenstein Antlitz, von dem einfallenven Sonnenstrahl erhellt, ihr zuge- Dies und Das. Ver Nebel alr Versöhner und Friedensstifter. Herr Kuenring und Herr Falkenstein — Zwei deutsche Ritter gut, — Die mochten sich nimmer Freunde sein, Und haßten sich bis auf das Blut. So fliehet der Geyer nicht vor dem Aar, Der Schwimmer nicht vor dem Hai, Wie sich einander so feindlich gar, Stets flohen die grimmen Zwei. Wie sonst auch der Eine des Andern genoß Gewesen in alter Zeit, Jetzt ist einem Jeden fast fremd daö Schloß Des Nachbars, seit sie im Streit. Da reitet einmal Herr Kuenring, Auf die Falkenbaiz reitet er aus, Doch als ihn das Dunkel des Wald's umfing, Da find't sich er nimmer heraus. Denn mälig mit graulichen Fäden umspinnt Der Nebel so Wald als Hain, Herr Ku en ring irret, so gut als blind, Durck die Schwaden hinaus und hinein. Er irret dahin wohl so manche Stund, Am Zügel führt er sein Roß, Da blinken mit Eins zu den mächt'gen Grund Die Lichter von einem Schloß. Herr Kucnring preiset sich glücklich sehr, Erkennt aus dem webenden Grau Dos Schloß er auch nicht, was thut'ö just mehr, s'ist Frieden ja rings im Gau. Bereift seine Locken, der Mantel naß, So tritt er hinein in den Saal; Hilf Himmel, waS wird doch so starr und blaß Der Ritter mit einem Mal? Vor sich da erblickt er den Falkenstein, Seinen Augen trauet er kaum; Doch minder verdutz't nicht schaut dieser d'rein, Ihm ist es, als wär's ein Traum. „Vergebt, daß ein unwillkomm'ner Mann „So einfällt zur Nacht Euch in's Haus, „Der dumme Nebel ist Schuld daran, „Doch geh' ich stracks wieder hinaus." Herr Falkenstein aber d'rauf, schnell gefaßt, „„Was habt Ihr doch Eile so sehr? „„Der irre Jäger ist Falkenstein's Gast, „„Für den ist ein Platz schon noch leer."" Verlegen zu ihm sich der Kuen ring setzt, Schmäht über den Nebel noch viel; Herr Falkenstein aber sich recht ergötzt An des Zufalls launigtem Spiel. Einen Becher schenkt er dem Gaste voll, „„Nun sehet, wie's Euch behagt, „„lind was zwischen uns auch mag wallen für Groll, „„Er bleib' bis auf morgen vertagt."" So sitzen wohl bis in die tiefe Nacht G'enüber die Feinde sich dort, Den Kuen ring hat 'mal der Nebel gebracht, Und laßt ihn vor Morgens nicht fort. Doch wie d'rauf des Morgens im Sonnenschein Der Nebel in Streifen zerfloß. Geleitet nun selber der Falkenstein Den feindlichen Gast aus dem Schloß. „„Es hat's doch"", — so ruft er da lächelnd aus „„Der Nebel so schlrmm nicht gemeint, „„Er bracht' einen Feind mir herein in's Haus, . Und sieh' da — mir scheidet ein Freund!"« — Der letzte Odenstein. Originalroman von Henrik West er ström. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) kehrt war. Sie fühlte ihre Sinne schwinden, und hielt sich schwindelnd an dem Sessel fest. Konnten die Todten wieder kehren? Oder gab es wirklich solche grauenerregende Aehnlich- keitcn zwischen einander wildfremden Menschen? Nein, nein, das war unmöglich, es mußte Magnus Odenstein sein, und jetzt tönte die Stimme wieder, seine Stimme, welche den Grafen Antwort auf eine die Pferde betreffende Frage gab. Tante Luisa athmete schwer, einer Ohnmacht nahe, ver suchte sie sich zu erheben, um dem unheimlichen Doppel gänger ihres tobten Lieblings entgegenzutreten, selber mit ihm zu reden und — Mit einem Schrei stand sie aufrecht, sie hatte den Ring an seinem Finger gesehen, dessen Juwelen im Sonnenstrahl funkelren und wankte jetzt, an allen Gliedern bebend, aus ihrem Versteck hervor. Graf Braunitz war von erklärlicher Unruhe befallen, da das Experiment, von welchem Magnus selbst keine Ahnung hatte, für die schwache Dame leicht bedenklich werden konnte. Er hatte seinem Gaste Nichts davon gesagt, um durch das Er kennen derselben die überzeugende Gewißheit seiner Persönlich keit zu erhalten, und fühlte sich in diesem entscheidenden Augen blick so fieberhaft erregt wie nie zuvor in seinem Leben. Als der Schrei urplötzlich an sein Ohr schlug, erhob sich Magnus, der soeben Platz genommen, mit erschreckter Miene. Er starrte halb fassungslos die unerwartete Erscheinung, welche jetzt sichtbar wurde, und mit leichenblassem Gesicht und aus gestreckten Händen auf ihn zuging. Doch nur sekundenlang währte seine Ueberraschung, bevor die zitternden Lippen der alten Dame ein Wort hervorgebracht, rief er, auf sie zueilend, und ihre Hände ergreifend: „Fräulein von Erminger, die beste Freundin und Pflegerin meiner Kindheit, erkennt ihren Magnus und wird für ihn zeugen!" „Er ist cs wirklich!" stammelte sie, „von den Todten er standen, nein, nicht sein Doppelgänger, er selber ist es, Magnus Odenstein!" Sie schloß die Augen und wäre zu Boden gesunken, wenn Magnus sie nicht in seinen Armen aufgefangen hätte. Mit der Zärtlichkeit eines Sohnes ließ er sie auf einen Sessel nieder gleiten, während Braunitz ihr die Stirn mit Essenzen rieb und ihr einen Löffel Wein einflößte, was ihre Lebensgeister bald wieder belebte. Sie blickte Magnus, der zu ihren Füßen kniete, forschend an, betastete seinen Kopf, um die Narbe zu entdecken, und nickte befriedigt. Und doch wollte eine scheue Angst nicht aus ihren Augen weichen. „Ich fth ihn im Sarge", sprach sie leise. „Winkel meinte freilich, der junge Herr Graf habe ein ganz anderes Chemisett getragen. O, mein Gott, und doch ist dies mein Magnus, wer löst mir das schreckliche Räthsel?" Der junge Mann erhob sich, streichelte zärtlich ihr blasses Gesicht und setzte sich an ihre Seite, wo er ihr liebevoll zu sprach. um sie zu beruhigen. Graf Braunitz zwang sie, ein Glas Wein zu trinken und versprach ihr des Räthsels Lösung wenn sie ganz ruhig sein wolle, und Tante Luisa gehorchte wie ein Kind, ja, es gelang ihr sogar ein Lächeln. „So ist's gut," sagte Braunitz, immer gemüthlich, damit bannt man halt Alles, selbst ein Gespenst. Legen Sie nur los, mein Sohn Magnus!" Während dieser seine Geschichte zum zweiten Male erzählte, verließ der Graf den Pavillon und durchschritt den Park, um auf die Straße hinauszutreten, welche er nach allen Seiten hin aufmerksam durchspäbte. Ein Fiaker kam daher gerollt, welcher an ihm vorüberfuhr und vor dem Sckloßthor hielt. Graf Braunitz kehrte rasch durch den Park nach dem Schlosse zurück, um hier einen Herrn, der mit dem Fiaker gekommen war, zu empfangen. Es war Dr. Vogel. „Sie haben meinen Brief, wie ich sehe, erhalten, Herr Doktor!" sprach der Graf, ihn in das Schloß führend. „Und bin ihrer Einladung nachgekommen, Herr Graf!" „Wofür ich Ihnen herzlich danke." Sie traten in des Grafen Zimmer, daß dieser vorsichtig verschloß. „Setzen Sie sich, Herr Doktor!" begann er, „und lassen Sie mich ohne Umschweife auf den Grund meiner Einladung kommen. Sie waren vor sieben Jahren der Reisebegleiter eines jungen Engländers." „Der Mr. Drummond, der mir davon lief", fiel Dr. Vogel erregt ein. „Ganz recht, den Sie jetzt wieder eingefangen zu haben glauben." „Freilich, weil er mir aufs neue entwischt ist, Herr Graf! Doch glaube ich auch ebenso fest daran, ihn wieder einzufangen, Sie wissen von ihm?"