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Wochenblatt für W bl uff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post ' bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne f Nummem 10 Pf. Tharandt, Mn, Mentthn nnd die Umgegendkn. Imtsblnst Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 24. Freitag, de« 24. März 1893. Bekanntmachung. Das 2., 3., 4. und 5. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1893 enthalten: No. 2. Verordnung, die Uebertragung von Geschäften in Militärangelegenheiten an die Dresdner Amtshauptmannschaften betr., vom 31. Dezember 1892; No. 3. Bekanntmachung, die anderweite Abgrenzung der katholischen Pfarrbezirke Chemnitz, Zwickau und Annaberg betr., vom 1. Januar 1893; No. 4. Bekanntmachung, die Errichtung eines Königlichen Aichamtes in Leipzig betr., vom 3. Januar 1893; No. 5. Bekanntmachung, die Festsetzung des Betrages der für die Naturalverpflegung der Truppen im Jahre 1893 zu gewährenden Vergütung betr., vom 10. Januar 1893; No. 6. Bekanntmachung, Aenderungen in dec Landwehrbezirkseintheilung des XII. (Königlich «sächsischen) Armee-Korps betr., vom 14. Januar 1893; No. 7. Bekanntmachung, einen Nachtrag zu dem Nevidirten Statut für die Universität Leipzig betr., vom 25. Januar 1893; No. 8. Bekanntmachung, die Lehr- und Prüfungsordnung für die Gymnasien betr., vom 28. Januar 1893; No. 9. Verordnung zur weiteren Ansführung des Reichsgesetzes vom 29. Juli 1890, betreffend die Gewerbegerichte, vom 25. Januar 1893; No. 10. Bekanntmachung, die Konccssionirung der Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit Alemannia zu Leipzig betr., vom 31. Januar 1893; No. 11. Bekanntmachung, die Errichtung von Königlichen Aichämtern in Zwickau und Bautzen betr., vom 13. Februar 1893; No. 12. Verordnung, die Abtretung von Grundeigenthum zur Erbauung einer normalspurigen Eisenbahn von Pirna über Dohma nach Großcotta betr., vom 13. Februar 1893; No. 13. Verordnung, eine Abänderung der zu Ausführung des Gesetzes, betreffend die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung unbeweglicher Sachen, erlassenen Verordnung vom 16. August 1884 enthaltend, vom 27. Februar 1893; No. 14. Verordnung, die bei dm Landesirrenanstalten, dem Landeskrankenhause (einschließlich Siechenabtheilung) und dem Landeshospitale zu entrichtenden Verpflegbeiträge betr., vom 22. Februar 1893; No. 15. Verordnung, die bei der Heil- und Pfleganstalt für Epileptische zu Hochweitzschen abzuentrichtenden Verpflegbeiträge betr., vom 22. Februar 1893; No. 16. Verordnung, die bei den Landesanstalten für Blinde, für schwachsinnige und für sittlich gefährdete Kinder abzuentrichtenden Verpflegbeiträge betr., vom 22. Febr. 1893; No. 17. Verordnung, die Verpflegbeiträge für Gefangene der Landesstrafanstalten betr., voin 22. Februar 1893 und No. 18. Verordnung, betreffend die Einführung einer einheitlichen Zeitbestimmung, vom 17. März 1893. Eingangsbezeichnete Stücke des Gesetz- und Verordnungsblattes liegen zur Einsichtnahme auf hiesiger Rathsexpedition aus. Wilsdruff, den 22. März 1893. Der Stadt rath. Licker, Brgmstr. Tagesyeschichte. Nachrichten aus Rom nach werden dort große Vorbereitungen zum Empfange des deutschen Kaiserpaares getroffen. Die römische Presse spricht allgemein die Ansicht aus, daß die Depesche, welche König Humbert an den deutschen Kaiser ge schickt hat, einen Empfang des Kaiserpaares durch das Haus Savoyen vvrauöseben lasse, wie er herzlicher nicht gedacht werden könne. Diese Depesche hat folgenden Wortlaut: An Se. Maj. den Kaiser von Deutschland und König von Preußen Berlin. Als Du mir anzeigtest, daß Ihr kommen würdet' Du und die Kaiserin, um unserer silbernen Hochzeit beizu- wohnen, hast Du unsere nächste Zusammenkunft unter die Ausspicien einer lieben und theueren Erinnerung gestellt, die uns Glück bringen wird. Ich danke Dir vom Grunde meines Herzens. Für Marguerita und mich wird es ein Fest sein, Dich mit Deiner Frau in Rom wiederzusehen, wo Eure Ge genwart in den Augen meines Volkes ein neues und sehr werth- volles Unterpfand der innigen Freundschaft und des Bündnisses, welches unsere Völker und unsere Kronen vereinigt, sein wird. Noch einmal Dank für diesen Beweis der Liebe und Anhäng lichkeit, welche unserem Familienfest einen solchen würdevollen Glanz verleiht. Umberto." Zu der durch die Ablehnung der Militärs orl age seilens der Reichstagskommission geschaffenen inneren Lage schreibt die „Köln. Ztg.": Nachdem die verbündeten Regierungen durch amtliche öffentliche Erklärungen, die ihre Kraft selbst daun nicht verlieren, wenn die einzelnen Personen, die diese Erklärungen abgegeben haben, von ihren Acmtern zurücktreten sollten, vor der Welt fcstgestellt baben, daß die deutsche Wehrmacht nicht mehr in einer Verfassung ist, die unter allen Umständen und mit aller Zuversicht die Überlegenheit jedem ausländischen Feinde gegenüber verbürgt, nachdem diese Erklärungen von allen maß gebenden deutschen militärischen Autoritäten als zutreffend be stätigt worden sind, würde eine Ablehnung der zur Wieder herstellung dieser für die Erhaltung des europäischen Friedens unbedingt nothwendigen Heeresforderungen seitens des Reichs tages eine Schwächung des Ansehens und der Machtstellung unseres Reichs nach sich sieben, welche die allergrößten Gefahren mit sich führen würde. Wir unterlassen es heute, diese Ge fahren im einzelnen zu schildern; noch vertrauen wir der po litischen Einsicht des deutschen Volkes, daß es sie von selbst erkennen und mit einem mächtigen Griffe die Netze blinder Parteileidenschaft zerreißen wird. -Aber es scheint unS in der That jetzt die höchste Zeit zu sein, daß unser Volk sich regt und rührt und den Männern, die augenblicklich in trauriger Verkennung der praktischen Bedürfnisse unseres Reichs das Land an den Rand des politischen und parlamentarischen Abgrundes treiben, gründlich und rechtzeitig den Star sticht. Vorbedingung ist allerdings, daß der vielorts verwirrende Gegensatz zwischen Reichspolitik und preußischer Politik beseitigt wird. Das deutsche Volk in seiner bei weitem größeren Mehrheit, vor allem in seinen werkthätigen und schaffensfreudigen Bürgern will die mi litärische Ueberlegenheit unserer Heeresmacht gegenüber allen Feinden; es vertraut, wie es oft genug bewiesen hat, die Ver antwortung für diese Nothwendigkeit der Forderungen lieber den berufenen militärischen Autoritäten als den vielredenden De magogen, die im Falle eines Krieges sich weislich hüten werden, ihre eigene Haut zu Makte zu tragen. Es verachtet die Er-^ klärung dieser Bolksredner, daß cs nicht imstande sei, die Lasten seiner Wehrmacht zu tragen. Es erklärt mit stolzer Vaterlands liebe, daß ihm kein Opfer zu hoch ist, um die Sicherheit des Friedens und im schlimmsten Falle die unbedingte Gewißheit des Sieges zu gewährleisten. Das deutsche Volk wird sicherlich! auch jetzt wieder den Beweis liefern, daß ihm nur die In teressen des ganzen großen Vaterlandes und nicht kleinliche ein seitige Fraktionsintcressen am Herzen liegen, und so zweifeln wir nicht, daß es ini entscheidenden Augenblick auch jetzt wieder das richtige Wort zur richtigen Zeit finden wird. Der „Reichsbote" vertritt bezüglich der Militärvorlage folgenden Standpunkt: „Wenn die Negierung als Ersatz für die zweijährige Dienstzeit nach bestimmten Berechnungen ihre Forderungen stellt — so hat es keinen Sinn, mit ihr zu handeln und ibr, wenn sie 66 000 Mann fordert, 40000 zu bieten, sondern man muß entweder alles bewilligen oder man muß der Regierung sagen: soviel können wir nicht bewilligen, und wenn nur gegen solchen Ersatz die zweijährige Dienstzeit gewährt werden kann, so müssen wir darauf verzichten und schlagen vor, eine Vorlage mit geringerer Vermehrung und Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit zu machen. Wenn aber die Handelsleute in den Parteien sich in diesem konkreten Standpunkt nicht ent schließen können, dann sollte es die Regierung thun, indem sie ihre jetzige Vorlage zurückzieht und erklärt: wir haben euch mit! der zweijährigen Dienstzeit entgegenkommen wollen, wir konnten § das aber nur gegen Gewährung von bestimmten Kompensationen von denen wir hofften, daß sie imstande sein würden, den Verlust der dreijährigen Dienstzeit auszugleichen, ihr habt diese Kompensationen nicht bewilligt, handeln können wir nicht, das hat hier keinen Sinn; deshalb zieh» wir uns mit der Vorlage auf den bestehenden gesetzlichen Boden der dreijährigen Dienst zeit zurück und werden versuchen, von da aus eine neue Vorlage mit Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit, also auch ohne die verworfenen Kompensationen, auszuarbeiten; verwerft ihr dann auch diese, dann müssen wir den Reichstag auflvsen und an die Nation appelliren." Die der Beschlußfassung harrenden Gesetze über das Abzahlungswesen und über den Waarenwucher werden, obwohl sie der konservativen Partei noch lange nicht weit genug gehen, wie zu hoffen ist, 'm Allgemeinen nur eine günstige Wirkung ausüben. Ein Krebsschaden aber, unter dem nicht allein der gewerbliche Mittelstand, sondern die ganze steuerzahlende Allgemeinheit ganz bedeutend leidet, bleibt bei alledem bestehen und verlangt auf das dringendste Abhilfe. Dieser Krebsschaden ist der Betrieb der Schleudermagazine, der Versandtgeschäfte und die als solche eingerichteten Konsum vereine. Vielfach ist über die erwähnten Betriebe schon diskutirt worden, mannichfach sind die Vorschläge, die Abhülfe schaffen sollen, gemacht; aber noch immer deutet nichts darauf hin, daß seitens der verbündeten Regierungen eine Remedur nach dieser Richtung ins Auge gefaßt sei. Die konservative Partei hat den erwähnten Schädigungen des gewerblichen Mittelstandes stets die vollste Aufmerksamkeit und Hingebung gewidmet; sie ist es denn auch, deren Anregungen man die Vorlage der oben genannten beiden Gesetze zu verdanken hat. Sie wird aber auch die Schleudermagazin- und Konsumvereinssrage nicht aus den Augen verlieren und solange auch auf diesem Gebiete den Bruch mit dec ungezügelten Gewerbefreiheit fordern, bis sie einen Erfolg erreicht. Ein gesetzgeberisches Vorgehen nach der erwähnten Richtung ist aber um so dringender erforderlich, als das Schleuder- magazinwescn und der Nersandtgeschäftsbetrieb noch immer viel größeren Umfang annimmt und in absehbarer Zeit den ge- sammten Klcingewerbestand zu verschlingen droht. " Mit Zahlen ein solches Ergebnis; zu erlegen, muß ja schwer fallen es wäre aber gewiß eine dankbare Aufgabe der Behörden, in dieser Beziehung Erhebungen zu veranstalten. Wir wollen hiermit nur im allgemeinen daran erinnern, daß die Ausdehnung des Konsumvereins zu Görlitz, der gerade als Versandtgeschäft eingerichtet ist, das Eingehen zahlreicher, Handel und Gewerbe treibender selbstständiger Existenzen in der genannten Stadt zur Folge gehabe hat. Wir erinnern ferner daran, daß ein einziger Schleuderbazar zu Berlin ein Stadtviertel, in denen er seinen Betrieb aufgeschlagen hatte, geradezu devastirt hat. Es läßt sich dies in dem letzterwähnten Falle ganz bestimmt Nachweisen, daß jeweilig, wenn der be treffende Bazar, der buchstäblich mit allem handelt, einen neuen Betrieb aufthat, in derselben Straße ein Geschäft nach dem anderen „ausverkaufte" und in eine andere Lage zog. Die Läden stehen dort in diesen Straßen leer, sie sind entwerthet, die Steuerfähigkeit der Kleingewerbetreibenden und der Haus- wirthe ist herabgedrückt, und das Alles, damit ein einziger Ge schäftsmann „prosperire". Das sind, wie wir meinen, unhalt bare Zustände. Wohin sollen wir treiben, wenn durch solche Großgeschäfte eine ganze Reihe von Einzelexistenzen vernichtet werden? Direkt schädigen freilich diese Bazare u. s. w. nur das Kleingewerbe, indirekt aber, wie wir gesehen haben, ganze Orte, ganze Stadttheile und damit den Staat selbst. Auch hinsichtlich der Arbeiterverhältnisse haben solche Betriebe nach theiligen Einfluß, sie „arbeiten" mit den billigsten Kräften und mit den rücksichtslosesten Bedingungen; sie drücken ferner die Preise der Produzenten und damit die Löhne. Wir meinen, der Nachtheile, die solche Geschäfte mit sich bringen, sind so viele, daß die Nothwendigkeit, dagegen Abhülfe zu schaffen — und schleunigst Abhülfe zu schaffen — in die Augen springt. Um die Wirrnisse voll zu machen, wird jetzt geschrieben: Als Graf Caprivi die Präsidentschaft des preußischen Mi nisteriums niederlegte, wurde auf die Gefahr aufmerksam ge macht, daß leicht Conflikte zwischen Reichskanzler und preußischem Ministerium entstehen könnten. Graf Eulenburg, der preußische Ministerpräsident, und Finanzminister Miquel sind nicht die unweisen Politiker, daß sie Preußens Regierung in einen offenen Gegensatz zu der Reichskanzlei bringen könnten. Indessen sind sie auch einsichtig genug, daß sie manche Phase der Reichspo litik mit kritischem Auge betrachten, und gern die Reichspolitik vor Bahnen bewahren möchten, welche für die preußische Mo narchie gefährlich oder doch schädlich werden könnten. Es ist über allen Zweifel erhaben, daß ein Riß zwischen der Reichs politik und der preußischen Politik besteht. Die Handelsver träge sind im Interesse des Reiches geschlossen, es ist aber evidend, daß z. B. die ostpreußische Landwirthschaft bei allen Kosten bezahlen muß. Daß eine Landesregierung einen solchen Zustand nicht mit Besorgniß beobachten sollte, erscheint voll kommen ausgeschlossen. In einer konservativen Versammlung in Berlin sprach