Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebe»lehn und die Umgegenden. Zml 8 bsall für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den l6. März l866. 11. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Loreuz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage «in« Nummer. Der Preis für den Vierteljabrgang beträgt tv Ngr. und ist jedeSmal vorauszubezahlen. Sämmlltche Königl. Postämter nehmen Bestellungen daraus an. Anzeigen, welch« im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl ein der Rebaciion), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittag« 8 Uhr erbeten, Jnscratc nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz de« Blattes enlsprrchen, mit großem Dank« angenommen, nach Befinden honorirt. Umschau. Ihre Majestät, die verw. Königin Marie von Lachsen ist nach Italien abgercist und wird ihren Wohnfitz in Rom nehmen. In ihrer Begleitung befindet sich Hofcaplan Seul, Ehrenkämmerer des Papstes, dessen Wirksamkeit im katholischen Inter esse in den letzten Wochen von protestantischer Seite her heftigen Angriffen ausgesetzt war. Man glaubt, daß er zu den Jesuiten gehört. — Hatten wir in voriger Woche von einem Kriegs- rathe in Berlin zu melden, so können wir diesmal von einem solchen in Wien sprechen. Der greise Heß, der Statthalter von Venetien, Benedek, und mehrere Erzherzöge waren zu einer Berathung ver sammelt, deren Gegenstand wohl nicht schwer zu «rrathcn ist nach dem Zerwürsniß mit Preußen. Böhmen schien besonders Sorge zu machen; die Commandanten der dasigen Festungen mußten Aus kunft über die Vertyeivigungsfähigkeit des Landes geben. Man würde wahrscheinlich in Wien noch stärke, auftreten, wenn man Italiens sicher wäre; Graf Bismarck hat enge Freundschaft mit der Re gierung in Florenz geschlossen. Vorbei ist die Ge fahr eines Krieges keineswegs: die der Berliner Regierung nahestehenden Zeitungen stoßen noch immer in die Schlachttrompete. — In Wien macht der Prozeß eines Cassirers der Creditemstalt viel Aufsehen, nicht sowohl wegen der Höhe der Unterschlagungen (450.000 Fl.), sondern wegen der Nachlässigkeit, mit der die Verwaltungs- rälhe bei den Revisionen zu Werke gegangen sind. Der junge Mann, Markl, konnte sein Treiben jahre lang fortsetzen, weil es Niemand cinsiel, die Pa- quete, in denen sich nach seiner Angabe Banknoten befinden sollten, zu öffnen. Mit Rücksicht auf diese leichtsinnige Beaufsichtigung verurthcilt der Gerichts hof den Verbrecher nur zu 4 Jahren Kerker, anstatt 7 Jahren, wie der Staatsanwalt beantragte. — In Bukarest bilden die bei dem Günstling und Vertrauten des vertriebenen Fürsten Cusa ge fundenen Papiere das allgemeine Gespräch. Lieb recht (so heißt er) war von einem Bedienten zum fürstlichen Adjutanten, General.Director ter Tele graphen und zum Chef der geheimen Polizei auf- gerückr. Unter seinen Papieren befinden sich Ver zeichnisse von Personen, die als gewandte Diebe notorisch bekannt find und dem Fürsten zu den höchsten Acmtcrn empfohlen werden. Man si idet eine Liste ter Geschenke, die dem allmächtigen Günstling von den Pächtern der Monopole und den Lieferanten gemacht wurden; auch die Sum men sind genau angegeben, die Liebrecht von De nen erhalten hat, die eine Beförderung wünschten, und um dem Werk die Krone aufzufitzen, findet sich auch die ganze Correspondenz, die Liebrecht mit den schönsten und hochgest-lllen Damen des Landts, die ihm nichts abzl schlagen wagten, ge führt hat. Das Vermögen Liebrechts belauft sich auf 3 Millionen Piaster in Wertbpapieren und 30,000 Ducaten baar. In der Wohnung des ge wesenen Polizeipräfecten Margbiloman fand man nach seiner Verhaftung eine Menge der in den letzten Jahren in der Hauptstadt gestohlenen Effec ten. Liebrecht und die Favoritin Cusa's scheinen zum mindesten um diese Dinge gewußt zu haben. In der bei Liebrecht aufqefundenen Cornspondenz der Madame O. findet sich auch ein Brief folgen den Inhalts: „Die Diamanten befinden sich bei mir; sorgen Sie ober dafür, daß die Polizei nickt zu eifrig sucht," Vor beiläufig einem Jahre wurde einer Madame Drogavasca nebst einer bedeutenden