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WocheMM ßr Wilskuff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne I Nummem 10 Pf. TharM Kossen, Menlehn md die Umßkgkndkn. Imlsölutt Inserate werden Me.ntags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. ' für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, - - sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 93. 1893. Bekanntmachung. Freitag, den 24. Novbr. dss. Js., Vormittags 11^^ Uhr, findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses Statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 15. November 1893. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Airchbach. Bekanntmachung, die Verpflichtung einer Leichenfrau für innengenannte Orte betreffend. Frau Selma Hedwig Wachsmuth geb. Lindner zu Helbigsdorf ist am 16. d. M. als Leichenfrau für die Orte Birkenhain, Blankenstein, Helbigsdorf, Herzsgrwalde, Limbach und Schmiedewalde in Pflicht genommen worden. Meißen, am 18. November 1893. Königliche Amtshanptmannfchaft. v. Airchbach. Bekanntmachung, die Trichinenschau für amerikanisches Schweinefleisch betreffend. Herabgelangter Verordnung zufolge ist umgehend festzustellen, in welchem Umfange im Laufe des dritten Vierteljahres 1893, also in der Zeit vom 1. Juli 1893 bis 30. Sep tember 1893, etwa aus Amerika eingeführtes Schweinefleisch zur Untersuchung durch die Trichinenschauer gelangt ist, und welches Ergebniß die letztere gehabt hat. Sämmtliche Ortsbehörden des hiesigen Verwaltungsbezirkes haben demgemäß sofort und längstens binnen 8 Tagen anher anzuzeigen, ob und welche Unter suchungen amerikanischen Schweinefleisches durch die Trichinenschauer ihres Ortes vorgenommen worden sind, und wollen sich bei Darlegung des Ergebnisses stattgehabter derartiger Unter suchungen nach den Anordnungen der Bekanntmachung der Königlichen AmtSyauptmannschaft vom 26. Februar 1892, welche am 1. März 1892 den Amtsblättern zur Veröffentlichung zu gefertigt worden ist, allenthalben sorgfältig richten. Meißen, am 17. November 1893. Königliche Amtshanptmannfchaft. v. Airchbach. Bekanntmachung. Im Schalterraum des Kaiser!. Postamts bierselbst ist ein Regenschirm gefunden worden, was unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen andurch veröffentlicht wird. Wilsdruff, am 20. November 1893. Der Bürgermeister. Ficker. Zum Btrtz- und Betiag. Zum ersten Mal feiert in diesem Jahre unser Volk seinen Buß- und Bettag am Schluß des Kirchenjahres, in der Woche vor dem Todtenfest. Es ist wohl Vielen schwer geworden, der alten Sitte zu entsagen und den ihnen lieb und werth ge wordenen Bußtag in der Jubilatewoche nicht mehr feierlich be gehen zu sollen. Allein über alle Bedenken und alles Be dauern soll doch der Eine Gedanke hinaushelfen, daß von nun an das ganze deutsche christliche Volk, und nicht die evangelischen Christen allein, sondern auch unsere katholischen Mitchristen an dem Einen Tage berufen werden, sich vor Gott zu beugen, um vor Ihm ihre Sünden zu bekennen und von ihm Gnade und Vergebung der Sünden zu erflehen. Wollte Gott, daß dieser erste gemeinsame Bußtag nicht mit Worten und in Gcberden allein, sondern in derThat und Wahrheit von uns Allen begangen würde! Es geht ja durch alle Schichten unseres Volkes ein tiefes Bewußtsein davon, daß wir krank sind, schwer krank, und daß die Volksseele aus unzähligen Wunden blutet. Und nicht diejenigen allein em pfinden es, die eine lebendige Erkenntniß ihrer eigenen Sün denschuld in sich tragen, sondern auch Manche, die sonst nach Gottes Wort nicht fragen. Wohl greifen die Irrenden oft nach falschen Mitteln, um ihr Sehnen zu befriedigen, verführt von den Lügenpropheten, welche Steine für Brod, Gift statt gesunder Speise bieten. Die Frucht solcher Bethörung der Bolksmassen liegt offenbar zu Tage. Wenn aber heute die Glocken von Thurm zu Thurm den Bußtag einläuten, sollte eS nicht erhofft werden dürfen, daß ein Geist wahrer Einkehr über alle Stände unseres Volkes kommen und uns zur Besinnung rufen wird über das, was uns zu unserm Frieden noth thut? Gott der Herr hat unser deutsches Volk mehr als einmal durch schwere Heimsuchungen von den Wegen des Verfalles auf den Weg der Gottesfurcht zurückgeführt. Seit den schweren Jahren im Anfang unseres Jahrhunderts, seit den Erschütter ungen des Jahres 1848, haben wir über Verdienst und Wür digkeit Gottes Gnadenerweisungen erfahren. Es hat auch seither nicht an treuen Mahnern gefehlt, die unserm Volke zu gerufen haben: „Laß dich durch Gottes Güte zur Buße leiten!" Allein es gewinnt immer mehr den Anschein, als ob diese stimmen im Taumel der Genuß- und Gewinnsuckt verhallen sollten, und die Entfremdung von Gott und Seinen Geboten immer größer und bewußter würde. Noch leuchtet uns die Sonne der Güte Gottes, noch haben wir Frieden im Lande „iid in der Welt, Gottes Wort auf den Kanzeln, in der Schule, iw Hnust- Noch sind jm deutschen Volksleben die Grund festen der Gottesfurcht und Treue nicht zerstört. Allein wie lange werden dieselben den dunklen Mächten Widerstand leisten? Wo ist diesen Mächten gegenüber, in den Kreisen der Be sitzenden, der Gebildeten, ja auch oft der sogenannten Gläubigen, der volle Ernst der Erkenntniß davon, daß sie es sind, die mit Wort und That, durch ein wahres vorbildliches Handeln in Bruderliebe und Opferwilligkeit in den Riß treten müssen, wenn der Unzufriedenheit in den Volksmassen gewehrt, die Be gehrlichkeit überwunden, die Bitterkeit und der Haß in Ver träglichkeit umgewandelt werden soll? Und wo ist bei den Besitzlosen und Unbemittelten die Willigkeit, aus Gottes Hand auch die geringeren Gaben, die Entbehrungen und Prüfungen in Zufriedenheit hinzunehmen? Soll unser Bekenntniß und unsere Umkehr wahrhaftig und nachhaltig sein, so dürfen wir nicht mit einer Klage im Allgemeinen über die Sünden unseres Volkes anheben, sondern ein Jeder murre wider seine Sünde und greife im eigenen Herzen, im eigenen Hause, im eigenen Berufsleben das Uebel an der Wurzel an, in einens redlichen Krieg gegen Alles, was uns von Gott und untereinander scheidet! O, daß wir uns dazu verbündeten heute! — Welch eine Quelle des Segens und des Friedens könnte dieser Buß- und Bettag werden! Tagesgeschichte. Der deutsche Reichstag ist vorigen Donnerstag Mittags 12 Uhr in der üblichen feierlichen Weise durch Seine Majestet mit folgender Thronrede eröffnet worden: Geehrte Herren! Als Ich Sie im Juli d. I. um Mich versammelt hatte, gab Ich dem Vertrauen Ausdruck, daß Sie Mir und Meinen hohen Verbündeten Ihre Mitwirkung zu der im Interesse der Sicherheit des Reichs gebotenen Fortbildung unserer Heereseinrichtungen nicht versagen würden. Ich freue Mich, daß Meine Zuversicht nicht getäuscht worden, und in dem Ich Sie heute bei Ihrem Zusammentritt begrüße, ist es Mir Bedürfniß, dem Reichstage für seine patriotische Bereit willigkeit Meinen Kais erlichen Dank auszusprechen. Die mannig fachen Beweise warmer Sympathie, deren Ich Mich während der letzten Monate in den verschiedenen Theilen des Reiches zu er freuen gehabt habe, sind Mir eine Bürgschaft dafür, mit welcher Genugthuung die Nation es empfindet, daß dem deutschen Heere eine Organisation gesichert worden ist, in welcher die Gewähr für den Schutz des Vaterlandes und für die Erhaltung des Friedens beruht. Es wird nunmehr Ihre vornehmste Aufgabe kein, in gemeinsamer Arbeit mit den verbündeten Regierungen für die Beschaffung der Mittel Sorge zu tragen, welche zur Deckung des durch die erhöhte Friedenspräsenzstärke des Heeres entstandenen Mehrbedarfs erforderlich sind. Die Vorschläge, welche Ihnen in dieser Beziehung zugchcn werden, bewegen sich auf einer breiten, zugleich die finanziellen Verhältnisse des Reichs zu seinen Gliedern neu regelnden Grundlage. Die Finanz verwaltung des Reichs hat eine endgiltige Ordnung im Sinne der Reichsverfassung noch nicht gefunden. Die bisherigen Er fahrungen haben bewiesen, daß ohne Schädigung des Reichs und der Einzelstaaten eine Auseinandersetzung zwischen denselben nicht länger hinausgeschoben werden kann. Das Finanzwesen des Reichs wird dergestalt aufzubauen sein, daß unter Be seitigung der bisherigen Schwankungen die Anforderungen desselben an die Einzelstaaten in ein festes Verhältniß zu den Ueber- weisungen gestellt werden und ein gesetzlich festgelegter Antheil an den eigenen Einnahmen des Reiches für einen vorher be stimmten längeren Zeitraum den Einzelstaaten zugesichert wird. Eine solche Ordnung wird im Einklang mit der förderativen Gestaltung unseres Staatswesens ein ungestörtes Zusammen wirken des Reichs und der Einzelstaaten gewährleisten und ohne Schmälerung der Rechte des Reichstages die Finanzverwaltung in hohem Grade fördern. Zu diesem Behuf wird dem Reichstag ein Gesetzentwurf, betreffend die anderweite Ordnung des Finanz wesens des Reichs, vorgelegt werden. Zur Beschaffung der hiernach erforderlichen Mittel werden dem Reichstage Gesetzent würfe, betreffend die Besteuerung des Tabaks und Weins, so wie die Erhebung von Reichsstempelabgaben, zugehen. Ich zweifle nicht, daß diese Lösung der bedeutsamen Aufgabe Ihrer hingebenden Mitwirkung gelingen wird. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Finanzlage des Reichs ist der Reichshaus halt mit äußerster Sparsamkeit aufgestellt. Die beim Abschlusse der Handelsverträge des Reichs mit Oesterreich-Ungarn, Italien, Belgien und der Schweiz gehegte Erwartung, daß dieselben zu gleich den Anknüpfungspunkt für die vertragsmäßige Regelung unserer Handelsbeziehungen zu anderen Staaten bilden werden, hat sich inzwischen insoweit erfüllt, als es gelungen ist, auf der durch jene Verträge geschaffenen Grundlage auch mit Spanien, Rumänien und Serbien neue Handelsverträge zu vereinbaren. Die Verträge, durch welche unserem Güteraustausch mit diesen Ländern die wünschcnswerthe Stetigkeit und die Möglichkeit gedeihlicher Entwickelung geboten wird, werden Ihnen zur ver fassungsmäßigen Beschlußnahme zugehen. Jm Einverständnisse mit Meinen hohen Verbündeten habe Ich Mich veranlaßt ge sehen, Rußland gegenüber von der Befugniß einer außerordent lichen Erhöhung der Einfuhrzölle Gebrauch zu machen. Die von Mir erlassenen Verordnungen werden Ihnen sofort mit- getheilt werden. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß der Verlauf der schwebenden Handelsvertragsverhandlungen mit Rußland zur Beseitigung dieser Maßnahmen führen wird. Dank der energischen Bemühungen, welche die verbündeten Regierungen aufgewendet haben, ist'es gelungen, die verheerende «Epidemie, welche im vergangenen Jahre schwere und schmerzliche Opfer gefordert hatte, seitdem fernzuhalten, und wo sich vereinzelt Krankheitsfälle zeigten, ihrer Verbreitung erfolgreich entgegen zutreten. Die gewonnenen Erfahrungen noch wirksamer zu