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für Wilsdruff, Tharanb, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbff. Einundzwanzigster Jahrgang. -freitag, den l9. Juli l86ü ^9. Verantwortlicher Nedacteur und Verleger: Albert Reinhold. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Pre'iS für den Vterteljabrgang beträgt 16 Ngr. Sämmlllche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, weiden in Wilsdruff sowohl in der Redaktion, als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittag, in Tharaud und Nossen aber btS längstens Mittwoch Nachmittag erbeten — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. Die Redaktion. och enblatt u m s ch a u. Am 14. d. M. des Morgens hat ein Attentat auf den König von Preußen in Baden- Baden stattgefunden, wo derselbe gegenwärtig zum Gebrauche einer Badekur sich aufhält. Wäh rend derselbe mit der Königin, nach einer andern Mittheilung mit dem Gesandten, Graf Flemming promenirte, feuerte ein aus Odessa gebürtiger Leip ziger Student, Namens Becker, Sohn eines Staats raths, 21 Jahre alt, ein Doppclterzerol auf den König ab. Die Kugel ging durch den Rockkragen und verursachte an der linken Seite des Halses eine ungefährliche Contusion. Der Thäter wurde sofort verhaftet. Auf Requisition der großherzogl. badischen Behörden wurden die Papiere des Ver brechers in Leipzig mit Beschlag belegt. Derselbe soll als Grund seines Attentats angegeben haben, er habe den König von Preußen, den er persönlich hochachte, seiner deutschen Aufgabe nicht für ge wachsen gehalten. Er trug einen in ähnlichem Sinne abgefaßtcn Brief bei sich und behauptet, keinen Mitschuldigen zu haben. — Neueren tele graphischen Nachrichten zufolge hat der König am 14, Abends bereits eine Spazierfahrt gemacht. Später hat ein Fackelzug stattgefunden. Am 15. früh wurde «in Tedcum gesungen. — Becker ist der Sohn des russischen Staatsraths vr. Becker in Odessa, dessen Vater aus Sachsen stammt. Er ist 22 Jahre alt und wurde, nachdem er die Kreuzschule in Dresden einige Jahre besucht, im April 1859 als Student der Rechte und Cameralwissenschaften in Leipzig in- scribirt. Er hat eine sehr gute Erziehung genossen, doch soll er schon während seines Aufenthaltes in Dresden Spuren eines höchst exaltirten Wesens haben wahrnchmcn lassen. Er zeichnete sich nicht nur durch regelmäßigen Besuch der Collegia, sondern auch durch fleißige Studien in seiner Wohnung aus. Er gehörte nicht nur keiner der studentischen Ver bindungen an, sondern pflegte nicht einmal gesel ligen Umgang mit Studenten überhaupt. Nachdem er sich auf einem Schießstande in Leipzig wiederholt im Schießen mit kurzen Schußwaffen geübt hatte, reiste er am 12. d. M. Mittags von dort ab und traf Sonnabend in Baden-Baden ein, um am folgenden Tage das schwere Verbrechen zur Aus führung zu bringen. — Noch ist zu bemerken, daß die zwei Schüsse von hinten auf den König abge feuert wurden, der nicht mir der Königin, sondern mit dem Grafen Flemming ging. — Die Oberpost-Direction in Lcipzig hat bekannt gemacht, daß der Briefvcrkehr mit den abtrünnigen Staaten Nord-Amerikas unterbrochen ist. Uebrig^ns ist auch eine Auswanderung jetzt nicht räthlich/da alle Gewerbe in Amerika daniederliegcn und an Verdienst gar nicht zu denken ist, selbst dann noch nicht, wenn wirklich ein Friede zu Stande kommen sollte, da die Verhältnisse zu sehr zerrüttet sind.— Das fachsische Staatseisenbahnwescn stellt sich im Ganzen nicht ungünstig heraus. Der Reinertrag der Staatsbahnen ist für Lie gegenwär tige Finanzperiode auf 1,450,000 Thlr. angesctzt. Das gcsammte Anlage-Capital derselben betrug bis Ende 1859: 38,483,000 Thlr., wofür von 1847 bis 1859 an Zinsen gezahlt wurden 12,151,000 Thlr., während die reine Einnahme 13,948,000 Thlr. betrug, so daß der Reinertrag sich auf fast 1,800,000 Thlr. belauft. Bis Ende 1859 sind für die Eisenbah-