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für Wilsdruff, Tharaud, Nosfen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Mmigl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Fleitag, den 19. September 1862. Itz (38.) Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljabrgang beträgt 10 Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmtliche König!. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl <in der Nedaction), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mir großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. Hie Ncdaction. och enblatt Umschau. Seit 8 Tagen wogt im preußischen Ab geordnetenhause der Kampf um die neue Heeresbildung aus und ab. Die Minister fordern, daß die Kammer die schon seit 2 Jahren gemach, ten Veränderungen in der Armee gutheiße oder mit andern Worten: das Geld dazu verwillige. Ueber die Nützlichkeit und Nothwendigkeit der neuen Einrichtungen zu urtheilen, wird der Kam mer das Recht abgesprochen, da es eine Frage sei, die nur von Fachmännern, d. h. Offizieren gelöst werden könne. Dagegen machen die Abgeordneten geltend: das hieße den Bock zum Gärtner machen; natürlich stimmten alle Offiziere für eine Erweite rung des HeereS, weil entweder sie selbst oder ihre Verwandten mehr Aussicht außAoancement bekämen. Jede Partei führte ihre besten Kräfte in's Feld. Die Minister v. d. Heydt und Kriegsminister v.Roon kämpften wacker, wenn auch ohne Aussicht aus Erfolg. Der Kriegsminister v. Roon, dem die Debatten des Hauses noch nicht so geläufig sind als seinem Kollegen und der manchmal militärisch derb sich ausdrückt, wurde mehrmals durch Lärm und Heiterkeit des Hauses unterbrochen. Er sucht nachzuweisen, daß das Ministerium sich streng an das Gesetz gehalten und daß es ein Recht gehabt habe, auf die Billigung des Hauses zu rechnen. Daraus wird ihm entgegnet, man dürfe das Ver fahren der Minister nicht mehr dulden, die erst die Ausgaben machen und hinterher von der Kammer verwilligen lassen. Das Haus müsse vorher ge fragt werden. Auf die Einwendung, das Land könne er nicht ertragen, jährlich mehr als 40 Mil lionen Thaler nur allein für die Armee zu ver wenden, erwidert der Kriegsminister, daß das Volk noch viel Geld zu großen Bauten, Schützenfesten u. dgl. habe, wird aber darüber derb angegriffen und auf Wien hingewiesen, wo es an Vergnügun gen wahrlich nicht fehle und der Staat dennoch von Jahr zu Jahr tiefer in die Schulden gerathe. Wolle man es in Preußen auch so weit bringen? Eifrige Vertheidiger im Hause fand die Land wehr, die durch die neuen Einrichtungen des Mini steriums zwar nicht aufgehoben, aber zu einer Art Landsturm herabgedrückt wird und nur im Kriege zum Festungsdienst verwendet werden soll. Dem Kriegsminister, der sie nicht mehr für tüchtig genug hält, wurde entgegen gehalten, daß durch das schmachvolle Verhalten des Linienmilitärs im Jahre 1806 Preußen an den Rand des Abgrunds ge bracht und durch die glorreichen Schlachten des Jahres 1813, die größtentheils von der Landwehr geschlagen wurden, wieder erhoben worden sei. Die Kluft zwischen Civil und Militär sucht der Kriegsminister den Zeitungen in die Schuhe zu schieben, die sich eifrig bemühten, die Soldaten zu beschimpfen und auf jede Art zu reizen. Er wird aber auf die überaus brutalen Vorgänge in Görlitz, Greifswald und Magdeburg hingewiesen, wo Offiziere wehrlose Personen fast ohne jede Ver anlassung mißhandelt oder gar gctödtet hätten. — Auffallend war während der Rede des Kriegsmini sters das Verhalten seines Kollegen, des Finanz ministers v. d. Heydt. Während jener, buchstäblich genommen, im Schweiße seines Angesichts und mit harter Mühe, wie eine ehrliche Schildwache, bis sie abkommandirt wird, nach allen Seiten hin die Re gierung zu vertheidigen sucht, begleitet dieser die Heiterkeit des Hauses mit schallendem Lachen. Je tiefer Herr v. Roon sich hineinrcdcte, verwirrte, Blößen gab, desto mehr verklärte sich das Gesicht