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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, SLebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Konigl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 3. Üctober l862. 18 M) Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Bon dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Bierteljabrgang beträgt l« Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmtliche König!. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl iin der Redaktion), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. ^ie Redaktion Die Erpedition des Wilsdruffer Wochenblattes befindet sich von heute an Freiberger Straße im Hause des Herrn Stadtgutsbesitzer Händel. Umschau. Die Versammlung deutscher Volksvertreter in Weimar hat größere Verhältnisse angenommen, als man vorher glaubte. 213 Männer, deren Namen einen guten Klang haben, find dort zwei Tage vereinigt gewesen, um über Angelegenheiten des ganzen großen Vaterlandes zu berathen. Auch fast vergessene Namen , die einst in Aller Munde waren, wie Heinrich v. Gagern, der Präsident des Frankfurter Parlaments tauchten dabei wieder auf. Oestreich war nicht vertreten. Viele wollten die Reichsverfassung von 1849 als gültig eingesührt wissen; allgemein war man aber der Ansicht, daß die von Sachsen und Oestreich gemachten Vorschläge zur Bundesreform ungenügend wären, ja das Bun desgericht wurde sogar als gefährlich bezeichnet. Den tapfern Kämpfern im Abgeordnetenhause, aus dem die Führer der liberalen Partei anwesend waren, wurde der Dank der Versammlung ausgesprochen und die Erhaltung des Zollvereins als Nothwen digkeit für Deutschland hingestellt. Für das nächste Jahr soll eine Versammlung in Frankfurt zusam mentreten, wo man hofft, auch die Oestreicher be grüßen zu können. — Während einige deutsche Länder darauf ans gehen, den Zollverein zu sprengen, indem sie den Preußisch-französischen Handelsvertrag verwerfen, hat die badische Regierung berechnet, daß Deutsch land, wenn der Zollverein aushörte, einen jähr lichen Schaden von 400 Millionen Gulden haben würde. Sie stellt folgenden Vergleich auf: Was würde die Kammer in Hannover sagen; wenn der Minister vor sie träte und 6 Millionen Thaler mehr von dem Lande verlangte, um — sie in die Nordsee zu werfen? Gerade so viel verliert aber Hannover, wenn es hartnäckig bleibt. — In Berlin ist der Ministerwechsel vollzogen; Herr v. Bismark-Schönhausen ist Ministerpräsident geworden (die Wiener haben schon einen Wiß fer tig: er wird schön Hausen); die-Herren v. Bern storff und v. d. Heydt scheiden aus. Was Preu ßen von dem neuen Minister zu erwarten hat, zeigt eine Rede, die er einst in Berlin im Abgeordneten hause gehalten hat. Die großen Städte, meinte der damalige Rittergutsbesitzer, sind das Verderben des Landes; eher wird es nicht besser, als bis sie mit Stumpf und Stiel ausgerottet sind und auf die Stätte Salz gestreut worden ist. Den schwer sten Kummer macht ihm, daß er noch keinen Finanz minister hat austreibcn können. Verschiedene hohe Persönlichkeiten haben den sauren Posten abgelehnt. Immer Geld schaffen, und keins bekommen, ist freilich schlimm. Bei seinem ersten Auftreten in der Kammer ist Herr v. Bismark höflicher ausge treten, als man erwartet hatte. Er bat zugcstanden, daß das Haus vor der Armeeveränderung hätte darum gefragt werden müssen, schob aber die Schuld davon aus die früher» Minister. Jetzt sei das Geld einmal ausgegeben und es würde unberechen«