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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebeulehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das König!. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. /t eiwis, üett l7. Lctoüer l862. 20 t42.) Verantwortlicher Rcdacteur und Verleger: A. Lorenz. Non dieser Keilschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Bierteljahrgang beträgt angenommen, nach Befinden honorirt. Die Rcdactioil. Umschau. Preußen. Die Würfel find gefallen. Das Ministerium hat die Kammern nach Hause geschickt, ohne daß der Staatshaushaltplan für das lausende und das künftige Jahr vereinbart worben ist. In den letzten Sitzungen ging es noch sehr lebhaft her. Las Herrenhaus berieth über das vom Abgeord« netcnbause verworfene Budget und stellte die ur sprünglichen Forderungen der Minister wieder her, wozu es aber nach der Verfassung nicht das geringste Recht hat. Dort steht klar und bestimmt, daß jedes Gesetz erst von den Abgeordneten berathen werden soll, und erst, wenn es von diesen geneh migt ist, an das Herrenhaus gelangt. Die Herren, zu 9 Zehntheilen aus Rittergutsbefitzern bestehend, haben freilich gut Millionen verwilligen, da fie sehr wenig dazu beitragen. In Preußen besteht nämlich noch das schöne Recht, daß die Rittergüter von der »Grundsteuer befreit sind; trotzdem ihnen wiederholt eine anständige Entschädigung geboten wurde, so scheitern alle Versuche, sie zu den Staatslasten hcr- - anzuziehen, an dem Widerstande des Herrenhauses. In den östlichen Provinzen gehört aber der größte Theil des Bodens den Rittergütern; Bürger und Bauern besitzen wenig und doch will man ihnen noch mehr Lasten aufbürden. Wer wollte es den Männern, die das Volk nach Berlin geschickt hat, um seine Rechte zu vertreten, verargen, wenn sic den Schweiß des Arbeiters nicht durch Militär paraden vergeuden lassen wollen? Mag unter den Abgeordneten über manche Fragen Zwiespalt herr schen, dem Ministerium, das nur immer Geld for dert, ohne auf die gerechtesten Wünsche des Volks zu achten, und dem Herrenhause gegenüber waren Alle einig. 237 Männer stimmten am letzten Tage dafür, daß das Herrenhaus die Verfassung verletzt habe und protestirten dagegen, daß die Minister auf die Bewilligungen des Herrenhauses hin Aus gaben machen. WaS nun werden wird? Herr von Bismark wird ohne Kammern regieren, wird Steuern ausschreibcn, wird das Militär vermehren, wird vielleicht manchen Beamten absetzen oder quä len: seine Wirksamkeit wirb nicht lange dauern. Gegen ein ganzes Volk kann er nicht kämpfen, wenn er auch bei Kaiser Napoleon manchen feinen Kniff gelernt hat. Dem schweizer „Bund" wird aus Berlin vom I.Oct. geschrieben: „Die so mächtige liberale Partei ist zum äußersten Widerstand entschlossen. Sie weiß, daß der Kronprinz schon um der Sicher heit feiu-s Throns und des Glücks seiner Kinder willen zu ihr halten muß. Es ist nicht anzuneh men, daß der Kronprinz als König einen Armee bestand aufrecht erhalten wird, der Preußen ruiniren und vor jeder politischen Action erschöpfen muß. Bereits hat der König dem Kronprinzen, freilich in formloser Weise, die Krone angeboten. Der Kronprinz hat sie natürlich, da keine förmliche Ab dankung vorherging, abgelehnt. Die Opposition kennt aber diese Scenen, die im Palaste vorgingen; fie entnimmt daraus, daß, wenn fie sich nur treu bleibe, ihr Sieg blos eine Frage der Zeit ist." Ein Hauptmann v. Besser in der Festung Graudenz hatte seine Compagnie so gequält, daß sie ihm eines Tages einstimmig den Gehorsam ver weigerte. Jetzt ist das Urtheil publicirt. Die Unteroffiziere wurden dcgradirt und zu 15 Jahren, einer zu 19 Jahren Festungshaft verurtheilt; die Gemeinen erhielten von 10 bis zu 1 Jahr. Bei der Untersuchung durch das Kriegsgericht mag dann Manches gegen den Herrn Hauptmann sich heraus-