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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nassen, Siedenlehu und die Umgegenden. Zweiundzwanzigster Jahrgang. „ W Freita« den 18 Zuli 18«L Im Verein mit mehreren Freunden des verstorbenen Redacteurs Albert Reinhold und zu Gunsten des Nachlasses desselben herausgegeben unter der verantwortlichen Redaction des Nachlaßvertreters: Adv. Richard Schanz in Dresden. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljahrgang betrag, 8 Ngr. Sämmtlichc König!. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff an den gekannten Stellen bis längstens Mittwoch Mittag, in der Buchdruckerei von Julius Ernst in Dresden bis längstens Donnerstag Vormittag, in Tharaud und Nossen aber bis längstens Mittwoch Nachmittag erbeten. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entspreche», sollen stets mit großem Danke ange nommen und nach Befinden honorirt werden. Dir Redaction. Umschau. Wisdruff, den 16. Juli. Bei dem Besuche, womit Se. Majestät der König Leipzig und Um gegend beehrt hat, zeigte sich die Liebe der Untcrthanen in außerordentlicher Weise. Eine Festlichkeit folgte der andern und wo Se. Majestät erschien, wurde er mit dem größten Jubel empfangen. Der Kreis director von Leipzig hat Allerhöchsten Auftrag zu Folge den Dank Sr. Majestät öffentlich ausgesprochen. In Preußen ist Stille, aber die Stille vor dem Sturm; denn in nächster Zeit kommt im Hause der Abgeordneten das Militärbudget zur Benutzung, seit 3 Jahren der Stein des Anstoßes. Lipie oder Landwehr, zwei- oder dreijährige Dienstzeit, Mili tär- oder Eivilgcrichte für Soldaten — das sind Fragen, die das ganze Land beschäftigen. In Halle ist cs zu einer heftigen Schlägerei zwischen Studenten und Eivilisten gekommen. Im Begriff, ihrem neuen Rektor einen Fackelzug zu bringen, liefen die Studenten schon am Tuge mit ihren Schlägern stn der Stadt umher. Ein mit 4 Pferden bespannter Frachtwagen bringt einige auf die Idee, sich auf die Pferde zu setzen. Der Fuhr mann kommt dazu und da Ermahnungen, herunter zugehen, nicht fruchten, braucht er seine Peitsche. Die ergrimmten Musensöhne fallen mit ihren Schlä gern über ihn her, und da beide Seiten Hilse be kommen, sollen gegen 40 Verwundungen zu be klagen sein. Das allgemeine deutsche Schützenfest in Frankfurt a. M. hat begonnen. Bei der von Sr. Hoheit dem Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha vollzogenen Fahnenweihe herrschte unbeschreiblicher Enthusiasmus. In Warschau hat ein fanatischer Schneider- gesell zuerst auf den Statthalter General Lüders, und wenige Tage später auf den Großfürsten Con stantin, dem der Kaiser die Verwaltung Polens übertragen hat, Schüsse abgefeuert, wodurch Beide gefährlich verletzt wurden. Der Zustand des Grafen Lüders hat sich so verschlimmert, daß ein Berliner Arzt gerufen wurde. Man glaubt, daß die Kugel, die durch die Kinnlade ging, vergiftet gewesen sei. Der Großfürst, dessen Genesung nahe bevorsteht, ist natürlich zu großherzig, um sich durch dieses ab- schculiche Attentat in seinen wohlwollenden und humanen Regierungsgrundsätzen beirren zu lassen; indessen sind derartige Ereignisse jederzeit auch im Interesse des Landes auf das Tiefste zu beklagen. Bei der großen Industrieausstellung in London ist Sachsen besonders ausgezeichnet worben. Von 188 Ausstellern haben 113, also 60 Procent, Aus zeichnungen erhalten. Auch Herrn von Schöuberg- Rotbschönberg ist für die ohnehin schon allgemein anerkannten Producte seiner ausgezeichneten Schaf zucht eine Medaille zu Theil geworben. Das Tagesgespräch bilden die Ereignisse in Amerika. Während die nördlichen Zeitungen prahlten, den Krieg noch in diesem Herbste zu Ende zu führen, ist es den südichen Conflöderirten ge lungen, das Hauptheer der Unionisten bei Richmond zu schlagen und mehrere Meilen zurückzudrängen, so daß dessen Lage nicht besser ist, als am Anfänge des Feldzuges. Präsident Lincoln hat sogleich eine neue Aus hebung von 300,000 Mann befohlen. Dadurch ist der Friebe wieder in weite Ferne gerückt. Doch glaubt man, daß England nnd Frankreich sich in die amerikanischen Händel mischen werden, da sie die Baumwolle aus den Südstaaten nicht länger