Volltext Seite (XML)
MeMM für NlsSriiß Tharandt, Aossen, Sieöenleßn und die Amgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Altlanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkoardtswalde. Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Höhndorf, Kaufbach, KesielSdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, OberhermSdorf, Pohrsdorf, RöhrSdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei KesielSdorf, Steinbach bei Mohorn« Seeligstadt, Spechtsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, WeiStropp, Wildoerg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf., Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittag» 12 Uhr angenommen — JnserttonspreiS 15 Pfg. pro viergespaltenr KorpuSzeikl Druck und Verlag von Martin Berger 6- Friedrich in Wilsdruff. — Verantwortlich für Orrtliches und den Inseratenteil: Martin Berger, siir Politik und die übrigen Rubriken: H«go Friedrich. Ns. 154 Sonnabens, -en 31. Dezember 1W4. 63. Jahrg. Nachdem die Rekrutierungs-Stammrollen für die Ortschaften des hiesigen Bezirkes berichtigt worden sind, weroen die Herren Gemeindevorstände hierdurch veranlaßt, dieselben hier abzubolen. Königliche Amtshanptmannfchaft Meißen, am 28 Dezember 1904 1936 ö. Lossow. Die Beiträge zur Kranken- und Invalidenversicherung pro 4. Viertel jahr 1904 sind bis spätestens s. Januar lyvs anher zu bezahlen. Nach Ablauf dieser Frist wird das Mahn- bezw. Beitreibungsverfahren ein» geleitet werden. Alle noch das alte Jahr betreffenden An- und Abmeldungen sind frist gemäß, d. h. innerhalb der nächsten 3 Tage nach dem Antritte bezw. Weggange zur Vermeidung von Bestrafung bei der Kassenstelle zu bewirken. Wilsdruff, am 30. Dezember 1904. Die Geinein-ekrankenoerficherung. Kahlenberger, B. Oslitische Rundschau. Wilsdruff, 30. Dezember 1904. Deutsches Reich. Aus Deutfch-Südwestafrika. Nach Meldung des Generals von Trotha vom 27. d. M. wurden durch Patrouillen am 11. Dezember süd westlich von Oljihangwe und am 22 Dezember tn den Bergen östlich Brakwater Hererobanden überfallen. Mehrere Hereros fielen, zwei Gewehre wurden erbeutet. Am 22. Dezember griff Oberleutnant Streitwolf mit Leut nant Usedom und 12 Mann eine Hererowerft bei Okat- jipilo an. Der Feind eröffnete das Feuer und die Werft wurde erstürmt, wobei 16 Hereros fielen. — Gin Teil der schiffbrüchigen Mannschaften des vor Swakop- münd gestrandeten und verloren gegangenen Dampfers „Gertrud Woermann" trifft heute mit dem Dampfer „Lucie Woermann" in Hamburg ein. Mit diesem Schiffe kehrt bekanntlich auch Oberst Leutwein zurück. Der Sohn desselben, Leutnant Leutwein, ist zum Empfange seines Vaters in Hamburg eingetroffen. Schon wieder Folgen des Cölibats. Lon einer „Eheirrung" in Oberschlesien berichtet das „Berl. Tgbl.", und zwar handelt es sich dabei um die fortgesetzte systematischeVerführung derFrau eines Rittergutsbesitzers und Amtsvorstehers in einem größeren Orte bei Myslowitz durch einen katholischen Geistlichen. Der Pfarrer verstand es, die Frau, die übrigens bereits seit zwanzig Jahren verheiratet und Mutter größerer Kinder ist, ganz und gar in seinen Bann zu zwingen und dabei trotz Cölibats mit der Frau einen Verkehr zu pstegen, der nichts weniger als „keusch und züchtig" genannt werden kann. Im Pfarrhause, an Ausflugsorten jenseits der österreichischen Grenze fanden Begegnungen mit intimerem Gepräge statt, ohne daß der vielbeschäftigte Ehemann eine Ahnung davon hatte. Die Sache kam aber zum Klappen, als der Ehemann das Pärchen einmal in verfänglicher Situation antraf. Die Frau wurde an dieLuft befördert und dieEhejchcidungsklage ringe- leitet. Soweit ist die Sache schon recht nett, sie kommt aber noch besser. Dem „Oberschl. Tagebl.", das bei der Gelegenheit auch den Namen des Pfarrers, Lissekin Groß-Chelm, einem Orte von 7000 Einwohnern, nennt, liegen verschiedene Briefe vor, die noch weitere erbauliche Dinge an die Oeffentltchkeit bringen. So schreibt der Pfarrer an den betrogenen Ehemann u. a.: Ich leide und dulde schweigend und gräme mich zu Tode darüber, daß mich mein Freund verkennt und verdammt. Wenn du wüßtest, wie sich die ganze Sache eigentlich verhält, würdest du mich nur bedauern, daß ich einer Person (gemeint ist die ver führte Frau. D. Red.), die sich nie beherrschen konnte, zum Opfer gefallen bin. Vor dieser Person, die du ja eigentlich besser kennen müßtest, hättest du mich eigentlich warnen müssen. Ich habe nämlich in meiner Einfalt auch dieser Person gegenüber immer edel gehandelt. Sollte sich deine Frau in ihrem wahren, vor keiner Schlechtigkeit zurückschreckenden Charakter auch mir gegenüber zeigen, dann bin ich moralisch gezwungen, meine in den tiefsten Schmutz und Mist getretene Ehre und die Ehre meines Standes zu schützen, was mir durchaus nicht schwer fallen wird. Meine vorgesetzte Behörde wird mich, wenn ich ihr den wahren Sachverhalt schildere, nur noch lieber gewinnen und mich noch mehr achten." Mit diesem Briefe stände das Urteil über die Qualitäten des Pfarrers fest, auch wenn er wirklich der „Verführte" wäre. Wie es aber damit aussieht, das läßt sich aus einem Briefe beurteilen, den die Frau an den Rechtsbeistand ihres Mannes richtete, und in dem es unter anderem heißt: „Ich sehe meine Schuld vollständig ein, aber ich bin ja von dem betreffenden Herrn direkt systematisch verführt worden, indem er mich erstens von allem Verkehr mit den uns bekannten und befreundeten Familien abhielt; als ihm dies gelungen war, entfremdete er mich nach und nach meinem Manne, und zum Schluffe verbot er mir direkt, mit meinem Manne ehelich zu leben." Da sagt genug. Pfarrer Lissek hat dem Pfarrer Colbus mit Erfolg nachgeeifert, uud die beiden werden wohl kaum die beiden einzigen ihres Standes sein, die von dergleichen Erbaulichkeiten zu erzählen wissen- Ja, ja, das Cölibat! Ein Theaterskandal «nd seine Folgen. In mehreren Vorstellungen im Heidelberger Stadt theater waren Mitglieder einer st udentischenVerbindung in Damenkleidung im Zuschauerraum erschienen und und hatten durch allerlei Unfug grobe Ruhestörungen hervorgerufen, so daß zunächst die Theaterpolizei genötigt war, einzuschreilen. Der Referent des „Heidelberger Tage blattes" knüpfte nun an eine Theaterkritik mit Bezug auf diese Vorkommnisse die Bemerkung: „Es scheint Brauch werden zu wollen, den groben Unfug wieder ins Theater zu tragen. Dagegen muß energisch protestiert werden. Vorerst seien die Herren der Oeffeutlichkeit denunziert: Es waren wieder „Schwaben"." Darauf ging der Redaktion genannten Blattes vom Verein alter Herrer der „Suevia" ein Schreiben zu, in dem mitgeteilt wurde, daß eine Untersuchung eingeleitet werden soll, jedoch die von dem Referenten erfolgte „Denunzierung" hätte billigerweise doch wohl in einer anderen Form erfolgen sollen. Dazu bemerkte die Redaktion des „Tageblattes": „Störungen von Theatervorstellungen sind in letzter Zeit wiederholt vorgekommen. Schon deshalb war ein scharfes Wort der Zurückweisung am Platze. Die Form der Zurückweisung war eben der Art der Störung angemessen." Nun richtete der Erstchargierte der „Suevia" an die Redaktion des „Tageblattes" und an den Theaterreferenten die Anfrage, ob sie für die Kritik an den Theatervorgängen und für die an die Erktärung des Vereins alter Herren geknüpfte Bemerkung persönlich einstehen wollten, worauf das „Tage- blatt" antwortete: „Wir haben die Erklärung abzugeben, daß sowohl die Redaktion, wie der Theaterreferent für ihre Aeußerungen persönlich einstehen, daß aber — um das Kind gleich mit dem rechten Namen zu nennen — auf den Duellunsinn prinzipiell nicht eingegangen wird. Wir bleiben auf dem gesetzlichen Boden". Trotzdem hat jetzt das Korps „Suevia" durch seinen Erstchargierten dem Chefredakteur eine und dem Theaterreferenten des „Heidel berger Tageblattes" zwei schwere Säbelforderungen über reichen taffen. Ein eigenartiges Deutsch wendet die bayerische Lokalschutkommtsston in München in einem Bescheide an, den sie dieser Tage an die Schul behörden der bayrischen Hauptstadt ergehen ließ. Der Bescheid beginnt nämlich mit folgenden Worten: „Kehr- seits folgt Abschrift einer heute im nebigen Betreffe ergangenen Entschließung." — Ein Sextaner, der sich dieses famosen Deutsch bediente, würde dies vielleicht „kehrseits" büßen müssen! Ein fideles Gefängnis. Unter dieser Ueberichrtst vcröffenlttchen sozialdemokrat ische Blätter einen Artikel, der wie ein Aprilscherz klingt. Dem Artikel vorangestellt ist ein Bild, das, wie behauptet wird, die genaue Wiedergabe einer Photographie ist, die sich im Besitz eines rheinischen Sozialdemokraten befinde. Die Aufnahme sei gemacht im Zimmer eines Gefängnisses auf der Festung Ehrenbreilensteiu, und zwar um 12^2 Uhr nachts. Das Bild zeigt drei Gefangene, die sich bei gefüllten Gläsern hinter einer Batterie geleerter Flaschen wohl sein lassen. Am wohlsten von den Dreien ist es einem Jüngling, der, wie die sozial demokratische Presse behauptet, der Fähnrich Hüssener ist, der Ostern 1903 wegen Nichtgrüßens einen Einfährig- freiwilligen niederstach, zuerst zu 4 Jahren Gefängnis und Degradation, dann in der Berufungsinstanz zu 2 Jahren Festung ohne Degradation verurteilt wurde. Es wird behauptet, daß Hüssener als Festungsgefangener in einem Koblenzer Hotel in der Nähe des Bahnhofs als sonntäglicher Frühschoppengast bekannt ist und gegenwärtig wieder seit Wochen auf Urlaub sich befindet. Das auf dem Bilde wtedergegebene Weingelage hat in einem Zimmer statt gefunden, das mit Palmen und einem Bilde geschmückt ist, sicherlich nicht den Eindruck eines Gefängnisses hervorruft und schon oeshalb den Verdacht einer Mystifikation erweckt. » Ausland., Körbers Demifston. Die Wiener „Neue Freie Presse" meldet: Minister präsident Dr.v. Körber ist gestern vormittag vom Kaiser empfangen worden und hat aus Gesundheitsrücksichten seine Demission erbeten. Die Audienz dauerte über eine Stunde, es erfolgte jedoch nach keiner Seite hin vorläufig eine Entscheidung. Die Wiener Presse rechnet allgemein damit, daß der Kaiser die Demission genehmigt. Sie fragt: Ist die tschechische Obstruktion bereit, ohne weiteren An- spruch abzurüstend Dann kann wenigstens für einige Zeit auf ein normales Funktionieren des Reichsrats gerechnet und die Lösung der dringendsten parlamentarischen Auf gaben in Angriff genommen werden. Beharren jedoch die Tschechen auf den Ansprüchen, an denen bisher alle Ver- stänbigungsversuche gescheitert sind, dann bleibt der neue» Regierung nur die Wahl, entweder diese Ansprüche zu be friedigen und damit den Obstruktionskampf auf der deutschen Seite heraufzubeschwören oder die Forderungen abzulehnen und auf den arbeitsfähigen Reichsrat zu verzichten, das heißt die Herrschaft des Paragraphen 14 neuerdings auf zurichten. — Man wird ja bald sehen, „wie Hase läuft". Kunstschlossermeister Zörkler hatte nach unserer Meinung sehr recht, wenn er gestern im Wilsdruffer Zweigverein des Ev. Bundes erklärte, der Ministerwechsel habe nicht viel zu bedeuten; wenn auch die Person wechsele, das System bleibt doch dasselbe: das System der ultramon tanen Gewaltherrschaft und der Unterdrückung deutsch- nationaler, dcutsch-evangelischrr Strömungen! Die Syveton-Affaire. Wie von dem „Gaulois" behauptet wird, soll der mit Syveton befreundete Advokat und Vertrauensmann der Vaterlandsliga, Noilhan, bestätigt haben, daß Syve ton am Tage vor seinem Prozesse die Mitteilung erhalten habe, der Staatsanwalt werde im Falle eines Freispruches ankündigen, das er gegen Syveton die strafrechtliche Verfolgung wegen eines gemeinen Verbrechens einleiten werde. Falls Syveton vor der Verhandlung