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für 1872 Dienstag den 9. Januar Tagesgeschichte. Vom Landtage. Dresden, 5. Januar. Die Städteordnung für mittlere und kleine Städte bestimmt, das? der Stadtrath und die Stadt verordneten für alle Geschäfte, welche nicht dem Stadtrath beziehent lich dem Bürgermeister allein überwiesen sind, als Stadtgemeinde- rath in ein Ganzes verschmolzen werden. Dadurch erledigt sich von selbst die Nolhwendigkcit eines Stadtverordnetenvorstehers. Der Stadtrath besteht ans einem besoldeten Bürgermeister und einem Stellvertreter desselben. Erforderlichen Falles können ihm noch ein oder mehrere Nath- männcr beigegcben werden. Die Wahlen der StadtrathSmitglicder erfolgen durch den Stadtgemeindcrath. Wenn nicht für einzelne Stellen ausdrücklich die Wahl auf längere Zeit oder lebenslängliche Anstellung beschlossen wird, so geschieht sie von 6 zu 6 Jahren mit der Berechtigung zur Wiederwahl. Der Bürgermeister und sein Stellvertreter bedürfen der Bestätigung durch den Amtshauptmann. Mit Zustimmung des Stadtgcmeinderathes ist der Bürgermeister, welchem die obrigkeitliche Leitung aller Geineindeangelegenheiten zu steht, zu Erlaß allgemeines Anordnungen berechtigt, durch welche Haftstrafe bis zu 3 Tagen und Geldstrafen bis zu 10 Thlrn. an gedroht und verhängt werden können. Dieselben sind aber, wenn sie polizeiliche Gegenstände betreffen, sofort bei ihrem Erlasse dem Amtshauptmann abschriftlich vorzulegen. Beschlüssen des Stadtgcmeinderaths, welche der Bürgermeister für ungesetzlich oder dem Gemeindewohle nachtheilig erachtet, kann er die Ausführung versagen, muß jedoch ebenfalls dem Amtshaupt mann darüber sofortige Anzeige erstatten. Dem Bürgermeister ist unter Aufsicht der Auitshauptmannschaft nach § 12 die Verwaltung der Ortspolizei in folgenden Angelegenheiten übertragen: a. allge meine Fürsorge für die Sicherheit der Person und des Eigenthums und die Abwehr von Friedensstörungen; d. die Fürsorge für den Ban und die Unterhaltung öffentlicher Wege, Plätze, Wasserläufe und Brücken, ungleichen für deren Reinigung und etwaige Beleuchtung, sowie die Sicherung des freien Verkehrs auf denselben; o. in Bezug ans Gesundheitspolizei die Maßregeln zu Abwendung von Epidemien und Seuchen, die öffentliche Krankenpflege, cinschlich der Fürsorge für die Rettung Verunglückter, die Beaufsichtigung des Verkaufs von Eßwaaren, die Sorge für öffentliche Brunnen, Beseitigung ge sundheitsschädlicher Stoffe und für das Bcgräbnißwcsen, soweit es nicht den kirchlichen Behörden unterstellt ist; ck. die Sittenpolizei, insbesondere Abstellung de- Bettclwesens, Einschreiten gegen Betrunkene und gegen verbotenes Spiel, Beaufsichtigung öffentlicher Vergnügungen und Schankstälten, einschließlich der Handhabung der Vorschriften über Innehaltung der Polizeistunde, der Tanz- und Badeplätze, sowie der Sonntagsfcier, Abwendung von Störungen der Ordnung auf den Straßen und der nächtlichen Ruhe; o. die Armenpflege einschließlich - der Fürsorge für augenblicklich Obdachlose; k. die Arbeiter- und Ge- sindepolizei^und die Annahme der Anmeldung von Fremden; 8- das Einschreiten gegen die unerlaubte Führung von Schießgewehren oder anderer Waffen, gegen Landstreicher, Aufläufe und Schlägereien, sowie die Beaufsichtigung der unter Polizeiaufsicht stehenden Per sonen; b. die Geschäfte des Jmmobilar-und Mobilbrandversichcrungs- wesens, ingleichcn von der Baupolizei die Anmeldung von Neubauten und die Anzeige von Schadenfeuern, sowie die Aufsicht übcrBauord- nungswidrigkciten und gefährliche Baulichkeiten; i. von der Feuer polizei die Aufsicht über die Feuerstätten und Essen und über ge hörige Reinigung der letzteren, über verbotenes Tabakrauchen und sonstiges feuergefährliches Gebühren, sowie über das Privatfeuer- löschgeräthe, ingleichen die Fürsorge für die Feuerlöschanstalten der Stadtgemeinde und das Feuerlöschwesen überhaupt; k. von der Ge werbepolizei die Aussicht über Maaß und Gewicht, über den Ge werbebetrieb im Nmherziehcn und das Marktweseu, über öffentliche Schaustellungen und öffentliches Mnsikmachcn, sowie über den uner laubten Gewerbebetrieb, nicht minder die Annahme der Anmeldung zum Betriebe eines stehenden Gewerbes nach Z 14 Abs. 1 der Bun- desgcwcrbeordnung, die Ausstellung der Z 58 Abs. 1 daselbst vorgc- schriebeucn Lcgitimationsscheine sür den Stadtgemeindebezirk und dessen Umgegend, die Ertheilung der 8 59 gedachten örtlichen Er- lanbniß zur Ausübung der dort angegebenen Gewerbe und die Be glaubigung der im Gesetze über Ausübung der Fischerei vom 15. Dec. 1868 vorgeschriebenen Fischkarte»; I. der Bürgermeister ist auch bei Verletzung von Polizei- und Criminalstrafgcsetzen, deren Hand habung ihm nicht obliegt, berechtigt und verpflichtet, Anzeige an die zuständige Behörde zu erstatten, die zu Sickerung des behördlichen Einschreitens erforderlichen vorläufigen Maßregeln zu ergreifen und zu diesem Zwecke nach Befinden mit Verhaftung der Schuldigen zu verfahren, sowie überhaupt die mit Handhabung der gerichtlichen Polizei beauftragten Behörden und Organe zu unterstützen. Auch kann durch Beschluß des Ministeriums des Innern die Zuständigkeit des Bürgermeisters noch mehr erweitert, aber auch die Verwaltung der OrtSpolizci auf Kosten der Stadtgemeinde ganz oder theilwcise einer andern Behörde übertragen werde». Den Aufwand sür die Geschäftsführung des Bürgermeisters hat die Gemeinde zu bestreiten. In Dresden hat sich unter der Firma „Dresdner Ballgesell schaft" ein Actienunternehmen mit einem Capital von 2 Millionen Thlr. constituirt. Die Gesellschaft beabsichtigt den Umbau von ganzen Straßen der inner» Altstadt, sowie die Bebauung der beiden Elbufer Der Aussichtsrath besteht bis zur nächsten Generalversammlung aus den Herren Karl Graf von Einsiedel, Gustav Meyer, Richard Scheller, M. Schie Nachfolger, Philipp Elimeyer, S. Mattersdorf, Prof. Ni colai, Baumeister Karl Eberhardt in Dresden, Adv. Schreck in Pirna, Geh. Hofrath Kohl in Chemnitz und der sächsischen Creditbank in Dresden. Den Vorstand bilden die Herren Archidect Eltzncr und Kaufmann Keßner. Zunächst kommen am 8. Januar 500,000 Thlr. in 5000 Actien zum Paricourse und mit einer Einzahlung von 40 Prozent zur Zeichnung. Die Dienstbezüge der Forstbcamten und Forstrcntbeamten im Königreich Sachsen sollen vom Jahre 1872 ab um 26,000 Thlr. jährlich erhöht werden. Die Gehalte der 99 Oberförster steigen infolge dessen auf 700, 800 und 900 Thlr., die Besoldungen der Forsthilfsbeamten auf 300, 350 und 400 Thlr., diejenigen der Forstrentbeamten auf 800—1000 Thlr. Außerdem sind 7000 Thlr. mehr zur Erhöhung der Dienstaufwands-Vergütungen für vie Obcrforstmeister, Oberförster, Forsthilssbeamten und einen Theil der Forstrentbeamten, ingleichcn zu Localzulagen für Forstbcamte rc. ausgeworfen. Auch die Holzschlägcrlöhue und die Forstausseher- und Tagclöhne haben eine beträchtliche Erhöhung von Neujahr ab erfahren. Gegend von Freiberg, 1. Januar. Im Gasthausc „Zum preußischen Hofe" in Freiberg kehrte am Ende der Woche Morgens das Stubenmädchen wie täglich das Gastzimmer. Da es das Kehrickt schon au seinen Qrt schaffen wollte, ward es eines Papierstückchens gewahr, das darunter sich befand. Kaum schien es ihr der Mühe Werth, dasselbe näher zu prüfen, weil so etwas ja fast täglich vor kommt. Ansnahmswcise wird es aufgewickelt, und es war — ein 100!hälcriger Kassenschein. Das ehrliche Mädchen übergab ihn sofort seinem Herrn und dieser deponirte ihn bei der betreffenden Behörde. Solche Fälle dürften der Erwähnung Wohl nicht unwerth sein. Wer der Verlustträgcr, das wird sich nun bald Heraussteilen. Am Nenjahrsmorgen fand man in Nenntmannsdorf bei Pirna den dortigen Schullehrer Tränkner todt in seinem Belt und das Zimmer voll Rauch. Es wurde constalirt, daß der Tod des jungen Mannes durch Ersticken cingetreten war. Tränkner hatte beim Zubettgehen das Licht brennen lassen und dieses hatte beim Herabbrennen die Kleidungsstücke ersaßt, wodurch die unglückliche Katastrophe herbeigeführt worden war. Elterlein, 2. Januar. Diesen Mittag 1 Uhr ist auf dem oberen Boden des Rathhauscs zu Elterlein Feuer ausgebrochen und ist dasselbe bis auf die Umfassungsmauern niedcrgebrannt. Zittau, 4. Januar. Nach den ärztlichen Listen sind vom 25. Dec. bis 1. Januar 35 Personen infolge der Blattern neu in ärzt liche Behandlung genommen worden. Am 31. Deccmbcr Nachts 12 Ubr, als man in Großenhain auf dem Kirckthnrmc das neue Jahr cinläutete, sprang der 130 Pfund wiegende Klöppel der großen Glocke plötzlich ab und wurde hierbei ein Lauter erheblich an einem Beine verletzt. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst ilsdrsiff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden.