Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsösatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 22. 187«. Ireitag den 18. März Finanzgesetz*) auf die Jahre 1870 und 1871 vom 7. März 1870. Wir, Johann, von Gottes Gnaden König von Sachsen rc. rc. rc. finden Uns mit Beistimmung Unserer getreuen Stände bewogen, das Finanzgesetz auf die Jahre 1870 und 1871 zu erlassen wie folgt: 8 I. Aus Grund des verabschiedeten Staatsbudgets wird die laufende Einnahme und Ausgabe des ordentlichen Staatshaus halts für jedes der Jahre 1870 und 1871 auf die Summe von 12,648,594 Thalern festgestellt, zu außerordentlichen Staatszweckeu aber für diese beiden Jahre überdies noch ein Gesammtbetrag von 7,960,000 Thaler hiermit ausgesetzt. ß 2. Zu Deckung des Aufwandes für den ordentlichen Staatshaushalt und der auf die Svecialkassen gewiesenen Verwaltungs- und sonstigen Ausgaben desselben sind, außer den den Staatskassen im klebrigen budgetmäßig zugewieseueu Einnahmen, auf jedes der Jahre 1870 und 1871 den gesetzlichen Vorschriften gemäß zu erheben: u. die Gründsteuer nach 9 Pfennigen von jeder Steuereinheit, b. die Gewerbe- und Personalsteucr, o. die Schlachtstcuer, inglcichen die Uebcrgangssteucr von vereinsländischem und die Verbrauchsabgabe von vcremsausländischem Fleischwerke, el. die Stempelsteuer. Das Gesetz, die provisorische Forterhebuug der Steuern und Abgaben im Jahre 1870 betreffend, vom 23. December 1869 (Gesetz- und Verordnungsblatt von 1869, Seite 353) ist hierdurch erledigt. K 3. Die Termine zur Erhebung der Gewerbe- und Personalsteuer hat Unser Finanzministerium fcstzustellen. 8 4. Alle sonstigen Abgaben, Natural- und Geldleistungen, welche nicht ausdrücklich aufgehoben sind oder noch aufgehoben wer den, bestehen vorschriftsmäßig fort. tz 5. Die zu außerordentlichen StaatSzwecke bewilligte Summe ist aus den, soweit nöthig, durch besondere Creditmaßregelu zu verstärkenden Beständen des mobilen Staatsvermögens zu entnehmen. Urkundlich haben Wir dieses Gesetz, mit dessen Aussührung Unser Finanzministerium beauftragt ist, eigenhändig vollzogen und Unser Königliches Siegel beidrucken lassen. Gegeben zu Dresden, am 7. März 1870. 8.) Johann. Richard Freiherr von Friesen. Verordnung, die Ausführung des Finanzgesetzes auf die Jahre 187Ü und 1871 betreffend. Zu Ausführung des Fiuanzgcsctzcs auf die Jahre 1870 und 1871 vom heutigen Tage wird hierdurch Folgendes verordnet: 8 1. In Betreff der für das Jahr 1870 zu entrichtenden Grundsteuer bewendet cs bei den in 8 1 der Verordnung vom 24. December 1869 (Seite 354 des Gesetz- und Verordnungsblattes vom Jahre 1369) getroffenen Bestimmungen. 8 2. Im Jahre 1871 sind an Grundsteuer drei Pfennige den 1. Februar, zwei Pfennige den 1. Mai, zwei Pfennige den 1. Au gust, zwei Pfennige den 1. November von jeder Steuereinheit zu entrichten. 8 3. In jedem der Jahre 1870 und 1871 ist am 15. April und am 15. October ein halber Jahresbctrag der Gewerbe- und Personalsteucr zu entrichten. Bei Beurthcilung der Steuerpflicht der Eontribuenten sind nach 8 4 des Gewerbe- und Personalsteucr-Ge- setzes voz^24. December 1845 (Seite 312 des Gesetz- und Verordnungsblattes vom Jahre 1845) obige Termine zum Anhalten zu neb- -illdn, uno es leidet insoweit die Bestimmung in 8 42 der Verordnung vom 23. April 1850 (Seite 60 des Gesetz- und Verordnungsblattes vom Jahre 1850) für die Jahre 1870 und 1871 keine Anwendung. 8 4. Die Ausweisung der Pcrsonalsteuerquittungen bei Erhebung von Besoldungen, Wartegeldern, Pensionen und sonstigen Be zügen aus öffentlichen Kassen hat in den Monaten Juni und December 1870 und 1871 stattzufindcn. Dresden, 7. Marz 1870. F i n a n z - M i n i st e r i u m. von Friesen. v. Brück. 2). Erscheint demnächst im Gesetz- und BererdmmstÄ'latt. Verordnung, die Erhöhung des nvrmalmäßigen Verpflegbeitrags in den ersten Classen der Äandesirrenanstalten betreffend, vom 1. März 1870. Nachdem auf ständischen Antrag der bisher auf jährlich 220 Thlr. —- —- bestimmt gewesene normalmäßige Verpslegbeitrag in den ersten Classen der LandeSirrenstalten auf jährlich 250 Thlr. —- —erhöht worden ist, dergestalt, daß alle bezüglichen Vorschriften der Bei lage zur Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom 26. September 1855 (Seite 600 flgdc. des Gesetz- und Verordnungsblattes vom Jahre 1855) anstatt des A 14 ans 220 Thlr. —- —- normirt gewesenen Beitrags nunmehr auf den erhöhten Beitrag von jährlich 259 Thlr. —- —- Anwendung zu finden haben, so wird Solches hierdurch zur Nachachtung bekannt gemacht. * Dresden, am I. März 1870. Ai i n i st e r i u m d e s I n n c r n. von Nostitz-Wallwitz. Geyh. Tag esgcschichtc. Das neueste Jnstizministerialblatt enthält in Betreff der Ge- richtsfcrien eine wichtige Verordnung. Dieselbe ermächtigt näm lich die Gerichtsvorsteher einem Theile des Personals auch außer halb der Gerichtsferien, aber während des Svmmcrhalbjahres, den entsprechenden Urlaub zu erlhcilen, damit die Zahl der Beurlaubten sich nicht zu sehr znsammendränge. Die zu Beurlaubenden haben aber jedenfalls die laufenden Untersuchungen erst zu beenden. Die sächsisch-böhmische Dampfschifffahrt ist vom vorigen Sonn tag an zunächst bis Riesa und Schandau wieder eröffnet worden. Die „Dr. N." berichten ans Dresden: Der vor Kurzem im besten Manncsalter in Madeira verstorbene Dresdner Kaufmann Herr Her mann Ferdinand Kegler hat dem Vernehmen nach über seinen circa 300,000 Thlr. betragenden Vermögens-Nachlaß laut ausführlichem Testament in wahrhaft menschenfreundlicher Weise verfügt. Wir hören, daß z. B. die hiesige Blindenanstalt 10,000 Thlr., die Diaco- uissenanstalt einige Tausend Thaler, mehrere dem Verstorbenen im I Leben verwandtschaftlich oder geschäftlich nahe gestandene Personen Legate von 50,000 Thlr., Andere jährliche Renten von 300, 100, 50 Thlr. ausgesetzt erhalten haben, letztere namentlich den Wittweu zweier früherer MarUhelser seines Geschäfts, 1000 Thlr. dem beson ders thätigcn Geschäftsführer einer hiesigen Buchdrnckerei. Ein für unsere Stadt höchst erfreuliches Legat im Betrage bis zu 100,000 Thlr. soll dem Verschönerungsfond züfließcn, auch der Armen unserer Sradt soll wesentlich gedacht sein. Aus Dresden berichtet vom 12. März das „Dr. I." Heute früh gegen 6 Uhr hat sich ein Dienstmädchen in der Neustadt unterhalb der Glacisstraße in die Elbe gestürzt. Hinzugekommene Schiffer ha ben jedoch dasselbe wieder dem Strome entrissen und vom Tode des Ertrinkens gerettet. Unglückliche Liebe soll die Ursache dieses Sclbst- mordversuclD gewesen sein.— Einen gleichen Versuch, sich das Leben § zu nehmen, machte ein in den zwanziger Jahren stehendes Mädchen i heute früh gegen 9 Uhr. Dasselbe sprang am Packhofe in die Elbe, und zwar infolge einer durch einen Tooesfall hervorgerufenen Ge müths erregung, wurde aber ebenfalls von Schiffern gerettet.