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für - Wrlsdrnff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amisölatl für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Tagesgeschichte. Wilsdruff, am 19. September 1872. Ein recht bcklagenswerthes Unglück hat sich vorgestern im nahen Kausbach zugetragen, indem das 1 Jahr 11 Monate alte Töchterchen des Herrn Gutsbesitzer Näther sich der im Gange befindlichen Dresch maschine genähert, vom Schwengel derselben ersaßt und ihr im Nu den Kopf so zerquetscht bat, daß der Tod sofort erfolgt ist. Wie wir bestimmt hören, ist Niemand eine Schuld bcizumessen, das Kind hatte sich nur für einen Augenblick der mütterlichen Obhut entzogen, und im nächsten Augenblick war auch schon das die Eltern tief niederbeugende Unglück geschehen. — Hinter uns liegt die Wilsdruffer Kirmeß mit ihren Freuden, welche leider durch den an beiden Kirmcßtagen cingetretene». Regen etwas wässerig und zugleich abgekühlt wurden; trotzdem hatten sich am ersten Tage eine ziemlich starke Anzahl fremde Kirmeßgäste cingefunden, infolge dessen auch die Schießwicse sowie das daselbst staltgcfundcne Conccrt und der darauf folgende Ball gut besucht waren. Den Schluß der Kirmcßfrcudcn bildete das am Dienstag auf der ^„Restauration" stattgefundene Conccrt mit Ball, gespielt vom Nossener Stadtmusikchor unter Direction seines tüchtigen Dirigenten Herrn Thierfelder, welcher mit seinem Chore vom Schützcndirectorium für die Schießwicse und Schützeuhaus engagirt worden war und wohl auch für nächsten Sonntag zur Kleiukirmeß (sogenannte Rassclbudc) engagirt worden ist. — Für nächsten 6. October, an welchem Tage der hiesige Militairvercin eine Gedächtnißfeier für die auf den an unserer Sladt- kirche angebrachten Tafeln verzeichneten, im Kriege 1870—71 ge fallenen Krieger aus der Stadt und dem Amtsbezirke Wilsdruff ab- zuhalten gedenkt, ist gleichzeitig damit eine größere Feier ähnlich der vom vorigen Jahre, ins Auge gefaßt, indem ein ebenfalls an unserer Stadtkirchc anznbringendes und zwar den Mittelpunkt oberhalb der Gedüchtnißtafeln bildendes großes „Eisernes Kreuz" seine Weihe erhalten soll; dasselbe wollen die aus dem letzten Feldzuge glücklich hcimgekchrten jüngeren Krieger aus dem hiesigen Bezirke ihren ge fallenen Kameraden widmen. Im klebrigen verweisen wir auf das demnächst in diesem Blatte erscheinende spccielle Programm zu dieser Feier. — Es geht uns die Notiz zu, daß die Einnahme für das am 2. September hier abgehaltenc Schulfest 58 Thlr. 13 Ngr. 4 Pf., die Ausgabe dagegen 50 Thlr. 2 Ngr. 6 Pf., betrug, so daß sich ein Ueberschuß von 8 Thlr. 10 Ngr. 8 Pf. ergeben hat, der als Sparcasseneinlagc rcservirt bleiben soll und hoffentlich bei einem künftigen Schulfest die beste Verwendung finden wird; also freut euch, liebe Kinderschaar, Hoffnung ist wieder vorhanden. — In Hartha bei Waldheim brach am 16. d. M. abermals Feuer aus und legte das Buchhcimscbe Stadtgut, in allen Räumen mit der heurigen Ernte gefüllt, in Asche. — In Etzdorf brach am 13. d. M. im Hcyneschen Gute Feuer auS und wurden sämmtlichc Gebäude des Gutes ein Raub der Flammen. Aus Dresden, 16. Sept., berichtet das „Dr. I." Bei einem gestern Abend auf der Schäserstraße in der Nähe einer Tanzlocalität entstandenem Exccsse ist ein hier in Diensten stehender 30 Jahre alter Stallburschc von einem der Cxccndcntcn in die linke Seite der Brust dermaßen gestochen worden, daß derselbe sofort zu Boden sank und ins Krankenhaus geschafft werden mußte. Die Verletzung soll von der Art sein, daß an einem Wiedcraufkommen des Beschädigten ge zweifelt wird. Leider ist cs noch nicht gelungen, den Thäter zu 'er mitteln. — Eine ähnliche Brutalität ist in vcrwichcner Nacht ans dcr Waldgasse an einem hier in Arbeit stehenden Schncidcrgcsellen ver übt worden, welcher, ebenfalls in einen Exceß verwickelt, hierbei mehrere Messerstiche ins Gesicht erhielt und so arg beschädigt wurde, daß seine sofortige Unterbringung in der Diakonissenanstalt geboten erschien. Meißen, 14 Sept. Gestern in der Mittagsstunde fiel ein drei jähriger Knabe, in der Nähe des Elbschlößchens^a» der Elbe spielend, in den Strom, und waren nur noch Arme und Mütze sichtbar. Der Knabe war also in höchster Gefahr, zu ertrinken, wenn nicht ein elf jähriger Knabe den Muth gehabt hätte, bis unter die Arme in das Wässer zu springen und dadurch zum Netter des Kindes zu werden. Potschappel, 15. Sept. Unser Lvcalblatt „Glückauf" thcilt mit, daß der verstorbene Kammcrrath Freiherr von Burgk dcr Ge meinde Burgk und Klcinburg zur Errichtung eines vereinigten Schul gebäudes außer dem Platze auch noch 10,000 Thlr. vermacht hat. Das „L. T." berichtet aus Leipzig, 17. September: Ein Kreis hiesiger Bürger hat die geeigneten Schritte gethan, um bei Gelegen heit der in diesem Herbste stattfindenden goldenen Hochzeit des säch sischen Königspaares ein Stipendium an der hiesige» Universität zn begründen, welches den Namen Sr. Majestät des Königs tragen soll. Wie man hört, nehmen die betreffenden Sammlungen im ganzen Lande guten Fortgang. Glauchau, 15. Sept. Ein erschütterndes Unglück trug sich gestern in den späteren Nachmittagsstunden auf hiesigem Bahnhof zu. Der etwa 13jährige Sohn des in dcr Bäßlcr'schcn Fabrik beschäftig ten Spulmcistcrs Heinig war mit dem Sohn des Hauswirths auf den Bahnhof gegangen, um Kohlen abladcn zn helfen. Beim Zusammen schieben zweier Lowries will der Knabe noch zwischen denselben hin- durchspriugen, wird aber von den Puffern erfaßt, der Hinterkopf zu- sammengedrückt und war auf der Stelle eine Leiche. Der Jammer und der Schmerz der herbeigceilten Eltern, von deren 6 Kindern es der älteste Knabe war, läßt sich ermesse». Mittweida, 18. Sept. Gestern verunglückte das 2 Jahr alte Söhnchc» des Mühlenbesitzcrs Herbst in Altmittweida im Mühlgraben und wurde vom Großvater todt herausgezogcu. Berlin. Am 13. Sept, beschäftigte sich auch die hiesige Stadt verordnetenversammlung mit der vielbesprochenen Katastrophe vom vorige» SonUabend. Sie beschloß einstimmig den Magistrat zu er suche», schleunigst die erforderlichen Schritte zu thun, welche geeignet seien, eine genaue Untersuchung und Klarlegung der Ereignisse, die so viele Menschenleben gekostet, herbcizuführcn. Die Zahl der Todten beläuft sich heute bereits, nach den polizeiliche» Feststellungen, auf 13. Bezeichnend dafür, daß die Schuld an dem Unglück mir die Polizei trifft, ist die Erscheinung, daß auch die „Kreuz',tg." dem Bericht eines Augenzeugen Raum giebt, in welchem festgcstcllt wild, daß das Volk keine Unordnungen begangen, daß die Polizei dagegen alle Vorsichts maßregeln vernachlässigt hatte und daß Schutzleute zn Pserde in die friedliche» Haufe» hineingeriltcn sind. — Nicht genug kann es öffentlich gerügt werden, daß einige Tausend Personen schamlos ge nug gewesen sind, dem Kaiser von Oesterreich und dem Kaiser von Rußland während deren Hiersein Bettelbriefe zugestellt zu haben. Kaum glaublich, aber wahr, jeder der beiden Fürsten hat ca. 3000 Bittgesuche um Unterstützung erhalten. Da dcr Kaiser von Rußland 3000 Thlr. für die Arinen der Stadt zurückgelassen hat, so würde, da dieses Geld für die Petenten verwandt werden soll, jeder derselben 1 Thlr. erhalten. Dcnn Vorstehenden fügen wir noch bei, daß der Kaiser von Oesterreich bei de» Arine» Berlins de» Vortritt gehabt hat, de»n er hat denselben 4000 Thlr. geschenkt. Kaiser Wilhelms Reise nach Marienburg in Wcstprcußcn galt dcr 100jährige» Einverleibung dieses chemals polnischen Besitzes in Prenßen. Sic ist unter dem alte» Fritz erfolgt und was Alles that dieser geniale Herrscher, um die etwas bedenkliche Maßregel zu recht fertigen imd das Land auS der grauenhaften polnischen Wirtschaft zur Cullnr zu erheben. Die Bevölkerung ist zum größten Theil katholisch und Crcmentz, der Ermländer ihr Bischof. Er durfte bekanntlich nicht vor dem Kaiser erscheinen und doch war er da — im Geiste; denn alle polnischen Blätter .haben „NamciiS ihres Volkes" einen Protest gegen die Marienburger Feier d. h. gegen das Preußischwerden er lassen, — eine kleine'Mahnung, daß Kaiser und Reich den Ermläii- der bald überall auf ihren Wege» finde» werde». Läßt sie der .V 74. Freitag den SO. September 1872.