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für 0 1872 Dienstag den 26. März längstens bis zum 23. April 1872 Tagesgeschichte. - Wilsdruff, 23. März 1872. Das Gcburtsfest des deutschen Kaisers wurde auch hier durch Beflaggung des Rathhauses gefeiert und Abends in der „Lieder tafel" Seiten des neuen Vorstehers gedachter Gesellschaft in patrio tisch warmen Worten des greisen Hcldenkaisers gedacht und in einem musikalischen Sängerhoch der Wunsch ausgevrückt, daß die Vorsehung den Kaiser zum Wohle des durch ihn geeinten deutschen Reiches noch manches Jahr in seiner Frische erhalten möge. — Wie wir hören, wird die Osterfeiertage der hiesige Ralhhaus- saal in einen Zaubersalon umgewandelt werden, indem Herr Prof. Müller große Vorstellungen in der natürlichen Zauberei zu geben ge denkt; aus uns vorliegenden Blättern ersehen wir, daß Herrn Prof. Müller in der Dresdner Gegend, wo er gespielt, allgemeiner Beifall gezollt worden ist. Im Laufe dieses Jahres und zwar am 10. November, begeht unser hochverehrtes Königspaar das so seltene Fest Allerhöchst ihrer goldnen Jubelfeier; es circulirt daher von namhafter Stelle aus gegenwärtig ein begeisterter Aufruf mit anhängendem Sub- scriptionsbogen "an alle Schichten der hiesigen Bevölkerung und ins besondere au die Frauen zu einer patriotischen Sammlung, um durch deren Ertrag am gedachten Tage dem allgeliebten greisen Jubelpaar eine entsprechende Gabe der Liebe und des Dankes darbringcn zu können. Allgemein heißt cs jetzt, daß der Landtag am 6. April ver tagt werden wird. Das Budget und die Eisenbahnen sollen bis da- hiu erledigt sein. Neuerdings sollen die in Dresden geprägten Ncichsgold münzen (20-Markstücke) nach vorhergegangcuer Reclamatiou wieder nach Berlin an die Reichscasse zurückgesendet worden sein, wo sie, hoffentlich nur so lange, bis das deutsche Neichsmünzgesetz vollständig berathen und in Kraft getreten sein wird, einstweilen aufbewahrt werden sollen. Für den nächsten Sommer ist in Dresden eine Allgemeine Hunde - Ausstellung, wie solche in Paris und London bereits stattgefunden haben, projectirt worden, welche namentlich das In teresse für die Züchtung reiner Na^en erwecken soll. Zugleich wird eine eingehende Besprechung vieler Mißstände, welche jetzt mit dem Halten von Hunden verbunden sind, stattftuden. Bei Arntitz (zwischen Lommatzsch und Ostrau) wurde mm 19. d. bei 22.Ellen Stollnlänge die erste Braunkohle angefahren. Zu diesem Werke wurde am 4. d. M. der erste Spatenstich gethan. Die Mächtigkeit des vorhandenen Flötzes variirt zwischen 5 bis 11 Ellen. In Riesa hat sich ein Comits zur Erbauung einer Eisenbahn von Nossen über Lommatzsch nach Riesa und Rödcrau gebildet und die Erlaubniß erhalten, die Vorarbeiten beginnen zu dürfen. Endlich haben die Berliner einen neuen Oberbürgermeister. Hoh recht (seither in Breslau) ist's geworden. allhier anzubringen. Wilsdruff, am 23. März 1872. Das Königliche Gerichtsamt Leonhardi. Die ihnen zugedachte Dotation haben nicht angenommen: der Kronprinz von Sachsen, Commandeur der Maas-Armee und als solcher Sieger von Beaumont, ein Hauptkämpser von St. Privat und Sedan; der Großherzog von Mecklenburg, Commandeur der West-Armee, und Prinz Georg von Sachsen, kommandirender General des sächsischen Armeccorps. Die „B. B. Z." schreibt bezüglich des Gcburts festes des Kaisers: Wir sprechen mit Offenheit unseren warmen Glückwunsch zum Gcburtsfeste des Deutschen Kaisers aus. All' das Große, was unser Vaterland in den letzten Jahren erreicht hat, ist mit der Person des greisen Monarchen, welchen Jünglingsmuth, Manneskraft und die weise Selbstbeschränkung des ehrwürdigen Alters mit einander bewährt hat, auf das engste verknüpft. Das vereinigte gesammte Deutschland huldigt heute mit Segenswünschen seinem Kaiser, wel cher zu gewaltigen Unternehmungen sich mit Energie aufzuraffen, Tage der furchtbarsten Aufregung mit eiserner Ruhe zu überstehen, — das Schwerste! eigene lange eingewurzelte Neigungen und Wünsche um des allgemeinen Besten willen zu opfern verstanden hat. Wil helm I. hat einem Bismarck das Feld für geniales Schaffen eröffnet, er hat ihn seine großen Pläne verfolgen und vollbringen lassen. Die „Nat. Ztg." bemerkt: Unser König der deutsche Kaiser voll endet sein sünfundsiebzigstes Lebensjahr. Keinem Hohenzoller, welcher je Brandenburg oder Preußen regierte, ist die Gunst eines gleich langen und gleich glücklichen Lebens vergönnt gewesen. Friedrich der Große, welcher bisher das höchste Lebensalter unter allen brandenburgisch-preußischen Regenten erreicht hatte, starb, als er das 74. Lebensjahe um fast 7 Monate überschritten hatte. Die Verleger von 13 Thüringer Blättern haben auf einer Versammlung in Nordhausen beschlossen, vom 1. April d. I. an den Abonnementsprcis um wenigstens 20 Procent zu erhöhen. Ver treten waren auf der Versammlung neben Nordhausen die Städte Erfurt, Weißenfels, Mühlhausen, Stolberg, Sangerhausen, Quer furt, Allstedt, Artern, Köthen und Gotha.' In weiland Wallensteins Lager kann es nicht bunter und toller zugegangcn sein, als jetzt in der franz. Nationalversammlung. Die Abgeordneten Frankreichs bcichüftigen sich nur noch nist Schreien, Schelten, Schimpfen und gege»s"üiger Drohung wst geballten Fäusten. Es reden immer mehrere Depulirle zugleich. Will Jules Favre sprechen, so hört man auf der Rechten ein ständiges Grunzen wie von gewissen Thieren. Gambetta zerschlägt das Pult und Andere steigen auf die Bänke. Dadurch wird die Versammlung bald so verächtlich geworden sein, daß die Menge des Volks selbst einer gewaltsamen Auflösung durch einen Staatsstreich zujaucbzen wird. Louis spitzt schon die Ohren. Schauderhafte Scencn sind es, die in dem Kriegsgericht von Versailles aus den Tagen der Pariser Commune jetzt enthüllt werden. Gleichsam zur Unterhaltung, um eine müssige Stunde aus zufüllen, scheinen die entmenschten Mörder ihre Grcuelthaten begangen zu haben. Es handelt sich um das Blutbad in der Straße Haxo, 35 ehemalige Gendarmen, 10 Municipalgardisten, 10 geistliche und Mebmlclm «w die Umgegenden. Amtsvlalt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst Bekmmtmachmlg. Der Gutsbesitzer Herr Carl Ernst Faust in Blankenstein beabsichtigt in einer Entfernung von 17 Meter von seinem Wohnhause Nr. 36 des dasigen Brandcatasters und 113 Meter 27 Centimeter 6 Millimeter entfernt von dem nach Helbigsdorf führenden Communicationswege, auf seinem Feldgrundstücke einen Doppelkalkofen zu errichten. In Gemäßheit § 17 der Bundesgewerbeordnung vom 21. Juni 1869 macht man dies mit der Aufforderung bekannt, etwaige Einwendungen hiergegen, soweit sie nicht auf Privatrechtstiteln beruhen, bei deren Verlust binnen 4 Wochen und