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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Reffen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^72. Dienstag den Elsaß und Lothringen. Deutschland muß die vormals deutschen Länder Elsaß und Lothringen wieder haben. Sie sind uns rechts- und vertragswidrig nur durch die Hinterlist und Habsucht früherer französischer Könige genommen worden. Jetzt, da sie Deutschland zurückerobcrt hat, hat es auch das Recht, sie zu behalten. Es ist nicht Eroberungssucht oder das Verlangen nach einer Zerstückelung Frankreichs, weshalb wir diese Länder jetzt zurückfordern. Aber wir wollen durch den Zurückempfang derselben eine sichere Garantie gewinnen, daß Frankreich nun Frieden halte. Wir wollen nicht unablässig von Frankreich bedroht und nicht wieder wie in diesem Jahr mitten im Frieden von ihm überfallen sein. Wir wollen durch Wiederherstellung der natürlichen Grenzen gegen die Wieder kehr eines gefahrdrohenden Krieges mit Frankreich geschützt sein. Elsaß und Lothringen mit dem Vogesengcbirge und den Festungen Straßburg und Dietz waren bisher die Hauptstützpunkte des bedroh lichen Angriffs Frankreichs gegen Deutschland. Nur durch den Wiedcrerwerb dieser Provinzen gewinnt Deutschland die gehörige Sicherstellung gegen Frankreich. Da wir nicht mehr, wie in Frankreich die Stellvertretung beim Militär haben, so hat Deutschland in diesem beispiellos blutigen Kriege seine edelsten Söhne gegen die zum großen Theil ungebildeten und erkauften französischen Soldaten geopfert. Für solche Opfer läßt sich Deutschland mit einer Kriegsentschädigung in Geld allein nicht abspeiscn. Nicht um des Geldes, sondern um seines nationalen Rechtes willen ist Deutschland in den furchtbaren Kampf mit Frank reich getreten. Im Bewußtsein seines in diesem Krieg siegreich vcr- ' theidigten nationalen Rechtes und seiner in demselben erkämpften Macht fordert Deutschland nun auch, was ihm gehört, zurück, es fordert die ihm geraubten vormals deutschen Länder Elsaß und Lothringen. Deutschland hat schon nach den Freiheitskriegen auf dem Wiener Congreß Elsaß und Lothringen zurückverlangt. Damals wurde die Zurückgabe dieser Länder durch die kleinliche Eifersucht der anderen Mächte gegen Preußen vereitelt. Jetzt aber befindet sich Deutschland in der glücklicheren Lage, daß, weil es unter Ungeheuern Opfern den Krieg mit Frankreich allein geführt hat, auch den Frieden allein zu dictiren berechtigt ist. Und es unterliegt keinem Zweifel, daß die Wiedervereinigung von Elsaß und Lothringen mit Deutschland dies mal durchgesetzt wird. Elsaß und Lothringen werden bei dieser Wiedervereinigung mit ihrem ursprünglichen Vaterlande in ihrer provinzialen Eigenthüm- lichkeit gewiß keine Beeinträchtigung erfahren. Von einer Verbindung dieser Länder mit einem anderen deutschen Staat oder gar von einer Zerstückelung derselben kann bei der Rücksichtsnahme, die sich bei ihnen nothwendig macht, nicht wohl die Rede sein. Sie müssen unter einem eigenen Fürsten in Zukunft wieder einen Theil von Deutschland bilden. Tagesgeschich.te. Welch ein ergreifender Augenblick! so ruft das deutsche Volk mit König Wilhelm aus, schreibt die heutige „Prov.-Corr.", nicht blos Angesichts der Begegnung bei Sedan, sondern im Hinblick auf das ganze großartigste Walten Gottes in diesem Moment deutscher Geschichte. Wie unter Zeichen und Wundern erfüllt sich in diesem Augenblicke, was das deutsche Volk bisher wohl in der Tiefe pa triotischer Herzen ersehnt, aber in solcher Größe nimmer zu ahnen gewagt hätte. Deutschland feiert auf den Schlachtfeldern Frankreichs und in der sich dort vollziehenden Wendung der Geschicke seine end liche Auferstehung: — das vor Allem ist die Bedeutung der groß artigen Vorgänge, welche jetzt Schlag auf Schlag in so über wältigender Weise an uns herantreten und alle in unserem Volke in freudiger Begeisterung schlagen lassen. Wohl ist es eine „Krönung des Gebäudes", welche in diesen ewig denkwürdigen Tagen vor sich geht, die Krönung des in redlicher Jahrhunderte langer Arbeit auf dem festen Grunde deutschen Sinnes, deutscher Zucht und 13. September 187Ä. deutscher Tüchtigkeit errichteten Gemeinwesens, dessen fester Kern von unsern hohcnzollernschen Fürsten in den norddeutschen Marken ge bildet worden ist, dessen einigende und stärkende Kraft aber sich üöer das ganze deutsche Vaterland stetig fortschreitend ausgebreitct hat. Diese endlich erreichte Einigung aller deutschen Stämme und Staaten hat in den glorreichen Erfolgen dieser Tage eine so erhabene Krönung und Weihe gesunden, daß das deutsche Volk daraus vollends das erhebende Bewußtsein entnehmen darf, was es in seiner Einheit ist und vermag. Dieses Bewußtsein und diese Erfahrung enthalten zu gleich die ernste und feierliche Mahnung an das deutsche Volk, daß es sich den Segen der Einigkeit nunmehr für alle Zeiten zu wahren bestrebt sei. Auf der Höhe der nationalen Begeisterung dieser Tage mögen alle deutschen Patrioten das Gelübde ablegen, daß sie den köstlichen Schatz der Einheit, diese Quelle der Kraft und der Macht, unserem Volle auf jede Weise erhalten und sorglich hüten wollen. Nach dem Jubel über die gemeinsamen Erfolge werden ja Tage schwerer politischer Arbeit kommen, welche die Früchte der Siege und der zu erhoffenden Errungenschaften für das deutsche Gemeinwesen verwerlhen muß. Möge dann die Kraft des jetzt gewonnenen ein heitlichen Sinnes sich bewähren und bei aller Verschiedenheit der Auffassungen doch die Versöhnung und Ausgleichung derselben in der höheren Gemeinschaft des nationalen Strebens und in gegen seitigem Vertrauen sich stets finden lassen. Das überwältigend Große in der gegenwärtigen deutschen Erhebung war eben die wunderbare Einmüthigkeit zwischen allen Regierungen, allen Be völkerungen, allen Parteien; diese nie gekannte Gemeinschaft hat Deutschland mit einem Schlage auf die höchste Stufe feiner weltge schichtlichen Macht und vor die Erfüllung seiner hohen Aufgabe für den künftigen Weltfrieden gestellt. Der ergreifende Augenblick, in dem wir stehen, wird feine herrlichsten dauernden Früchte für Deutsch land und für alle Völker tragen, wenn der erhebende Geist dieser Tage, die innige patriotische Einigung der Herzen seine Kraft auch über die Siegestage hinaus in den Zeiten der ernsten politischen Arbeit bewährt. Das walte Gott! Ferner sagt die „Prov.-Corr.": Welche Wendung durch Gottes Fügung! Am 13. Juli die Scene in Ems, wo der Botschafter des Kaisers Napoleon in Erfüllung des ihm ertheilten Auftrages unsern König absichtlich verletzte, um ihn entweder zu demüthigen oder zum Kriege herauszufordern. Und als der Krieg begann, erhielt die erste miljtairische Zeitschrift Frankreichs folgenden feierlichen Artikel: Also Krieg ! Der Rubicon ist überschritten! Endlich hat die preußische Regier ung, welche seit 4 Jahren Lüge auf Lüge, Verrath auf Verrath, Raub auf Raub häuft, die Maske abgeworfen, um den Aufschwung, die Größe und das Ansehen Frankreichs anzutasten. Jetzt ist es genug, — es ist zu viel! Frankreich kann nicht mehr dulden, daß im Mittelpunkte Europa's eine lügnerische und treulose Regierung, wie die preußische Regierung, existire; es ist unerläßlich, daß dieselbe so bald als möglich für alle Znkunfr unschädlich gemacht werde. Die Ehre Europa's erfordert es. Unsere Armeen, denen unsere Adler voranschweben, an deren Spitze unsere berühmtesten Feldherren stehen, sind unter dem höchsten Befehl unseres Kaisers an den Grenzen versammelt. Bald wird auf der ganzen Schlachtlinie unser alter Kriegsruf: vorwärts erschallen. Die Zeit der Buße und Vergeltung soll für Preußen beginnen. Ganz Frankreich harrt des ersten gewaltigen Vorgehens seiner Söhne, welche sür das verletzte Recht kämpfen sollen. Frankreichs Sicherheit ist zugleich die Würde und Sicherheit Europa's. Die Krönung des kaiserlichen Baues wird durch unsere siegreichen Soldaten ruhmvoll beendigt werden, indem wir zugleich Deutschland jenseits des Rheins seine Freiheit und Unabhängigkeit wiedergeben, welche die preußische Regierung nur allzulange schon gewissenlos unterdrückt. So am Anfang August. Und als der Monat kaum zu Ende war, lag die ruhmreiche Armee in Trümmern, das noch übrige Heer zur Hälfte hinter Festnngsmaucrn eisern umschlossen, zur Hälfte gefangen nach Deutschland abgeführt, — die berühmtesten Feldherren geschlagen und todt oder verwundet, — der oberste kaiserliche Feldherr, zuerst von seinen eigenen Untergebenen bei Seite geschoben, dann auf Gnade nnd Ungnade in der Hand unseres hoch herzigen Königs, und nnnmehr als Gefangener auf Wilhekmshöhe, — der kaiserliche Bau zerfallen und vom eigenen Volke unvertheidigt in Trümmer geschlagen, — Preußen nnd Deutschland aber iin sieg reichen, kaum noch gehemmten Vordringen nach dem Mittelpunkte und Herzen Frankreichs. Gewiß noch niemals ist Gottes Strafge richt über freventlichen Hochmuth so niederschmetternd hereingebrochen, wie in dieser gewaltigen Zeit über Napoleon III. und Frankrclch!