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Tharandt, DD, Meckhn »ad die UmMtMN Druck und Vertan von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H A Berger dakelbff. Donnerstag, den 26. März 18S6 - LLti»««« dsii in blau o 8oiltL'.Ii8-Ls8S von 1 lis 3 M !.3O, LLo LlL. Der nächste internationale Sozialistenkongreß findet am 26- Juli d. I. in London statt. Gleichzeitig sollen dort auch be sondere internationale Kongresse für verschiedene Gewerkschaften stattfinden. Im »Vorwärts" wird der Aufruf zur Beschickung der Kongresse veröffentlicht und das vorläufige Programm kund gegeben. Danach sollen die Verhandlungen durch eine »öffent liche Demonstration im Freien (im Hydepark) zur Befürwort ung des Weltfriedens" eingeleltet werden. Das ist für eine revolutionäre Verbindung recht »stimmungsvoll", beruht aber auf derselben Heuchelei, auf der die ganze Sozialdemokratie fundirt ist, denn nichts ersehnen die Sozialrevolutionäre aller Länder lebhafter als einen Weltkrieg gegen Rußland. Wenn man also bei solchen Gesinnungen den Weltfrieden »befürworten" kann, muß man schon ein großer Heuchler sein. — Auch die Anarchisten werden in London um dieselbe Zeit einen Kon greß abhalten. Venedig, 23. März. Wie eine Depesche aus Rom meldet, wird die Zusammenkunft zwischen den Monarchen Deutsch lands und Italiens einen rein privaten Charakter tragen. Es soll nur ein Familiendmer im königlichen Schlosse stattfinden, von öffentlichen Festlichkeiten wird abgesehen. Rom, 23. März. Die „Opinione" begrüßt in ihrem Leitartikel mit warmen Worten die Ankunft Seiner Majestät des deutschen Kaisers auf italienischem Boden. Italien bringe bem Herrscher, der ihm im Glück Freund, im Unglück mehr als Freund gewesen sei, Dankbarkeit und Liebe entgegen. Selten seien in der Weltgeschichte die Verträge der Regierungen in so vollkommener Harmonie mit der Ueberzeugung der Völker gewesen, wie es bei dem deutsch-italienischen Bündniß der Fall sei. Bei dem baldigen Zusammentreffen mit Sr. Majestät dem deutschen Kaiser werve König Humbert, wenn er Kaiser Wilhelm den Dank für die Beweise der Freundschaft, welche Allerhöchstderselbe Italien gegeben hat, ausspricht, ein treuer Dolmetsch der Gefühle seines ganzen Volkes sein. St. Petersburg. Mehr als 250 000 Personen haben den Wunsch ausgedrücki, in diesem Jahre nach Sibirien über zusiedeln. Die Mehrheit der Uebelsiedler will sich in daS Gouvernement Jenisseisk begeben, während circa 20000 Personen die Absicht haben, sich im Flußgebiet des Ischim anzusicdcln. Hadersleben, 23. März. Durch eine große Feuers brunst wurde in der letzten Nacht der Hof Leerdt beiSommer- üedt völlig eingeäschert. 80 Stück Hornvieh und 50 Schweine sind umgekommen. Ein Dienstknecht wurde als der Brand stiftung verdächtig verhaftet. Eutin, 23. März. Ein Blitz zündete heute die Vieh stallungen des großherzozlichen Kronguts Vinzier an; 85 Kühe sind verbrannt und nur 30 gerettet. Der Gebäudeschaden ist erheblich. Gesammtausgaben des Reiches. Nach den Beschlüssen des Reichstages in zweiter Etatsberathung stnd die Gesammt- ausgoben für 1896 97 auf 1255318264 M. festgesetzt. Von den fortdauernden Ausgaben des Etatsentwurfs sind 9160 Mk. abzesctzt worden, im Etat des Reichstages ist eine Mehr ansatz von 3870 M. vorgenommcn. Die einmaligen ordcnt, lichen Ausgaben sind um 2 706 629 M., der außerordentliche Etat um 1 191800 M. gekürzt worden. Die für 1896/97 m Aussicht zu nehmendeu Matrikularbeiträge würden sich dem nach auf 410605880 M. oder auf 14605813 M. mehralS im laufenden Etatsjahre beziffern. Wien, 23. März. Die »N. Fr. Pr." bestätigt die Mel dung, Kaiser Wilhelm werde am 14. und 15. April beim Kaiser Franz Josef als Gast in der Hofburg weilen. Nach dem kürzlichen Besuche des Grafen Goluchvwski in Berlin werde diesem Aufenthalte des Kaisers Wilhelm in Wien in politischen und diplomatischen Kreisen eine eminente politische Bedeutung beigemessen. Emem großen Theile der Sozialdemokraten in Lüttich sind Plötzlich die Augen aufgegangen. Aus der allgemeinen sozialistischen Arbeiterpartei hat sich eine „Freie sozialistische Ver einigung" herousgeschält, die in Maueranschlägen und Flug blättern den bisherigen Parteiführern scharf zu Leibe geht. Diese Führer seien nur Stellenjäger, die sich mit den Arbeitergroschen ein beh'gliches Dasein verschafften, nur Sonderinteressen dienten ua- vorsichtigerweise alle gescheiteren Genossen von der Geschäfts leitung ausschlössen, um nur ja nicht entlarvt zu werden und oas Heft aus der Hand geben zu müssen. Die Arbeiterschaft Lüttichs sei schlimmer daran als vor 10 Jahren, weil sie sich von den erwähnten „falschen Brüdern" habe nasführen lassen. Die Behauptung, daß die von den Arbeitern aufgebrachten Parteigelder zu Ausstandszwecken verwendet würden, sei eine Lüge wie viele andere. Noch kein einziges Mal hätten die Führer einen Ausstand zu Gunsten der Arbeiter durchzuführen vermocht. Die biherigen Mißstände müßten ein Ende nehmen. Der Ausschuß der Freien sozialistischen Vereinigung kündigt eine Reihe von Volksversammlungen an, in denen er die Beweise für seine Behauptungen erbringen will. Ein entsetzliches Verbrechen wurde in einer der letzten Nächte in Lüttich verübt resp. versucht. Ein 21 Jahr alter Student, aus einer sehr angesehenen Familie stammend, stahl nämlich aus dem Kassenschranke seines Vaters 10000 Francs in Werth- papieren und versuchte alsdann, damit das Verbrechen unent deckt bliebe, seine Eltern in die Luft zu sprengen. Zu diesem Zwecke legte er jedem der beiden alten Leute unter das Kopf kissen ein großes Packet Pulver, worauf er diese Packetc mit einer langen, bis in den Hausgang führenden Lunte verband. Alsdann zündete er die Lunte an und ergriff die Flucht. Durch einen glücklichen, bis heute noch nicht aufgeklärten Umstand ge- riethen indessen durch die angczündete Lunte die Betttücher in Brand, bevor das Feuer an das Pulver gelangte, und hierdurch wurden die Bedrohten noch so rechtzeitig geweckt, daß sie den Brand löschen konnten, ehe das Pulver explodirte. Der Ur heber dieser fürchterlichen Echandthat hat die Flucht ergriffen und sich bis jetzt dem Arme der Gerechtigkeit entziehen gewußt, dagegen hat die Polizei einen seiner Freunde, einen jungen Fran zosen, verhaftet, in dessen Besitze ein Theil der gestohlenen Werth- papiere gefunden wurde, und der auch die Lunte und das Pulver gekauft haben soll. Die hochbejahrte Mutter des Attentäters soll sich infolge des ousgestandenen Schreckes und noch mehr aus Kummer und Verzweiflung darüber, daß ihr eigener Sohn etwas Derartiges begehen konnte, in einem solchen Zustande befinden, daß chie Aerzte das Schlimmste für sie befürchten, während es ihrem Manne, der bei der Geschichte einige unbe deutende Brandwunden davongetragen hat, verhältnißmäßig gut zu gehen scheint. London, 23. März. Das Unterhaus nahm nach acht stündiger Berathung mit 244 gegen 95 Stimmen die zweite Lesung des Viehseuchengesetzes an, welches das Schlachten des vom Aus landi eingesührten Viehes im Land ungshasen dauernd bestimmt. vaterländisches Wilsdruff, 25. März. Im Auftrag des hohen könig lichen Ministeriums wurde heute Mittwoch Vormittag im „Hotel zum Adler" Namens der königl. Amtshauptmannschaft Meißen dem am 1. März d. I. in Ruhestand getretenen allseitig be kannten und beliebten Straßenwärter Schulze in Birkenhain für dreißigjährige treue Pflichterfüllung im Dienste ein BelobigungSdekret ausgehändigt. Der kurzen aber er hebenden Feier wohnten außer dem königlichen Straßen- und Wasserbauinspektor Neuhaus Herr Straßcnmeister Franze und einige Wärter des Wilsdruffer Amtsstraßenmeisterbezirkes bei. Möge dem treuen Beamten noch ein sonniger Lebensabend be schicken sein. — Der 10proz. Zuschlag der Einkommensteuer, der manchem Steuerzahler noch in schmerzlicher Erinnerung ist, wird aller Wahrscheinlichkeit nach ein überwundener Standpunkt bleiben Bereits nach der scharfen Verurtheilung, welche die Theorie der Eteuerzuschläge in der Sitzung der Ersten Kammer vom 13. Dezember v. I. durch den Herrn Finanzminister Watzdorf erfuhr, war mit Sicherheit darauf zu rechnen, daß mit diesem für die Finanzocrwaltung zwar bequemen, für die Steuerzahler aber um so unangenehmeren System ein für alle mal gebrochen sein würde. Diese Erwartung findet nuumehr eine neue positive Unterlage in der seitens der Regierung zu erkennen gegebenen Absicht, einen Reservesonds zu gründen, der das Budget vor Schwankungen in Folge höherer Matrikular- deiträze bewahren soll. Es heißt darüber in dem vom Abg. Steyer (Reinholdshain) erstatteten Bericht über die Kapitel Steuern, Zölle rc.: „Man wird immer der Thatsache eingedenk sein müssen, daß das finanzielle Verhältniß Sachsens zum Reiche von jeher die bedenklichsten Schwankungen im sächsischen StaatshauShall-Etat hervorgerufen hat und daß alles, was nach dieser Richtung hin ausgleichend zu wirken vermag, unsere Beachtung verdient. Freilich stnd die Mittel, die wir anwenden können, beschränkt, die erfolgreichsten liegen nicht in unserer Macht. Auf ein solches Mittel, das unter Umständen geeignet sein wird, Schwankungen auszugleichen oder zu vermindern, hat nun der Referent zu Kap. 16 in dem Berichte darüber hingedeutet, nämlich aus den Ueberschüssen, die uns vom Reiche N». 37 Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Lorpuszeile. Tagesgeschichte. Im großen Saale des KaiseihofeS zu Berlm fand am 22. d. M. eine festliche Zusammenkunft von Mitgliedern der nationalliberalen Fraktion des Reichstages und des Land tages und Parteifreunden aus dem Lande statt, um Herrn v. Bennigsen den Ehrenschrein zu übergeben, den ihm zu seinem 70. Geburtstage die Partei als Beweis ihrer Verehrung und Dankbarkeit gestiftet hatte. Das Kunstwerk stand mitten im Saal, ringsum in Hufeisensorm die festlich geschmückte Tafel. Herr v. Bennigsen dankte für das Ehrengeschenk und gedachte dabei des Aufschwung des deutschen Kunstgewerbes. Die Betrachtungen der deutschen Presse aus Anlaß der 25jährigm Jubelfeier des deutschen Reichstages klangen im allgemeinen recht frostig. Begreiflich genug! Für den gegen- wä tigen Reichstag können sich wohl nur die wenigsten Men gen erwärmen. Es läßt sich auch nicht verkennen, daß von Legislaturperiode zu Legislaturperiode ein beständiges Herabgleiten da äußeren und inneren Bedeutung der deutschen Volksver- treiung stattgefunden hat, sodaß, wenn diese Erscheinung dauernd sein sollte, die Verlängerung der Legislaturperioden von drei zu fünf Jahren als eia wahrer Segen zu betrachten ist. Aber Man darf sich durch gewisse Schlacken und Rostflecken, die dem deutschen Parlamente je länger je mehr anhaften und ihm die Sympathien des deutschen Volkes in bedenklichem Maaße ent- bemden, den Blick für das Allgemeine nicht trüben lassen. Mag die breite und oft seichte Redseligkeit unserer Volksvertreter, die meist im umgekehrten Verhältnisse zu den vollbrachten Thaten sieht, mag die Gewohnheit, anstatt ernste Dinge ernst und sach lich zu behandeln, lange Reden zum Fenster hinaus zu halten, entweder um draußen aufhetzend zu wirken, oder um das eigene Licht vor aller Welt leuchten zu lassen, noch so abstoßend wirken, so wird man doch zugeben müssen, daß ein vollgiltiger Ersatz sür den Parlamentarismus bisher nicht erfundcir ist und daß sich dabei trotz alledem die guten und die nachtheilizen Seiten Noch immer die Waage halten. Auch der Umstand soll und darf nicht vergessen werden, daß, so sehr sich auch unsere Volksver tretung unter dem Einflüsse des allgemeinen, gleichen und ge- beimen Wahlrechtes äußerlich und innerlich vergröbert hat, der Ton, der im deutschen Reichstage bisher geherrscht, noch immer weit über dem Tone der meisten anderen Parlamente steht. Auch was die moralische Seite im weitesten Wortsinne anlangt, so können sich unsere Abgeordneten noch immer, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, die nur die Regel bestätigen, an aller erster Stelle zeigen. Das soll man doch auch nicht übersehen, wenn man die reichstägliche Bilanz zieht. Aus Friedrichsruh wird der „AugSb. Abendztg." ge weidet: „Das Gcburtstagsfest des Fürsten Bismarck wird am 1. April d. I. im Gegensatz zu den früheren Jahren stiller ge feiert werden. Der Fackelzug, den die Hamburger dem Fürsten in gewohnter Weise alljährlich bringen, wurde auch diesmal an genommen, da der Fürst dem Wunsche seiner Nachbarn nicht entgegentreten wollte; dagegen werden andere Deputationen vor- üUSsichtlich nicht empfangen werden. Die ganze Feier wird in diesem Jahre sich auf eine Familienfeier bsschränken, zu welcher nur einige wenige intimere Freunde eingeladen werden. Das Allgemeinbefinden deS Fürsten Bismarck ist nach wie vor recht Zufriedenstellend; allein man ist in der Umgebung des Fürsten erklärlicherweise darauf bedacht, jede Anstrengung von dem Fürsten sernzuhalten." Berlin, 24. März. Den Morgenblättern zufolge theilte das Komitee für die Erbauung der Kaiser Wilhelm-Gedächtmß- kirche mit, daß die Baukosten 3 400 000 Mark betragen. Bis jetzt sind 3100000 Mk. aufgebracht. Thorn, 23. März. (Meldung der „Deutschen Tagesztg.") In der vergangenen Nacht wurde ein Militärposten angegriffen. Während er von hinten niedergeschlagen wurde, entlud sich sein Gewehr, wodurch er am rechten Lein schwer verwundet wurde. Köln, 23. März. (Meldung der „Voss. Ztg.') Auf dem bei Kierberg unweit Köln gelegenen Steinkohlcnbrikettwerk erplodirte ein Trockenkessel. Ein Arbeiter wurde getödtet, zwei * wurden tödtlich verwundet und ein Anzahl anderer leicht verletzt. Biele Fenster in der Nachbarschaft wurden zertrümmert. Köln, 24. März. Die hiesigen Stukkateure haben gestern die Arbeit eingestellt, da die Arbeitgeber den diesjährigen Lohn- tarjf nicht durch Unterschrift anerkennen wollten. Osnabrück, 24. März. Von den am 20. März durch Erdrutschungen im Schacht „Hermine" am Hüggel-Hasbergen ^schütteten Bergleuten wurden 2 lebend und gesund auf- wllMKM visA lieäonsnb'ardr Isums IVm. . mir 7 biNOp 14, 15.0 M Imtsölass für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt.