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WMü für Ms druff Tharandt, Aossrn, Menlehn und die Umgegkndkn. Imtsötnll für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugschreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Lruü und Verlag von Marrin Berger ui Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H A. Berger daselbst. M?». 67 Dienstag, den 9. Juni 1896. Die nachstehende Bekanntmachung der Königlichen Polizeidirektion Dresden wird im Hinblicke darauf, daß im Juuern von Altstadt-Dresden anch Lastfuhrwerk aus dem hiesigen Verwaltungsbezirke verkehren dürfte, hiermit zur allgemeinen Kenntniß gebracht. Meißen, am 1. Juni 1896. Königliche Amtshauptmannschaft. vor» Bekanntmachung, den Verkehr von Lastwagen im Innern von Altstadt-Dresden betr. Die stetige Zunahme des Fuhrwerksverkehrs im Juneru der hiesigen Altstadt und die gerade dort sehr beengten nud ungünstigen VeAehrsverhältnisse zwingen die Königliche Polizeidirektion nunmehr, für den LN irv«genverkeyr die nachstehenden Beschränkungen anzuordnen. Von» t. Juli dieses Jahres ab dürfen Lastwagen alter Art u., auf sämnitlichen Strahsn und Mätzen, welche innerhalb des durch Theaterplatz, Sophienstraße, Zwiugerstraße, Am See, Dippoldiswaldaer Platz, Waiseuhausstraße, Georgplatz, Jwhanuesstraße, Pirnaischer Platz, Landhausstraste, Neumarkt, Augustusstraße, Schloßplatz gebildeten Straszenzuges gelegen sind, r»., auf der Mager Strafzs non der Sesstrasze bis zur Wiener Strahe nur dann noch verkehren, wenn sie daselbst eine mit ihrer Bestimmung unmittelbar zusammenhängende Verrichtung zu erfülle»» haben. Der in Punkt 1 unter a bezeichnete Straßenzng bleibt zwar für den gesummten Lastfuhrwerksverkehr auch fernerhin freigegeben; es hat jedoch vom 1. Juli dieses Jahres an aller Durchgangsverkehr von Lastwagen auf der waisenhausstrasze nur in der Richtung von» Dippoldiswaldaer Matze nach dem Gesrgpiatze stattzufinden. Die Gepäckwagen der Aöniglichen und prrnzlrchen Hofhaltungen, sowie die wagen -er kaiserlichen Mst sind von der Beschränkung in Punkt 1 ausgenommen. 4-, Alle diejenigen Anordnungen, welche für einzelne Straßen und Plätze innerhalb des Punkt 1 unter n bezeichneten Stadttheiles bisher sonst schon ergangen sind, bleiben fortbestehen. 5., Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden auf Grund von 8 166 der Verkehrsordnung für die Stadt Dresden vom 1. September 1894 mit Geldstrafe bis zn 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen geahndet werden. Dresden, am 20. Mai 1896. Die Königliche Polizeidirektion, Abtheilung L (gez.) »v. Polizeirath. Sonnabend, den 13. Ss. Mts., Nachmittags 6 Uhr sollen im hiesigen Schicßhanse die der Vogelwiese, des Badeplatzes, rechts und links an der Freibergerstraße und der Brücke, in den Stadtgräben, sowie aiu Mühlgraben unter den im Termin bekannt gemacht werdenden Bedingungen meistbietend verpachtet werden. Wilsdruff, am 8. Juni 1896. Ler S t a ö L g e m e i n d e r a t l). I. V. lNr. Stadtrath. Bslanntmachnng. Der von Hühudsrf nach Rttksrs-orf führende Kommunikationsweg wird mit Genehmigung der Königlichen Amtshauptmannschaft Meißen wegen Massenschüttung vom fO. b-s mir 15. d. m. für allen Fährverkehr gesperrt. Der Verkehr wird während dieser Zeit auf den Oberwarthaer Weg verwiesen. Hühndorf, den 8. Juni 18961 Gem.-Vorst. Oie Krönilngssejerlichkeiten in Moskau von Paul Lindenberg. (Nachdruck verboten.) XI. Das Volks-,Fest" auf dem Chodinskoje-Felde. Moskau, 30. Mai. Daß heute etwas ganz Besonderes los war, merkte man Ichvn früh in unserem behaglichen deutschen Heim; die russischen Dienstboten liefen in merkbarer Aufregung umüer, alle Hand- üistungen gingen fünfmal schneller wie jonfl von statten und Blumer häufiger richteten sich ihre Bvcke nach der Uhr, welche Oe neunle Morgenstunde zeigte. Eine Elande später war Nichts mehr von ihnen zu sehen und zu hören: Nikita, der Diener, und die beiden Mädchen Natalie und Aniuta, sie waren verschwunden, mit Erlaubnis aber sie wären auch ohne die- stlbe fortgeeitt, keine Macht der Erde hätte sie heute zurück- Kehbiten, heute, wo das große Volksfest auf dem Chodinskojc« st6de stattfinden sollte! Was war von demselben schon vor her gefabelt worden, unter den weniger bemittelten BevölkerungS- !chnwn, von seinen umsonst dort zu erhaltenden Eßschätzen, mnen Vergnügungen, seinen Reizen aller Act, und Millionen und Aberuullionen von Russen, die nicht im Schatten des AioSkauer Kreml wohnten, sie mochten heute not tiefer Sehn- lucht „Mütterchen" Moskaus gedenken und dem Schicksal ^vllln, daß sie dort nicht weilen durften. Aber „Mütterchen" Moskau hat heute wenig Sorge um 'hre KUnder gezeigt und eine schlimme Gastfreundschaft ausgeübt! Schon im Laufe des Vormittags drangen allerlei dunkle züchte zu u-rg, daß draußen auf dem Chodinskoje-Felde es jugegangen sei, es hätte beim Sturm auf jene Holzhütten, ' ^uen die Packete mit den Lebensmitteln, den Süßigkeiten "d dem emaillirten Zinnkruge auSgetheilt worden wären, Todre und viele Verwundete gegeben; Leute hätten es schreckens voll auf der Straße erzähl:, mit Furcht und Angst in den Mienen, aber man schenkte ihnen wenig Glauben, der Russe übertreibt ja gern und läßt oft, im Guten wie im Bösen, seiner Phantasie ungezügelten Lauf, und man weiß ja auch ferner, wie es bei derartigen VolkSoergnügungen zugeht, daß leicht aus der berühmten Mücke Ler Elephant gemacht wird, und wenn einer einen Armbruch erhielt, man gleich von schweren Unglückrfällen erzählt. Aber unsere mandeläugige Natalie mußte doch wohl besser wissen, wie es bei solchen Gelegen heiten, wie d:r heuugcn, in Rußland zugeht, denn, wenn auch nur im Scherz, dal sie vor dem Fortgehen ihre Herrschaft um Vergebung all ihrer Sünden, falls sie nicht wiederkehren sollte. Um die Mittagszeit waren wir draußen aus dem Felde, das sich unübersehbar weit ausdehnt und über welchem bei dem sonnig-heißen Wetter eine dicke Staubschicht lagerte. Von dichten Menschenschaaren war es besetzt, die sich aber bei der ungeheuren Ausdehnung der Fläche verlheilten und sich nur an einzelnen Grellen zu vielen Tausenden zusemmenrvtteten, so bei unserer Ankunft vor dem kaiserlichen Pavillon, den ich ja berells in meinen dritten Bericht beschrieben. Donnernde, sich minutenlang in immer erneuter Heftigkeit fortpflanzende Hochrufe ertönten, von den nahen Musikkapellen wurde die Nationalhymne angestimmt und von Vielen mitgesungen, die Mützen flogen in die Luft, auf den offenen Bühnen der Theater standen in ihren farbigen Kostümen die Schauspieler und Schauspielerinnen und sangen jubelnd das „Gott erhalte unsern Kaiser" mit, und dort auf der ersten Terrasse des Pavillons verbeugte sich der Herrscher, wiederholt die schwarze Militär- Pelzkuppe abnehmend, und neben ihm stand seine Gemahlin in hellgelbem Seidenkleide und neigte grüßend das zierliche Haupt, und orkangleich schwollen dann die Hochrufe an, die, wenn sie einmal ermatteten, kurz danach mit desto stärkerer Heftigkeit losbrachen. „Wot impsrutor, impsr-rtri^rr!" „Seht den Kaiser, die Kaiserin!" einer rief es dem anderen zu, die Kinder wurden hochgehoben, einige Wagen und Brunnen, die in der Nähe standen, erstiegen, ein gewaltiger, mitfortreißcnder Zug der Ver ehrung und Begeisterung ging durch diese vieltausendköpfige Menge, die von allen Seiten durch neue Schaaren vermehrt wurde. Wir schritten weiter, überall Lust und Leben, Frohsinn und Heiterkeit. Vor den Theatern — ich betone nochmals, daß das Feld ungeheuer groß ist und von keiner Stelle sich ganz überblicken läßt —, von denen vier in großer Ausdehnung errichtet worden waren, standen andere Tausende und betheiligten sich mit Mienen und Worten lebhaft an dem Spiel, das meist einen geschichtlich-patriotischen Hintergrund hatte und bei dem es selten ohne Schwerterklang und Kampfgesang abging. Dort auf erhöhten runden Tribünen spielten Militär-Musikkorps oder trugen Sänger und Sängerinnen nationale Lieder vor, zu denen die Bauern und Bäuerinnen unten, letztere in ihren grellen bunten Röcken und Kopftüchern, tanzten, an anderen Stellen zeigte ein Akrobat seine Künste, ein Seiltänzer ging über das hochgespannte Seil, ein Clown machte seine Späße, ein Kraftmensch spielte mit Zentnergewichten, ein Luftpallon wurde hochgelassen, Caroussels drehten sich zum Klange von Leierkästen — doch halt, nicht alle Caroussels, fünf, sechs sahen wir zusammengebrochen und dasselbe Schicksal theilten fast sämmtliche Schaukeln, sie lagen, zum Theil zerstückelt, auf dem Boden, wahrscheinlich am Vormittage von gar zu Vielen in Anspruch genommen. Aber wohin man sah und wohin man kam, heitere Gruppen, die sich oft gelagert hatten und von den in die schon früher beschriebenen Tücher eingewickelten Eßwaaren aßen, denn fast Jeder und Jede trug so ein Bündelchen bei sich; andere hatten sich vorsorglich selbst Lebensmittel mitgebracht und ihnen mundete sichtlich gut das Weißbrod mit dem Schlucke Wuttki aus der