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UchM MM!s WrM, Wo, Mt»W M die ftgMdei. Amts b LcrLt für die Lgl. Umlshauptmannschaft zu Meißen, das Kgl- Amtsgericht und den Siadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementvreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montag- und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 2. Dienstag, den 7. Januar 18SV. Erlaß an die Ortsbehörden, die Einreichung der Rekrutirnngs-Stammrollen betr. Die Ortsbehörden des hiesigen amtshauptmannschaftlichen Bezirkes werden wiederum darauf aufmerksam gemacht, daß die Militärpflichtigen durch öffentlichen Anschlag, öffentliche Bekanntmachung oder auf andere ortsübliche Weise unter Androhung der auf die Versäumniß gesetzten Strafen zur rechtzeitigen Anmeldung bei der Rekrutirungsstammrolle, welche nach § 25 1 der Wehr-Ordnung in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar erfolgen muß, aufzufordern sind. Die Rekrutirungs-Stammrollen sind nach erfolgter Eintragung der Militärpflichtigen in alphabethischer Reihenfelge mit den Geburtslisten, Geburtsscheinen, Loosungs - Scheinen und sonstigen Unterlagen bis zum s. Februar 188b hier einzureichen. Ueber etwaigen Abgang und Zugang Militärpflichtiger nach erfolgter Einreichung der Stammrollen ist sofort Anzeige bez. unter Beifügung eines Stammrollen-Nachtrages anher zu erstatten. Meißen, am 28. Dezember 1889. Königliche Amtshauptmgnnschast. v. Kirchbach. Bekanntmachung, die Wahl von Bezirkstags-Abgeordneten aus den Höchstbestenerteu betr. Bei der am 28. vorigen Monates erfolgten Ergänzungswahl von Bezirkstagsabgeordneten aus den Höchstbestsuerten sind die zeitherigen Herren Abgeordneten, als: Gutsbesitzer Dietrich aus Nimtitz und Harz in Beicha, Rentner Alspfer und Staotrath Aurtz in Meißen, Fabrik besitzer Münzner in Obergruna, und die Rittergutsbesitzer Schrsber auf Staucha und Oehnrichen auf Scharfenberg wieder gewählt worden. Meißen, am 3. Januar 1890. Königliche Amtshauptmannschaft. v. «Kirchbach. Tagesgekchichte. Berlin, 2. Januar. Se. Maj. der Kaiser hat an den Reichs kanzler Fürsten v. Bismarck die nachstehende an der Spitze der heutigen Nummer des „Reichsanzeiger" befindliche allerhöchste Ordre erlassen: „Zum bevorstehenden Jahreswechsel sende Ich Ihnen, lieber Fürst, Meine herz lichsten und wärmsten Glückwünsche. Voll innigen Dankes gegen Gott blicke Ich zurück auf das zu Ende gehende Jahr, in welchem es uns be- schieden war, nicht nur unserem theueren Vaterlande den äußeren Frieden zu erhalten, sondern auch die Bürgschaften für Aufrechterhaltung des Friedens zu verstärken. Mit hoher Befriedigung hat cs mich auch erfüllt, daß es unter der vertrauensvollen Mitwirkung der Vertretung des Reiches gelungen ist, das Gesetz über die Alters- und Jnvaliditätsversicherung zu Stande zu bringen und dadurch einen wesentlichen Schritt auf dem Mir besonders am Herzen liegenden Gebiete der Fürsorge für die arbeitende Bevölkerung vorwärts zu thun. Ich weiß sehr wohl, welch reicher An theil an diesen Erfolgen Ihrer aufopfernden und schaffensfreudigen That- kraft gebührt und bitte Gott, er möge Mir in Meinem schweren und ver antwortungsvollen Herrscherberufe Ihren treuen und erprobten Rath noch viele Jahre erhalten. Berlin, 2. Januar. Ein entsetzliches Verbrechen, anscheinend einen Doppelraubmord, hat die Kriminalchronik bereits im neuen Jahre zu ver zeichnen. In der Havelbergerstraße Nr. 3. in Moabit ist heute Vormit tag 10 Uhr die Schankwirthin Tegtmeiner in ihrer Wohnung, in einer Blutlache liegend, mit mehreren Stichen am Halse als Leiche aufgefunden worden, während ihre Tochter ebenfalls todt, jedoch ohne äußerlich wahr nehmbare Verletzungen im Bett lag. Die Erhebungen von Seiten der zuständigen Behörden haben eben erst begonnen, sodaß sich Näheres über das Verbrechen, welches diesem entsetzlichen Funde zu Grunde liegen dürfte, noch nicht feftstellen ließ. Beide Häuser des preußischen Landtages find durch Königliche Verordnung vom 30. Dezember 1889 auf den 15. Januar d. I. einbe rufen worden. Als besondere Vorlagen, über welche dieselben zu berathen haben werden, nennt man vorläufig ein Steuerreformgesetz und ein Gesetz über die Verwendung der Sperrgclder. Es sind jetzt anderthalb Jahre, soschr eibt die „Nationalliberale Korre spondenz", daß Se. Maj. Kaiser Wilhelm II. auf dem Throne sitzt, und die Welt, auch wenn man hier und da im Ausland wirklich oder er heuchelte Besorgnisse der Herrschaft des jungen Kaisers entgegenbrachte, mußte sich überzeugen, daß er die weise und besonnene Friedenspolitik, welche sein Vorgänger dem neuen deutschen Kaiserthum zur hohen Auf gabe gestellt, auch für seine Wallung zur Richtschnur genommen hat. Die Befestigung dieser Ueberzeugung und das persönliche Auftreten unseres Kaisers haben hauptsächlich das Verdienst daran, daß die Weltlage heute ein verhältnißmäßig freundliches und vertrauenerweckendes Antlitz darbietet. Und auch bei sich zu Hause hat das deutsche Volk keine gerechte Ursache, über das jetzt verflossene Jahr zu klagen. Unter dem äußeren Frieden und der Sicherheit, die ein starkes monarchisches Regiment und eine feste ge setzliche Ordnung gewähren, ist Handel und Wandel gediehen und ehrliche Arbeit hat lohnenden Erwerb gefunden. Wie sehr immer Parteien, deren Lebensbedingung in der Unzufriedenheit des Volks und deren Aufgabe demgemäß in der Aufreizung zu solcher besteht, ihre hetzende, das Mißver gnügen schürende Thätigkeit entfalten mögen, sie können dieThatsache doch nicht verdunkeln, daß es in der ganzen Welt kein Land mehr gicbt, in welchem die gesellschaftlichen und wirthschaftlichen, die Lebens- und Er- werbsverhältsmsse besser wären. In dieser Behauptung können uns auch die heftigsten Kämpfe, die gerade im verflossenen Jahre zwischen Arbeitern und Arbeitgebern ausgefochten wurden, nicht irre machen. Diese Kämpfe sind keineswegs eine deutsche Eigentümlichkeit, sie treten auch bei uns durchaus nicht mit besonderer Schärfe auf; sie herrschen in allen Kulturlän dern, unter allen Staatsordnungen und Gesetzgebungen als natürliche Folge der tiefen Umwälzungen, welche unser ganzes wirihschaftliches Leben in den letzten Jahrzehnten erlitten hat und noch immer leidet; sie sind das naturwüchsige Ringen eines neuen Geschlechts nach neuen Formen des sozialen und wirthschaftlichen Lebens, ein Ringen, das freilich in dieser Menschenwelt niemals zu Ruhe kommen, doch aber hoffentlich mehr und mehr in den Grenzen eines geordneten, gesetzmäßigen Wettstreits sich ab spielen wird. Was Staat und Gesetzgebung thun können, um die Schärfe dieser Kämpfe abzuschwächen, ist gerade in Deutschland muthig und opfer willig geschehen. Wenn irgend Etwas die sozialistisch erregten, dem Staat- und der heutigen Gesellschaftsordnung entfremdeten Arbeitermasfen versöhnen kann, so ist es der Versuch, dieselben von der Fürsorge des Staates und der bürgerlichen Gesellschaft zu überzeugen und sie mit festen Banden realer Interessen an die Ordnung zu knüpfen. Dabei muß freilich auch die Thätigkeit der Einzelnen, der Arbeitgeber sowohl, als der Arbeiter, Mit wirken, wenn die bestehenden tiefen Klassengegensätze sich mildern und ausgleichen sollen. Würzburg. Hier sind 200 Bahnbeamte an der Influenza erkrankt. In der freien Schweiz ist man im Begriff, die von den be geistertsten Anhängern dieser kleinen Republik so arg verlästerte deutsche soziale Gesetzgebung sich zum Vorbild zu nehmen. Nach einem Antrag des Bundesrathes soll dem Art. 34 der Verfassung folgender Zusatz ge geben werden: „Der Bund ist befugt, im Wege der Gesetzgebung die obli gatorische Unfallversicherung einzurichten. Er ist im Weiteren befugt, über die Krankenversicherungen gesetzliche Bestimmungen zu treffen und für fämmtliche Lohnarbeiter den Beitritt zu einem Krankenkassenverband zu erklären." Zürich, 2. Januar. Gestern Abend 10 Uhr brach im Foyer des Theaters Feuers aus, durch welches das ganze Gebäude zerstört wurde; vom Publikum ist Niemand verunglückt, von den Dekorationen nichts ge rettet. Das anstoßende Staatsarchiv und das Rcgierungsgebäude blieben unversehrt. Das Feuer entstand im Foyer durch die Unvorsichtigkeit zweier Mägde. Als der Regisseur auf der Bühne davon unterrichtet wurde, erklärte derselbe sofort dem Publikum, die Vorstellung könne nicht zu Ende geführt werden wegen Erkrankung eines Schauspielers. Der Zuschauerraum leerte sich in Folge dessen ganz ruhig, während bereits die Hellen Flammen emporstiegen. In Oesterreich finden zur Zeit wieder einmal Ausgleichsversuche zwischen den deutschen und dm tschechischen Abgeordneten des böhmischen Landtages statt, die diesmal cms dem Grunde befonderes Interesse bean spruchen dürfen, weil der Ministerpräsident Graf Taaffe, wie es heißt auf besonderen Wunsch des Kaisers, die Verhandlungen leidet. Bekanntlich sind die deutschen Abgeordneten, weil man ihren Forderungen nicht das geringste Entgegenkommen zeigte, vor nunmehr drei Jahren aus dem Land tage ausgeschieden und konnten, nach Ungiltigkeitserklärung ihrer Man-