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UHM MÄch WM, Wo, ZiedcilW M die KMMki. Arntsblatl ... für die Kgl. Amtsbauvtmaunscbaft zu Meißen, das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 2S. Freitag, den 28. März 1890. Erlaß an die Ortsbehörden, die Fürsorge für die öffentlichen Wege betreffend. Unter Hinweis auf den in den Amtsblättern «bedruckten Erlaß vom 3. April vorigen Jahres und in Ergänzung desselben werden die Wege baupflichtigen des hiesigen Verwaltungsbezirkes mit Rücksicht auf die in diesem Frühjahre auf den Communicationswegen häufig aufgetretenen Quell brüche angewiesen, thunlichst bald die entstandenen Quellbrüche gehörig tief, und zwar bis auf den trockenen Boden auszugraben und in ähn licher Weise wie Vorlager mit groben Steinen auszufüttern, dann mit Klarschlagsteinen und Kies zu überdecken und, wo dieselben in größerer Länge aufgetreten sind, in Entfernungen von 10—12 m Drainagen nach den Seitengräben anzulegen. Meißen, am 25. März 1890. Königliche Amtshauptmannschast. v. Kirchbach. Konkursverfahren. Ueber das Vermögen des Händlers Frie-rich August Herrmann (in Firma „F. A. Herrmann") in Wilsdruff wird heute ÜM 26ten März 1890, Vormittags V»12 Uhr das Konkursverfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt Gustav Müller in Dresden wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 19. April 1890 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in § 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf de« 2«. April 1890, Bormittags 9 Uhr vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Perfonen, welche eins zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gsmeinschuldnsr zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 13ten April 1890 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Wilsdruff. Bekannt gemacht durch: Busch, G.-S. Dagesgeschichte. Kaiser Wilhelm hat, wie dem Londoner „Times" aus Wien ge meldet worden ist, den Kaiser vonOesterrei ch und denKönig von Italien privatim von dem Kanzlerwechsel unterrichtet und dabei be tont, daß derselbe eine Aenderung in der auswärtigen Politik des Deutschen Reiches nicht bedeute. Der Kaiser halte am Dreibunde fest. — Nach Meldung des „Wiener Tageblattes" ließ Kaiser Wilhelm dem Kaiser Franz Joseph den Wunsch ausdrücken, die für den Herbst geplante Begegnung früher zu ermöglichen. Der Wunsch des deutschen Kaisers finde seine Begründung in der durch den Rücktritt Bismarck's geschaffenen Lage; auch wolle der Kaiser dem befreundeten Monarchen mündliche Mittheilungen über die Gründe und die Bedeutung des Rücktrittes machen. Die tiefernste Stimmung, in der der Kaiser sich dazu ent schlossen hat, das Entlassungsgesuch des Fürsten Bismarck zu genehmigen, tritt deutlich in nachstehendem Telegramm der „Nat.-Ztg." hervor: Wei mar, den 24. März. Die „Weimarische Zeitung" theilt ein Telegramm des Kaisers vom Sonnabend (vermuthlich an den Großherzog) mit. Nach Erwähnung der schmerzlichen Stunden bitterer Erfahrungen fährt der Kaiser fort: Ihm sei so weh um'sHerz, als ob er nochmals seinen Groß vater verloren hätte. Das von Gott Bestimmte habe er zu tragen, auch wenn er zu Grunde gehen sollte. Er sei der wachthabende Offizier auf dem Staatsschiffe. Der Kurs bleibe der alte. Nun mit vollem Dampf voran! In den weiten Kreisen des deutschen Volkes, welche den Rück tritt des Kanzlers als eine nothwendige Schicksalsfügung aufgefaßt und mit dem Kaiser als eine solche beklagt haben, wird man sich mit ihm auch Eins fühlen in der Stimmung, die aus diesem Telegramm spricht. Berlin. Fürst Bismarck wurde am Mittwoch vom Kaiser in Ab schiedsaudienz empfangen. Dieselbe währte eine volle Stunde. Daraus verabschiedete sich Fürst Bismarck auch von der Kaiserin. Auf dem Hin- und Rückweg begegnete Fürst Bismarck stürmischen Huldigungen des zu Tausenden angesammelten Publikums. Damen überreichten Blumen und warfen solche in den Wagen, an den die Menge sich dicht heran drängte. Durch die brausenden Hoch- und Hurrahrufe wurden die Pferde der Kalesche ideS Fürsten Bismarck scheu. Das eine verwickelte sich in die Stränge. Fürst Bismarck mußte aussteigen und eine Strecke zu Fuß gehen. Die Ovatjonen erhöhten sich dabei noch. Fürst Bismarck dankte mit freund lichem Gruß und reichte einigen der zunächst Stehenden die Hand. Ein Theil des Publikums machte auch den Versuch, sich selbst an den Wagen zu spannen, Fürst Bismarck wehrte dies aber ab. Als der Wagen wieder in Gang gebracht war, begab sich der Fürst zu den badischen Herrschaften. Donnerndes Hurrah empfing ihn, als er in das Kanzlerpalais zurück kehrte. Nachdem er ausgestiegen, trat er auf den Perron des Hofes und stellte sich stramm und hochaufgerichtet neben den Wagen, von wo aus er mit freundlichem Ernst wiederholt militärisch die sich vor das Gitter drängende Menge begrüßte. Als dieselbe die Huldigungen fortsetzte, er schien er später wiederholt grüßend am Fenster. Ein großer Theil der Hof gesellschaft fuhr Nachmittags am Kanzlerpalais vor, um sich zn verabschieden. Es bestätigt sich, daß Fürst Bismarck die Würde eines Herzogs von Lauenburg abzulehnen beabsichtigt. Eine Entscheidung über den Nach folger für den Grafen Herbert Bismarck ist noch nicht getroffen. Wenn bei dem Rücktritte des Fürsten Bismarck naturgemäß der un vergleichlichen Verdienste desselben um Deutschland mehr denn je gedacht wird, so darf vor Allem auch des warmen Interesses, welches derselbe für das Gedeihen der deutschen Industrie und Landwirthschaft und das Wohl befinden der in diesen Erwerbszweigen beschäftigt n Arbeiter nicht bloß empfand, sondern auch das Wirksamste bethätigte, nicht vergessen werden. Jbm ist es zu danken, daß in Deutschland zu einer Zeit, wo ein schwerer Rückschlag gegen die Ausschreitungen der Gründerjahre eine beinahe ein halbes Menschenalter andauernde Periode des Rückganges der Preise und des Absatzes von Erzeugnissen der Industrie einleitets und zugleich die Concurrenz bisher an der Versorgung Europas mit Produktion der Land wirthschaft nicht betheiligter Länder Plötzlich mit überwältigender Gewalt auftrat, zu einer Verstärkung des Zollschutzes übergegangen ist. Allein dieser Wendung unserer Zoll- und Handelspolitik ist es zu danken, daß es England, welches nicht nur den Vortheil ungemein günstiger Produk tionsverhältnisse, sondern auch einen Vorsprung von mehr als fünzig Jahren in Bezug ans Entwickelung der Industrie und Capitalkraft vor uns voraus hat, nicht möglich wurde, unsere Industrie in dem Concurrenz- kampf zu vernichten oder selbst ernstlich zu schädigen. Ihr gebührt auch das Verdienst, daß die deutsche Landwirthschaft durch jenen plötzlichen und heftigen Ansturm billiger, Getreide erzeugender Länder nicht zu Grunde gerichtet, sondern, vor dem schlimmsten geschützt, in den Stand gesetzt ist, sich auf jenen ausländischen Mitbewerb allmählich einzurichten. Ohne jene mit voraussehendem Scharfblicke durchzeführte Veränderung unserer Zoll und Handelspolitik wäre somit ein großer Theil der in der deutschen Industrie und Landwirthschaft beschäftigten Arbeiter außer Arbeit gerathen oder wenigstens in seinem Arbeitsverdienst schwer geschädigt worden. Die deutschen Arbeiter vor Allem sind es, deren Existenz durch die von dem Fürsten Bismarck eingeleitete Wirtschaftspolitik in wirksamer Weise ge schützt ist. Diese wird daher mit Recht als die Politik des Schutzes der nationalen Arbeit bezeichnet. Es ist schon jetzt augenscheinlich, daß die jenigen Politiker, deren eifriges Bestreben dahin geht, den Arbeitsverdienst der in der deutschen Industrie beschäftigten Arbeiter in die Taschen der englischen Arbeiter, den der in der deutschen Landwirthschaft Thätigen in dis der Russen oder Amerikaner zu leiten, aus dem Rücktritte des Fürsten Bismarck neue Kraft und neuen Muth zur Verwirklichung ihrer Ab sichten schöpfen. Berlin, 26. März. Das „B. T." berichtet: Die Arbeiterschutz konferenz dürfte ihre Arbeiten am 30. März abschließen. An diesem Tage wird Se. Majestät der Kaiser die Mitglieder des Kongresses empfangen und eine Anrede an sie richten. An dem vorangehenden Tage findet wieder eine Galavorstellung im Königlichen Opernhause zu Ehren der Kongreß mitglieder statt. Im Laufe dieser Woche geben die Delegirten zu Ehren des Präsidiums ein großes Galadiner. Der neue Reichstag, dessen Zusammenterten gleich nach Ostern bevorsteht, kann eine einigermaßen nützliche und erfolgreiche Thätigkeit nur dann entfalten, wenn es gelingt, für die Vorschläge der Regierung eine aus den bisherigen Kartellparteien und den gemäßigten Elementen, sei es der Centrums-, sei es der deutschfreisinnigen Partei, bestehende Ma jorität zu bilden. Die Oppositionsparteien für sich allein können bei dem vollständigen Auseinandergehen in fast allen positiven Anschauungen nichts leisten, und eine aus den Konservativen und dem Centrum nebst seinen Anhängseln bestehende Mehrheit zur Stütze der Regierungspolitik zu machen, ist ein Gedanke, der in einigen reaktionären Köpfen der beiden