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Erscheint s »Schentlich dreimal u. zwar DienSt tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertel), s Mk. 30 j)f., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern s0 Pf. ThmM. Dchen, Sikbtlllkhn m- die UmWtM. RmtsblM Inserat« werden Montags, Mittwoch» «Aö freitags bi» spätestens Mittag» s2 Uhr angenommen. Jnsertionspreis s O pf. pro dreige- spaltens Lorpuszeile. für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt Druck und Verlast von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 17. Sonnabend, den 8. Februar 18S«. Das Bürgerliche Gesetzbuch vor dem Reichstage. »Möge der große Moment kein kleines Geschlecht gefunden haben" — mit diesem Wunsche schloß der freisinnige Abgeordnete Schröder seine Rede bei der erstmaligen Beratung des Ent wurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches im Reichstage. Wahrl'ch, fast wie eine Satyre auf dem gegenwärtigen Reichstage nimmt sich dies Wort eines seiner Mitglieder angesichts der Haltung deS Parlaments beim Herantritt an eine der wichtigsten und bedeutsamsten gesetzgeberischen Aufgaben aus, die es seit dem Bestehen des Reichstages überhaupt gegeben hat. Unter auf- . fällig schwacher Besetzung des Hauses ward die Generaldebatte über die Vorlage begonnen, welche bestimmt ist, Deutschland neben der vor fünfundzwanzig Jahren errungenen nationalen und po litischen Einigung nunmehr auch die Einheit aus dem Gebiete der Rechtspflege zu geben, und auch im Fortgange der Debatte erwies sich das Haus nur höchst mittelmäßig besetzt. Wenn nicht einmal die Bcrathung eines solchen nationalen Monumen- tolwerkes, wie es durch das Bürgerliche Gesetzbuch dargestellt wird, im Stande ist, selbst nur die Hälfte der 397 Neichsboten zur Stelle zu bringen, wenn die einschneidendste und gewaltigste Materie, welche der deutschen Volksvertretung seit langen Jahren jetzt unterbreitet wird, vor Halbleeren Bänken zur allgemeinen Erörterung gelangt, dann möchte man allerdings meinen, der große Augenblick habe leider nur ein kleines parlamentarisches Geschlecht gefunden. Und solcher äußerlichen Bauart, welche das Parlament einem der hervorragendsten Gesetzgebungswerkc seit Gründung des Reiches entgcgenträgt, scheint auch die Behandlung desselben im Reichstage entsprechen zu wollen. Es läßt sich wenigstens nicht behaupten, daß die mehrtägige Generaldebatte über das Bürgerliche Gesetzbuch einen besonders hohen Flug genommen und packend und hinreißend auf das Land eingewirkt habe. Wohl fehlt es nicht an Momenten, in denen echte nationale Begeister ung über das große Werk aus der Diskussion hervorblitzte, in denen einzelne Redner schwungvoll auf die Nothwcndigkeit für das deutsche Volk, nun endlich auch zu seiner rechtlichen Einig ung ?u gelangen, hinwiesen. Aber im Großen und Ganzen be wegte sich die erste Lesung des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Volksvertretung nicht in jenen Bahnen, die man hätte erwarten müssen. Die großen Gesichtspunkte der gejammten Frage traten mehr oder weniger gegenüber den kleinen Momenten und Einzel heiten zurück, man hielt sich mehr bei den Einwänden gegen die geplante gewaltige Reform unserer Rechtspflege auf und wollte deren leuchtenden Seiten nicht voll zur Geltung gelangen lassen. Auch trat der juristische Charakter der Debatte zu sehr hervor, in der Commission wäre doch wahrhaftig noch Zeit und Gelegen heit genug zu tiefsinnigen juristischen Auseinandersetzungen über Wesen und Zweck der Vorlage. Jedenfalls bildete aber die vom Centrumsabg-ordneten Dr. Rintelen abgegebene Erklärung, daß seine Partei das ganze Gesetz verwerfen würde, falls in demselben das Eherecht nicht im Sinne der katholischen Kirche geregelt werden, wenn also der Entwurf nicht die Abschaffung der Civilehc und die Unauf löslichkeit der Ehe aussprechen sollte, das bemerkenswertheste Er- gebniß der Generaldebatte. Sollte es dem Centrum wirklich Ernst mit dem Verlangen sein, derartige Bestimmungen in das neue Bürgerliche Gesetzbuch ausgenommen zu sehen und sollte diese ausschlaggebende größte Partei des Reichstages gegentheiligen Falles dann wirklich gegen das ganze Gesetzbuch stimmen, so wäre das Scheitern des Reformwerkes allerdings ziemlich sicher. Aber vielleicht ist die vorläufige Haltung der Centrumspartci nur durch taktische Gründe veranlaßt und vielleicht vollzieht sie im weiteren Gange der Verhandlungen doch noch einer wohlwollenvere Schwenkung gegenüber dem Entwürfe des Bürgerlichen Gesetz buches. Immerhin müssen dessen parlamentarische Aussichten als höchst schwankende bezeichnet werden, und ob die Reichstogs kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch einen geeigneten Boden zu einer späteren Verständigung der Parteien im Plenum auf finden wird, das muß zunächst noch völlig dahingestellt bleiben. Tagesgeschichte. Die im Reichstag seit Montag im Gange befindliche erstmalige Beralhung des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetz buches verläuft bis jetzt ziemlich einförmig und trocken, nur hie und da klingen manchmal lebendigere begeisternde Töne hin durch. Auch das äußerliche Interesse, welches die Volksvertret ung dieser ihr nun unterbreiteten in jeder Beziehung gewaltigen Vorlage entgegenträgt, muß als ein recht mäßiges bezeichnet werden, das Haus war am Montag wie an den anderen der Generaldebatte über das Bürgerliche Gesetzbuch gewidmeten Sitzungen durchschnittlich kaum zum sechsten Theile besetzt, eine vollere Besetzung des Reichstags hätte man angesichts eines so überaus wichtigen Gegenstandes doch wohl erwarten vürfen. Was die parlamentarischen Aussichten des Entwurfes anbelangt, so zeigten vor Allem die am ersten Berathungstage abgegebene Erklärung des Centrumsredners Dr. Rintelen, seine Partei fordere die Beseitigung der Civilehe und der Ehescheidung, sonst müsse sie gegen das ganze Gesetz stimmen, und weiter hin die Verschiedenartigkeit der Anschauungen über die formelle Behandlung des riesigen Entwurfes bereits, welche großen Schwierigkeiten in dieser nun aufgerollten Frage zu überwinden sein «erden. Wann und ob überhaupt das Schiff des Bürger lichen Gesetzbuches in den rettenden Hafen cinlaufen wird, das ist jedenfalls noch ein durchaus unklares Problem. Der Freiherr v. Hammerstein ist mit seinen polizei lichen Begleitern am Dienstag früh gegen 7 Uhr in Berlin eingetroffen und sofort nach dem Untersuchungsgefängniß in Moabit übergeführt worden. Hiermit hat die seltsame Wander fahrt Hammersteins ihr sehr prosaisches Ende gefunden. In dem Handbuch für das Deutsche Reich auf das Jahr 1896 ist auch wieder eine Liste S. M. Kriegsschiffe enthalten. Danach hat Deutschland 22 Panzerschiffe, wovon 4 erster, 3 zweiter, 7 dritter und 8 vierter Klasse sind, 13 Panzerkanonen boote, 18 Kreuzer, wovon 3 zweiter, 7 dritter und 8 vierter Klasse sind, 5 Kanonenboote, 10 Avisos, 14 Schulschiffe und 9 Schiffe zu besonderen Zwecken, zusammen 91 Kriegsschiffe. Die Berliner Textilarbeiter gedenken, ebenso wie es jetzt die Konfektionsarbeiter gethan haben, den Fabrikanten der Branche im nächsten Monat einen Tarif vorzulegen, unter dem sie, von einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt an, keine Ar beiten unternehmen wollen. Da aber sogenannte Berliner Textilwaaren außer in Berlin und dessen Vororten noch an vielen anderen Fabrikplätzen Sachsens, Schlesiens und der Lausitz gearbeitet werden, so wird verlangt, daß der betreffende Lohntarif auch für diese Orte in Kraft trete. Die Tarif- Kommission hat zu ihren Arbeiten bereits Vertreter der bezüg lichen Orte, sowie die Weber- und Wirkerinnungen hinzuge zogen. Unter diesen Verhältnissen kann unter Umständen die Lohnbewegung der deutschen Textilarbeiter im Frühjahr größere Dimensionen annehmen. Die englische Presse fährt fort, ausführliche Auszüge aus dem werthvollen Berichte der englischen Abordnung über die festländische Eisen- u.d Stahlindustrie zu bringen. Diese Berichte sind für deutsche Leser um so interessanter, als sie sich in der Hauptsache auf die deutsche Industrie beziehen. Es heißt in dem Berichte u. a.: „Bewundernswerth war die herrliche Disziplin, welche wir in den festländischen Eisen- und Stahlwerken fanden. Die Arbeiter erfüllten ihre Pflichten wie auf militärisches Kommando. Da war keine Saumseligkeit, ungehörige Hast, kein Lärm, kein Faulenzen. Die Meister leiteten in ruhiger, unaufdringlicher Weise alles ohne Bewegung. Jeder Arbeiter arbeitete, als ob er ein Maschinentheil wäre, welcher das Richtige genau im richtigen Augenblick that, weil er nichts anders thun konnte." — „Uns fiel auch besonders der herrliche Körperbau der deutschen Eisenarbeiter auf und nicht minder ihre Nüchternheit, ihre Stetigkeit und ihre Be reitwilligkeit, den erhaltenen Befehlen zu gehorchen." — „Die Fähigkeit zu leiten und anzuweisen war nicht weniger hervor ragend, als die Bereitwilligkeit zu gehorchen. Der Umstand, daß die direkte Leitung und Aufsicht Männern anvertraut wird, welche ihre Würdigkeit und Fähigkeit bewiesen haben, und weiter der Vortheil, daß sie eine besonders wissenschaft liche und technische Ausbildung erhalten haben, muß einen besseren und haushälterischen Betrieb zur Folge haben. Auch auf die technische Ausbildung der Knaben und jungen Leute, welche Betriebsleiter, Meister rc. werden wollen, wird großer Fleiß verwandt." „Warum ist der deutsche Arbeiter besser?" fragt die „St. James' Gazette." „Weil Staat und Arbeit geber alles aufbieten, um möglichst viel aus ihm herauszube kommen, nicht indem sie ihn zu Tode jagen, nicht mittelst der vielen Aequivalente der Sklaoenpeitsche, sondern indem sie alle mögliche Fürsorge für seinen Körper tragen und Geld und Nachdenken auf ihn verwenden, damit er seinem Arbeitgeber und dem Gemeinwesen möglich viel nützt. Der Staat giebt ihm ziemliche Gewißheit, daß er niemals in Armuth gerathen wird wegen Krankheit, Unfall oder Alter. Die Bismarcksche Arbeitergesetzgebung hat, trotzdem von Zeit zu Zeit auch in Deutschland Beschwerden darüber auftreten, dem deutschen Ar beiter ein Gefühl der persönlichen Sicherheit verliehen." Im niederösterreichischen Landtage war am Diens tag eine stürmische Erörterung anläßlich des Dringlichkeitsan trages Luegers, die Regierung zur sofortigen Vornahme von Neuwahlen für den Wiener Gemeinderath aufzusordern. Pacher sagte, nur das Anstandsgefühl habe bisher die Antiliberalen abgehalten, jede Landtagssttzung durch Trommeln und Lärmen zu verhindern. Noske griff die Antisemiten an, worauf ihm Gregorig zurief: „Wart Burscherl, Dich werden wir kriegen." Abgeordneter Schneider sagt u. a.: „Statthalter Kielmansegg möchte ich zurufen, was fast alle Staatsbeamten sagen, daß die Nichtbestätigung Luegers nur durch Bestechung zu stände ge kommen ist." Landmarschall: „Ich rufe Sie zur Ordnung" Schneider: „Aber wahr ist's". Lueger erklärte gegen Noske, daß dieser persönlich und politisch ehrlos sei. Bei der Ab stimmung wird die Dringlichkeit des Antrages Lueger abgelehnt. Der erste große Ball im Stadthause zu Paris am 1. Februar verlief äußerst glänzend. Es waren dazu 12 500 Einladungen ergangen und dementsprechend konnte auch vom Tanzen nicht die Rede sein, sondern nur vom Drängen und Drehen der Ballgäste. Abends 11 Uhr erschien der Präsident der Republik mit seiner Gemahlin und machte den üblichen Um gang durch die Säle. Er hielt sich besonders in dem Karya tidensaal auf, wo die große Russenvase, das Geschenk des Zaren, seine Aufmerksamkeit lange fesselte. Auch Ministerpräsident Bourgeois und die übrigen Minister, der Senatspräsident, der italienische Botschafter und mehrere andere Diplomaten waren anwesend. In Sofia ist die „Bombe" endlich geplatzt. In feier licher Sitzung der Sobrange wurde am Dienstag das Mani fest des Fürsten Ferdinand vom Ministerpräsidenten Stoiloff verlesen, welches die Vornahme der orthodoxen Taufe des Erb prinzen Boris auf den 14. Februar festsetzt. Die Sobrange nahm die fürstliche Proklamation mit Begeisterung auf, auch in der bulgarischen Bevölkerung herrscht große Befriedigung über diesen entscheidenden Schritt des Fürsten. Die russischen Blätter geben natürlich ihrer Genugthuung über den Beschluß des Bulgarenfürsten ebenfalls Ausdruck und stellen jetzt eine vollständige Aussöhnung Rußlands mit der Regierung des Co burgers in Aussicht. Von einem Rücktritte des Cabinets Stoi loff ist jetzt begreiflicher Weise keine Rede mehr. Voraussicht lich wird aber Fürst Ferdinand die „Umtaufe" deS bulgarischen Thronfolgers neben der ihm gewissen vollen Feindschaft des Vaticans auch mit seinem häuslichen Glück bezahlen müssen. Es verlautet bestimmt, daß seine Gemahlin, Prinzessin Marie Lomse, der Feier des 14. Februar nicht beiwohnen, sondern noch vorher mit ihrem jüngeren Sohne, dem Prinzen Cyrill auf unbestimmte Zeit nach Frankreich abreisen werde. Die Nachricht, der Czar habe sich zur Uebernahme der Pathenschaft beim Prinzen Boris bereit erklärt, ist bis jetzt noch nicht amt lich bestätigt worden. Vaterländisches. Wilsdruff. Der hiesige Kirchenoorstand hat in Rück sichtnahme auf vielfach geäußerten Wunsch beschlossen, den Beginn des Gottesdienstes in den Monaten Februar und März bis auf weiteres von 8'/? Uhr, wie es bisher üblich war, auf y Uhr zu verlegen. — Kurze Mittheilungen aus der am 6. d. M., Nachm. 6 Uhr, auf hiesigem Rathssitzungszimmer stattgefundenen öffent lichen Stadtgemeinderaths sitzung. Auf der Tagesordnung waren 7 Gegenstände verzeichnet. 1. wurde von der erfolgten Ge- nehmigung des Haushaltplanes für sämmtliche hiesige städtische Kassen auf das Jahr 1896 durch die König!. Amtshaupt mannschaft Meißen Kenntniß genommen. — In der Ange legenheit betreffs des Herrn Tischlermeister Heinz, hier, wegen Erbauung eines Werkstattgebäudes und beziehentlich deS Ankaufs desselben Herrn Hausgrundstück kam man zu dem Beschlusse, diesen Punkt von der Tagesordnung abzusetzen, inzwischen jedoch die Größe dieses Grundstückes festzustellen, einen Grundplan anzufertigen und nachdem eine Lokalbefichtigung stattgesunden, endgiltigen Beschluß hierüber zu fassen. — Auf die Gesuche der Herren Braumeister Frühauf-Wilsdruff und König-Klipp« Hausen hin, will man die in hiesiger Brauerei befindlichen In« ventarstücke öffentlich versteigern und dies im vorliegenden Amts blatt veröffentlichen. — Betreffs des Gesuchs des Herrn Tischler meister Moritz Zschumpelt hier, will man unter Anerkennung der Bedürfnißfrage die Schankkonzession brfürworten. Auf