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Tharandt, Nasen, Aiebenlehn nnd die Umgegenden. Amtsblatt siir die Kömgl. Amtshauptmannschast zu Meißen, das Köniql. Amtsgericht und den Etadtrath zu Wilsdruff. 45. »»scheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Psg. — Inserate werden Nontag» und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 8. Dienstag, den 27. Januar 1885» Mekanntmachung. Der zuletzt in Wilsdruff und Umgegend gesehene Dienstknecht Friedrich Oswald Mager aus Mlt> Franken ist als Zeuge zu vernehmen. Diejenigen, denen der dermalige Aufenthaltsort Magers bekannt ist, ersuche ich, mir alsbaldige Mittheilung davon zugehen zu lassen. Dresden, den 23. Jan. 1885. Der Untersuchungsrichter beim Kgl. Landgericht. vr. Locken. Auktion. Kommenden Freitag den 30. Januar d. I. Vormittags 10 Uhr gelangen im hiesigen K. Amtsgerichte folgende Gegenstände, als: 1 Nähtisch, 1 Kommode, 1 Waschtisch, 1 Kleiderschrank, I Partie Frauen- und Kinderfilzschuhe u. d. m. gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Wilsdruff, am 19. Januar 1885. MattheS, Gerichtsvollzieher. Bekanntmachung. Gleichzeitig mit dem bereits ausgeschriebenen I. Termin städtische Anlage ist der I. Termin Grundsteuer nach s Pf. pro Steuereinheit sowie die I Hälfte des JahreSbetragS der Hundesteuer gegen Entnahme der Marken in der Zeit vom 2. bis mit .spätestens den 14. Februar ds. I. an die Stavlkämmerei abzuentrichten. Wilsdruff, am 26. Januar 1885. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. TageSgefchichte. Der „Pol. Corr." geht der folgende interessante Bericht aus Berlin zu: „Nachdem der Kampf, den die demokratisch-ultramontane Majorität im Reichstage gegen den Fürsten Bismarck auf dem Gebiete der Kolonial- und auswärtigen Politik unternommen, mit der Nieder lage der parlamentarischen Verbündeten und mit der Sprengung dieses Bündnisses geendigt hat, sind wir nunmehr in die Periode wirthschaft- lich-sozial- und zollpolitischer Kämpfe getreten, für welche von vorn herein niemals zwischen Ultramontanen und Freisinnigen eine Einigung bestanden hat. Mit der Einbringung der Zolltarifnovelle hat sich die Gruppirung der Parteien vollständig verschoben; die prinzipielle Op position wird hierbei allein von den „Freisinnigen" und den Sozial demokraten — zusammen etwa 38 Mann — vertreten, während alle übrigen Parteien, selbst die Mitglieder der süddeutschen Volkspartei, mehr oder weniger für die Prinzipien eintreten, welche der Zolltarif. Novelle, wie auch den anderen wirthschasts-politischen Vorlagen, bezw. den im Reichstage selbst vorbereiteten steuerpolitischen Entwürfen zu Grunde liegen. Hiermit ist freilich noch nicht gesagt, daß diese Vor lagen unverändert und ohne Kämpfe durchgehen werden. Aber es muß konstatirt werden, daß mehr als 300 Mitglieder des Reichstages — fast vier Fünftel der Volksvertretung — im Prinzip auf dem Bo den der Wirthschaftsreformpolitik der Regierung stehen. Wer das be denkt, wird auch wissen, was er von dem Lärm zu halten hat, welchen die demokratisch-freisinnige Presse über die Einbringung der Zolltarif novelle erhoben hat, und den sie mit immer stärkerer Stimme erhebt, wenn irgend eine ausländische Stimme sie dazu ermuthigt. Es ist klar, daß Deutschland bei seinen zollpolitischen Maßnahmen von kei nerlei Feindseligkeit oder Uebelwollen gegen irgend ein fremdes Land, fondern nur von den zwingendsten Bedürfnissen des eigenen Landes geleitet wird. Insbesondere die Getreidezölle sind — da sie in den landwirthschaftlichen Verhältnissen Deutschlands tief begründet sind — so populär, daß an einen ernsten Widerstand dagegen im Reichstag gar nicht zu denken ist; Meinungsverschiedenheiten können höchstens bezüglich der zu beschließenden Höhe des Zolles bestehen, doch dürfte die Neigung überwiegen, über den von der Regierung vorgeschlagenen Zollsatz von 2 M. für den Doppelcentner Roggen noch hinauszugehen. Deß der bisherige Satz von 1 M. in Folge des Handelsvertrages mit Spanien sowohl für dieses Land, wie für Oesterreich-Ungarn und Frankreich (als den Ländern, mit denen wir in einem Meistbegünstig ungsverhältnisse stehen), bestehen bleibt, so lange jener Vertrag besteht, ist selbstverständlich. Auch die nur in Vorschlag gebrachten Jnduftrie- zölle finden eine große Zahl Anhänger im Reichstag, desgleichen die Holzzölle, die vor 2 Jahren nur abgelehnt wurden, weil damals das Centrum und die Konservativen nicht über die Majorität versügteu; — das ist aber jetzt wohl der Fall. Auch darf vorausgesetzt werden, daß sich die Stellung der Nationalliberalen in allen diesen Fragen — speziell in der Getreid'zollfrage — jetzt mehr wie früher der protek tionistischen Richtung zuneigt. Unter diesen Umständen wird es den „Freisinnigen" und ihrer Presse schwerlich gelingen, einen Sturm der Entrüstung im Volke heraufzubeschwören, der mit dem Adressensturm zu Gunsten des Reichskanzlers auch nur eine entfernte Aehnlichkeit haben könnte. Der Versuch soll freilich gemacht werden — aber er ""rd kläglich scheitern." Gegenüber dem gegen die neuen Anträge auf Aenderung der Ge werbeordnung erhobenen Vorwurfe, daß das Handwerk der Bureaukratie in die Hände geliefert werden solle, sagt die „Kreuzzeitung": „In der Ab sicht der Antragsteller liegt das keineswegs. So lange das Handwerk aber vielfach noch so unsicher hin- u. herschwankt, so lange ein großer Theil desselben außerhalb der Jnnungsbewegung steht und den Trä gern derselben keinerlei Zwangsmittel in die Hand gegeben sind, bleibt nichts anderes übrig, als den Behörden ein Maß von Befugnissen zu zugestehen, daß wir unter anderen Umständen lieber den Corporationen selbst übertragen würden." Die Abgg. Ackermann, Biehl, Geiger, v. Kleist-Retzow, Dr. Frei herr v. Schorlemer-Alst, unterstützt von zahlreichen konservativen und klerikalen Abgeordneten, haben ein Gesetz betr. die Abänderung der Gewerbeordnung vom 1. Juli 1883 beantragt, welches folgende drei Ziele verfolgt: Die Einführung des Befähigungsnachweises für die Unternehmer von handwerksmäßigen Betrieben, eine Verstärkung des indirekten Jnnungszwangs und das Verbot der Sonntagsarbeit. Der dem Bundesrath zugegangene Nachtragsetat fordert für den Gouverneur-Kanzler und Sekretär in Kamerun 48,000 M., für den Kommissar-Sekretär in Togo 18,000 M., für den Kommifsar-Sekretär in Angra-Pequena 18,000 M., sowie für Errichtung von Dienstge bäuden in Kamerun, Togo uud Angra-Pequena 152,000 M. Der Reichstag hat die ersteBerathung des Postsparkassen gesetzes vorgenommen und dasfelbe schließlich zur Vorberathung an eine besondere Kommission verwiesen. Nach dem Eindruck, welchen man von den Verhandlungen erhält, dürfte die Vorlage in ihrer gegenwärtigen Gestalt bestimmt nicht, sondern höchstens mit wesent lichen Abänderungen zur Annahme gelangen. Der Bedenken wurden von den verschiedensten Seiten so viele erhoben, daß die schließliche Ablehnung des Entwurfs nicht zu den Unmöglichkeiten zu gehören scheint. Drei Abgeordnete aus dem Königreich Sachsen, zwei Konser vative und ein Sozialdemokrat, verhielten sich ebenfalls in den Haupt punkten ablehnend und betonten insbesondere Vie Beeinträchtigung unserer so wohlthätig wirkenden kommunalen Sparkafsen und mittel bar dadurch die Hebung unseres Realkredits. Das neueste Petitionsverzeichniß des Reichstags enthält gegen 600 Nummern. Den größten Raum nehmen die 2-—300 Pe titionen zur Erhöhung der landwirthschaftlichen Zölle, Besserung der Lage der Landwirlhschaft rc. ein. Viele derselben sind verbunden mit einer Bitte um Reform der Tabaksteuer. Etwa 40 Petitionen richten sich gegen jede Erhöhung der Getreidezölle. Eine ganze Reihe von Petitionen beschäftigt sich mit der Börsensteuer, meist im Sinne einer weit stärkeren Heranziehung der Börfenumsätze zur Steuer. An dere Petitionen richten sich gegen Impfzwang und um Erlaß eines Gesetzes gegen die Trunksucht. Unmittelbar nach dem Morde, dem der Polizeirath Rumpff in Frankfurt zum Opfer fiel, tauchte das Gerücht auf, daß über die ge nannte Stadt der kleine Belagerungszustand alsbald verhängt werden würde. Wie der „B. B.-C." nunmehr erfährt, steht diese Maß regel der Stadt Frankfurt a. M. wirklich bevor. Daß sie noch nicht verfügt worden ist, liegt daran, daß sie sich zugleich über das benachbarte Offenbach erstrecken soll und dieserhalb mit der benachbarten