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Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. ThmM. Wn, Siebtnlehn Mi> die UmgtMden. Imtsölult Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Rgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Anrtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 73. Freitag, den IS. September 1890. Konkursverfahren Das Konkursverfahren über das Vermögen des Händlers FriedriH August Herrmann (in Firma A A. Herrmann) in Wilsdruff wird nach erfolgter Ab haltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Wilsdruff, am 15. September 1890. Königliches Amtsgericht. Nr «»iiAloN. Personenextrazug Wilsdruff-Potschappel Sonntag, den 21. September d. Js. - verkehrt ein Personenextrazug mit II. und III. Klasse in folgendem Fahrplans: Ab Wilsdruff 9 Uhr 57 Min Abends in js)stschappel 10 - 46 - - Der Zug hält an allen Haltestellen und berechtigen zur Mitfahrt die gewöhnlichen Fahrkarten. Dresden am 15. September 1890. Königliche Generaldireetion der sächsischen Staatseisenbahnen. Veknnntnnrehung. Das 9. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1890 enthält: No. 51. Verordnung, betreffend die Abänderung der Verordnung vom 17. Juni 1887 (G.- u. V.-Bl. S. 80) beigefügten Auszugs aus der Dienstvorschrift über Marsch gebührnisse bei Einberufungen zum Dienst sowie bei Entlassungen, vom 24. Juli 1890. No. 52. Verordnung, die am 1. Dezember 1890 vorzunehmende Volkszählung betr., vom 15. August 1890; No. 53. Verordnung, die Abtretung von Grundeigenthum zu Erbauung einer normalspurigen Eisenbahn vom Bahnhose Gera-Psorten nach Wolfsgefärth betreffend, vom 20. August 1890; No. 54. Bekanntmachung, die zwischen dem Königreiche Sachsen und dem Fürstenthum Neuß j. L. wegen Erbauung einer Eisenbahn Von Schönberg nach Hirschberg, sowie wegen Abtretung des Fürstlich Neußischen Theiles der Schönberg-Schleizer Eisenbahn an die Königlich Sächsische Regierung, und wegen Herstellung einer Verbindungsbahn zwischen den Eisenbahnlinien Gößnitz-Gera und Weischlitz-Wolfsgefärth unterm 26. Juli 1890 abgeschlossenen Staatsverträge betreffend; vom 29. August 1890. No. 55. Bekanntmachung, eine Anleihe der Stadtgemeinde Zwickau betr., vom 30. August 1890. Gedachtes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt zur Einsichtnahme auf hiesiger Rathöexpedition aus. Wilsdruff, am 13. September 1890. Der Stadtgemeinderath. Dicker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Eine ernste Mahnung des Kaisers an das deutsche Bürgerthum. — Wie in Schleswig, so hat auch in Breslau beim Festmahl für die obersten Behörden der Provinz Schlesien Se. Maj. der Kaiser dem Gedanken Aus druck gegeben, daß eine befriedigende Lösung der sozialen Wirren unserer Zeit nur im einmüthigen Zusammenwirken von Staat und Gesellschaft gefunden werden könne. An alle deutschen Bürger ist die Mahnung des Kaisers gerichtet, daß sie „end lich aus dem Schlummer erwachen mögen, in dem sie sich so lange gewiegt haben, und nicht bloß dem Staat und seinen Organen die Bekämpfung der umwälzenden Elemente über lassen, sondern selbst Hand anlegen." Diese Mahnung ver dient angesichts des bevorstehenden Erlöschens des Sozialisten gesetzes ganz besondere Beachtung. Es ist darin mit Recht auf eine schwere Unterlassungssünde weiter Kreise unseres Bürgerthums hingewiesen: Das thatenlose Vertrauen, daß die Staatsgewalt schon mit den Umsturzkräften fertig werden wird und daß das Bürgerthum darum nicht nölhig hat, sich Opfer und Anstrengungen aufzuerlegen. DaS aber ist ganz sicher, daß die Staatsgewalt allein mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln sei es in einer arbeiterfreundlichen Reform gesetzgebung, sei es der Unterdrückung von Ausschreitungen, der sozialen Gefahren auf die Dauer nicht Herr zu werden ver mag, wenn sie nicht die thatkräftigc und selbstthätige Unter stützung aller ordnungsliebenden und für die Aufrechterhaltung unserer staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen eintre tenden Bürger findet. An der Erkenntnis! des hohen Ernstes der Gefahr und der Nothwendigkeit, zu ihrer Bekämpfung Opfer und Arbeit aufzuwenden, an dem Gefühl der Gemein samkeit der Interessen des ganzen ordnungsliebenden Bürger- thumö in dem großen Z-itkampfe hat es bisher noch nicht ge fehlt. Während die ganze bürgerliche Gesellschaft gemeinsam von den schwersten Gefahren bedroht ist, erblicken wir vielfach ein unwürdiges Buhlen um die Gunst der Sozialdemokratie. Sehen wir doch jetzt noch vielfach bei Wahlen diejenigen, die sich für die alleinigen Vertreter des bürgerlichen Liberalismus ausgeben, und diejenigen, die zur Verfechtung ter Interessen der katholischen Kirche besonders berufen zu sein glauben, mit den Sozialdemokraten Hand in Hand gehen und durch ihre aufhetzende Agitation der Umsturzbewegung geradezu Vorar beiten. Das Pflichtgefühl und die Erkenntniß von der Ge meinsamkeit der bedrohten Interessen muß in unserem Bür- gerthnm noch weit größere Fortschritte machen, wenn es ge lingen soll, der zerstörenden Kräfte des Umsturzes dauernd Meister zu werden. Es mag wohl sein, daß das Erlöschen des Sozialistengesetzes in dieser Hinsicht eine Wandlung zum Bessern vorbereitet. Die Aufgabe der besitzenden Klassen wird cs sein, mit gutem Beispiel nicht nur in der Bethätigung einer warmen Theilnahme an dem Wohlergehen der Aermeren, son dern auch in Bethätigung der Religiosität, des Gehorsams gegen das Gesetz, der Treue zu Kaiser und Reich vorzugehen. Je entschiedener die wohlhabenderen und gebildeten Kreise der Bevölkerung ihre geistigen und materiellen Kräfte in den Dienst des Gemeinwohls stellen und je mehr ihre Bereitwillig keit hervortritt, für die Gesammtheit Opfer zu bringen, umso mehr werden sie auch das Vertrauen der großen Massen ge winnen und dieselben den Lockungen der Sozialdemokratie un zugänglich machen. Aber der That muß helfend das Wort hinzutreten, das geschriebene, wie das gesprochene. Das Mahn wort des Kaisers zerstört, wie die „Hamb. Corr." sehr richtig bemerkt, erfreulicher Weise die auf mißverständlicher Deutung der bekannten Kaiserlichen Erlasse gegründete Meinung, als ob Kaiser Wilhelm II. auf Erfüllung der Pflichten, welche der Arbeiter dem Staate gegenüber hat, weniger Werth legt, als auf die Lebensbedingungen der Arbeiterbevölkerung. In diejenigen Kreise der Sozialdemokratie, welche kein Hehl daraus machen, daß bei Ausführung ihrer Ideen Thron und Altar beseitigt werden sollen, werden die Worte des thatkräftigen jungen Herrschers als eine ernste Mahnung dringen, innezu halten auf dem freventlich cingeschlagenen Wege. Für dieje nigen Theile der Arbeiterbevölkerung, welche blindlings bisher den Lehren der sozialdemokratischen Apostel vertrauten und sich der Gefährlichkeit des angestrebten Zieles nicht bewußt waren, werden die Kaiserlichen Worte erst recht nicht verloren gehen, weil sie die Gefahren darlegen, in welche durch die umwälzen den Elemente Staat und Gesellschaft gedrängt werden. Es sind nicht mehr „Schatten", welche vorüberziehen, sondern greifbare Gewalten, zu deren Bekämpfung Jeder verpflichtet ist, dem noch etwas heilig geblieben, dem das Menschheitsideal nicht verloren gegangen ist. Aus dem Schlummer rütteln die Worte des Kaisers vor Allem Diejenigen auf, welche die be queme Ansicht vertraten, daß die Schilderung der drohenden sozialen Gefahr übertrieben oder sich mit dem Bewußtsein trösteten, daß es lediglich Aufgabe der Staatsgewalt sei, der artige zerstörende Neubildungen im staatlichen Organismus zu beseitigen. Kaiser Wilhelm verlangt mit Recht, daß jeder gute Bürger thätig mitwirke an den Bestrebungen, welche darauf gerichtet sind, die drohende Gefahr einzudämmen. Und in der Voraussetzung, daß dieses geschehe, ist der Kaiser auch der Ueberzeugung, daß das schwierige Werk gelingen werde. Möge die Hoffnung des Monarchen in Erfüllung gehen. Die sozialdemokratische Agitation hat sich jetzt wieder ein neues oder doch seit längerer Zeit zurückgetretenes Ziel vorgesetzt, nämlich die Betreibung des Massenaustritts aus der Landeskirche. Als in den 70er Jahren Fanatiker wie der Abg. Most die Sozialdemokratie zur vollständigen Lossagung von der Kirche zu bewegen suchten, erzielten sie damit nur geringe Erfolge, und cs erhob sich bald eine kräftige Opposition, in Folge deren lange Jahre die Agitation sich von dieser Frage fernhielt. Jetzt aber scheint man die Zeit für einen neuen Vorstoß in dieser Richtung günstig zu finden. Der „Genosse" Wckdbcrger, einer der Radikalen, forderte vor einigen Tagen in einer Versammlung, daß der Satz „Religion ist Privatsache" aus dem Programm gestrichen und jedem Parteigenossen der Austritt aus der Landeskirche zur Pflicht gemacht werden müsse. Ein anderer Redner meinte, man dürfe durch derartige Forder ungen den Agitatoren die Arbeit nicht gar zu sehr erschweren. Im Ziel der Verkündigung des vollkommenen Atheismus sind sie einig, aber über die taktische Zweckmäßigkeit herrschen noch Meinungsverschiedenheiten. Die klügeren und gemäßigteren Führer wissen recht wohl, daß es auch unter ihren Anhängern sehr viele giebt, die man nicht durch Enthüllung der letzten Ziele vor den Kopf stoßen darf. Es könnten doch Viele scheu werden, wenn man sie geradezu auf die Gottesverleugnung verpflichtete. Der äußerste und unverhüllteste Radikalismus ist das sicherste Mittel, in allen besseren Elementen das Nach denken und die Wiederkehr der Besonnenheit zu fördern. Von diesem Gesichtspunkte aus kann cs uns nur recht sein, wenn die Sozialdemokratie über ihr Verhältniß zu jeder Religion offen Farbe bekennt. Es dürfte von Interesse sein, sich bei dieser Gelegenheit die sozialdemokratischen Reichstagsabgeordnetcn auf ihr religiöses Bekennntniß hin anzusehen. In dem amt lichen Reichstagshandbuch haben von den 35 Abgeordneten dieser Partei sich 5 als religionslos, konfessionslos oder atheistisch bezeichnet (darunter Bebel), 7 als Dissidenten, 4 als freireligiös, 7 als evangelisch oder lutherisch, 1 als katholisch, 1 als altkatholisch, 3 als mosaisch; 7 haben in dieser Beziehung überhaupt keine Angabe gemacht. Anläßlich des Besuches des Kaisers von Oesterreich bei Sr. Maj. dem Kaiser Wilhelm in Rohnstock schreibt der „Reichs- anzeigcr" folgendes: „Ist der hohe Besuch zunächst auch nur