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WMtt für Wilsdruff Erscheint wöchentlich zweimal n.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post ' bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. WrM UsD, Siebtulchn md die Umstgeudkn. —L- Imtsblutt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Cvrpuszeile. für die Kgl. AmtshaupLmannschaft Aleiszen, für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Kgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 8S. Freitag, -en 7. November 18S«. Bekanntmachung. Die Königliche Kreishauptmannschast Dresden will die Sammlung von Beiträgen für die durch die letzte Hochfluth der Elbe Geschädigten am ffS. dieses M-nats schließen. Mit Rücksicht hierauf bittet die Königliche Amtshauptmannschaft, dem Unterstützungswerke etwa noch zugedachte Gaben mit Beschleunigung und längstens bis zum 13. diese» Monates einzusenden. Meißen, am 3. November 1890. Königliche Amtshauptmannschaft. V. Wekanntmachung. Behufs Vornahme der diesjährigen hiesigen Stadtverordneten - Ergänzungswahl ist eine Liste der stimmberechtigten und wählbaren Bürger hiesiger Stadt angefertigt worden und hängt dieselbe vom 10. bis 25. dieses Monats im hiesigen Rathhause zu Jedermanns Einsicht aus. Etwaige Einsprüche dagegen sind rechtzeitig und spätestens bis zum 16. dieses Monats bei dem unterzeichneten Bürgermeister anzubringen. Nach Ablauf der gedachten Aushängezeit wird die Liste geschlossen; auch werden alle dis dahin in dieselbe nicht eingetragenen Bürger von der Wahl ausgeschlossen, sowie auch etwaige bis dahin nicht erledigte Einsprüche unberücksichtigt gelassen werden. Wilsdruff, am 6. November 1890. Der Bürgermeister. Ficker. Tagesgeschichte. Für die Durchführung der Alters- und Jnvaliditätsver- sicherung wird im Reichsversicherungsamt eine eigene Ab- theilung und ein Rechnungsbureau errichtet, was eine um fassende Neuanstellung von Beamten zur Folge hat. Es wird aus Grund der Berufsstatistlk von 1882 und unter Berücksichtigung der seitdem eingetretenen Vermehrung der Bevölkerung angenommen, daß bei dem völligen Inkrafttreten des Gesetzes rund 130000 Personen vorhanden sein werden, welche im Alter von 70 und mehr Lebensjahren stehen und noch eine Beschäftigung ausüben. Mit dem Inkrafttreten des Jnvaliditäts- und Altersver- sicherungsgcsetzes wird den NeichSpostanstalten neben der Aus zahlung der Invaliden- und Altersrenten auch der Vertrieb von Marken zur Entrichtung von Znvaliditäts- und Alters- Versicherungsbeiträgen obliegen. Der Verbrauch an solchen Marken ist für das erste Jahr im Gebiete der Reichspostver- waltung auf 600 Millionen Stück veranschlagt. Um bei dem erweiterten Betrieb die nothwendige Ordnung und Sicher heit in dem Kassengeschäft der Postanstalten aufrecht zu er halten, hat die Reichspostverwaltung in Erwägung genommen, ob nicht neben gewissen Sorten von Wcchselstempelzeichen und Marken zur Entrichtung der statistischen Gebühr auch einige Sorten von Postwerthzeichen in Wegfall kommen können. Als solche sollen zunächst die gestempelten Briefumschläge und die gestempelten Streifbänder in Betracht gezogen sein. Eine Abordnung von 14 Offizieren der türkischen Armee wir» demnächst in Berlin eintreffen, um daselbst kricgs- wissenschaftlichcn Studien obzulicgen. Vom Oberst abwärts bis zum Offizieraspirantcn sind sämmtliche militärische Grade vertreten, aber ohne Ansehen der Charge ist die Wahl auf sie erst auf Grund einer Prüfung gefallen, der sie mit vielen ihrer Kameraden sich zu diesem Zwecke unterwerfen mußten. Die Prüfung wurde von den vornehmsten Offizieren des osmanischen Heeres vorgenommen und das Ergebniß des Examens dem Sultan behufs persönlicher letzter Entscheidung unterbreitet. Am österreichischen Kaiserhofe sah man für diesen Donnerstag hohem Besuche entgegen, demjenigen des Groß- fürsten-Thronfolgers Nicolaus von Rußland. Wie bekannt, passirt der russische Thronerbe anläßlich seiner großen Orient- reife die österreichische Hauptstadt und wollte er hier ursprüng lich im strengsten Inkognito erscheinen, was eine Besuchsein ladung des Kaisers Franz Josef an den Czarensohn unmög lich gemacht hätte. Inzwischen hat man sich in Petersburg entschlossen, den Thronfolger in Wien offiziell auftrcten zu lassen und infolge dessen wird er der Gast des Kaisers Franz Joses in der Hofburg sein. Man deutet den Vorgang all seitig als einen Beweis für die freundlichere Gestaltung der Beziehungen zwischen Rußland und Oesterreich-Ungarn. Am Freitag reist der russische Thronfolger von Wien aus über Triest, wo er sich auf einem russischen Panzerschiffe einschifft, weiter nach Athen. Johann Orth, der frühere Erzherzog von Oester reich, hat bekanntlich mit seinem eigenen Schiff, das er selbst als Kapitän befehligte, eine Reise nach Montevideo unter nommen und ist von dort am 11. Juli d. I. nach Valpa raiso weitergefahren. Man hat seitdem von ihm und dem Schiffe nichts mehr gehört und gesehen. Da die Reise von Montevideo nach Valparaiso höchstens 50 Tage in Anspruch nimmt, so steht zu befürchten, daß dem Schiff ein Unglück zugestoßen ist. Am 20. Oktober waren es genau 102 Tage, seitdem man von Herrn Johann Orth ohne jede Nachricht ist- Briefe, die an seine Adresse, sowohl nach La Plata, wo er bis zum 11. Juli weilte, als auch nach Valparaiso geschickt wurden, sind unbeantwortet geblieben. Seit der Thronbesteigung Alexander'« III. sollen nicht weniger als 270000 Juden aus Rußland ausgewiesen worden sein. Die meisten sind nach Amerika gegangen. Ein russisch-französisches Verbrüderungfest ist am Freitag in Cherbourg gefeiert worden. Die Offiziere des dort ankernden russischen Panzers „Minin" besuchten das Theater in Cherbourg. Bei ihrem Eintritt erhob sich das ganze Pub likum, jubelte ihnen zu, ließ Rußland und den Zaren hvch- leben und forderte vom Orchester die russische Hymne, welche! stehend angehört wurde. Die Russen forderten daraus von demselben Orchester die Marseillaise. Ein empörendes Schauspiel wickelte sich am 7. November 1793 zu Paris ab. An diesem Tage schafften die Schreckens männer Frankreichs das Christenthum und die Religion ab. Das waren für die bluttriefenden Hände der Männer, welche Frankreich regierten, Stunden, Tage, Wochen regierten, bis andere aus dem Sumpf auftauchende noch rohere und grau samere Naturen, ihnen die Macht entrissen und jene unter die Guillotine schickten, eigentlich nichts Besonderes. Das Nichts würdige lag besonders darin, daß man im Konventssaale, in dem die Sitzungen der „Regierung" stattfanden, jene Posse aufführte, ein „Dekret" erließ, lautend: „Der katholische Kultus wird abgeschafft und durch den der Vernunft ersetzt." Die anwesenden Priester, so den Bischof von Paris, Gobet, zwang man, sich feierlich vom Priesteramte loszusagen und seinem Beispiele wußten alle Geistlichen folgen, die nicht kurzer Hand ihr Leben verlieren wollten; sie mußten konstatiren, daß sie der Triumph der Vernunft über Fanatismus und Aberglauben ganz ungemein freue. Als die Helden dieser Gotteslästerungen ihre „Göttin der Vernunft", Dirnen von der Straße, im Triumph durch Paris spaziren führten, vergaßen sie nur die Kleinigkeit, daß die christliche Religion nicht den Franzosen allein, sondern der ganzen Menschheit gehörte. Nun, heute weiß ja jeder und die Weltgeschichte hat längst ihr Urtheil daüber gefällt, was jene Weltverbesserer von 1793 geleistet haben. Vielleicht lassen sich andere Leute, die neuerdings gegen die Religion vorgehen, warnen. Rom, 4. Nov. Ungeheures Aufsehen erregt die heute Nacht erfolgte gräßliche Ermordung des reichen belgischen Geistlichen Don Stefano Halleux, der unfern des Petersplatzes ein überaus elegantes Appartement bewohnte. Die Leiche des Priesters wurde mit eingeschlagenem Schädel aufgefunden. Alle Umstände deuten auf einen Raubmord hin, den ein an derer Priester begangen haben soll. Dm „Times" wird aus Zanzibar vom 2. November gemeldet: Der Erfolg der Expedition der Engländer gegen Witu habe auf die eingeborene Bevölkerung einen tiefen Ein druck gemacht. Die Zahl der auf englischer Seite Verwun deten betrage 13, sämmtliche Verwundungen seien leichte. Der Feind solle gegen 80 bis 90 Todte und Verwundete haben. Unter den aufgefundenen Todten und Verwundeten hätten sich keine Araber, sondern lediglich Sklaven und Ein geborene befunden. Ueber die Lage in Ostafrika liegen dem „Deutschen Kolonialblatt folgende Nachrichten vor: Die Station Tanga, die bis auf einige kleinere Arbeiten vollständig fertig gestellt ist, beschäftigt sich mit der Planirung und der Befestigung des umliegenden Terrains. Die außerhalb der Station im Bau begriffene größere Kaserne dürfte zu ihrer Vollendung noch einige Wochen in Anspruch nehmen; ebenso wird außerhalb der Station an der Errichtung eines Pulverhauses gearbeitet. Innerhalb der die Station umgebenden Anlagen hat das von der Marinebehörde übersandte Denkmal zur Erinnerung an die während des Aufstandes in Ostafrika gefallenen Angehörigen der Marine Aufstellung gefunden und wird demnächst enthüllt werden. Die Ostafrikanische Gesellschaft hat die Aufstellung ihres Hauses ebenfalls beendet, während die übrigen in Tanga ansässigen Europäer wohl alle mit der Errichtung von Häusern vorzugehen wünschen, bislang jedoch die Arbeiten noch nicht in Angriff genommen haben. Der Verkehr mit dem Hinter land- ist nach wie vor ein reger und ungestörter und wird nach den übereinstimmenden Aussagen der Eingeborenen die Ernte an Mtama und Sesam in diesem Jahre eine sehr reichliche sein. Die Pflanzergesellschaft in Amboni dürfte voraussichtlich im Stande fein, bis zur Mitte nächsten Jahres einige Centner Tabak als Probe auf den Markt zu liefern. In Pangani wird noch an dem äußeren Verputzen der Häuser und Um fassungsmauern gearbeitet. Auch ist mit der Anlage von Wegen, Anpflanzungen und der Aufführung einer Eindämmungs mauer längs des Flußufers begonnen worden. Das interi mistisch in der Station eingerichtete Lazareth hat leider aus Mangel an PflegekrLften wieder aufgehoben werden müssen. Sowohl in Pangani als auch in Tanga wird eS jedoch sehr bald nothwendig werden, mit der Errichtung eines größeren Lazarethbaucs, außerhalb der Station gelegen, vorzugehen, da die Zahl der Europäer an allen diesen Plätzen mit jedem Tage wächst. Die Plantagengesellschaft in Lewa hat sehr erfreuliche Fortschritte aufzuweisen. Vaterländisches. Wilsdruff. Im Laufe voriger und dieser Woche ist auf dem Thurm unserer Stadtkirche eine neue Thurmuhr zur Aufstellung gelangt, da die alte, aus Schmiedeeisen her- gestellte Uhr, welche über 100 Jahre in Gebrauch gewesen ist, zu abgenutzt war, um den an eine genaue Zeitangabe gestellten Ansprüchen genügen zu können. Der hiesige Kirchenvorstand beschloß daher, die Mittel, welche ihm der Stadtgcmeinderath in wohlwollender, dankenswerther Weise für kirchliche Zwecke zur Verfügung gestellt hatte, zunächst zur Anschaffung einer neuen Thurmuhr zu verwenden. Von der Erwägung geleitet, daß namentlich in Rücklicht auf den Bahnverkehr eine in korrektem Gange des Geh- und Zeicherwerks zuverlässige Uhr ein Bedürfniß für unsere Stadt sei, hielt es der Kirchen vorstand für gerathen, ein Werk bester Qualität zu erwerben, d. h. aus bestem Material gearbeitet und nach der neuesten, in der Großuhrmacherei als erprobt geltende Methode kon- struirt, und er trat zu diesem Zwecke mit der rühmlichst be kannten Firma von Bernhard Zachariae in Leipzig in Ver bindung, wflche bis jetzt 2000 größere Werke geliefert hat, u. A. die Uhren für das Hoftheater, Polytechnikum, Kasernen, der Lutherkirche, sämmtlich in Dresden, und für viele Kirchen des Landes. Das von dieser Firma konstruirte neue Uhrwerk mit Viertel- und Stundenschlagwerk hat einen auf 30 Stunden berechneten Gewichtsfall; die aus bester Bronze gegossenen Räder bewegen sich in Zapfenlagern aus Phosphorbronze, welche durch Hämmern in den Zustand größter Härte gebracht worden ist. Das Gehwerk hat ein sogen. Contre-Gesperr, damit der Uhrgang während des Aufzuges keine Unterbrechung erleidet; jede einzelne Schwingung des Pendels, welches eine 30 Ko. schwere gußeiserne Linse trägt, dauert eine Sekunde;