Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für * Wils-ruf, Tharan-, Stoffe», Sievmleh« «n- die Umgegenden. Neunter Jahrgang. Freitag, den 30. März 1849. 1^* Verantwortlicher Redacteur und Verleger: Albert Reinhold. «kn dieser Zelts-rlst ««scheint all, Freitag- eine Nummer, »er Preil für den Vi«eIIa>raang »-trügt 10 Ngr. SämmM»-Künlgl. P«». V»ter des Inländer nehmen «Bestellungen darauf an. «Sekanntmachungen, welche lm nächsten Stuck erschernen sollen, werden tn WilSdruf vtS Montag Abend» 7 Uhr, In Tharand bi» Montag Nachmittag» S UHr, und in Nossen bi« Mittwoch Vormittags 11 Uhr angenommen. Luch können bis Mittwoch Mittag cing-hend- Zusendungen auf Verlangen durch die Po» an den Drucket befördert werden, so da, sic in de» nächsten Nummer erscheinen. Wir erbitten uns dieselben unter den Abrissen: ,, An die Redaktion de» rsochendlattes In Wilsdruf", ,, a» »le Agentur de» Wochenblattes in Tharaud^ und „au die Wochenblatts.Expedition in Nossen". Zn Meißen werden Aufträge »nd Bestellungen in der Buchhandlung von b. E. KIlnkicht und ^ohn besorgt. Etwaige W-Ittag-, welche der Lenden, de» DlattE «ntsprcchen, sollen stet» mit großem Dante angenommen werden. 4s ? . Die Redaktion. Frankfurt, dm 20. Marz 1849. Morgen, den LI» Marz, wird zur Abstimmung über den Ausschußantrag abgestimmt und sonach die Kaiseifrage ent schieden. Es wird sich nur eine kleine Majorität ergeben, da fast die ganzen Oestcrreicher dagegen stimmen. In Er wägung der ganzen Sachlage sehe ich in dem Ausschußantragc und dem erblichen Kaiser die Rettung Deutschlands. Nur partikularistischc Befangenheit kann ein anderes Urthcil haben ; die Geschichte wird über den morgenden Lag richten, für tnnporäre Popularicht der Kaiseridee bin ich gleichgültig. Personen gelten in jetzigen Zeiten wenig, nicht sowohl die Person Wilhelms IV., sondern das Oberhaupt des Preuß. Staars wird zum Kaiser erwählt. Heute wurde die Zahl der Redner geschlossen Der Zufall wollte, daß ich sie, zum .ersten Male die Tribüne betretend, zu eröffnen hatte mit einer hier beiliegenden Interpellation gegen jenen unverantwortlichen sächsischen Particularismus, der jetzt hier das Tagesgespräch bildet. — Die Redner gegen den Erbkaiser haben ein schweres Spiel; Welcker und Wpdenbrugk haben noch tcmpcstiv von den österreichischen Planen sich losgemacht und sind kaiserlich geworden, Heckscher und Wuttke sind in diesen Plänen sitzen geblieben. Alles Ernstes will diese Parthei auf die Vorschläge des österreichi schen Kabinets, Gesammtösterreich mit Deutschland zu einigen ringehen. — Die Gegner des Erbkaisers zerfallen in viele Partheicn, viele von der Linken sind crbkaiscrlich, überhaupt ist jetzt das rechte Centrum liberaler und muthiger als die Linke. Gestern sprachen Raveaux, Eisenmann, Ahrens sehr unglücklich gegen den Erbkaiser, Voigt sprach mit vieler Klugheit, und blies gewissermaßen zum Rückzüge, eben so der Republikaner Simon von Trier, durch dessen Rede eine gewisse Furcht vor dem Erbkaiscr schon durchschimmcrte. Der Held des Tags war v. Gagern, der seine Löwennatur zeigte gegen Voigt und mehrere von der Linken, die ihn gestern tief verletzt hatten. Ucberhaupt war seine Rede ganz großartig, sic gehört zu dem Glanzpunkte des Parlaments. Mit solcher Sicherheit sprach er vom Kaiser, und trug er seine politischen Ansichten vor, daß man glaubte, man säße fchon in dem künftigen regelmäßigen Volkshausc und der Minister spräche über unsere auswärtige Politik. Man fühlt, daß wir dem festen Lande nahe kommen, und jedenfalls wer den wir morgen Anker werfen. — Den 21. März 1849. Der Welckerschc Antrag ist soeben mit L85 gegen 252 Stimmen verworfen worden. Dies unerwartete Resultat rührte daher, daß eine große Anzahl Oesterreicher noch eingc- troffen waren, und diese mit den Ultramontanen, die größten- tyeils eine untergeordnete Stellung Deutschland» zu Oesterreich wollen, mit der Linken stimmten. Viele von der Linken scheinen äußerst betreten, daß sie zu solcher Abstimmung mitgewirkt haben, denn es scheint, daß nun alle Hoffnung für die Einheit Deutschlands dahin ist. — Riessers Schlußrede, die gegen 2 Stunden währte, war ein würdiges Schwanenlied für die Nationalversammlung. Ich glaube, daß in Deutschland solch eine vortreffliche Rede noch nicht gehalten worden ist. Die Versammlung, selbst die Gallerien waren tief ergriffen. Gagern umarmte den die Nednerbühne verlassenden Riesser mit den sichtbarsten Zeichen tiefster Bewegung. — Frankfurt, den 22. März 1849. Der Welckerschc Antrag war wie das rettende Boot, an welches der Schiffbrüchige sich anklammert. Mit einer ge wissen Hast warf ich mich auf diese Anträge, und habe mit großer Seelenruhe, wie sie nur eine tiefinnerste Ueberzeugung geben kann, daran festgehalten. Wäre es möglich gewesen, schon am 15. März über den Wclckerschen Antrag abzustim men, so würde der gestrige Unglückstag nicht gekommen sein. Jedoch in der Zwischenzeit, wo der Welckerschc Antrag erst im Ausschuß, dann in der Paulskirche verhandelt wird, kamen die alten Sünden der Nationalversammlung, die Hetzerei der Partheien, die Principienrcitcrei, die Unselbstständigkeit derer, die ihre bessere Einsicht der Clubtyrannci unterordnen u. s. w. wieder zum Vorschein. Der Welckerschc Antrag beruhte darauf, daß schnelle Entschlüsse gefaßt werde» müßten, weil das Vaterland in Gefahr sei. Nun aber sing man wieder an, Reden za halten, ob denn das Vaterland wirklich in Gefahr sei! Als ob nicht eben in dieser thatlosen Rederei gerade die Hauptgefahr liege! Die Gefahr liegt weit weniger in der österreichischen oder russischen Politik; sie liegt in der Rath- und Thatlosigkeit der Nationalversammlung selbst. Muß nicht dadurch die Nationalversammlung theils in den Augen des Volkes, theils in den Augen der Fürsten mehr und mehr sinken? Warum erhebt sich immer dreister der Parti cularismus in den Einzclstaaten, die schon hier und da der Reichsgewalt offen Hohn spricht? Wie sollen sich die Fürsten gegenüber einer solchen Versammlung verhalten, die nur aller hand Leidenschaften aufstachclt, aber keine definitive Ordnung für Deutschland schaffen kann? Werden nicht die Fürsten nothwendig daran denken müssen, die Angelegenheiten in ihren Staaten einer definitiven Ordmmg selbst wieder entge-