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Wochenblatt für WiLsYrmf, Lharand, Rsffm, GssHenlOu rmd die Amgegerrdsn. Zehnter Jahrgang. Freitag, den 28. Juni 1850. 26 Verantwortlicher Nedacteur und Verleger: Albert Reinhold. Don -leser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vkerteljadrgang betragt W Ngr. S.'mwtliche K5nn.r. sinter deS Inlandes nebmen Bestellungen darauf an. Bekanntmachungen, welche im nächsten Stuck erscheinen sollen, werden l: Müsdruf diS Montag ÄbendS 7 Uhr, in Tharand bis Montag Nachmittags 5 Uhr, und in Nossen bis Mittwoch Vormittags 11 Uhr . . o. omu rn. Luch können biS Mittwoch Mittag eingehende Zusendungen auf Verlangen durch die Post an den Drucken befördert werden, 'o dost üc in der nächsten Nummer erscheinen. Wir erbitten uns dieselben u. ier den Adressen: ,,Än die Nebaction des Wochenblattes in WUSdruf". ..an die Agentur des Wochenblattes in Tharand" und „an die Wochenblatts-Expedition in Nossen". In Meißen wdrd.n Aufträge 'nd Bestellungen in der Buchhandlung von E. E Klinkicht und Lohn besorgt. Etwaige Beiträge, welche der Tendenz deS BlarreS ttkrLchcn, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. r» , Die Redactivn ' -Ueber provisorische Gesetze. Die ministeriellen sächs. Blatter vertheidigen auf alle Weise die Migen Maßregeln des Mini- skerinms und stellen zur Unterstützung ihrer über nommenen Defcnsion den Satz hin: „Eine Regie rung kann provisorische Gesetze nach Belieben wieder aufheben und auf den Status guo zurückkommen." Diese Ansicht ist irrig, um nicht zu sagen, nur ausgestellt, das Volk irre zu fühlen, arid demselben Sand in die Augen zu streuen. Das Slaatsrechl stellt zwei Arten provisorischer Gesetze auf. Die erste Art enthalt diejeni gen, weiche einseitig von der Regierung dann er« lassen werden können, wenn die Volksvertretung nicht zusammengerusen und Gefahr im Verzüge ist. In constttutionellcn Staaten begreift man darunter die sogenannten Verordnungen, welchen Gesetzes kraft bcigclcgt ist. Diese Verordnungen mir Ge« sctzeskrafl werden einseitig von der Regierung erlassen und können von derselben einseitig wieder aufgehoben werden, indessen blos bis zum Zusammentritt der Volksvertretung Geltung behalten, je nachdem diese sie bann anerkennt oder verwirft. Solche Verord nungen dürfen aber nie Etwas an der Verfassung ändern. Dit andere Art der provisorischen Gesetze umfaßt jene, welche auch wegen ihrer Dringlichkeit, nur aber unter Vereinbarung der Re- surung mit den Standen, jetzt mit den Volksvcr- Aern, erlassen werden. Diese Gesetze dürfen sich Aar auf Abänderung der Verfassung und der ^kassungsrcchte erstrecken und es kann durch sie mio auch cin neues Wahlrecht cingeführt werden. Arc provttonschcr Gesetze kann aber nicht cin- feitig von der Regierung zurückgezogen werden, vor züglich dann nicht, wenn sie sich aus die Verfassung oder das Wahlgesetz bezieht, sondern nur unter Zustimmung der Volksvertreter, und es haben solche Gesitze so lange Gültigkeit, als sie von den Kam mern nicht wieder verworfen worden sind. Durch ein solches provisorisches Gesetz ist in Sachsen das beschrankte indirecte-und das theilwcise früher der Regierung zugestandene Wahlrecht von 183 l aufgehoben und an dessen Stelle cin ganz anderer Wahlmodus zur Erschaffung einer wirklichen Volksvertretung gesetzt worden.' In diesem Gesetze rst außerdem noch ausdrücklich bestimmt, daß nur die nach dem neuen Wahlrechte zusammengesetzten Kammern cin besonderes definitives Wahlgesetz zu beralhcn befugt sein sollen, cine Bestimmung, die klar dafür spricht, daß das Mandat der nach dem Gesetze von 1831 gewählten Stande erloschen sein so!!, sobald nach dem neuen Wahlrechte gewählt und die neuen Volks vertreter zusammenberufen seien. Mit der Einbe rufung dec nach dem neu geschaffenen provisorischen Wahlgesetze zusammengcsctztcn Kammern von 1848 sind die frühem in der Verfassungsurkunde von § 63 bis 71 enthaltenen Bestimmungen aufgehoben, ist die Zahl dieser Paragraphen gestrichen und die Vcrfassungsurkunde selbst in diesem Punkte abgean- dert worden. Einseitig von dieser Verfassungsände rung wieder abweichen zu wollen, muß allerdings als eine Handlung gegen die Verfassung erscheinen, weil in der Vcrfassungsurkunde selbst ausdrücklich bestimmt ist, daß das jedesmalige von der Regierung mit der Volksvertretung be- ralhene Wahlgesetz ohne Zustimmung der Letzter« nicht wieder verändert wer den darf. Alle dagegen ausgestellten theoretischen Rechtfertigungen eines entgegengesetzten monarchischen Rechtes, einer fürstlichen Constitunonsgewalt sind daher juristisch nicht haltbar und zerfallen in sich selbst.