Volltext Seite (XML)
TlMMdt, Nllskil, Jitbenlthll und dir PluiMlldtN. Amtsblatt für k>ie König!. Amtshauptmcnmschast zu Meißen, dns König!. Amtsgericht und den Stndtrnth zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 48. Dienstag, den 16 Juni 1885. Vekünntmachnug. Die diesjährigen Grasnutzungen auf der Vogelwiese, vor und hinter der Schießmauer, rechts und links an der Tharandter Chaussee und der Brücke, in den Stadtgräben und auf den Parcellen am untern Bache rechts vom Stege und links desselben bis zur Sachsdorfer Brücke zwischen Herrn Uibrig's Weg und der Saubach sowie unter den Weiden an der Meißnerstraße, sollen nächste Mittwoch, den 17. dieses Monats, Nachmittags S Uhr, im hiesigen Schießhause unter den daselbst bekannt gemacht werdenden Bedingungen meistbietend verpachtet werden. Wilsdruff, am 10. Juni 1885. Der Stadtqemeinderath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Berlin, 13. Juni. Das Befinden Sr. Maj. des Kaisers ist. Dank der regelmäßigen Nachtruhe, deren Se. Majestät sich erfreut, nunmehr ein sehr günstiges. Wie verlautet, ist die Abreise des Kai sers nach Ems zum dortigen Kurgebrauch bereits für die Mitte die ser Woche in Aussicht genommen. Die Theilnahme an dem Deutschen Jnnungstage, welcher am Montag beginnt, wird eine sehr große werden. Es sind 500 Dele- girte angemeldet. Selbst der allgemeine Handwerkerbund in Köln, der sich bisher abseits hielt, wird durch seinen Generalsekretär vertre ten sein; der bayerische Handwerkerbund entsendet seinen Präsidenten. Die Jnnnngsverbände und der Berliner Jnnungsausschuß repräsenti- ren allein 90,000 Mitglieder. Alle Behörden: Reichsamt des Innern, Polizeipräsidium, Magistrat und Gewerbedeputation, werden bei der Eröffnung vertreten sein. Gera. Die soziale Bewegung zeigt sich in sehr häufigen großen Arbeiter-Versammlungen, zu denen in der Regel Sprecher ans Berlin erscheinen, und in Strikes, welche bald in dem, bald in jenem Beruf auftreten. Die Strikes nennt man jetzt „Lohnkämpfe" und dieser Ausdruck ist doch wenigstens gut deutsch, wenn er auch etwas kriegerisch klingt. Diese „Lohnkämpfe" sind bekanntlich ein treffliches Mittel in den Händen der Agitatoren, die Arbeiter nie zur Ruhe kommen zu lassen. Die hiesigen Fabrikherren verschenken bei jeder Gelegenheit Tausende an ihre Arbeiter, trotzdem aber sind sie keinen Augenblick vor den Lohnkampf-Hetzern sicher. Und dabei sind die Löhne hier im Durchschnitt besser als in vielen anderen, sogar weit größeren Städten. Die Thatsache, daß es dem deutschen Avisodampfer „Pomerania" gelungen ist, den englischen Fischern das Handwerk in der Nord see so gründlich zu legen, hat überall in Deutschland laute Freude hervorgerufen. Was sich die englischen Fischer an der deutschen Nord seeküste seit Jahren herausgenommen haben, übersteigt jede Beschrei bung und ist trotzdem erst bis zum kleinsten Theil öffentlich bekannt geworden. Die Reichsregierung ist entschlossen, dem Treiben der eng- lischen Fischer an unserer Küste mit unnachsichtlicher Strenge zu be gegnen und es sollen deshalb die der Seepolizei zur Verfügung ge- Een Schiffe womöglich noch vermehrt werden. Die Vereinbarungen zwischen England und Deutschland we gen der Kolonialbewerbungen gelangen jetzt zur Ausführung. Die deutschen Landbesitzer auf den Fidschi-Inseln haben bereits die ihnen bvn England zukommenden ca. 200,000 M. Entscküdigung erhalte». Deutschland hat das Anrecht Englands auf die Lucia-Bay in Ostafrika, bw die deutsche Flagge aufgehißt war, anerkannt und England hat das gesummte Gebiet der Flüsse Niger und Benue in Westafrika an-- "ektirt. Dafür hat bekanntlich Deutschland das ganze Kamerungebiet erhalten, auch die von dem Polen Ragozinski für England annektirtcn >rtschasten. Auch eine andere Angelegenheit noch wird voraussichtlich M zwischen England und Deutschland geregelt werden: Die Raub- mcherei der englischen Fischer in den dentschen Gebieten der Nordsee. Die Kabinetskrisls in London ist nach den neuesten Nach- nchten in ein entscheidendes Stadium getreten. Bis dahin schien es gar nicht unwahrscheinlich, daß das Ministerium Gladstone schließlich Oach noch am Ruder bleiben werde. Nun ist aber der Führer der Konservativen im Oberhanse, Lord Salisbury, der bekanntlich schon ?"ger konservativen Kabineten angehört hat, von der Königin mit rr Bildung des neuen Kabinets beauftragt worden. Damit ist die neue konservative Aera eingeleitet und das Ende der Liberalen besie ge»- Mr. Gladstone scheint gewillt zu sein, seine staatsmännische Car- wre abzuschließen; selbst bei einem den Konservativen ungünstigen Ausfälle der nächsten Parlamentswahlen wäre also die Wiederkehr Knbinets Gladstone ausgeschlossen. Wie man der „Nat.-Ztg." och schreibt, sch-jnt die Königin in Wahrheit nur kurze Zeit mit der "nähme des Gladstone'schen Entlassungsgesuches gezögert zu haben, de" Premier die weite Reise nach den schottischen Hochlan- de" "ar nach der ersten telegraphischen Benachrichtigung r Königin ihr ein eingehendes Memorandum durch einen Kabinets- "versandt und sie für den Fall, daß sie weitere mündliche ter wünsche, ersucht worden, Lord Harlington als Stellvertre- Madstone's in Balmoral zu empfangen. Lord Hartington hielt sich bereit, am Mittwoch Abend abzureisen, es traf aber die telegra phische Antwort der Königin ein, daß seine Anwesenheit nicht elffor derlich sei. Die Königin hatte sich also im Laufe des Mittwoch auf Grund der brieflichen und telegraphischen Berichte entschieden. Lord Salisbury erhielt gestern die telegraphische Einladung nach Balmoral. Dieselbe und der ihm telegraphisch angekündigte Auftrag, das Kabinet zu bilden, bedeutet noch nicht unbedingt, daß er Premier wird, denn er könnte seinerseits Northcote dafür Vorschlägen; es gilt aber heute wieder als wahrscheinlich, daß Salisbury, der seit vielen Jahren nach dieser Stellung strebt, sie übernehmen wird. London', 12. Juni. Heute Mittag brach im Indischen Mu seum, hart neben den Gebäuden der Erfindungen-Ausstellung, eine Feuersbrunst aus. Das Museum ist vollständig zerstört, daS Feuer wüthtet noch fort in den fast gänzlich ausgebrannten Räumen. Bei den Ausstellungsgebäuden waren fast unausgesetzt alle Londoner Dampf- spritzen anwesend. Es war die größte Gefahr vorhanden, daß auch die ganze Ausstellung ein Opfer der Flammen würde; 10,000 Besu cher waren beim Ausbruch des Feuers anwesend, doch ist kein Unfall gemeldet worden. Den ungeheuersten Anstrengungen ist die Rettung der Ausstellung gelungen; nur geringe Beschädigungen sind vor gekommen. Frankreich und China sind einig. Der Friedensvertrag ist, wie aus Paris gemeldet wird, unterzeichnet. Gut so, nun können die Reisschiffe vom himmlischen Reich wieder ungehindert nach Europa gelangen. In Thiers, einer kleinen Stadt in Frankreich, wo ein Sensa tionsprozeß verhandelt wurde, stürzte die Treppe desJustizgebäu« des ein. 24 Personen sind todt, 164 verwundet, 14 unter den Letzte ren schwer. Vaterländische» Wilsdruff. Mit Bedauern hören wir, daß der Besuch deS hiesigen Kindergartens bis auf zehn Kinder zusammengeschmolzen ist; da in dessen Folge das Fortbestehen dieses höchst nützlichen In stituts in Frage kommt, so dürfte wohl die Anregung am Platze sein, daß alle Eltern und Erzieher für den Fortbestand dieses Instituts eintreten und der im heutigen Blatte ausgesprochenen Bitte der Kin dergärtnerin wohlwollende Beachtung schenken. — Am 3. Juni feierte der im vorigen Jahre in der Ephorie Meißen gegründete Kreisverein für innere Mission sein erstes Wanderfest in Großdobritz, dem Filial von Gröbern; von nah ünd fern waren Festteilnehmer, unter denen wir Se. Durchlaucht Prinz von Schönburg auf Gauernitz bemerkten, in dem freundlichen Orte zusammengeströmt, welcher durch seine sauberen, massiven Häuser, seine wohlgepflegten Gärten, gut gehaltenen Straßen einen äußerst ange nehmen Eindruck macht und in seinem neuerbauten Gotteshause rin schönes Denkmal gotischer Baukunst besitzt. Der vom Baumeister Möckel geleitete und in Sandstein ausgeführte Bau wurde 1882 voll endet, an dem stilvollen Portal befinden sich die lebensgroßen Statuen: Christus, Paulus, Petrus. In dem um 2 Uhr beginnenden Gottes dienste predigte vor einer zahlreich versammelten Gemeinde Herr 8up. l)r. Ackermann aus Meißen über Ev. Joh. 3, 14 und 15. Der ge feierte Kanzelredner sprach in klarer, ruhiger Weise über die Zeichen des Heils in der Wüste, hinschauend zuerst auf die Wüste voll Ver derben und dann auf die Wunder der Errettung. Die Gemeinde folgte sichtlich ergriffen mit gespannter Aufmerksamkeit der Predigt, welche eine rechte Weihe des Tages die Herzen für das hohe, edle Werk der inneren Mission begeistern mußte. An den Gottesdienst schloß sich eine Besichtigung der Kirche, der stilvollen, von Beck in Herrnhut her- gestellten Paramente, wobei der Ortspfarrer Müller aus Gröbern in- ieresiante Mittheilungen über den Bau und Symbolik der Kirche machte. ^5 Uhr fand in dem geräumigen Saal des Gasthofes eine Versamm lung statt, die der Vorsitzende des Vereins, ?. Hickmann aus Cölln mit einer Ansprache eröffnete. Hierauf sprach unter großem Beifall der Versammlung der Vereinsgeistliche k. Seidel aus Dresden über die Ausgabe der inneren Mission und zeichnete einige Bilder aus ihreNl gesegneten Wirken, indem er über das „rauhe Haus" bei Hamburg, von , dem hochverdienten Wichern begründet, das Diakonissenhaus des Pastor j Fliedner in Kaiserswerth und die Schöpfungen deS Pastor v. Bodel-