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Tharandt, Nossen, Nebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt för tzie König!. Amtshauytmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. 4S. »»scheint »rchkntlich Dienstag« und Freitag«. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Nonta<« und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. Zil. Dienstag, den 10. März 1885. Aekanntmachung. Don nabend, den 14. März dieses Jahres, Bormittag» S Uhr findet im hiesigen BerhandlungSsaale öffentliche Sitzung deS Bezirksausschusses Statt. Dir Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 7. März 1885. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Boffe. B e k anntm ach u n g. Der »ieSjthrige hiesige UrühjahrSmarkt wird Donnerstag, den 12. und Freitag, den 13. März «h>ehaltrn. Wilsdruff, am 23. Februar 1885. Der Stadtgemeinderath. Kicker, Brgmstr. jkogeSgefchichte. Die Anfang voriger Woche erfolgte Wiederaufnahme der Reichs- tagSverhandlungen hat uns wieder mitten hinein geführt nicht nur in daS parlamentarische Leben, sondern auch in das Gebiet der hohen «d kolonialen Politik. Die Rede, welche Fürst BiSmarck in der M»nt«-»sitz«ng de« Reichstages gehalten hat, muß al« ein Ereigniß von europäischer Tragweite bezeichnet werden; sie hat vor allem dar. gethan, daß in der Thot eine tiefe Verstimmung zwischen Berlin und London besteht, deren Schul» aber lediglich auf englischer Seite ruht, wie auS den drastischen Enthüllungen hervorgeht, welche der Reichs kanzler über die Mißgriffe und Taktlosigkeiten der englischen Staats männer Deutschland gegenüber, machte. Freilich kam in den ferneren Auslassungen deS leitenden Staatsmannes auch die Reichstagsmajorität nicht ohne einige sehr verständliche Hiebe weg, aber man verschmerzte sie unter dem Eindrücke der vorhergegangenen hochpolitischen Ausfüh rungen de» Fürsten BiSmarck und so kam eS, daß auch die Redner der CentrumS und der Freisinnigen in ihren Erwiderungen auf die Kanzlerrede die größte Einmüthigkeit mit denen der anderen Parteien, wie auch die völlige Harmonie zwischen der Regierung und der deut schen Nation dem Auslande gegenüber vokumentirteo. Der Haupt gegenstand der Tagesordnung, der Nachtragsetat sür Kamerun rc., wurde denn auch schließlich säst einstimmig genehmigt. DaS Schärfste, waS deutscherseits offiziell oder offiziös gegen die englische Diplomatie vorgebracht worden, liest man in einem längeren Artikel der Berliner „Nordd. Allg. Ztg." E« handelt sich um die Veröffentlichung einer Unterredung, die Fürst BiSmarck am 25. Januar o. mit dem englischen Gesandten in Berlin hatte, in welcher alle vertraulichen Aeußerungen, die Fürst BiSmarck in seiner bekannten Offenheit und im Vertrauen auf die diplomatische Verschwiegenheit gethan (sogar die über Persön lichkeiten) in der schonungslosesten Weise bloßgestellt werden. Der Artikel erläutert und belegt die Anklage Bismarcks im Reichstage durch schlagende Beispiele. Inzwischen ist Graf Herbert Bismarck nach London gesandt worden und hat bereits «ne Unterredung mit Lord Granville gehabt. Die englische Presse zeigt sich sehr zahm dem Text der Nordd. Allg. gegenüber und spricht nur die Hoffnung aus, daß sich zwischen England und Deutschland noch Alles werde zum Guten wenden. Der Grund dieser friedfertigen Sprache ist sehr ein fach. Seit einiger Zeit haben die Russen wieder militärische Beweg ungen in Centralasien gemacht, welche die Engländer sehr beunruhigen. Sie sollen sogar mit einigen Posten die afghanische Grenze überschritten haben. Die Rüstungen, die England seit einiger Zeit macht, werden von der englischen Presse als gegen Rußland gerichtet ausgespielt. Sind dies« Rüstungen von so großem Umfang, wie sie geschildert werden, so können sie allerdings nicht gegen den Sudan allein gerichtet sein. Der „Standard" erfährt, der Londoner Besuch des Grafen Herbert BiSmarck und der Ideenaustausch, zu dem derselbe geführt, habe der britischen Regierung große Befriedigung gewährt; in Regie- rungSkreisen werde die Hoffnung gehegt, daß dieser persönliche Mei nungsaustausch dazu beitragen werde, die jüngst entstandenen bedauer- lichen Differenzen zu beseitigen und die Beziehungen zwischen England und Deutschland auf einen freundlicheren Fuß zu stellen. Die Reise Herbert BiSmarck'S, die nach der Rede des Reichskanzlers vom 2. d. völlig unerwartet kam, beschäftig die diplomatischen und politischen Kreise in hohem Grade, weil sich die ganze Tragweite derselben noch gar nicht erkennen läßt. Al« sicher darf jedoch wohl angesehen wer den, daß eS sich auch in diesem Falle darum handelt, der Friedens politik Deutschlands eine neue Stütze zu verschaffen. Wiederholt hat Fürst BiSmarck die Friedenspolitik für seine eigentliche Aufgabe er klärt, und anderthalb Jahrzehnte sprechen dafür, daß es ihm darum heiliger Ernst ist. Die Osterferien deS Reichstags sollen am 27. März beginnen. General-Feldmarschall Graf Moltke tritt eine längere Urlaubs reife an, die zunächst nach Italien sich wendet. Ein besseres Zeichen für die sonnenhelle Klarheit des politischen Horizonts ist wohl kaum zu wünschen, wenn die „Schlachtendenker" auf Urlaub gehen, dann ist keine Wolke am Himmel. Braunschweig. Der Regentschaftsrath löste auf Grund deS Landesgesetzes den Kreislandwehrverein wegen Nichtausschließung zweier sozialdemokratischer Mitglieder auf. Aus Granada (Spanien) wird berichtet, daß vorige Woche wieder zwei heftige Erdstöße empfunden worden sind, auch in Lopi, Malaga und an anderen Plätzen war die Erde in Bewegung. Zwar ist kein Verlust an Menschenleben zu beklagen, aber der Schrecken ist wieder groß. Vaterländische». . Wilsdruff. Die vom konservativen Verein in den ländlichen Ortschaften des Amtsgerichtsbezirks angeregte Sammlung zur Bis- marckstiftung ergab 150 M. 1 Pf. Ertrag und zwar wurde an den Vereinskassirer abgeliefert von Birkenhain 5 M., Blankenstein 12,50 M>, BurkhardSwalde 7,50 M., Groitzsch 2,20 M., Grumbach 24 M., Helbigsdorf 3,50 M., Herzogswalde 9 M., Klipphausen 11,20 M., Lampersdorf 6,60 M., Limbach 12,15 M., Munzig 7,01 M., Roth- schönberg 7,70 M., Schmiedewalde 8 M., Sora 11 M., Steinbach b. K. 2,65 M. und Tanneberg 20 M.; ferner gingen vom landwirth- fchaftlichen Verein zu Weistropp 65 M. 50 Pf. ein, so daß nach Abzug der Portoauslagen 214 M. 91 Pf. an das Bankhaus Günther und Rudolph in Dresden abgesendet werden konnten. Die übrigen, hier nicht genannten Ortschaften des Amtsbezirkes haben sich mehr oder weniger an den Sammlungen der landwirthschaftlichen Vereine zu Kesselsdorf, Röhrsdorf rc. betheiligt, welche die Beträge direkt an die Centralstelle abgegeben haben. — Bei der am Sonntag Nachmittag im Saale des Hotel Adler stattgefundenen Generalversammlung des konservativen Vereins für Wilsdruff und Umgegend hielt vor einer sehr zahlreich versammelten Hörerschaft Herr Rechtsanwalt Dr. Mehnert aus Dresden einen Vor trag über die „Entwickelung der Sozialdemokratie und ihre heutige Stellung im Staate". Der geehrte Redner führte in fast zweistün digem Bortrage in gewandter Welse der Hörerschaft die Entstehung, Entwickelung und die heutige Stellung der Sozialdemokratie, damit aber auch zugleich ein Bild vor die Augen, mitunter so grell und schrecklich, daß man diese davor schließen möchte. Und doch ist Alles waS der Redner theils auS Büchern, Zeitschriften und Versammlungen der Sozialdemokraten citirte, die nackte Wahrheit, aber nicht geeignet, hier in diesem Blatte wiedergegeben zu werden. Der Redner betonte aber auch, daß der heutige Stand der Sozialdemokratie, die unbeug same Festigkeit und Zähigkeit derselben den Ordnungsparteien im Staate wohl ein Anlaß zu gleicher Thätigkeit und Ausdauer in der Bekämpf ung der Sozialdemokratie sein müsse, sowie in der Unterstützung der Reichsregierung in der Ausführung ihrer Gesetze für das Wohl der arbeitenden Klassen. Dem Vortragenden wurde am Schluffe seiner Rede durch reichen Applaus, ehrende Worte des Vorsitzenden und Erheben von den Sitzen verdienter Dank gezollt. In ein hierauf vom Vorsitzenden ausgebrachtes Hoch auf Se. Maj. den Kaiser Wilhelm stimmte die Versammlung stürmisch ein. Nachdem die Gäste des Ver eins sich entfernt, fand die eigentliche Generalversammlung statt, in welcher der Herr Cassirer Harder den Cassenbericht und der Herr Vor sitzende v. Schönberg-Pötting Bericht über die Thätigkeit des Vereins im verflossenen Jahre erstattete, dabei das stete Wachsen deS Vereins hervorhob und oie Mitglieder des Vereins ersuchte, auch ferner mit allen ihren Kräften für die konservative Partei ftnzutreten. Die Ge neralversammlung fand mit einem Hoch auf Se. Maj. den König Albert einen würdigen Abschluß.