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s Wochenvlatt I für . Wils-Mf, Tharaud, Stoffe», Sievenleh« und die Umgegenden. Achter Jahrgang. «/I- Mittwoch, den 5. Juli 1848. 27. Verantwortlicher Nedacteur und Verleger: Albert Reinhold. Von dieser Zeitschrift erscheint Mittwochs und Sonnabends -in- Nummer. Der Preis siir den Pierteljahrgang beträgt 10 Rgr, für welchen dieselbe von' der R-da-tion in Wilsdruf, den Agenturen in Tharand, Nossen, und Sicbeillehn, sowie der Vuchdruckerei von E. E. Hlinkicht und Sohlt in Meißen bezogen werden kann. Auch nehme-, dieselbe» Bekanntmachungen aller Art zur Beförderung an. Die Nedaction. Kurze politische Umschau. In Frankfurt am Main sind am 27. l Juni von der Nationalversammlung folgende , Götze in Betreff einer deutschen Gesa m mtregie- rung (Centralgewalt) angenommen worden: 1) Bis -zu einer'festen,Begründung einer Regierungsgewalr - für Deutschland soll eine provisorische Centralgewalt für alle, gcmeinsamcn Angelegenheiten der dem- scheu Nation bestellt werden. 2) Dieselbe hat a) die vollziehende Gewalt zu üben in allen Angelegen heiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates betreffen; ö) die Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht zu übernehmen und namentlich die Oberbe fehlshaber derselben zu ernennen; c) die völker rechtliche nnd handelspolitische Vertre tung Deutschlands auszuüben und zu diesem De. Hufe Gesandte und Consuln zu ernennen; cH die Beschüsse der Nationalversammlung zu verkün den und zu vollziehen. 3) Die Errichtung des Verfas sungswerkes bleibt von der Wirksamkeit der Ccn- tralgcwalt ausgeschlossen. 4) Uebcr Krieg und Frieden und über Vertrage mit auswärtigen Mächten beschließt die Centralgewalt mit Einvcr- siändniß der Nationalversammlung. — Zunächst wurde dann namentlich abgestimmt, ob die proviso rische Centralgewalt einem Präsidenten übertragen wer-- den solle, und die Frage mit 355 gegen 17 k Stim men verneint. Dagegen wurde mit an Einstimmig keit grenzender Majorität beschlossen, sie einem Reichs- Verweser zu übertragen. Nun kam erst die wich, ligste namentliche Abstimmung: ob die Skatio- ncrlvcrsammlung den Rcichsverwescr zu erwählen Hube, und diese Frage ward mit 403 St. gegen 13» St. bejaht, worauf ein unge heurer Jubel ertönte. — In der Sitzung am 29. Juni endlich erfolgte die Wahl eines Reichsverwc- sers durch namentliche Abstimmung. Die Wahl fiel mit 436 Stimmen auf Johann, Erzherzog von Oesterreich. Die übrigen Stimmen erhielten Erzherzog Ste phan, von Gagern und von Jtz stein. 2.5 Abgeordnete enthielten sich des Stimmrechts, weil sie keinen unverantwortlichen Reichsvebweser wähle» zu können glaubten. Unter dieser Zahl befanden sich auch die sächsischen Abgeordneten Schmidt, Dietzsch und Trützschler. Sowie der Präsident von Gagern das Resultat der Abstimmung verkün dete und den Erzherzog Johann als Reicksverwe- scr von Deutschland feierlichst ausrief, erhoben sich die Abgeordneten, ungeheurer Jubel durchtönte das ganze große Gebäude und aus voller Brust ward dem Erwählten ein dreifaches Lebehoch gebracht. Alle Glocken in ganz Frankfurt ertönten in vollem Geläute, 101 Kanonenschuß begrüßten die Wahl, aus allen Häusern fiaggten große dreifarbige Fah nen und der Jubel auf den Straßen und öffentli chen Plätzen der Stadt wollte kein Ende nehmen. Eine aus 7 Personen bestehende und von der Na tionalversammlung gewählte Deputation begab sich noch an demselben Tage auf den Weg nach Wien, um den neuen Reichsvcrweser von der auf ihn gefal- l.nen Wahl in Kcnntniß zu sitzen. — Möge die ses folgenschwere Ereigniß namentlich auch dazu beitragen, die Hoffnung auf ei nen gesicherten Rcchlszustand'nen zu be leben, damit das Vertrauen in das Beste« hen der Dinge wiederkehren und Handel und Wandel sich wieder beleben. Wie die Sachen jetzt stehen, scheint es uns nicht mehr ganz außerhalb des Bereiches der Wahrscheinlichkeit zu liegen, daß die Angelegenheiten Deutschlands ohne Krieg ihre Erledigung finden und die Wirren und Händel alle durch die Feder und das lebendige Wort, und nicht mit dem Schwerte werden gelöst werden. Freilich vermag auch der Weiseste nicht, mit einigerWahrschein- lichkeit die Ereignisse der nächsten acht Tage vorherzu-