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Tharandt, Nossen, Aiebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt fiir die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. 45. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnemenlpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 60. Dienstag, den 28. Juli 1885. - ' " ' ' — " . . . Bekanntmachung. Mit entsprechender Geld- oder Haftstrafe wird belegt, wer in hiesiger Stadt Sensen, ohne solche mit Schuh oder einem anderen Schutzmittel versehen zu haben, trägt. Wilsdruff, am 27. Juli 1885. Der Bürgermeister. Ficker. - Bekanntmachung. In der Zeit vom 1. bis spätestens den 15. nächsten Monats ist der II. Dermin Grundsteuer nach Höhe von 2 Pf. pro Einheit, der III. Dermin städtische Anlagen, sowie der II. Dermin Hundesteuer bei Vermeidung von Weiterungen an die Stadtkämmerei zu entrichten. Hierbei werden diejenigen Pächter städtischer Feld- und Wiesengrundstücke, welche sich noch mit den diesjährigen Machzinsen in Rückstand befinden, aufgefordert, dieselben nunmehr unverzüglich an vorgenannter Cassenstelle zu bezahlen. Wilsdruff, am 27. Juli 1885. Der Stadtrath. Ficker, Brgmstr. Auktion. Kommenden Sonnabend, den 1. August d. I., Nockimittags 4 Uhr, gelangen im Nollau'schen Gasthofe zu Kesselsdorf 1 Piano sorte, 1 Regulator, 1 Kleidersekretär und 1 Sopha gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Wilsdruff, am 27. Juli 1885. Matthes, Gerichtsvollzieher. DageSaeschichte. Berlin, 24. Juli. Die Reise des österreichisch-ungarischen Mi nisters des Auswärtigen, Grafen Kalnoky nach Varzin zum Besuche desFürsten Bismarck soll nunmehr beschlossene Sache sein. Es heißt, daß sie Mitte August erfolgen werde. An reichem Gesprächsstoff wird es den leitenden Staatsmännern der befreundeten Kaiserreiche auch in diesem Sommer nicht fehlen. Abgesehen von der wirthfchastspolilischen Frage giebt es außerdem so manche Punkte, die eine mündliche Erör terung wünschenswerth erscheinen lassen. Dahin gehört wohl in erster Linie der englische Regierungswechsel und die Rückwirkung, die derselbe möglicherweise auf die Gruppirung der Mächte ausüben könnte, falls er durch die bevorstehenden englischen Neuwahlen bestätigt werden sollte. Vom Ministerium des Innern ist gutem Vernehmen nach unmittel bar, nachdem die Vorgänge bei dem Begräbniß eines Sozialdemokraten in Frankfurt a. M. hier bekannt geworden waren, ein umfassender Bericht darüber vom Oberpräsidenten Grafen Eulenburg ein gefor dert worden; Letzterer hat das Polizeipräsidium in Frankfurt a. M. sofort veranlaßt, eine genauere Untersuchung zu veranstalten und ihm das Ergebniß derselben mitzutheilen. Wie man hört, hat man an den hiesigen maßgebenden Stellen schon seit längerer Zeit sehr aufmerksam das Gebühren der Frankfurter Sozialdemokraten beobachtet und ist wiederholt, zuletzt noch während des Prozesses gegen Lieske, dem Ge danken näher getreten, auf Grund des Sozialistengesetzes den kleinen Belagerungszustand über Frankfurt a. M. zu verhängen; von dem erwarteten Bericht des Oberpräsidenten in Kassel wird es wohl abhängen, ob man sich nunmehr zu diesem Schritte entschließen wird. Nach Meldungen Wiener Zeitungen wird die Zusammenkunft Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm mit dem Kaiser Franz Joseph nun mehr bestimmt am 7. August in Gastein stattfinden. Trotzdem beab sichtigt, so berichtet die Wiener „Presse", Kaiser Wilhelm, nach been digter Kur auch diesmal nach Ischl zu gehen, um die Kaiserin und die Frau Erzherzogin Valerie von Oesterreich zu begrüßen. Die Dauer des Aufenthalts des Kaisers in Gastein ist auf drei Wochen bemessen. Wie in Berliner politischen Kreisen als zuverlässig verlautet, hat der Kaiser von Oesterreich vor Kurzem ein Schreiben an den Zaren gerichtet, worin er denselben an das in Skierniewice gegebene Versprechen eiues Gegenbesuches in Oesterreich erinnerte und die An frage hinzusügt, ob auf die Erfüllung diefes Versprechens im Laufe dieses Sommes zu rechnen sei. Daraus soll eine überaus herzliche Antwort eingegangen fein, die im Wesentlichen dahin lautete, daß der Zar aufrichtig wünsche und hoffe, den schuldigen Gegenbesuch auf dem österreichischen Boden noch in diesem Sommer abzustatten. Auf diese ziemlich allgemein gehaltene Antwort hin ist von Wien aus der Befehl ertheilt worden, das Schloß Reichstadt in Böhmen für eine etwaige Zusammenkunft der beiden Kaiser in Stand zu setzen. Sobald der Zar einen bestimmten Zeitpunkt für seine Ankunft in Oesterreich fest gesetzt haben wird, dürfte von Wien aus das Schloß Reichstadt in Vorschlag gebracht werden; weiter ist die Angelegenheit bis zur Stunde noch nicht gediehen. Die Streikes scheinen in Berlin kein Ende nehmen zu wollen, jetzt ist bei den Korbmachern ein partieller Streik ausgebrochen, die Arbeiter der „Grünen" und der Rohrbranche haben die Arbeit einge stellt und die Unterhandlungen der Lohnkommission mit den Arbeitgebern begonnen. In einzelnen Werkstätten ist die Arbeit wieder ausgenom men, da die Mehrforderung bewilligt worden ist. Frankfurt a. M., 22. Juli. Bei der heutigen Beerdigung eines Sozialdemokraten, Namens Hiller, kam es auf dem Friedhöfe zu Aus schreitungen. Als der Leichenzug auf dem Friedhöfe eintraf, gab Po lizeikommissar Mayer den Befehl des Polizeipräsidiums kund, daß auf dem Friedhöfe weder Reden gehalten, noch Demonstrationen veranstaltet werden dürften; damit war die Aufforderung verbunden, die rothen Schleifen zu entfernen. Als der Zug an das Grab kam und einer der Anwesenden begann: „Sehr geehrte Genossen!" wiederholte der Kom missar die Aufforderung, das Reden zu unterlassen. Als hierauf ver schiedene rothe Schleifen in die Gruft geworfen wurden und gleichzeitig ein anderer Sozialdemokrat begann, den Dahingeschiedenen als Kämpfer der Freiheit zu feiern und, eine lange rothe Schleife in der Hand haltend, Weiler sprechen wollte, forderte der Kommissar auf Grund des Paragraphen 9 des Sozialistengesetzes die Anwesenden auf, auseinan der zu gehen; er wiederholte die Aufforderung drei Mal, und als dessen ungeachtet sich keiner vom Fleck rührte und der letzte Redner auch nach der dritten Aufforderung wörtlich fortfuhr: „diese Schleife gebe ich Dir mit als Zeichen der Freiheit," befahl der Kommissar der anwesenden Schutzmannfchaft, die Versammlung auseinander zu treiben. In Folge des Widerstandes, dem die Beamten hierbei begegneten, fand eine Anzahl Verhaftungen und Verwundungen statt. Köln. 24. Juli. Heute Mittag 12^ Uhr stürzten die Häuser Hozmarkt 75 bis 78 ein, welche zusammen von 16 Familien bewohnt waren. Bis 1 Uhr waren 3 tödtlich, 5 schwer und 3 minder Verletzte hervorgezogen. Die Feuerwehr und die Pioniere sind mit dem Ret tungswerk betraut. Beide Häuser hatten unten Wirthschaft; über 60 Personen befinden sich noch unter den Trümmern. Köln, 25. Juli. Bis 10 Uhr Vormittags wurden im Ganzen 7 Todte und 30 Verwundete aus den Trümmern hervorgeschafft. Die Nachgrabung durch Militär und Feuerwehr wird eifrig fortgesetzt. Wie nunmehr festgestellt ist, wohnten in einem der eingestürzten Häuser 69, in dem andern 26 Personen. Davon sind nach Angabe von Augen zeugen 20 bis 25 unmittelbar nach dem Einsturz durch Rheinarbeiter gerettet worden. Bis heute Vormittag 10 Uhr waren 30 Verletzte in das Hospital ausgenommen. Die Kaiserin sandte für die Verun glückten 300 M., und von allen Seiten gehen reiche Spenden ein. Die „Mainzer Ztg." bringt folgende Mittheilung: Herr Polizei- rath Travers erfuchtuns, nachstehende Zeilen zu veröffentlichen: „Es ist mir am 13. d. Mts. mit Poststempel „Mainz" ein anonymer Drohbrief folgenden Inhalts zugegangen: „Rumpff ist bei Seite, jetzt kommen Sie daran! D. B. (oder L.)" Indem ich aufdiesem Wege dem unbekannten Briefschreiber den Empfang desselben zu bestä tigen und ihm gleichzeitig für die mir erwiesene Aufmerksamkeit, durch welche er mich in den Stand gesetzt hat, meine Vorsichtsmaßregeln zu treffen, zu danken versuche, bemerke ich noch, daß ich mich durch diese Drohung in meinem bisher geübten loyalen Handeln nicht beirren lassen und der Zukunft ruhig entgegensetzen werde, weil ich des Schutzes der gesammten Mainzer Bürgerschaft sicher bin." Wien, 22. Juli. Das „Fremdenblatt" schreibt: Die Bevölkerung Oesterreichs sieht alljährlich dem Besuche des Deutschen Kaisers in G'stein mit den wärmsten Sympathien eutgegen und heißt den ehr würdigen Greis mit dem deutschen Kaiserthrone herzlich willkommen. Wir Alle kennen und preisen das Freundschaftsband, welches die Herr scher der beiden großen Nachbarreiche und ihre Nationen zum Segen des friedebedürftigen Welttheils eint und erblicken in der Begegnung