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Wochenblatt , für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Verichtsamt Wilsdruff und den Stadteath daselbst. ckceitag, den 20. Mruar 1863. 8. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Bierteljabrgang beträgt td Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmlliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Slück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl <in der Redaciion>, als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Jnscrate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, erwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mil großem Danke angenommen, nach «efinden honorirt. Umschau. Die Vorgänge in Polen ziehen noch immer die allgemeine Aufmerksamkeit aus fich. Je tapferer das Volk sich wehrt, je hoffnungsloser das ganze Unternehmen erscheint, desto wehr Bedauern giedt sich kund. Ein Volk, daS ehemals groß und mach« tig war, dessen ruhmreiche Thaten die Geschichte Lufbewahrt hat, und das nun seit fast hundert Jahren zerrissen und auf jede Weise gepeinigt worden ist, kann nur unser tiefstes Mitleid erregen. Wer wollte einen Stein auf die Männer werfen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um bas verhaßte Joch abzuwerfen? Mögen die Polen ihr Unglück durch Uneinigkeit meist selbst verschuldet haben, mögen sie Eigenschaften besitzen, die die Deutschen adstvßen; wer für sein Vaterland so zu kämpfen Und zu sterben weiß, verdient unsere Achtung! — Den russischen Berichten nach könnte eigentlich kein Insurgent mehr am Leben sein; ihre Nachrichten vom Schlachtfelde melden gewöhnlich, daß die Auf» ständischen 2- 300 Tobte und Verwundete, sie selbst nur einen Mann verloren haben. Der eine Tobte ist aus den Kämpfen im Kaukasus schon bekannt. Merk würdig ist dabei noch, daß die russischen Berichte alle Kämpfe und Siege in's Innere Polens verlegen, von wo sonst keine Nachricht zu uns dringen kann, während die Grenzen ohne Ausnahme in den Händen der Polen find. Privatnachrichten sprechen von dem weitern Umsichgreifen des Ausstandes und von den gräßlichen Scenen, die auf jede Eroberung der Russen folgen. Am schrecklichsten hauste daS Mili tär in Tomaszoff. Nach härtnäckigem Kampfe wichen die Insurgenten und überließen chie Stadt den Russen, deren Offizier die Erlaubniß zu einer mehrstündigen Plünderung gab. In kurzer Zeit war die Stadt auSgeraubt, die Einwohner, Män» ner, Weiber und Kinder erschlagen, und dann wurde der Rest dem Feuer überlasten. Selbst mehrere russische Beamtenfamilien wurden ermordet. Ebenso ging es in der Schlacht bei Wengrow. Dreimal rücklen die Russen zum Sturme an, wur den aber jedesmal von den Sensenmännern gewor fen, bis dreie die Stadl freiwillig räumlen, die bald ein Aschenhausen war. Die Russen verloren dadei 300 Mann. — In Preußisch-Polen haben viele Verhaftungen von Edellcuten und Geistlichen statlgefunden, die mit den Insurgenten über der Grenze verkehrten. Die Grenzkreise find so stark mil Militär besetzt, daß jeder Verkehr aufgehörl hat. Das Ministerium Bismark will aber weiter gehen und soll mit Rußland einen Vertrag ge schlossen haben zur Unterdrückung d-S Aufilandes. 2 Armeecorps werden in Russisch-Polen einrücken; die preußischen Eisenbahnen dem russischen Militär zur Verfügung gestellt. Die Nachrichten über die sen Vertrag haben in ganz Preußen allgemeine Entrüstung hervorgerusen und schwerlich wild das Abgeordnetenhaus das nöthige Geld bewilligen. Preußen, sagt man in Berlin, muß seine Provinzen bewahren; von Preußisch - Polen darf nicht ein Acker verloren gehen, denn die Hälfte des Grund besitzes ist schon in deutschen Händen; warum aber sollen wir unser Geld und Blut hingeben; damit die Russen das unglückliche Polen besser knech ten können? Sind wir schon so weit gesunken, daß wir Rußland'- Handlanger und Henker ab geben müssen? — Vielleicht wird durch dieses Er- elgniß zugleich der Streit des Ministeriums mit den Abgeordneten zum Austrag gebracht. Um einen Krieg, und wäre es auch nur mit einem Theile der Armee, zu führen, reichen die jetzigen