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Wochenblatt für für für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Witsdrnss. Erscheint wöchentlich 2 Mal Di«n«t«g und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer keftet^O Ps. Jnseratenannahme MentagS u. Donnerstags »i» Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 8 Mal (Dienstag und Freitag AbonnementSprei» vierteljährlich I Mark Eine einzelne Nummer kostetet) Pf Jnseratenannahme Montags u. Donnerstag- bis Mittag 12 Uhr. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Aweiun-vierzigfle* Bahrgang. Freitag, den 10. November 1882. Bekanntmachung. Behufs der vorzunehmenden Ergänzungswahl des mit Ende dieses Jahres ausfckeidenden dritten Theiles der Stadtverordneten und deren Ersatzmänner ist eine Liste der stimmberechtigten und wählbaren Bürger hiesiger Stadt angefertigt worden und hängt dieselbe vom 13. bis 28. dieses Monats im hiesigen Rathhause zu Jedermanns Einsicht§aus. Etwaige Einsprüche dagegen sind rechtzeitig und spätestens bis mit 19. dieses Monats bei dem unterzeichneten Bürgermeister anzu bringen. Nach Ablauf der gedachten Auslagezeit wird die Liste geschlossen, auch werden alle bis dahin in dieselbe nicht eingetragenen Bürger von der Wahl ausgeschlossen, sowie auch etwaige bis dahin nicht erledigte Einsprüche unberücksichtigt gelüsten werden. Wilsdruff, am 9. November 1882. Der Bürgermeister. Ficker. Tagesgeschichte. Berlin. Wahlakten und Meldungen um Belegung von Plätzen beginnen nun beim Bureau des Abgeordnetenhauses zahlreicher einzu gehen. Es stellt sich dabei eine sehr eigenthümliche Erscheinung heraus, welche nicht wenig geeignet ist, in den Reihen der äußersten Rechten und namentlich des Centrums, wo man das Gegentheil erwartete, zu überraschen. Eine nicht geringe Anzahl von Abgeordneten, welche bis dahin den Deutschkonservativen zugezählt waren, haben sich den Freikonservativen angeschlossen. In Regierungskreisen hat das, nach der Mittheilung liberaler Blätter, große Genugthuung hervorgerufen und die Hoffnung auf Bildung einer „Mittelpartei" gestärkt. Man läßt es sich in Regierungskreisen nicht ausreden, daß man im neuen Abgeordnetenhause einer veränderten Parteibildung gegenüberstehen werde. Auch die Freimaurerlogen des Deutschen Reiches haben, wie das „Deutsche Mtgsbl." erfährt, beschlossen, die Silberhochzeit des Kron- prinzlichen Paares zu benutzen, um ihrem erlauchten Protektor die Freude über den Eintritt dieses schönen Tages in würdiger Weise zu bezeigen. Es soll nämlich durch freiwillige Beiträge der einzelnen Logen wie der einzelnen Mitglieder derfelben ein Schwesterhaus ge gründet werden, in welchem hilfsbedürftige Wittwen und Töchter ver storbener Freimaurer eine sichere Zufluchtsstätte finden. Derartige Asyle bestehen in der Schweiz (Zürich), England und Nordamerika seit längerer Zeit, sind reich dotirt und von segenbringender Wirksam keit. Die Nachahmung dieses schönen Beispiels wird dem Silberjubel paar unfehlbar zur hohen Freude gereichen. In den ersten 9 Monaten d. I. sind 14,7 Millionen Doppel zentner Getreide in Deutschland eingeführt worden, 4,z Millionen mehr wie in der nämlichen Zeit des Vorjahres. Die stärkste Zunahme hat beim Weizen stattgefunden Wien, 4. November. Im heute unter dem Vorsitz des Kaisers abgehaltenen Ministerrath wurde eine Hilfsaktion im großen Stil für die Alpenländer beschlossen. Sowohl momentane Hülfe aus Reichsmitteln, wie auch Flußregulirungen wurden von reichswegen für nothwendig erkannt. In den militärischen Kreisen Frankreichs widmet man der Ent wickelung der deutschen Wehrkraft seit den Ereignissen von 1870/71 ganz besondere Aufmerksamkeit, und zwar wendet man dieselbe nicht allein unserer Landarmee, sondern auch unserer deutschen Marine zu, die sich im Laufe des letzten Decenniums allerdings rapide ent wickelt hat, wenngleich nur innerhalb des Rahmens, welcher durch den Marineorganisatiosplan von vornherein festgestellt worden war. Binnen Kurzem wird die damals gezogene Grenze erreicht fein, und in unseren maßgebenden Kreisen denkt zur Zeit wenigstens wohl Niemand daran, denselben erheblich zu erweitern, lieber das bisherige Anwachsen unserer Kriegsflotte spricht sich nun die „ttovuo militairo äo llotruuZor" am Schlüsse eines längeren Artikels folgendermaßen aus: „Man ersieht auS dem neuesten Schiffsverzeichniß der kaiserlichen Marine, daß Deutsch land schon heute zu den Seegroßmächten gerechnet werden muß. Wenn es heute seine Flagge so häufig auf den verschiedensten Meeren zeigt und von kleinen Staaten, über welche die deutschen Konsuln Klage zu führen haben, Genugthuung erzwingt, so kann man sicher sein, daß seine Rolle sich nicht auf solche Nebensächlichkeiten beschränken, und daß es im gegebenen Augenblicke kühn an der Seite der anderen See mächte, England, Frankreich und Italien, sich seinen Platz nehmen wird." Der Verfasser des Artikels giebt sich in Bezug auf die mari timen Afpirationen Deutschlands jedenfalls einer starken Täuschung hin. Die deutsche Marine soll nur im Stande sein, die deutschen Küsten gegen die Angriffe auch eines zur See entschieden überlegenen Gegners zu decken; ihre Aufgabe ist eine vorwiegend defensive, wenn gleich sie im Stande fein muß, zur Durchführung derfelben unter Um ständen auch einmal offensiv vorzugehen. Von einer Konkurrenz mit den Seemächten ersten Ranges, also mit England und Frankreich, ist niemals die Rede gewesen, und selbst Italien wird man auf diesem Gebiete ohne sonderliche Beunruhigung den Vortritt einräumen. In Gent wollte die revolutionäre Louise Michel aus Paris am 1. November einen Vortrag halten; beim Eintritt in den Saal wurde sie aber mit Pfeifen und Brüllen empfangen, und als sie trotzdem vordrang, entstand ein wildes Getümmel; sie bekam einen Schlag mit einem Schemelbein auf den Kopf und mußte sofort den Saal verlassen. Warschau. Neuerdings werden vielfach Besorgnisse hinsichtlich des Getreidegeschäftes dieses Jahres geäußert. Alle Gutsbesitzer, welche aus ihren in den Provinzen belegenen Besitzungen gegenwärtig zum Winter nach Petersburg zurückkehren, klagen, daß sie das Ergebniß ihrer Ernte nicht haben verkaufen können. Die Nachfrage nach Getreide mangelt in der That gänzlich, so daß allgemein eine Krisis in diesem für die Zahlungsfähigkeit der russischen Volkswirthschaft gegenüber dem Auslande in' erster Linie stehenden Geschäftszweige befürchtet wird. So befinden sich beispielsweise auf den Besitzungen des Grafen Wo- ronzoff-Daschkoff über 500,000 Pud (zu 16 leg) Korn, für welche nicht ein Angebot gemacht worden ist und die daher wohl bis nächstes Jahr unverkauft liegen werden. Der im Innern Rußlands überaus rasch eingetretene Winter hat diese Lage noch verschlimmert. Einestheils hat der frühzeitige Frost an vielen Orten die Winterbestellung un möglich gemacht, anderntheils sind Hunderte von befrachtenden Schiffen, namentlich auf der Wolga, eingefroren; viele Fahrzeuge haben sogar einen sichern Ort zum Ueberwintern nicht mehr finden können und müssen an gefährlichen Stellen den Beginn der Schifffahrt im nächsten Frühjahr abwarten. Diese nach Millionen sich beziffernden Verluste sind zum größten Theil der Nachlässigkeit der Regierung zuzuschreiben, da dieselbe gegen die Versandung der Wolga nicht rechtzeitig geeignete Maßregeln ergriffen hat. Die meisten Schiffe würden nämlich vor Eintritt des Eisgangs ihren Bestimmungsort erreicht haben, hätte eben die Seichtheit des Flußbettes sie nicht aufgehalten. Die russischen Zeitungen erzählen von einem neuen Millionen diebstahl in der kaiserlichen Pulverfabrik von Tschernigow. Durch Aufstellung falscher Rechnungen ist die Krone dort, wie sich jetzt bei der Revision herausgestellt hat, um viele Millionen betrogen worden. Wie gewöhnlich haben die Oberbeamten wieder alle unter einer Decke gesteckt, und so ist es möglich gewesen, daß der Betrug Jahre hindurch fortgesetzt werden konnte. Kopenhagen, 6. November. Heute Vormittag richtete ein orkan artiger Sturm an den Häusern, Wäldern und in den Häfen im ganzen Lande großen Schaden an. Es wurden bereits mehrere Seeunglücks fälle gemeldet. London, 7. November. Heute Vormittag wurden in der Kohlen grube „Clagcroß" bei Chesterfield in Folge einer Explosion, wie es heißt, 30 Grubenarbeiter getödtet. Zur Untersuchung gegen Arabi meldet die „Neue Freie Presse" aus London: Einem der aufgefundenen Briefe, welche Mohamed Zacher, einer der vertrautesten Berather des Sultans, auf dessen di rekten Befehl an Arabi Pascha schickte, sind folgende Stellen zu entnehmen: Der Sultan beauftragt mich, Folgendes zu schreiben: „Sie müssen vor allem Anderen trachten, die Macht des Sultans zu konsolidiren und zu verhindern, daß Egypten in die Hände der räu berischen Fremden falle. Der Sultan vertraut hierbei ausschließlich auf Sie, da gewisse Jntriguanten in Konstantinopel und Egypten, von England gewonnen, verrätherischer Weise jene verfluchten Pläne Eng lands fördern. Alle diese Personen müssen von Ihnen scharf über wacht werden, Tewfik, welcher ebenfalls jener Klasse angehört, beweist durch seine Telegramme, daß er schwach und launenhaft ist. Der Sultan traut ihm deshalb ebensowenig, wie Ismail oder Halim; er vertraut nur Ihnen." — In demselben Briefe werden noch Vorsichts maßregeln empfohlen, wie die Korrespondenz zwischen dem Sultan und Arabi geheim gehalten und durch wen sie gefördert werden müsse. In einem andern Briefe, den ebenfalls auf direkten Befehl des Sul tans dessen Sekretär Rtib an Arabi geschrieben, erklärt der Sultan ebenfalls, er könne nur demjenigen trauen, welcher seine Souveränität über Egypten bedingungslos anerkenne und diese Person sei Arabi. Dem Sultan liege nichts an der Person des Khedive, der künftige Herrschaft Egyptens müsse ausschließlich des Sultans Souveränität erhalten. Vaterländisches. — Eine erhebliche Steuerhinterziehung ist jüngst in Dresden ver sucht worden. Ein dortiger jüdischer Geschäftsinhaber hatte bei seiner Einkommendeklaratiou so winzige Zahlen über sein Vermögen angegeben, daß sich die Behörde veranlaßt gesehen hat, vor einigen Tagen sich von dem Siande der Dinge zu überzeugen. Dabei wurden in einer in einem Winkel versteckten Kassette ca. 30,000 M. in russischen Papieren wohlverwahrt vorgefunden, die auf der Deklaration nicht angegeben waren. Als Strafe muß der Betreffende den Steuerbetrag zwanzigfach nachzahlen.