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öllüoo Mr,, für 1882. Freitag, den 4. August Eine einzelne kostet^w Pf >,j.j bischer«! uc-clienliiL 2 .eustau »nd Freitag.) 'Abonnementssreis sierteijührlich l Mark. Eine einzelne i>iuinmcr ksstct 10 Pf. Znseratenonnahink Montags ».Donnerstags bis Mittag 12 llbr. für die Kimigl. Amtshauptmiulllschaft zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Zweiundvierzigsser Mahrgang. Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. für Bekanntmachung, das Mutterkorn betreffend An mehreren Orten des hiesigen Bezirks hat sich in diesem Jahre unter dem Roggen Mutterkorn gezeigt. Die unterzeichnete König!. Ämtshauptmannschaft nimmt hieraus Veranlassung, auf die große Gesundheitsgefährlichkeit des Mutter kornes und die früher vorgekvmmenen Fälle von Vergiftungen durch solches Mutterkorn öffentlich aufmerksam zu machen und den Herren Laudwirthen, unter Hinweis auf die Strafbestimmung in Z 367 uo. 7 des -Reichs-Wt die möglichst gründliche Reinigung des Getreides vom Mutterkorn dringend anzuempfehlen. Meißen, am 29. Juli 1882. Königliche Amtshauptmamlschaft. v. Bosse.- Die Vormundschaft über den abwesenden Paul Otto Schlicke aus Limbach wird hiermit aufgehoben. Königliches Amtsgericht Wilsdruff, am 2. August 1882. vi. Gangloss. Tagtsgeschichtc. Die Wahlbewegung in Preußen kommt bereits mächtig in Fluß. In einer zu Neumünster stattgefundeuen, zahlreich besuchten Versamm lung von Vertrauensmännern der liberalen Partei Schleswig-Holsteins, beleuchtete der Adg. Prof. Hänel die jetzige Lage und bewirkte ein stimmige Annahme folgender Resolution: „Es ist die erste und oberste Aufgabe aller liberalen Parteien, diejenigen Wahlkreise zu gewinnen, welche jetzt von den konservativen Fraktionen besetzt sind. Es ist dem gemäß erforderlich, unter allen Liberalen, welche in diesem Zielpnnkte übereiustimmen, eine Verständigung herbeizuführcn und entstehende Streitpunkte auf gütlichem Wege auszugleichen." Er betonte ausdrück lich, daß die liberalen Parteien siebzig Mandate zurückerobern müssen und daß dies nur möglich sein werde durch das Zusammenwirken aller liberalen Fraktionen, die ja deswegen ihre speziellen Programme nicht aufzugeben brauchen. Seine Bemerkung, die Liberalen müßten ihre Aufgabe nicht darauf beschränken, der Regierung als bloße Rathgeber dienen z» wollen, sondern sich darauf entrichten, au der Regierung selbst theilzunehmen, veranlaßt ein offiziöses Blatt zu folgender Kund gebung: „Das Ziel wäre also gesteckt: parlamentarische Regierung! Und da die unerläßliche Voraussetzung zur Erreichung dieses Zieles die Parlamentarische Mehrheit ist, so ist die Aufforderung des Herrn Professors, daß alle Liberalen sich zum Kampfe gegen die jetzige Ma jorität verbinden müßten, durchaus logisch. Er hat nur einige Klei nigkeiten nicht in Rechnung gebracht. Er hat sich nicht die Frage vorgelegt, ob auch das deutsche Volk die Zeit für gekommen erachten kann, wo es sich den Luxus einer parlamentarischen Regierung gestatten dürfte und zweitens ist die ganze geschichtliche Entwicklung seiner, der Fortschrittspartei, keine derartige, daß seine Versicherung von ihrer Unterordnung unter eine liberale Gemeinsamkeit großes Vertrauen er wecken könnte. Ucbrigeus weiß jeder Liberale aus politischer Erfah rung, daß, sobald es sich um die Praktische Ausführung des sogenannten „liberalen Gedankens" handeln würde, welche einer liberalen Regierung zufiele, die derselben ergebene Majorität a» ihren inneren Widersprü chen zu Gründe gehen müßte — wie die Geschichte der nenen Aera gezeigt hat —; sie müßte sich der Schreckensherrschaft der Radikalen fügen. Die Aussicht aber, einer fvrtschrittlich-sezessionistischen Regie rung Vorspanndienste zu leisten, möchte für die gemäßigten Liberalen schwerlich verlockend sein." Der Anspruch der Fortschrittspartei auf die Führung der liberalen Fraktionen wird nur ein Sporn für die Konservativen sein, sich mit dem Centrum zu verständigen, soweit dies bei den etwas hochgespannten Forderungen dieser Fraktion möglich ist. Fürst Bismarck befindet sich in Varzin frisch nnd munter wie der Fisch im Wasser. Er denkt nicht daran nach Kissingen zu gehen. Zu arbeiten hat er übrig genug. Zweimal täglich trifft aus Berlin eine große verschlossene und versiegelte Mappe mit Akten und Briefen ein. Die Mappen werden während der Fahrt aus dem Postwagen heraus geworfen und durch einen besonderen Apparat anfgefaugen. Egypten namentlich macht ihm viel zu thun; denn alle Welt verlangt, er müsse der Mann sein, der das Räthsel der egyptischen Sphinx lösen werde. Er steht auch in Varzin früher auf als in Berlin nnd macht mit sei nem Oberförster regelmäßige Morgenspaziergänge, bei denen er ganz „Gutsbesitzer" ist. Das Gebiet, welches vorige Woche in Böhmen von heftigen Wolkenbrüchen betroffen worden ist, erstreckt sich von Straußuitz bis Franzensthal. Durch die Wassermaffeu wurde ungeheurer Schaden angerichtet. Felder und Wiesen sind total ausgewaschen und mit Stein- gerölle bedeckt, Straßen und Wege zerrissen. Die Polzen hatte eine Höhe wie kaum beim Frühjahrshochwasser und drang durch Fenster und Thüren in die Häuser. In Politz ist der Bahndamm eingestürzt, der Güterverkehr der Böhmischen Nordbahn eingestellt. Am Wieder aufbau wird Tag und Nacht gearbeitet. Ein großer Theil der Häuser von Oberliebich steht unter Wasser infolge der von den höher gele- genen Onschaftcn Meistersdorf und Wolfersdorf herabströmenden Ge- a»- Der von Leipa abgehende Postwagen nach Kamnitz kam mit der Meldung zurück, daß Oberliebich nicht zu passiren sei. Die Pferde standen beim Görnerschen Gasthause schon bis an den Leib im Wasser. Das Wasser überfluthete die Straße so hoch, daß die Ställe des Gast hauses unter Wasser standen. Auch in Oesterreich wartet man schmerzlich auf Sonnenschein. Durch bei! anhaltenden Regeu sind die Donau, die Moldau, der Wien und andere Ströme, Flüsse und Bäche so angeschwollen, daß sie an vielen Orten übergetretcn sind und vielen Schaden angerichtet haben. Die Nachricht, daß Arabi Pascha den Dege» wegwerfen und im Kloster ein beschauliches Leben beginnen wolle, war nur ein schlechter Scherz, der aber einen Tag laug die Lage mehr verwirrte als eine geharnischte diplomatische Note. Die angeblichen Delegirten Arabis, die zu empfangen der Khedive sich verweigert haben soll, verlangen die Rückkehr der Minister nach Kairo, weil sie sich in Alexandrien in der Gewalt der Engländer befänden. Ali Mubarek soll Arabi Pascha aufgefordert haben, sich zu diesem Zwecke mit dem Khedive in Verbin dung zu setzen. Arabi Pascha hätte aber auf dieses Verlangen aus weichend geantwortet mit dem Hinweise, daß ihm nur die Bekämpfung des englischen Ueberfalls obliege. Gleichzeitig hätte Arabi Pascha Ali Mubarek den Nath ertheilt, nach Kairo zurückzukehren. Nach einem Berichte der „Times" aus Alexandrien seien die Delegirten Arabis hochmüthiger als jemals und erklären, das ganze Land sei für Arabi und er werde bis zum letzten Ende ausharren und siegen. Seine Stellung erklärt der Times-Kvrrespvudent für sehr stark. Arabi or- ganisirte eine Nationalregierung, als deren General er sich unterzeichnet Die Fellachen werden unter Todesandrohung zum Waffendienst gepreßt In Kairo treffen nach einem Renterschen Telegramm Tag für Tag aus Ober- und Unteregypten Rekruten und Freiwillige euy die voller Begeisterung für die heilige Sache sind und sich freudig ihren Be stimmungsorten znführen lassen. Große Schaaren Beduinen sind auf dem Marsche nach Kafr-ad-Dauar. Die Beduinenscheiks, welche sich vor dem Bombardement dem Khedive zur Verfügung stellten, stehen jetzt ans Arabis Seite und erklären, nicht ein Heer bekämpfen zu wollsn, das sein Laud vertheidigt. Es wird gleichwohl jetzt von allen Seiten und zwar auch offiziell 'bestätigt, daß Arabi Friedensunterhandlnngen angeboten habe. Er hat dieses Angebot nicht an England, sondern naturgemäß au den Khedive gerichtet; daher der Umstand, daß die englische Regierung nicht direkt betheiligt ist. Zwischen den beider seitigen Militärbehörden, denen Arabis nnd denen des Khedive, scheint eine Art Vorverhandlungen zu dem Zwecke stattgefunden zu haben, und die Absendung einer förmlichen Deputation an den Khedive zu ermög lichen nnd die Einzelheiten derselben festzusteUen. Wie am Sonnabend gemeldet wurde, weigert sich der Khedive, bezw. seine Minister, die Deputation zu empfangen, weil er, der Khedive, die Delegirten nicht als Bevollmächtigte anerkenne. Das will heißen, er erkenne Arabi überhauvt nicht das Recht zu, iu Friedcnsunterhandluugeu eiuzutreten, weil Arabi ein Rebell ist, mit dem man nicht auf gleichem Fuße un terhandelt, sondern der sich einfach zn unterwerfen hat. Ohne Zweifel nimmt der Khedive diese Haltung nicht ein, ohne sich zuvor mit dem Admiral Seymour verständigt zü haben. Am Suezkanal bereitet sich allem Anschein nach ein Zusammen stoß zwischen Arabi Pascha und den Engländern vor. Das Gerücht, daß der Letztere größere Streitkräfte in der Nähe des Kanals zusam- menziehe, erfährt durch die anderweitige Meldung, daß die Egypter in Port Said Befestigungswerke aufwerfen, eine gewisse Bestätigung. Hinzugefügt wird, daß sich der Gouverneur von Port Said auf ein englisches Kriegsschiff begeben hat. Die englischer Quelle entstammen den Nachrichten sind allerdings mit gewisser Vorsicht aufzunehmen, da es der englischen Regierung auch darauf aukommen muß, die Landung von Truppen am Suezkanal als durch die Umstände dringend geboten erscheinen zu lassen. Fing doch die Aktion vor Alexandrien ebenfalls damit an, daß Arabi Pascha beschuldigt wurde, Befestigungswerke in großem Maßstabe auszuführen. Allerdings ist deshalb nicht ausge schlossen, daß auch Arabi Pascha nicht unthätig geblieben ist. Jeden falls werden speziell am Suezkanal die nächsten Ereignisse erfolgen, da die bisher gelandeten englischen Truppen eine von ihren Panzerschiffen unterstützte militärische Operation dem Vorrücken gegen die Streitkräfte Arabi Paschas selbst vorziehen. Dagegen fühlen sich die Engländer