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Wochenblatt für für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden siir die König!. Amtshmiptmonnschast zn Meißen, das König!. Amtsgericht und den SIMM) zu Witsdruss. Zweiun-vierzigffer Jahrgang. 1882. Rr. ZS Dienstag, den 25. Jnli Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag.) Abonnementspreik vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostest» Ps. Znseratenannahme Montags ».Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal < Dienstag und Freitag Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer koste^O Pf Znseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Capital» aus Land- und Hausgrundstücke hat anszuleihen Die Sparkasse zu Witsdruss. Nächsten Donnerstag, den S7 dieses Monats, Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Sitzung des Sta-tgemein-erath». Wilsdruff, am 24. Juli 1882. Der Stndtgememderath. I. V. Funke. Zur Ernte. Für Preußen sind auf Grund der von den landwirthschaftlichen Vereinen re. erstatteten Berichte die Ernteaussichten für die gesummte Monarchie zusammengestellt. Es wird darüber gesagt: Obst gering. Wein genügend, jedoch nicht allzuviel versprechend, in allem Uebrigen eine gute, zum Theil vorzügliche Ernte. Was die im ersten Schnitt bereits beendete Ernte an Futterkräutern betrifft, so ist dieselbe im Allgemeinen eine sehr reichliche zu bezeichne». Da jedenfalls für den kommenden Winter Futterreichthum zu erwarten ist und auch das Stroh, namentlich das Roggenstroh, reichlich vorhanden jein wird, so ö^gt sich schon jetzt ein bedeutendes Steigen der Viehpreise, zum Theil in rapider Weise. Dieselben waren freilich im vorigen Winter, da die Landwirthe wegen mangelnden Futters zu einer starken Verringer ung chrer Viehstündc gezwungen worden waren, auf eine sehr niedrige Stuse zurückgegangen. Der Saatenstand ist durchweg ein ganz vortrefflicher. Die Aus sichten sind für Witterung und Sommerung gleich gut. In erster Reihe gilt dies vom Roggen, dessen Ertrag durchschnittlich weit über eine Mittelernte hinausg'ehen wird. Aus fast allen Bezirken treffen die günstigsten Nachrichten ein. Auch das Roggeustroh, das in vielen Gegenden eine ungewöhnliche Länge hat, verspricht eine die vorjährige um mehr als das Doppelte übertreffende Ernte. Die Aehren sind gleichfalls groß und voll. Dasselbe gilt annähernd auch vom Weizen, Gerste und Haser. Nur ganz vereinzelt treten weniger günstige Nach richten auf; sonst lauten die Urtheile fast ausnahmslos auch in diesen Fruchtarten auf „recht gut", „üppig", „außerordentliche Ernte ver sprechend" rc. Wenn auch nicht in gleichem Maße hoffnungsreich, so doch gleichfalls durchaus befriedigend, stellen sich die Ernteaussichten bezüglich der Rüben, Kartoffeln, des Buchweizens, der Erbsen rc. So kommt denn Alles darauf an, daß nicht noch jetzt Unwetter, namentlich anhaltende heftige Regengüsse, auftreten, welche die rasche Weiterführung und Beendigung der Ernte hindern und das Korn, ehe es eingeheimst ist, auf dem Felde dem Ausfallen, dem Keimen und der Fäulnitz preisgeben. Der Landwirt!) wird jedenfalls nichts versäumen dürfen, um deu reichen Segen in kürzester Zeit zu bergen. Daß ex „gch mehreren ungünstigen Jahren einmal wieder eine einträgliche Ernte braucht, um die schweren Lasten, die auf Grund und Boden ruhen, tragen zu können, darüber besteht kein Zweifel. Aber der Stand der Landwirthschaft ist nach einem bekannten Wahr spruch der Gradmesser des Wohlbefindens eines Staates überhaupt, und somit wird amn in den weitesten Kreisen der Bevölkerung den in Aussicht stehenden hohen Erntesegen mit Freuden begrüßen. Ta g»sg »schichte. Berlin. Die Ansicht, daß unser leitender Staatsmann, Fürst Bismarck, auch derjenige sei, der einen erheblichen Einfluß auf die Vorgänge im Orient ausgeübt, findet eine klassische Bestätigung in der Rede, welche der französische Ministerpräsident, Herr de Freycinet, in der dortigen Kammer gehalten hat, um den geforderten außerordent lichen Kredit für die Marine von etwa 8 Millionen Francs mit Hin blick auf die Vorgänge in Egypten zn begründen. Herr de Freycinet nannte bei dieser Gelegenheit den Reichskanzler einen sich ebenso selbst beherrschenden, wie in bestimmten Stunden kühnen Staatsmann, dem die Huldigung nicht zu versagen sei, der, ungeachtet der Obergewalt, welche die deutsche Nation in der Welt errungen hat, doch nur in die ausländischen Verhältnisse eintritt, wenn das deutsche Interesse dies direkt erfordert. Die Lage in Egypten gestaltet sich immer verworrener und be denklicher. Alexandrien steht wieder in Flammen. Auch in der Haupt stadt Kairo befürchtet man ernste Unruhen, wenn sie nicht schon aus gebrochen worden sind. In Tantah, der großen Wallfahrtsstadt im Nildelta sind verschiedene Europäer, darunter zwei Franzosen und zwei Italiener, ermordet worden. Die Engländer haben 6000 Mann Truppen gelandet, UM Arabi Pascha, der sich zum Militärdictator von Egytefi erhoben hat, in seinen Verschanzungen anzugreifen. Starke Nachschübe aus England sind im Anzuge. Der Sultan hatte erklärt, sofort einschreiten zu wollen, sofern er dies als Souverän thnn könne; das wollen aber die Engländer um keinen Preis znlassen, weil sie fürchten» daß, wenn die Türken sich einmal in Egypten festgesetzt haben, sie nicht wieder herauszubringen sein werden. Sie wollen daher die Sache allein abmachen. Jedenfalls wird es, wie die Dinge jetzt stehen, am besten sein, wenn die Engländer die Suppe, die sie sich eingebrockt, auch selbst ausessen. Die Pforte will endlich nachgeben. In einer Note führt sie zu nächst zur Entschuldigung ihres Zögerns aus, daß sie der UeberzeU- gung gewesen, die Maßregeln der Strenge und Gewalt hätten ver mieden werden können und erklärt dann an der Konferenz theilnehmen zu wollen, die in Konstantinopel zur Wiederherstellung der Ordnung in Egypten versammelt sei. Das Schicksal der neuesten türkischen Note, worin die Pforte ihre Bereitwilligkeit, der Konferenz beizutreten, ausdrückt, ist anscheinend schon im Voraus besiegelt. Es handelt sich gegenwärtig gar nicht um die Fortsetzung diplomatischer Besprechungen rein akademischen Cha rakters der nm ein theilnehmendes Mitglied vergrößerten Konferenz, sondern um die Feststellung der Jnterventionsbedingungen, also um einen sehr konkreten Gegenstand. Europa verlangt von der Pforte eine Erklärung darüber, ob sie zur militärischen Intervention am Nil die Hand bieten will, und die Pforte setzt sich über diesen Hauptpunkt der schwebenden Zusammenstellung mit souveräner Nichtachtung hinweg. Niemandem kommt dieser Winkelzug der ottomanischen Staatsweisheit, wie es heute scheint, mehr zu Passe als dem Kabinet zu St. James. Letzteres erachtet die in Rede stehende türkische Erwiderung einfach als Makulatur und besteht darauf, daß bei der Vereinbarung desweiteren Aktionsprogramms in Egypten von der Pforte und ihrer Mitwirkung endgiltig abgesehen werde. Diejenigen Mächte, welche auf Beihilfe der Türkei zur Ausgleichung in Egypten nur ungern verzichten, werden angesichts der zögernden Gangart der Pforte allerdings nicht umhin können, sich mit der Möglichkeit einer Beiseitsetzung des Sultans in den egyptischen Dingen vertrauter zu machen. Siewerden dem Drän gen Englands bis zu einem gewissen Punkte entgegenkommen. Eng land besitzt nun einmal in Egypten lebende Interessen ersten Ranges. Verhilft man dem britischen Volk dazu, diese Interessen im Rahmen des europäischen Einvernehmens gesickert zu wissen, so ist damit ein Keim zu vielleicht sehr ernsten Verwickelungen aus der Welt geschafft. Arabi Pascha soll den Mahmudieh-Kanal, der Alexandrien mit Wasser versieht, abgeleitet haben. Rekognoszirungen hätten seine Stel lung sehr stark gefunden. In Alexandrien sieht mau einem Zusammenstöße der englischen Truppen mit Arabi Pascha entgegen. Aus Rom wird der „Pol.Korresp." unterm 21.Juli von bester Seite versichert, daß Italien sich zur Tyeilnahme an einer militärischen Aktion in Egypten einzig und allein dann entschließen wird, wenn auch Oesterreich-Üngarn und Deutschland sich an derselben mit einem Trup penkontingent betheiligen wollten, und daß mau in italienischen Re gierungskreisen, nach wie vor, fest entschlossen ist, sich in den weiteren Stadien der egyptischen Frage in keiner Weise von den drei Kaiser mächten zu trennen. Die letzten Konferenzen zwischen dem Minister Mancini und den Vertretern Oesterreich-Ungarns, Deutschlands und Rußlands haben zur Konstatirung eines vollen, zwischen Italien und diesen Mächten bestehenden Einverständnisses geführt. Die „N. fr. Pr." meldet aus London: Seymour besitzt doku, mentarische Beweise vom fortgesetzten Verkehr Derwisch Paschas mit Arabi auch' nach dem Bombardement bis unmittelbar vor Derwischs Abreise. Der „Daily News"-Korrespondent schickt haarsträubende Be richte über an Christen, besonders Engländern in Kairo verübte Gräuel, In allen Städten Egyptens erließ Ärabi zwei Proklamationen an die Mudirs, erklärend, daß der Khedive alle Minister einsperrte und daß auf des Khedives Befehl die Engländer egyptische Soldaten morden. Dieser Khedive, dessen Leben bisher von den Egyptern geschont, lasse dafür alle Moslim morden, daher verordne Arabi allen Muselmanen, nur seinen Befehlen zu gehorchen, nicht aber denen des Khedive oder dessen Minister. Die Vertheidigung Egyptens und des Islams sei für Alle Pflicht. Unversöhnlicher Krieg den Engländern! Allen Ver- räthern kündige er nicht nur strengste Strafe nach Kriegsrecht, sondern auch Fluch im Jenseits an. Arabis offizieller Bericht über das Bom? bardement lautet: Seymour getödtet, 8 Panzerschiffe in den Grund gebohrt, 2 verbrannt und 4 zusammengebunden, um nach Kairo ge bracht zu werden. Die italienische Regierung soll, einem in Rom verbreiteten Ge rüchte zufolge, die Mobilisirung von 80 000 Mann in aller Eile vorbereitet und sogar schon von der Compagnie Rubattino mehrere große Dampfboote für den eventuellen Transport gemiethet haben. Sämmtliche Kommandanten haben diesbezügliche Instruktionen em pfangen. Von interessirter Seite sucht man diese Vorkehrungen, die für den ungewöhnlichen Ernst der Lage symptomatisch erscheinen, in Abrede zu stellen und durch die bevorstehenden Manöver zu beschö nigen. Allein die Motive dafür sind anderswo zu suchen. Fast die gesammte Presse unterzieht die Gladstone'sche Polilik der schärfsten