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für Wilsdruff, Tharaud, Nofseu, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königt. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Keitag, den 7. Lugust l863. , I2 Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. ... "^^tschrift erscheint alle Freitage «ine Nummer. Der Preis für den Bierteljabrgana betrLat ist I-desm-l v°lauszubezahlen. Sammtl.che Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an Die Rcüaction. Umschau. Das Ereigniß des Tages, vor dem alles Andere in den Schatten tritt, bildet das Turnfest in Leipzig. Der Eindruck auf alle Besucher ist ein überwältigender gewesen, und Männer, die nicht zu den nervenschwachen gehören, sind bis zu Thrä- nen gerührt worden durch den großartigen Anblick. Eine Beschreibung des Ganzen zu liefern ist fast eine Unmöglichkeit und wir werden uns begnügen Müssen, Einzelnes hervorzuheben. Die Stadl Leipzig halte ihr schönste« Gewand angelegt; vor dem frischen Grün, den massenhaften Blumen, den Maien war kaum ein Haus, vor den dielen Köpfen, die herausschauten, kaum ein Fenster zu sehen. Tausende von Fahnen, meist schwarz» roth-goldene, wehlcn lustig im Winde. Der Himmel war so blau und wolkenlos, daß man sich nach Italien versetzt fühlen konnte. Das Festmahl, das gegen 7000 Theilnehmer zählte, bei dem Bürgermeister Or. Koch prästdirte, brachte eine Reihe glänzender Toaste. Sr. Maj. der König, die Stabt Leipzig, die Turnerei, das einige Deutschland wurden von verschiedenen Red nern gefeiert. Der Staatsminister v. Beust, der den Ehrenplatz einnahm, sprach unter lebhaftem Jubel, daß die Fürsten Deutschlands, wie das Volk, durchdrungen seien von der Zusammengehörigkeit der deuischen Stämme, und day es sich in Zeiten der Gefahr zeigen werde, wie für alle deutsche Regie rungen nur eine Politik möglich sek: Enges Zu sammenhalten gegen jeden äußern Feind. Das Fest belrachlet er als einen Baustein zur Eintracht in Deutschland, der sein Toast gilt. Leider^ sollte es auch an einem Mlßlone nicht fehlen. Nach der Leipziger Zeitung wurde während der Rebe des Ministers ein Flugblatt vertheilt, das in heftigen Ausdrücken die sächsische Regierung und besonder- Hrn. v. Beust angreift und die Zustände in Sacksen aus gleiche Linie mit denen Anballs und Mecklen burgs stellt. Professor Roßmäßler sprach, daß wir angesichts der Turnerei die stehenden Heere nicht mehr brauchten. — War cs schon am Anfänge des Mahles nur Wenigen möglich, sich verständlich zu machen, so mußten die Toaste bald ganz aufhören, je mehr die heilere Stimmung zunahm. Von der Größe der Festhalle kann man sich einen Begriff machen, w^nn man hört, baß in den Seitenflügeln je ein Musik- chor spielte und in der Milte Reden gehalten wurden. — Den Glanzpunkt des Festes bildere wobl der imposante Zug der Turner durch die Stadl, der 1' , Stunde dauerte. Den Zug im Einzelnen zu schildern, ist völlig unmöglich, wer hätte auch nur Alles sehen können! Uebrigens glaube Niemand, daß der Vorbeimarsch von 20,000 Männern (min destens so viel waren eS mit den Leipzigern und denen der Umgegend zusammen, nachdem noch im letzten Augenblick auch viele Fremde unangemeldet gekommen und deshalb die Maffenquartiere aus giebig benutzt woiden sein sollen) in grauen Lein wandkleibern einen sehr einförmigen Eindruck habe machen müssen. Schon die vielen Hunderte von Fahnen usid Standarten brachten Mannichfaltigkett genug hinein. Aber auch die kleinen landsmann schaftlichen Verschiedenheiten der Tracht und Haltung, die verschiedenartige Aussprache der freudig begeister ten Stimmung in Wort und Gesicht, hier festes Einherschreiten, dort jubelndes Tanzen und Sprin gen, hier unbändiges Jauchzen, dort melodisches Hoch, dazwischen die kleinen Standartenlräger oft