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für für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Z Zilsdrnff, Tharandt, Rossen Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt Diese- Blatt erscheint wöchentlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal 1 Mark. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag 12 Ntir. 44. Dienstag, den 5. Juni 1877. Bekauutmachung. Sonnabend, den N. Juni ds. Js Vormittags S Uhr, findet im hiesigen VerhandlungZsaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses Statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 31. Mai 1877. Königliche Amtshauptmannschaft. von Boffe. Tagesgeschichte. Im Vatikan hat schon längst die Ueberzeugung Wurzel geschlagen, daß d^ Rückweg zur früheren päpstlichen Herrlichkeit mit Einschluß der weltlichen Herrschaft des Papstes nur über den Leichnam des geeinigten deutschen Reiches führe, das als gefährlichster Feind Roms mit allen Mitteln bekämpft und zu Grunde gerichtet werden muffe. Die unablässigen Vorbereitungen zum Beginn dieses Kampfes treten jetzt deutlicher als je zu Tage, seit man, ermuthigt durch den von ullramontanen Triebfedern bewirkten Umschwung der Dinge in Frankreich, in dem russisch-türkischen Kriege und der dadurch hcrbei- gcführtcn Spannung der europäischen Verhältnisse eine willkommene Gelegenheit gefunden zu haben glaubt, die Regierungen und Völker Europas gegen Deutschland aufznhetzcn. Dabei zeigt sich die betrübende Erscheinung, daß den von Rom aufgebotenen Cohorten auch jetzt noch deutsche Hülsstruppen nicht fehlen, die sich kein Gewissen daraus machen, zur Verherrlichung fremder Macht und Herrlichkeit die Waffen gegen das eigene Vaterland zu kehren. Ihrem verabscheuungswürdigen Beginnen drückt ein vielgelesenes deutsches Blatt mit folgenden Worten den Stempel auf: In einem solchen Augenblicke, wo die Feinde des deutschen Reiches sich zu einer großen Verschwörung gegen dasselbe verbinden, sind die deutschen Bischöfe, begleitet von dem ehe maligen Präsidenten des Mainzer Katholikenvercins, etlichen Centrums mitgliedern und einigen Hundert frommen Schäflein nach Nom geeilt, um demjenigen, der an der Spitze der ganzen Verschwörung steht, ihre Huldigung darzubringen. Nicht um Vermittelung und Versöhnung ist's ihnen zu thun — nein, in den Adressen, welche sie im Vatikan Vorlasen, klagen sie in den übertriebensten Ausdrücken über die an geblich furchtbare Gewissensbedrückung und Verfolgung, von der die Kirche in Preußen heimgcsucht sei. Und während die ultramonlancn Parteihäuptcr in Rom Oel ins Feuer der Feindschaft gegen das Reich gießen, setzt auch die Kaplanspreffe in der Heimalh das Geschäft des Schürens und Hetzens mit Eifer fort. Man verbreitet die Lüge, daß die Kaiserin aus „Mitgefühl mit den Opfern der katholischen Glaubens treue" Thränen vergieße, und gründet darauf die Forderung, dem Culturkampf durch Aufhebung der Maigesetze ein baldiges Ende zu machen. Frankreich, welches notorisch auf den Augenblick brennt, wo cS hinreichend gerüstet sein wird, seine Rache an dem verhaßten Sieger zu nehmen, wird als das einzige Land dargcstclll, welches „aufrichtig und unter allen Bedingungen nach Frieden verlange," Deutschland dagegen als der „böse Nachbar," der ihm nicht erlaube, in Ruhe und Frieden zu leben, sich vielmehr bereit mache, cs unver sehens zu überfallen und zu zerfleischen. Die Wirkungen eines solchen Treibens können natürlich nicht ausbleiben. Von Nachgiebigkeit und Versöhnung ist im Vatikan keine Rede mehr. Der „Unfehlbare" hat nur Worte des Lobes und der Ermuthignng für die staatsfeind lichen Bischöfe und wagt cs sogar, die Unverschämtheit soweit zu treiben, daß er unseren frommen friedfertigen Kaiser als einen neuen Attila schmäht, welcher die Kirche, ja das ganze Christenthum zu ver nichten beabsichtigte! Und die deutschen Bischöfe mit ihren Trabanten hören diese Lügen und Schmähungen ohne Widerspruch mit an, ja jubeln ihnen gar zu und küssen dem Schmähredner Hände und Füße. Wahrlich, ein Gefühl tiefer Scham und heiligen Zornes erfüllt uns bei dem Gedanken, daß Angehörige des deutschen Volkes sich so tief haben erniedrigen, den deutschen Namen im Auslande so unerhörter Weise haben schänden können. Verdiente diese deutsche Vatikan kanaille nicht, daß man sie bei ihrer Rückkehr in die Hcimath sofort über die Grenze zurückwiese? Doch wir fürchten diese vaterlandsver- rätherische schwarze Heerschaar nicht. Das deutsche Reich ist stark genug, um sich ihrer zu erwehren, wenn sie Miene machen sollte, ihre Gesinnungen und Worte in Thatcn zu verwandeln. Haben doch auch die ernsten Mahnungen, welche unsere Regierung jüngstbin nach Paris hat gelangen lasten, schon den Erfolg gehabt, daß der tapfere Marschall Mac Mahon sich zu süßen Freundschaflsversicherungen entschlossen Hal. Mögen daher die ultramontanen Reichsfeinde immerhin bis zu dem Augenblick der großen Abrechnung, wo über Rom und seinen Anhang Gericht gehalten werden wird, deutsche Luft athmen, sie sollen nur wissen, daß sie in den Augen aller wahren Deutschen ein Gegenstand der Verachtung sind. Die oft angekündigten militärischen Ausgleichungen in Elsaß-Lothringen bekunden den friedlichen Charakter der deutschen Negierung. Verlegt sind durch Kabinetsordre 1) das 3. rheinische Infanterie-Regiment Nr. 29 ans Coblcnz und Diez nach Metz, 2) das Schleswig-Holst. Dragoner-Regiment Nr. 13 aus Flensburg und Hadersleben und das rheinische Ulanen-Regiment Nr 13 aus Saar brücken in Cantonnements zwischen Metz und Straßburg, 3) das rheinische Jägerbataillon Nr. 8 aus Wetzlar nach Zabern. Der Kaiser sagt in der Ordre, er habe sich bei seinem Besuche im Reichsland überzeugt, daß die seitherige Besatzung desselben den Anforderungen des Friedens dien st es nicht genügen. Bei Besprechung der Möglichkeiten, aus welche der russisch - türkische Krieg hinanslanfen könnte, kommt der englische „Standart" mit anerkennenswerther Offenheit zu dem Schluffe: „Jeder ist sich selbst der Nächste und das englische Volk will das durch Jahrhunderte von Tapferkeit, Unternehmungsgeist und Genie aufgcbaute britische Reich nicht durch übermäßige Gcwissenszartheit in Stücke fallen sehen. Wenn andere Mächte dabei beharren, das türkische Reich zu theilen, werden wir den Theil nehmen, den wir brauchen und denselben gegen die ganze Welt vertheidigcu. Singen thun die Türken überhaupt nicht und am wenigsten singen sie: „Ha, welche Lust Soldat zu sein." Sie drängen sich nicht zur Armee trotz der Fahne des Propheten, aber ins Heer gesteckt thun sie ihre Schuldigkeit und marschiren, kämpfen, hungern und dursten, ohne zu murren, von Sold spüren sie selten etwas. Wie ein Volk, das sür seine Existenz kämpft, sehen die Türken nicht aus und darin sind sie den Russen, die Millionen zusammenschießen für die Soldaten und in den großen Städten Spitäler errichten mit Hunderten von Betten, sehr unähnlich. Während im mittleren Europa die in den Krieg ziehenden und auf den Bahnhöfen anlangendcn Soldaten von der Bevölkerung mit Freuden begrüßt, mit Bier, Wein, Cigarren, Eßwaaren rc. bewirlhcl werden, geschieht in der Türkei nichts der gleichen. Die Neichen und Vornehmen gcben selten ein gutes Beispiel, sondern kaufen sich, wenn es nur irgend geht, einen Stellvertreter; der Scheich ul Islam, das geistliche Oberhaupt der Türken, hat sich als erster Gardist in der Nationalgardc cinschreibcn lasten, er ist aber auch der Letzte geblieben. Oertlichcs und Sächsisches. In der Nacht vom 31. Mai zum I. Juni brach im Gute des Herrn Maune zu Kleinschönberg Feuer aus und wurden sämmt- liche Wirlhschastsgebäude eingeäschert, nur das Wohnhaus blieb ver schont. Brandstiftung wird vermuthet. In Döhlen brannte in der Nacht zum 29. Mai die zum Carola schachte gehörige Schneidemühle total nieder; die nebenlagcrnden Holzvorräthe wurden durch die angestrengte Thätigkeit derFcucr- wchren und der Einwohner gerettet. Meißen. Am 29. Mai hat in der im Spitzgruude bei Coswig gelegenen chemischen Fabrik von Schober und Lauenstein eine Explosion staltgcfunden, die den oberen Theil des Gebäudes zerstört hat. Leider haben die beiden Besitzer derselben dabei sehr bedeutende Brandwunden erlitten. Ersterer ist vor Angst in einen Brunnen ge sprungen, aus dem er auf seinen Hülseruf mit einer Leiter ge rettet wurde. Nossen. Der hiesige Vorschußverein hat am 30. Mai die Huntemüller'sche Papieifabrik für 235,000 Mark erstanden. Wie man vernimmt, steht der Vorschußverein mit einem Konsortium in Unter handlung, welches die Fabrik käuflich erwerben will. Mittweida, 2. Juni. Gestern Abend 6 Uhr entlud sich hier ein mit wolkcnbruchartigcm Regen und Schloßen begleitendes Gewitter, in Folge dessen vielfacher Schaden in Gärten, auf Feldern, an Wegen rc. angerichlet worden ist. Die bekannten Extrafahrtunternehmer E. Geucke in Dresden und H. Wagner in Leipzig veranstalten auch in diesem Jahre zur Zeit der Schul- und Gcrichtsfericn eine Extrafahrt nach der Schweiz, Tyrol, Salzburg, Steiermark rc. Die Abfahrt findet am 23. Juli statt. Für die Schweiz soll diesmal Lindau am Bodensee und für Tirol u. s. w. die Stationen Kufstein und Salzburg als Endpunkt der Extrafahrt gelten, von wo aus es dann jedem Theilnehmer frei steht, innerhalb der Billetgiltigkeit von 5 resp. 6 Wochen zu reisen, wie und wohin es ihm beliebt. Die Dresdner vrivilegirte Bogenschützengilde macht bekannt, daß sie ihr diesjähriges Festschießen, die sog. „Vogelwiese," vom 29. Juli bis 5. August abhalten wird. Die Gilde feiert in diesem Jahre zugleich das 300jährige Jubiläum ihres Bestehens.