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Wochenblatt Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Achtunddreißigster Jahrgang. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal (Dienstag u. Freitag) und kostet vierteljährlich 1 Mark.— Annoncen-Annahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag 1LUhr. -K 44. Ireitag, den 31. Mai 1878. Bekanntmachung, Durchschnittspreise für Marschfourage betr. Von der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden sind die Durchschnittspreise der Marschfourage des Hauptmarktortes Meißen für Monat Stpril dss. Jrs. folgendermaßen festgestellt worden: 7 Mk. 54 Pf. für 50 Kilo Hafer, Z - 54 - - 50 - Heu, 2 - 6 - - 50 - Stroh. Königliche Amtshauptmannschaft Meißen, am 24. Mai 1878. von Bosse. Wegen Renovation des Kämmerei- und Sparkassen-Expeditionslokales bleibt dasselbe Sonnabend und Montag, den 1. und 3. Juni geschlossen. Wilsdruff, am 29. Mai 1878. Der Sta-tgemein-erath. Tagesgeschichte. Die National - Zeitung sagt über den „Reichstagsbeschluß (vom 24. Mai) und die Socialdemokratie": „Die Mehrheit, mit welcher gestern die Regierungsvorlage abgelehnt wurde, war eine außerordentlich große; sie betrug vier Fünftheile gegen ein Fünftheil aller Abstimmenden. Dw Motive, welche die Mehrheit zusammen führten, waren selbstverständlich nicht übereinstimmend , befanden sich doch die Vertreter der Grundsätze, gegen welche sich die Vorlage richtete, unter dieser Mehrheit. Allein darüber möge sich die So cialdemokratie nicht täuschen — wenn sie in der letzten Verhandlung nicht die ernstliche Warnung sieht, von ihrem verhetzenden und den öffentlichen Frieden gefährdenden Auftreten abzulassen, so wird der diesmal noch zurückgehaltene Schlag sie ein anderes mal mit um so größerer Wucht treffen. Durch die Verhandlungen des Reichstages klang es durch, daß es wie bisher nicht fortgehen dürfe und daß, wenn die Socialdemokratie felbst nicht Wandel schaffe, der Staat sich sein Recht zu wahren wissen werde. Der Ton, in welchem die Er klärung der socialdemokratischen Abgeordneten abgegeben wurde, scheint darauf hinzuweisen, daß die Führer der Partei sich der Lage vollständig bewußt sind; es war eine Verleugnung aller der revo lutionären Wendungen, die von derselben Reichstagstribüne und in zahllosen Volksreden, Zeitungen und Flugschriften gebraucht worden sind. Wir müssen abwarten, ob diese Haltung fortgesetzt, ob sie von der Masse des Agitationspersonals nachgeahmt wird. Denn bei re volutionären Bewegungen, so hob gestern Graf Moltke mit Recht hervor, sind die Führer keineswegs ihrer Gefolgschaft sicher, nament lich wenn sie zurückhalten wollen, und die Revolution verschlingt be kanntlich zuerst ihre eigenen Kinder. Den schlimmsten Rechenfehler würde die socialdemokratische Agitation begehen, wenn sie eine Er- laubniß zur Fortsetzung ihrer Methode in dem gestrigen Reichstags beschlusse erblicken sollte. Warnend hat die Gesetzgebung ihren Finger erhoben, sie hat es abgelehnt, auch nur unter dem Scheine der Er regung zu handeln, eine noch nicht abgeschlossene Untersuchung zum Ausgangspunkte höchst ernster Entschlüsse zu machen, aber sie wird mit ruhiger Ueberlegung und um so sicherer die Mittel in Be tracht ziehen, um die gewerbsmäßigen Störer des öffentlichen Friedens zu treffen." Berlin. Der „Volks-Zeitung" zufolge will man wissen, daß der Jnstizminister und der Minister des Innern unter Bezugnahme auf die in diesen Tagen im Reichstage stattgehabten Verhandlungen durch Generalverfügung die Staatsanwälte, die Verwaltungsbehörden und die Organe der Polizei anweisen werden, mit äußerster Strenge gegen die Ausschreitungen der Sozialdemokraten, sei es auf dem Ge biete der Presse oder des Vereins- und Versammlungsrechts, unge säumt und energisch einzuschreiten. Ferner wird im preußischen Mi nisterium des Innern unverzüglich, der Aufforderung des Abg. von Bennigsen gemäß, an die Ausarbeitung eines Reichsvereins- und Versammlungsgesetzes gegangen werden. Nach demselben Blatte hat der Minister des Innern privatim sich dahin geäußert, daß er in feinem Ressort hierzu sofort die Vorarbeiten werde beginnen lassen. Eine überraschende Nachricht kommt aus Wien: Die euro päische Konferenz ist gesichert und wird am 11. Juni in Berlin eröffnet. Richtig ist, daß der Patient sich sehr gebessert hat und daß in London das letzte Konsilium unter guten Anzeichen zu- fammengetreten ist. Man könnte freilich auch sagen: die Konferenz ist gesichert, ob auch der Friede? In Konstantinopel ist bei dem Brande der alten Pforte auch der Vertrag von St. Stefano ver brannt, ein gutes Vorzeichen, wenn auch Kaiser Alexander sein Exemplar verbrennt. Dann wäre der Vertrag aus der Welt. Die Engländer erklären ohnehin, der Vertrag sei nicht mehr werth als ein Fidibus. Was aus Friedrichsruhe über den Eindruck verlautet, — schreibt man der „P. K." — welchen die Mittheilungen des Grafen Schuwaloff bei dem Fürsten Bismarck hinterlassen haben, ist, wie es scheint, sehr zufriedenstellend. Ein anderer besonderer Umstand mag wichtig genug erscheinen, um als friedliches Symptom angeführt zu werden: Die Ueberzeugung, daß das Kabinet Beaconsfield heute den aufrichtigen Wunsch hegt, zu einer Verständigung zu gelangen. Ist dem so, so dürften die ungeheueren und mit Beschleunigung getroffe nen militärischen Vorbereitungen Rußlands zu Lande und zu Wasser nicht geringen Antheil an diesem Meinungsumschwung des englischen Premier haben. Es liegt leider in der menschlichen Natur, nur das zu achten, was man fürchtet und der Gegner, der eine schwache Seite zeigt, fordert eben dadurch den Angriff heraus. Indem sich Rußland nun, wie es dies eben gethan, in Bereitschaft setzte, nicht nur Wider stand zu leisten, sondern auch selbst die Initiative zu ergreifen, falls ihm der Krieg erklärt wurde, hat es konsequenterweise das Friedens werk erleichtert. Am 25. Mai sind die Oesterreicher in der Türkei ein« marschirt und haben die Jnselfestung Ada-Kalah nächst Orsowa mit dem 78. Infanterieregiment besetzt. — Alles in Frieden und Freund schaft mit den Türken. Die winzige Festung hat nur den einzigen Vorzug, daß man von ihr aus die Schifffahrt auf der Donau frei halten kann, was seither 100 Türken besorgt haben. Oertliches und SächfifcheS. Wilsdruff. Vielfache Klagen muß man hören, daß aufunserm Gottesacker Diebstähle an Gräbern verübt werden; man weiß nicht was man denken soll, werden diese Diebstähle von ungezogenen Kindern, die weiter nichts als die Zerstörungslust dazu treibt, verübt, oder giebt es wirklich so tiefgesunkene Menschen, denen nicht einmal das Grab eines Andern heilig ist, die letzte Pflanz- und Pflegstätte der innigsten Liebe! So erzählte uns bei Gelegenheit des Begräbnisses des Uibrig'schen Kindes die Wittwe Fehrmann unter Thränen, daß vom Grabe ihres Mannes das darauf gepflanzte Grün sammt der guten Erde herausgehoben und gestohlen worden sei, auch uns selbst sind schon oft die besten und mitunter theuren Blumen vom Grabe unseres Kindes geraubt worden. Es veranlassen solche Fälle uns wiederholt zu einer Bitte an die löbliche Kirchenbehörde, nämlich: den Gottesacker da, wo er von unbefugter Seite so oft erstiegen wird, durch einen Zaun vermachen zu lassen und ein strenges Ver bot bezüglich derartigen Unfugs und Diebstahls öffentlich zu erlassen. Hauptsache aller Gutgesinnten aber ist es, febst recht wachsame Augen auf unsern Gottesacker zu habeu und den ersten wieder vorkommenden Fall zur Anzeige zu bringen, die gerechte Strafe wird dann nicht ausbleiben. D. R. Das Programm für die Feierlichkeiten der silbernen Hochzeit des Königspaares unterliegt soeben der Genehmigung Sr. Mas. des Königs. Denn, wenn es auch selbstverständlich ist, schreiben die „Dr. Nachr.", daß alle die Zeichen der Liebe, welche das Sachsen volk bei dem schönen Familienfeste im feinem Herrscherhaufe dar bringen wird, den Charakter als Ueberraschungen nicht verlieren dürfen, so ist es andererseits unvermeidlich, daß Se. Mas. der König das Programm der Feierlichkeiten, deren Mittelpunkt er und seine er lauchte Gemahlin bilden werden, kennt und billigt. Die Feierlichkeiten dürften sich auf die Tage des 17., 18. und 19. Juni wie nachstehend vertheilen, nachdem am Sonntage, den 16. Juni, die zum Besuche angemeldeten Fürstlichkeiten eingetroffen sind: Am Montag Vor mittag empfangen die Majestäten im königl. Residenzschlosse die