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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Giebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt sm die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal (Dienstag u. Freitag) und kostet vierteljährlich 1 Mark. — Annoncen-Annahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag 12 Uhr Freitag, den 15. März 1878. Bekanntmachung, den Kleinhandel mit Branntwein n. s. w. betr. Zu Verhütung von Zuwiderhandlungen steht sich die Königl. Amtshauptmannschaft veranlaßt, hierdurch noch besonders darauf aufmerk sam zu machen, daß zum «Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus die Erlaubniß feiten des Bezirksausschusses erforderlich ist, daß als Kleinhandel der Verkauf in Quantitäten unter einem halben Eimer gilt und daß die Erlaubniß zum Kleinhandel keineswegs die Erlaubniß zur Verabreichung von Branntwein zum sofortigen Genüsse in sich schließt. Es ist daher z. B. in Brennereien der Verkauf von Branntwein oder Spiritus in Quantitäten irntek einem halben Eimer ohne besondere Erlaubniß verboten. Zuwiderhandlungen werden nach § 147 der Gewerbeordnung mit Geldstrafe bis zu 300 M. und im Unvermögensfalle mit Haft bestraft. Die Herren Gemeindevorstände des hiesigen Verwaltungsbezirkes werden veranlaßt, gegen etwaige Zuwiderhandlungen unnachsichtlich einzuschreiten oder solche anher anzuzeigen. Meißen, am 11. März 1878. Königliche Amtshauptmannschaft. von Bosse. Bei dem am Abende des 24. Februar dieses Jahres in dem Dorfe Blankenstein ausgebrochencn Schadenfeuer ist beim Ausräumen aus einem Gutsgebäude ein ächt goldenes Armband, ein Paar rindslcderne Halbstiefel, ein Paar dunkle Stoffbeinkleider, ein Frauenjaquet, ein wollenes Hemd, ein großes Tafeltuch, sowie verschiedene Glas- und Porzellansachen gestohlen worden. Zur Ermittelung des Thaters und Wiedererlangung des Gestohlenen wird dies hierdurch bekannt gemacht. Königliches HerichtsamL Wilsdruff, am 12. März 1878. Ur. Gangloff. Tagesgeschichte. Der deutsche Reichskanzler bekommt also einen Stellvertreter, er behält aber das Recht, selber jede Amtshandlung auch während der Dauer der Stellvertretung vorzunehmen. Die Minister Bayerns, Würtembergs und Sachsens traten für diese Bestimmung ein, weil sie für den Verkehr der Regierungen mit dem Reichskanzler unent behrlich sei. Fürst Bismarck erklärte, ohne diese Befugniß werde ein Zustand der Zerfahrenheit eintreten, wie er annähernd im preußischen Ministerium bestanden habe, Graf Lippe und Mühler würden heute uoch Minister sein, wenn er denselben nicht hätte drein reden können. Ohne die betr. Ermächtigung könnten leicht Zustände eintreten, die mit der Politik des leitenden Ministers in schneidendem Widerspruch ständen und Letzterem zum Rücktritt zwingen müßten und ohne diese Befugniß würde man schwerlich einen Reichskanzler finden. Seine jüngste parlamentarische Abendgesellschaft, die seit einiger Zeit auch von vornehmen und schönen Damen viel besucht wird, gab Fürst Bismarck noch im alten Haus. Bennigsen und Lasker fehlten seit langer Zeit zum ersten Mat. Man lachte viel über den „Floh", das Wiener Witzblatt, das in einem äußerst komischen Bilde klar macht, wie Fürst Bismarck (mit seinen drei Härchen) am besten weg kommen muß, wenn sich die drei Kanzler auf dem Congreß in die Haare gerathen. Aus Hamburg wird über das dort eingetretene Unwetter unterm 8. d. geschrieben: Der Sturm, welcher gestern Rachmittag nachzulassen schien, trat heute Nacht mit einer solchen Heftigkeit aus Nordwest wieder auf, daß sowohl im Hafen wie in der Stadt und Umgegend vielfach Schaden angerichtet wurde, der leider auch mit dem Verlust von Menschenleben verknüpft ist. Das Wasser der Elbe stieg heute Morgen bis auf 15 Fuß 3 Zoll über Null, wodurch na türlich sämmtliche Keller der Altstadt und des Hammerbrook unter Wasser gesetzt wurden. In einzelnen Fällen konnten nur mit genauer Noth Menschenleben aus den Fenstern gerettet werden, so z. B. zwei Mädchen auf dem Dovenfleeth, die durch den Plötzlichen Andrang der Fluth im Schlafe überrascht worden waren, ebenso eine Frau aus dem Eckkeller der großen Reichenstraße und Ärotschrangen. Km Hafen riß sich das erst neu verkupferte englische Vollschiff „Lakefield" von seinen Vertäuungen los und nahm, ins Treiben gerathen, dem Dampfer „Luxor" zwei Raaen und einige Kupferplatten mit. Mehrere volle Schuten sanken, in einem Falle verlor leider einEver- führertagelöhner des Baases Harms sein Leben. Heute Morgen L'/s Uhr ging der Sturm förmlich in einen Orkan über, und bot sich nun den im Hafen beschäftigten Leuten das Schauspiel, daß das auf dem Thurme des Kaiserquai'speichers befindliche riesige eiserne Gestell, auf dem sich der „Zeitball" befindet, unter tosendem Krachen in die Elbe an die Südseite des Speichers fiel, wo glücklicher Weise eben kein Schiff lag. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Wilsdruff, 14. März. Obwohl der Wirth zum Lindenschlößchen gestrigen Tags mit bangem Herzen nach seinen Conzertgästen ausge schaut haben mag, so füllte sich doch wider alles Erwarten und zur Freude desselben zur bestimmten Stunde der Conzertsaal mit Besuchern bis auf den letzten Platz und gewiß hat es Niemand bereut, dort gewesen zu sein, denn der rauschende Applaus, der nach jeder Nuyrmer des Programms erfolgte, sowie die vielfach geforderten Wiederholungen sprechen dafür am besten. Mit wahrer Wärme und tiefem Gefühl wurden die Gesänge zu Gehör gebracht, wie man dies ja bei Frl. Commichau und Herrn Kluge in ihren Liedern nicht anders ge wöhnt ist; auch die übrigen Stimmen, namentlich die tiefen Bässe, fanden ihre Anerkennung, von Herrn Bornemann läßt sich sogar sagen, daß er in der Arie aus „Zar und Zimmermann" „groß" war und ist und damit zu guter letzt noch einen Vogel für sich ab schoß. Auch Herr Kießig san. bekundete in seiner Romanze für die Violine zartes und tiefergehendes Verständniß; gern zollen wir schließ lich auch dem Orchester unsere Anerkennung, dasselbe spielte die Ouvertüren z. O. „Dichter und Bauer", „Stradella" unter der talent vollen Dirigirung Günthers sehr gut, sowie auch der liebliche Walzer „Morgenblätter" von Strauß einen passenden Uebergang zum Ball bildete, welch letzterer die Conzertbesucher bis in die dritte Morgenstunde zusammenhielt. — Kaum sind die herrlichen Melodien im Lindenschlößchen ver klungen, so finden wir uns veranlaßt, unsere geehrten Leser auf einen weiteren musikalischen Hochgenuß aufmerksam zu machen; wir meinen das Conzert, welches unsere „Liedertafel" zum Besten des hiesigen Frauenvereins nächsten Sonntag Abend im Löwensaale giebt. Es sind dazu zwei größere Gesangsstücke: „Im Walde" und „Die Zigeuner" gewählt, welche beide mit vielem Fleiße einstudirt und in letzterer Zeit in der Liedertafel selbst mit großer Anerkennung zu Gehör gebracht worden sind. Es bedarf daher wohl keiner weiteren Aufforderung zum Besuche dieses Conzertes, der Zweck selbst spricht am lebhaftesten dafür. Ist es doch immer und immer wieder unser Frauenverein, welcher alljährlich so und so vielen unbemittelten Eltern bei der Ausstattung ihrer Kinder zur Confirmation hülfreiche Hand leistet und zur Weihnachtszeit in so mancher armen Familie das einzige Freudenlichtlein anzündet durch seine Spenden. Möge deshalb der Besuch dieses Conzertes ein außergewöhnlich starker sein. — Vergangenen Montag Nachmittag fand im Gasthof zum Adler hier eine erweiterte Sitzung des Comites für die in diesem Jahre in hiesiger Stadt abzuhaltende Ausstellung gewerblicher und in dustrieller Erzeugnisse, verbunden mit Ausstellung von Vieh und land- wirthschaftlicher Maschinen und Gerätschaften, statt; es hatten sich hierzu die Herren Kreisvereinsvorsitzender Landtagsabgeordneter und Rittergutsbesitzer Leutritz von Deutschenbora, Kreisvereinssecretär Münzner aus Freiberg, Rittergutsbesitzer von Seydewitz auf Braunsdorf, Erbgerichtsbesitzer Hähner aus Hintergersdvrf, Guts besitzer Hacke aus Cotta und Gutsbesitzer Dürichen aus Kessels dorf außer den hiesigen Comitamitgliedern eingefunden. Die Aus stellung wird Ende August oder Anfang Septr. stattfinden; bezüglich der landw. Abtheilung wurde beschlossen, daß Rinder, Pferde und Schweine, möglichst selbstgezüchtigtes Jungvieh, znr Ausstellung ge langen sollen. Das landw. Counts ergänzte sich durch Wahl des Herrn Leutritz als Vorsitzenden, Stadtgutsbesitzer Uibrig als dessen Stellvertreter und Amtszimmermeister Partzsch als Schriftführer. Die Versammlung nahm mit Genugthuuug die Mittheilung über die rege Betheiligung der Gewerbtreibenden von Seiten des Vorsitzenden Herrn Bürgermeister Ficker entgegen und ist das Unternehmen als ein gesichertes zu betrachten. In den nächsten Tagen werden von Seiten des Comitos weitere öffentliche Bekanntmachungen erfolgen. An die zweite sächsische Kammer ist nach der Vertagung das Dekret gelangt, welches den Wortlaut der zwischen der sächsischen Regierung und dem Hause Schönburg wegen Abtretung der letzterem seither zugestandenen Gerichtsbarkeit getroffenen Verein barung enthält. Das Haus Schönburg soll für die Abtretung der Gerichtsbarkeit an sich eine baare Geldentschädigung von 1'/r Mill. Mark und für die Gerichtsgebüude außerdem über 300,000 Mark empfangen.