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Beilage zu Nr. 113. Sonnabend, 23. September 1905 Preisrätsel. 1 2 . . 3 . . . 4 5 6 7 . . . . 8 . . . . 9 . . . . 10 11 12 . 13 14 ... . 15 16 .... . 17 . . . 18 19 ... . An Stelle der Punkte sind Buchstaben zu setzen: dieselben müssen der Reihe nach ergeben: l. Ein beliebtes Getränk. 2. Eine Flüssigkeit. 3. Einen Fluß Aegyptens. 4. Em Stück Land im Wasser. 5. Einen männlichen Vor namen. 6. Ein Insekt. 7. Eine wohlriechende Blume. 8. Ein nützliches kleines Tier. 9. Einen Strom Deutschlands. 10. Einen Tag der Woche. 11. Einen großen Menschen. 12. Einen Buchstaben. 13. Eine Aus zeichnung früherer Vorkommnisse. 14. Einen Mann des alten Testa ments. 15. Einen Ort bei Wilsdruff. 16. Ein Rankengewächs. 17. Einen Spaß. 18. Einen Mann des alten Testaments. 19. Eine südländische Frucht. Sind die Worte richtig gefunden, so ergeben die Anfangsbuchstaben eine in letzter Zeit vielgenannte Persönlichkeit. Für die richtige Lösung des Preisrätsels setzen wir eine Bücher-Prämie aus, und zwar wird unter den jenigen richtigen Lösungen gelost, die bis Mittwoch mittag i» der „Revaktion des Wilsdruffer Wochenblattes" mit der Aufschrift: „Preisrätsellösung" eingegangen sind. Um Unzuträglichkeiten hei der Auswahl der Ge winne zu vermeiden, muß die Lösung außer dem Namen und Wohnort auch die Altersangabe des Einsenders ent- halten. Betrachtung zum 14. Sonntag nach Trinitatis. Nicht, daß ich es schon ergriffen habe, oder schon voll kommen sei, ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen mochte, nachdem ich von Christo Jesu ergriffen bin. Phil. 3,12. Ditses Wort ist ein köstliches Zeichen der kindlichen Demut, von welcher der Apostel Paulus beseelt war. Denn wenn einer von sich hätte rühmen können, daß er in seinem Christenlauf bas Ziel der Vollkommenheit er langt habe, der rcichbegnadete Apostel wäre dazu berechtigt gewesen. Aber solch Sichbrüsten liegt ihm fern: „Ich habe es noch nicht ergriffen, ich bin nicht vollkommen." So bekennt er von sich selbst und beschämt damit die zahllose Menge derer, die sich für vollkommen halten, vollkommen als Menschen, vollkommen als Christen. Gehörst auch Du zu diesen? Ist auch Deiner Ansicht nach für Dich die fünfte Bitte des heiligen Vater Unsers unnötig, weil Du meinst, keine Schuld zu haben? Stehst auch Du auf dem Standpunkt des Pharisäers, der sich um so viel besser dünkte als der Zöllner? Wenn das der Fall ist, dann vergleiche Dich in Deinem Christenstand mit dem Apostel Paulus. Dabei wirst Du zu der Erkenntnis kommen, daß Du noch ganz anders, noch viel mehr als er Ursache hast, zu bekennen, nicht daß ich es schon ergriffen habe, oder schon vollkommen sei. Denn gerade die Selbstüberhebung, daß man vollkommen sei, ist ein Mangel, der unsern Hochmut dämpfen, und zur Demut aber auch dazu führen muß, daß wir mit Paulo sprechen: »ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möchte." Aber wie das bei ihm nicht leere Rede, sondern ernste Wirklichkeit war, so muß cs auch bei uns damit voller, heiliger Ernst werden, nachdem auch wir von Christo Jesu ergriffen sind. Aus Sachsen. Wilsdruff, 22. September 1905. Recht seltsam ist es bei dem Mordversuche des Schlossers Oskar Hartmann in Leipzig-Plagwitz zuge- gangen. Hartmann hat bekanntlich seine Frau durch mehrere Revolverschüsse schwer verletzt. Ein Herr Friedrich Köppe, der am Straßenbau in der Naumburger Straße arbeitete, erzählt den „Leipz. N. Nachr." darüber folgen des: Hartmann stellte sich, wie man jetzt weiß, um seine Frau aufzulaucrn, hinter die Arbeitsbude, ging auf und ab und wartete, bis seine Frau an der Bude vorbei war. Dann trat er hervor und gab einen Schuß ab, worauf die Frau, die im Gesicht blutete, sich umwandte und rief: „Oskar, was machst Du denn?" Daun floh die Frau und Hartmann schoß hinter ihr drein. Der eine Schuß ging Herrn Köppe am Gesicht vorbei, der nächste Schuß traf die Frau in den Rücken, so daß sofort das Blut durch die Taille drang. Herr Köppe schlug den Attentäter mit der Schippe auf den Arm, Hartmann konnte jedoch noch einen Schuß abgeben und floh in ein Grundstück. Herr Köppe und zwei Arbeiter liefen ihm nach und fanden ihn im Hofe, wo sie ihn stellten. Zur selben Zett kam auch bereits ein Schutzmann. Hartmann stand gelassen da, den Revolver nach der Erde gesenkt, und erwiderte, als Köppe ihn fragte: „Was hast Du denn gemacht, auf wen hast Du denn geschossen?" „Meine Rache ist gestillt. Es war meine Frau. Ich kann nicht mehr als sechs Jahre kriegen, und wenn ich rauskomme, geht's von vorne los. Ich habe eine . . . geheiratet." Dann nahm er seine Uhr, eine Damenuhr, aus der Lasche, und warf sie entzwei und äußerte: „Ich brauche keine Uhr mehr." Er wurde durch die Arbeiter bewacht, während sich der Schutzmann zunächst mit der schwer verletzten Frau beschäftigen mußte, die in die Spitzenfabrik von Barth L Co. geflüchtet war. Im Krankenwagen wurde sie dann fortgeschafft. Hartmann ließ sich ohne jedes Widerstreben durch den Schutzmann und den Maurer Ernst Hommitzsch fortführen. Die Fesselung war nicht erforderlich. — Die Mutter Hart- manns erzählte, ihr Sohn habe gegen seine Frau die Ehescheidungsklage eingeleitet gehabt und es sei auf den 2. Oktober Termin angesetzt gewesen. Ihr Sohn sei jedoch entsetzlich aufgeregt gewesen, da er Verdacht gegen seine Frau gehabt habe, und in dieser Empörung habe er die Tat begangen. Uebrigens habe ihr Sohn seine Frau fort gesetzt durch Geld unterstützt. Vor mehreren Monaten ist einer Hotelinhabcrs-Ehefrau aus Plauen i. V. im Wartesaal des oberen Bahnhofes von Reichenbach ein Geldbetrag von 400 Mark, be ¬ stehend in vier Einhundertmarkscheinen, abhanden ge kommen. Jetzt hat sich das Geld, das damals offenbar verloren worden ist, wiedergefunden. Die Scheine lagen unversehrt unter dem Schranke des Bahnhofsbuchhändlers, der seinen Stand in dem Raume zwischen den beiden Wartesälen hat, und wurden am Sonnabend beim Hervor suchen eines Gegenstandes aufgefunden und ordnungs mäßig abgeliefert. Das Geld war also in ehrliche Hände gefallen. In Meißen hat die Mostzeit begonnen. Zum erstenmal wurde am Sonntag in den Weinschänken und verschiedenen Restaurants der Stadl und Umgebung dies jähriger Traubensaft verzapft, und die Probe soll allgemein zufriedenstellend gewesen sein. Auch von auswärts hat sich die Nachfrage nach Meißner Traubenmost schon be merkbar gemacht. Der vom Wetter ziemlich begünstigte Sonntag brachte für die Stadt und das Spargebirge einen regen Fremdenverkehr. Unter dem Verdachte des versuchten Mordes begangen in Grünhain an dem Bäckergesellen Richard Patzsch und dessen Geliebten Frieda Pausch von dort, wurden von der Gendarmerie die 19 jährigen Klempner Emil Süß und Paul Stoll aus Grünhain verhaftet, und an das Amtsgericht Schwarzenberg abgeliefert. Der Vor- frll, um den es sich handelt, ist folgender: Patzsch hatte die Pausch nach einem im Ratskeller in Grünhain statt gefundenen Tanzvergnügen nach Hause begleitet und war mit ihr noch eine kurze Zeit vor deren Wohnung stehen geblieben. Eine Weile darauf erschienen vor dem Hause Süß und Stoll, die ebenfalls zum Tanzvergnügen ge- wesen waren, und begehrten Einlaß, was ihnen aber durch das schnelle Zuschließen der Haustür nicht gelang. Als Patzsch, in der Meinung, daß seine Verfolger fort seien, wieder öffnete, krachte plötzlich ein Schuß, der in die Haus tür einschlug und glücklicherweise fehlging. Der Zweck der Burschen, von denen Stoll früher mit der Pausch ein Liebesverhältnis unterhalten haben soll, ist anscheinend der gewesen, den beiden Liebesleuten eins auszuwischen. Zwei schwere Unglücksfälle haben sich am Montag in Schönau bei Chemnitz ereignet. Mittags 12 Uhr fuhr der Fahrradmonteur Wetzel aus Siegmar, verheiratet und Vater zweier Kinder, mit seinem Rade die etwas ab schüssige Fabrikstraße hinunter und prallte mit dem Kopf an einen auf der Zwickauer Straße stehenden Lastwagen. Durch den Anprall erlitt er einen Schädelbruch. Er wurde besinnungslos vom Platze getragen und war am Dienstag vormittag noch ohne Bewußtsein. — Abends gegen V«7 Uhr wurde auf der Zwickauer Straße der 19 jährige Ge schirrführer Richard Vogelsang aus Chemnitz, der mit einem Rad suhr, von einem Lastgeschirr, dessen Pferde durchgegangen waren, überfahren. Der Wagen ging dem jungen Mann über den Brustkorb, wodurch sofort der Tod herbeigeführt wurde. Anrze Chronik. Tod eines Wohltäters. London, 20. September. Ur. Th. I. Barnardo, der Schöpfer zahlreicher pädagogischer Wohlfahrtsanstalten, ist gestorben. Von einem Arrestanten verwundet. Biele- feld, 20. Sept. In Halle i. Wests, feuerte ein Arrestant mit I n Goldsucher. Roman von Edela Rüst. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Er würde, weiß Golt, nicht den Mut dazu haben! Dazu kennt er seine Tochter zu gut." „Ach Redensarten!" näselte Kollmann. „Und was denkt ihr zu tun?" »Ich gehe! Wenn Aline bessere Aussichten für sich hat — ich stehe ihr nicht im Wege!" »Da hörst Du's ja, Eva, er möchte mich am liebsten los sein! Wenn er nur ein Dach über'm Kopf hat, was aus mir wird, ist ganz Nebensache!" „Ich denke, mit Deinen Beziehungen kann's Dir nicht fehlen!" höhnte der junge Ehemann und klimperte mit den letzten Talern in der Hosentasche. „Aber mein Gott, Aline, es braucht doch nicht für ewig sein! Bis Ihr Euch rangiert habt, und ein paar Jahre fleißig weiter gearbeitet habt Gott, natürlich mehr arbeiten, glaube ich, müßt Ihr wohl, das müssen wir eben alle, wenn wir etwas dauerndes erreichen wollen." „Der Alte hat sogar Aufträge für mich", meinte Kollmann, und suchte den Brief zusammen, um die Papiere wieder zu glätten und lesbar zu machen. „Hörst Du, Eva, hörst Du? Für mich hat er Auf träge!! Natürlich, wenn der Herr Gemahl nur Mittel zum Amüsieren hat! Jawohl! Ach, ich sage Dir, ich habe alles so satt, so satt!" „Eva, ich rate Ihnen, heiraten Sie niemals einen Kollegen, das ist entsetzlich! Einer gönnt dem andern keinen blauen Lappen extra! Einer pocht nur immer darauf, daß der andere arbeitet! Einer verläßt sich auf den anderen, daß er sich und seine Ideale um des lieben Geldbeutels wegen aufgibt. . .ah gräßlA!" „Aber lieber Kollmann, Ihr habt Euch doch aus Neigung geheiratet, und Euer besonderes Glück war es doch, einerlei Streben, einerlei Interessen zu haben." „Ist eben alles Unsinn! Das hat Aline mir so lange vorgeredet, bis ich es glaubte und sie heiratete. Ob das Experiment bei anderen geglückt ist, weiß ich nicht, und geht mich auch nichts an, bei uns ist es total mißglückt." „Da hast Du es ja, ich bin an allem schuld, ich bin der Ruin des Hauses." „Bist Du auch!" schrie Kollmann brutal, und reichte Eva den Brief hin. Aline stampfte mit den Füßen und weinte und schrie, während Eva las und sich über die Noblesse des alten Kollmann verwunderte. „Sogar eine italienische Reise stellt er Euch in Aus sicht, wenn Ihr ein Jahr nur ausschließlich Eurer Arbeit gelebt habt?! Ja, Aline, nimm mir nicht übel, es ist unverantworlich, wenn Du nicht mit beiden Händen zu- greifst. „Das sieht Frau Aline eben nicht ein! Ihr Genie kann in der Handelsstadt Bremen nicht ausreifen! Meins kann! Und nun zum letztenmal, ich reise in acht Tagen und bin froh, all diese „Beziehungssorgen" endlich los zu sein. Willst Du nun mit oder nicht, Aline — ich muß an Papa telegraphieren damit das nötige Kleingeld zur Zeit da ist und sie sich zu Hause auf uns einrichten können. Willst Du? . . ." „Nein, ich will nicht!" rief Aline und stampfte von neuem mit den Füßen wie ein ungebärdiges Kind. „Also denn nicht! Sie sind Zeuge I Eva, an mir liegt es nicht!" „Lassen Sie mich eine Stunde mit ihr allein, Artur, so lange hat's ja wohl noch Zeit mit dem Telegraphieren!" „Aber keine Minute länger. Der Alte ist ein eigen- tümlicher Herr, wenn ihm die Entschließung zu lange dauert, könnte er aus purem Eigensinn zurückziehen. Der Brief kam gestern mittag bereits an — seit der Zeit kämpfe ich mit diesem unvernünftigen Weibe. Hätte ich gestern telegraphiert, wäre diese ganze Versiegelung nicht nötig g e welen 'ne Affenschande ist es daS weiß schon das ganze Haus." „Also in einer Stunde holen Sie sich die Antwort. Aline Hal mir beigestanden in bangen Zeiten, heute will ich ihr helfen sich überwinden zu ihrem eigenen dauernden Glück — — so darf es zwischen Euch doch nicht bleiben." i „Nein, so kann es nicht bleiben — das ist sicher Aber Sie kennen sie . . .! Also in einer Stunde denn!" Die Stunde war heiß, aber Eva ging endlich doch als Sieger hervor. Das ganze widerhaarige, zügellose Temperament Alinens brach aus, aber Eva beugte es durch ihre gütige Beredsamkeit, die wie ein warmer Regen über Aline hinsirömte und ihr Herz den Vernunftgründen öffnete. Und als sie ganz einig waren, warf sich Aline an die Brust der Freundin, strich ihr zärtlich über das Haar und sagte: „Du hast mich heute meinem Manne zurückgegeben, ich werde ein neues Leben mit ihm be ginnen, und aus diesem innigen Dankgefühl heraus warne ich Dich heute — heirate Patric Swansen nicht." „Was, mit einem Male? Deinen geliebten Patric Swansen . . .?" „Ja, ja, ich weiß es war auch so selbstisch von mir Du weißt meine „Beziehungs-Jdeen", aber ab gesehen davon, daß eine Künstlerehe ein gar so großes Wagnis ist — — Swansen — er wäre Deiner nicht würdig — frage nicht weiter, mir ist letzthin noch so allerlei zu Ohren gekommen. Weißt Du, er würde die Peitsche über Dir schwingen, er würde Dich Hetzen, fein ganzer Sinn ist Geld, Geld, Geld. O — er hätte sich von vorn- herein nicht um Dich gekümmert, hätte ich Dich nicht lauge, ehe ich Euch miteinander bekannt machte, als mächtigen Goldfisch ausgeprahlt der " „Er hat mir nur Gutes getan glaubst Du, ich wäre heute schon wo ich bin, ohne ihn?" „Ja, ja — — aber er hat unausgesetzt mit mirge- n, i» in n e- d >r le e It l ' n ! S t 4 L «